dem es seinen Kuchen gegeben, und sagte: "ich hab für dich getrunken und gegessen, ich will dir auch das Schiff geben, das alles thu' ich, weil du barmherzig gegen mich gewesen bist." Da gab er ihm das Schiff, das zu Land und zu Wasser fuhr, und als der König das sah, mußte er ihm seine Tochter geben. Da ward die Hochzeit gefeiert, und er erbte das Reich, und lebte lange Zeit vergnügt mit seiner Ge- mahlin.
65. Allerlei-Rauh.
Es war einmal ein König, der hatte eine Frau, die war die schönste auf der Welt, und hatte Haare von purem Gold; sie hatten auch eine Tochter mit einander, die war so schön wie ihre Mutter, und ihre Haare waren eben so golden. Einmal ward die Königin krank, und als sie fühlte, daß sie sterben müsse, rief sie den König und bat ihn, er möge nach ihrem Tod doch niemand heirathen, der nicht eben so schön wäre wie sie, und eben so goldne Haare hätte; und nachdem ihr der König das verspro- chen hatte, starb sie. Der König war lange Zeit so betrübt, daß er gar an keine zweite Frau dachte, endlich aber ermahnten ihn seine Räthe, sich wieder zu vermählen: da wurden
dem es ſeinen Kuchen gegeben, und ſagte: „ich hab fuͤr dich getrunken und gegeſſen, ich will dir auch das Schiff geben, das alles thu' ich, weil du barmherzig gegen mich geweſen biſt.“ Da gab er ihm das Schiff, das zu Land und zu Waſſer fuhr, und als der Koͤnig das ſah, mußte er ihm ſeine Tochter geben. Da ward die Hochzeit gefeiert, und er erbte das Reich, und lebte lange Zeit vergnuͤgt mit ſeiner Ge- mahlin.
65. Allerlei-Rauh.
Es war einmal ein Koͤnig, der hatte eine Frau, die war die ſchoͤnſte auf der Welt, und hatte Haare von purem Gold; ſie hatten auch eine Tochter mit einander, die war ſo ſchoͤn wie ihre Mutter, und ihre Haare waren eben ſo golden. Einmal ward die Koͤnigin krank, und als ſie fuͤhlte, daß ſie ſterben muͤſſe, rief ſie den Koͤnig und bat ihn, er moͤge nach ihrem Tod doch niemand heirathen, der nicht eben ſo ſchoͤn waͤre wie ſie, und eben ſo goldne Haare haͤtte; und nachdem ihr der Koͤnig das verſpro- chen hatte, ſtarb ſie. Der Koͤnig war lange Zeit ſo betruͤbt, daß er gar an keine zweite Frau dachte, endlich aber ermahnten ihn ſeine Raͤthe, ſich wieder zu vermaͤhlen: da wurden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0342"n="308"/>
dem es ſeinen Kuchen gegeben, und ſagte: „ich<lb/>
hab fuͤr dich getrunken und gegeſſen, ich will<lb/>
dir auch das Schiff geben, das alles thu' ich,<lb/>
weil du barmherzig gegen mich geweſen biſt.“<lb/>
Da gab er ihm das Schiff, das zu Land und<lb/>
zu Waſſer fuhr, und als der Koͤnig das ſah,<lb/>
mußte er ihm ſeine Tochter geben. Da ward<lb/>
die Hochzeit gefeiert, und er erbte das Reich,<lb/>
und lebte lange Zeit vergnuͤgt mit ſeiner Ge-<lb/>
mahlin.</p></div></div><lb/><divn="1"><head>65.<lb/><hirendition="#g">Allerlei-Rauh</hi>.</head><lb/><p>Es war einmal ein Koͤnig, der hatte eine<lb/>
Frau, die war die ſchoͤnſte auf der Welt, und<lb/>
hatte Haare von purem Gold; ſie hatten auch<lb/>
eine Tochter mit einander, die war ſo ſchoͤn<lb/>
wie ihre Mutter, und ihre Haare waren eben<lb/>ſo golden. Einmal ward die Koͤnigin krank,<lb/>
und als ſie fuͤhlte, daß ſie ſterben muͤſſe, rief<lb/>ſie den Koͤnig und bat ihn, er moͤge nach ihrem<lb/>
Tod doch niemand heirathen, der nicht eben ſo<lb/>ſchoͤn waͤre wie ſie, und eben ſo goldne Haare<lb/>
haͤtte; und nachdem ihr der Koͤnig das verſpro-<lb/>
chen hatte, ſtarb ſie. Der Koͤnig war lange<lb/>
Zeit ſo betruͤbt, daß er gar an keine zweite<lb/>
Frau dachte, endlich aber ermahnten ihn ſeine<lb/>
Raͤthe, ſich wieder zu vermaͤhlen: da wurden<lb/></p></div></body></text></TEI>
[308/0342]
dem es ſeinen Kuchen gegeben, und ſagte: „ich
hab fuͤr dich getrunken und gegeſſen, ich will
dir auch das Schiff geben, das alles thu' ich,
weil du barmherzig gegen mich geweſen biſt.“
Da gab er ihm das Schiff, das zu Land und
zu Waſſer fuhr, und als der Koͤnig das ſah,
mußte er ihm ſeine Tochter geben. Da ward
die Hochzeit gefeiert, und er erbte das Reich,
und lebte lange Zeit vergnuͤgt mit ſeiner Ge-
mahlin.
65.
Allerlei-Rauh.
Es war einmal ein Koͤnig, der hatte eine
Frau, die war die ſchoͤnſte auf der Welt, und
hatte Haare von purem Gold; ſie hatten auch
eine Tochter mit einander, die war ſo ſchoͤn
wie ihre Mutter, und ihre Haare waren eben
ſo golden. Einmal ward die Koͤnigin krank,
und als ſie fuͤhlte, daß ſie ſterben muͤſſe, rief
ſie den Koͤnig und bat ihn, er moͤge nach ihrem
Tod doch niemand heirathen, der nicht eben ſo
ſchoͤn waͤre wie ſie, und eben ſo goldne Haare
haͤtte; und nachdem ihr der Koͤnig das verſpro-
chen hatte, ſtarb ſie. Der Koͤnig war lange
Zeit ſo betruͤbt, daß er gar an keine zweite
Frau dachte, endlich aber ermahnten ihn ſeine
Raͤthe, ſich wieder zu vermaͤhlen: da wurden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/342>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.