Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.Num. 18. (Strohhalm, Kohle und Bohne) die nu- gae venales von 1648. s. l. in 12. enthalten auch crepundia poetica, daselbst p. 32. 33. unser Mär- chen kurz: Pruna, faba et stramen rivum transire laborant, In einem lat. Gedicht des Mittelalters (Handschr.seque ideo in ripis stramen utrimque locat. Sic quafi per pontem faba tranfit, pruna sed urit stramen et in medias praecipitatur aquas. Hoc cernens nimio risu faba rumpitur ima parte sui; hancque quasi tacta pudore tegit. zu Strasburg) kommt die Fabel von der reisen- den Maus und Kohle mit der Wendung vor, daß beide ihre Sünden zu beichten in die Kirche wall- fahrten, beim Uebergang fällt die Kohle in ein Bächlein zischt und erlischt. Vgl auch die äsop. Fabel vom Dornstrauch, Taucher und der Fleder- maus (Furia 124. Coray 42.) Num. 19. (Von dem Fischer.) In Kerners poet. Al- manach für 1812. steht dies Märchen unter dem Titel: Hans Entendee, doch viel dürftiger. Num. 20. (der tapfere Schneider.) Fischarts Gar- gantua 254b. -- "ich will euch tödten, wie die Mücken neun auf einen Streich wie jener Schneider." Simplicissimus B. 2. Cap. 28. und den Titul eines Schneiders, sieben auf einen Streich überstiegen hatte. Num. 21. (Aschenputtel.) Kaiserspergs Eschengrün- del enthält nichts für die Fabel, außer daß man sieht, das Wort sey daher entlehnt und zwar ist es auch deutlich ein verachteter Küchenknecht (im Holzschnitt dabei aber eine Küchenmagd). Rollenhagen spricht gleichfalls von drei Brü- dern, nicht Schwestern. -- Es ist ein alter Zug, daß die Tauben (reine Thiere) rein lesen. Schon in einem altdeutschen Gedicht steht gleich- nißweise: "mit linden sprüchen süzen, als es di turteltube habe erlesen." In Pauli's Schimpf und Ernst ed. 1535. fol. Cap. 315. f. 60a. eine Er- zählung von einer Frau, die hinten in der Kirche auf ihren Knien lag, betete und weinte vor An- dacht, da sah der Bischoff wie "eine Taube kam F 2
Num. 18. (Strohhalm, Kohle und Bohne) die nu- gae venales von 1648. ſ. l. in 12. enthalten auch crepundia poetica, daſelbſt p. 32. 33. unſer Maͤr- chen kurz: Pruna, faba et ſtramen rivum tranſire laborant, In einem lat. Gedicht des Mittelalters (Handſchr.ſeque ideo in ripis ſtramen utrimque locat. Sic quafi per pontem faba tranfit, pruna ſed urit ſtramen et in medias praecipitatur aquas. Hoc cernens nimio riſu faba rumpitur ima parte ſui; hancque quaſi tacta pudore tegit. zu Strasburg) kommt die Fabel von der reiſen- den Maus und Kohle mit der Wendung vor, daß beide ihre Suͤnden zu beichten in die Kirche wall- fahrten, beim Uebergang faͤllt die Kohle in ein Baͤchlein ziſcht und erliſcht. Vgl auch die aͤſop. Fabel vom Dornſtrauch, Taucher und der Fleder- maus (Furia 124. Coray 42.) Num. 19. (Von dem Fiſcher.) In Kerners poet. Al- manach fuͤr 1812. ſteht dies Maͤrchen unter dem Titel: Hans Entendee, doch viel duͤrftiger. Num. 20. (der tapfere Schneider.) Fiſcharts Gar- gantua 254b. — „ich will euch toͤdten, wie die Muͤcken neun auf einen Streich wie jener Schneider.“ Simpliciſſimus B. 2. Cap. 28. und den Titul eines Schneiders, ſieben auf einen Streich uͤberſtiegen hatte. Num. 21. (Aſchenputtel.) Kaiſerspergs Eſchengruͤn- del enthaͤlt nichts fuͤr die Fabel, außer daß man ſieht, das Wort ſey daher entlehnt und zwar iſt es auch deutlich ein verachteter Kuͤchenknecht (im Holzſchnitt dabei aber eine Kuͤchenmagd). Rollenhagen ſpricht gleichfalls von drei Bruͤ- dern, nicht Schweſtern. — Es iſt ein alter Zug, daß die Tauben (reine Thiere) rein leſen. Schon in einem altdeutſchen Gedicht ſteht gleich- nißweiſe: „mit linden ſpruͤchen ſuͤzen, als es di turteltube habe erleſen.“ In Pauli's Schimpf und Ernſt ed. 1535. fol. Cap. 315. f. 60a. eine Er- zaͤhlung von einer Frau, die hinten in der Kirche auf ihren Knien lag, betete und weinte vor An- dacht, da ſah der Biſchoff wie „eine Taube kam F 2
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Num. 18. (Strohhalm, Kohle und Bohne) die nu-
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crepundia poetica, daſelbſt p. 32. 33. unſer Maͤr-
chen kurz:
Pruna, faba et ſtramen rivum tranſire laborant,
ſeque ideo in ripis ſtramen utrimque locat.
Sic quafi per pontem faba tranfit, pruna ſed urit
ſtramen et in medias praecipitatur aquas.
Hoc cernens nimio riſu faba rumpitur ima
parte ſui; hancque quaſi tacta pudore tegit.
In einem lat. Gedicht des Mittelalters (Handſchr.
zu Strasburg) kommt die Fabel von der reiſen-
den Maus und Kohle mit der Wendung vor, daß
beide ihre Suͤnden zu beichten in die Kirche wall-
fahrten, beim Uebergang faͤllt die Kohle in ein
Baͤchlein ziſcht und erliſcht. Vgl auch die aͤſop.
Fabel vom Dornſtrauch, Taucher und der Fleder-
maus (Furia 124. Coray 42.)
Num. 19. (Von dem Fiſcher.) In Kerners poet. Al-
manach fuͤr 1812. ſteht dies Maͤrchen unter dem
Titel: Hans Entendee, doch viel duͤrftiger.
Num. 20. (der tapfere Schneider.) Fiſcharts Gar-
gantua 254b. — „ich will euch toͤdten, wie die
Muͤcken neun auf einen Streich wie jener
Schneider.“ Simpliciſſimus B. 2. Cap. 28. und
den Titul eines Schneiders, ſieben auf einen
Streich uͤberſtiegen hatte.
Num. 21. (Aſchenputtel.) Kaiſerspergs Eſchengruͤn-
del enthaͤlt nichts fuͤr die Fabel, außer daß man
ſieht, das Wort ſey daher entlehnt und zwar iſt
es auch deutlich ein verachteter Kuͤchenknecht
(im Holzſchnitt dabei aber eine Kuͤchenmagd).
Rollenhagen ſpricht gleichfalls von drei Bruͤ-
dern, nicht Schweſtern. — Es iſt ein alter Zug,
daß die Tauben (reine Thiere) rein leſen.
Schon in einem altdeutſchen Gedicht ſteht gleich-
nißweiſe: „mit linden ſpruͤchen ſuͤzen, als es di
turteltube habe erleſen.“ In Pauli's Schimpf
und Ernſt ed. 1535. fol. Cap. 315. f. 60a. eine Er-
zaͤhlung von einer Frau, die hinten in der Kirche
auf ihren Knien lag, betete und weinte vor An-
dacht, da ſah der Biſchoff wie „eine Taube kam
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