Reinald führte die Jungfrau heraus und wie er vor das Thor kam, da ritten von drei Seiten seine Schwäger heran und waren nun erlöst, und mit ihnen ihre Frauen und Kinder, und die Adlerbraut hatte das Ei ausgebrütet und ein schönes Fräulein auf dem Arm; da zo- gen sie alle zu dem alten König und der alten Königin, und das Wunderkind brachte seine drei Schwestern mit nach Haus, und bald vermählte es sich mit der schönen Jungfrau; da war Freude und Lust in allen Ecken; und die Katz läuft nach Haus, mein Mährchen ist aus.
83. Das arme Mädchen.
Es war einmal ein armes, kleines Mäd- chen, dem war Vater und Mutter gestorben, es hatte kein Haus mehr in dem es wohnen, und kein Bett mehr, in dem es schlafen konn- te, und nichts mehr auf der Welt, als die Klei- der, die es auf dem Leib trug, und ein Stück- chen Brod in der Hand, das ihm ein Mitlei- diger geschenkt hatte; es war aber gar fromm und gut. Da ging es hinaus, und unterwegs begegnete ihm ein armer Mann, der bat es so sehr um etwas zu essen, da gab es ihm das Stück Brod; dann ging es weiter, da kam ein Kind, und sagte: "es friert mich so an meinem
Reinald fuͤhrte die Jungfrau heraus und wie er vor das Thor kam, da ritten von drei Seiten ſeine Schwaͤger heran und waren nun erloͤſt, und mit ihnen ihre Frauen und Kinder, und die Adlerbraut hatte das Ei ausgebruͤtet und ein ſchoͤnes Fraͤulein auf dem Arm; da zo- gen ſie alle zu dem alten Koͤnig und der alten Koͤnigin, und das Wunderkind brachte ſeine drei Schweſtern mit nach Haus, und bald vermaͤhlte es ſich mit der ſchoͤnen Jungfrau; da war Freude und Luſt in allen Ecken; und die Katz laͤuft nach Haus, mein Maͤhrchen iſt aus.
83. Das arme Maͤdchen.
Es war einmal ein armes, kleines Maͤd- chen, dem war Vater und Mutter geſtorben, es hatte kein Haus mehr in dem es wohnen, und kein Bett mehr, in dem es ſchlafen konn- te, und nichts mehr auf der Welt, als die Klei- der, die es auf dem Leib trug, und ein Stuͤck- chen Brod in der Hand, das ihm ein Mitlei- diger geſchenkt hatte; es war aber gar fromm und gut. Da ging es hinaus, und unterwegs begegnete ihm ein armer Mann, der bat es ſo ſehr um etwas zu eſſen, da gab es ihm das Stuͤck Brod; dann ging es weiter, da kam ein Kind, und ſagte: „es friert mich ſo an meinem
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0416"n="382"/><p>Reinald fuͤhrte die Jungfrau heraus und<lb/>
wie er vor das Thor kam, da ritten von drei<lb/>
Seiten ſeine Schwaͤger heran und waren nun<lb/>
erloͤſt, und mit ihnen ihre Frauen und Kinder,<lb/>
und die Adlerbraut hatte das Ei ausgebruͤtet<lb/>
und ein ſchoͤnes Fraͤulein auf dem Arm; da zo-<lb/>
gen ſie alle zu dem alten Koͤnig und der alten<lb/>
Koͤnigin, und das Wunderkind brachte ſeine drei<lb/>
Schweſtern mit nach Haus, und bald vermaͤhlte<lb/>
es ſich mit der ſchoͤnen Jungfrau; da war<lb/>
Freude und Luſt in allen Ecken; und die Katz<lb/>
laͤuft nach Haus, mein Maͤhrchen iſt aus.</p></div><lb/><divn="1"><head>83.<lb/><hirendition="#g">Das arme Maͤdchen</hi>.</head><lb/><p>Es war einmal ein armes, kleines Maͤd-<lb/>
chen, dem war Vater und Mutter geſtorben,<lb/>
es hatte kein Haus mehr in dem es wohnen,<lb/>
und kein Bett mehr, in dem es ſchlafen konn-<lb/>
te, und nichts mehr auf der Welt, als die Klei-<lb/>
der, die es auf dem Leib trug, und ein Stuͤck-<lb/>
chen Brod in der Hand, das ihm ein Mitlei-<lb/>
diger geſchenkt hatte; es war aber gar fromm<lb/>
und gut. Da ging es hinaus, und unterwegs<lb/>
begegnete ihm ein armer Mann, der bat es ſo<lb/>ſehr um etwas zu eſſen, da gab es ihm das<lb/>
Stuͤck Brod; dann ging es weiter, da kam ein<lb/>
Kind, und ſagte: „es friert mich ſo an meinem<lb/></p></div></body></text></TEI>
[382/0416]
Reinald fuͤhrte die Jungfrau heraus und
wie er vor das Thor kam, da ritten von drei
Seiten ſeine Schwaͤger heran und waren nun
erloͤſt, und mit ihnen ihre Frauen und Kinder,
und die Adlerbraut hatte das Ei ausgebruͤtet
und ein ſchoͤnes Fraͤulein auf dem Arm; da zo-
gen ſie alle zu dem alten Koͤnig und der alten
Koͤnigin, und das Wunderkind brachte ſeine drei
Schweſtern mit nach Haus, und bald vermaͤhlte
es ſich mit der ſchoͤnen Jungfrau; da war
Freude und Luſt in allen Ecken; und die Katz
laͤuft nach Haus, mein Maͤhrchen iſt aus.
83.
Das arme Maͤdchen.
Es war einmal ein armes, kleines Maͤd-
chen, dem war Vater und Mutter geſtorben,
es hatte kein Haus mehr in dem es wohnen,
und kein Bett mehr, in dem es ſchlafen konn-
te, und nichts mehr auf der Welt, als die Klei-
der, die es auf dem Leib trug, und ein Stuͤck-
chen Brod in der Hand, das ihm ein Mitlei-
diger geſchenkt hatte; es war aber gar fromm
und gut. Da ging es hinaus, und unterwegs
begegnete ihm ein armer Mann, der bat es ſo
ſehr um etwas zu eſſen, da gab es ihm das
Stuͤck Brod; dann ging es weiter, da kam ein
Kind, und ſagte: „es friert mich ſo an meinem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/416>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.