mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein Fuhrmann daher, und wollt' geradezu über ihn wegfahren. "Fuhrmann thus nicht, rief der Sperling, es kostet dein Leben!" Der Fuhr- mann aber hörte nicht darauf, knallte mit der Peitsche, und trieb die Pferde gerade auf den Hund, daß die Wagenräder ihm die Beine zer- brachen. Fuchs und Sperling schleppten den Gevatter heim, der Herr sah ihn an und sprach: "der ist ja todt," und gab ihn dem Fuhrmann, der sollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte, die Haut ist zu brauchen, lud ihn auf und fuhr fort. Der Sperling aber flog nebenher und rief: "Fuhrmann, es kostet dir dein Leben! Fuhrmann, es kostet dir dein Leben!" Dann setzte er sich dem einen Pferde auf den Kopf und rief: "Fuhrmann, es kostet dir dein Le- ben!" Der Fuhrmann ward bös über den klei- nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff nach seiner Hacke und holte aus; der Sperling aber flog in die Höhe, und der Fuhrmann traf sein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel. Er mußte es liegen lassen und mit den zwei an- dern weiter fahren; da kam der Sperling zu- rück, setzte sich einem Pferd auf den Kopf und rief: "Fuhrmann, es kostet dir dein Leben!" Der Fuhrmann lief herbei: "jetzt krieg ich dich!" schlug und traf wieder bloß das Pferd, daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch
mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein Fuhrmann daher, und wollt' geradezu uͤber ihn wegfahren. „Fuhrmann thus nicht, rief der Sperling, es koſtet dein Leben!“ Der Fuhr- mann aber hoͤrte nicht darauf, knallte mit der Peitſche, und trieb die Pferde gerade auf den Hund, daß die Wagenraͤder ihm die Beine zer- brachen. Fuchs und Sperling ſchleppten den Gevatter heim, der Herr ſah ihn an und ſprach: „der iſt ja todt,“ und gab ihn dem Fuhrmann, der ſollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte, die Haut iſt zu brauchen, lud ihn auf und fuhr fort. Der Sperling aber flog nebenher und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben! Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Dann ſetzte er ſich dem einen Pferde auf den Kopf und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Le- ben!“ Der Fuhrmann ward boͤs uͤber den klei- nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff nach ſeiner Hacke und holte aus; der Sperling aber flog in die Hoͤhe, und der Fuhrmann traf ſein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel. Er mußte es liegen laſſen und mit den zwei an- dern weiter fahren; da kam der Sperling zu- ruͤck, ſetzte ſich einem Pferd auf den Kopf und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Der Fuhrmann lief herbei: „jetzt krieg ich dich!“ ſchlug und traf wieder bloß das Pferd, daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0305"n="271"/>
mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein<lb/>
Fuhrmann daher, und wollt' geradezu uͤber ihn<lb/>
wegfahren. „Fuhrmann thus nicht, rief der<lb/>
Sperling, es koſtet dein Leben!“ Der Fuhr-<lb/>
mann aber hoͤrte nicht darauf, knallte mit der<lb/>
Peitſche, und trieb die Pferde gerade auf den<lb/>
Hund, daß die Wagenraͤder ihm die Beine zer-<lb/>
brachen. Fuchs und Sperling ſchleppten den<lb/>
Gevatter heim, der Herr ſah ihn an und ſprach:<lb/>„der iſt ja todt,“ und gab ihn dem Fuhrmann,<lb/>
der ſollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte,<lb/>
die Haut iſt zu brauchen, lud ihn auf und fuhr<lb/>
fort. Der Sperling aber flog nebenher und<lb/>
rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!<lb/>
Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Dann<lb/>ſetzte er ſich dem einen Pferde auf den Kopf<lb/>
und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Le-<lb/>
ben!“ Der Fuhrmann ward boͤs uͤber den klei-<lb/>
nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff<lb/>
nach ſeiner Hacke und holte aus; der Sperling<lb/>
aber flog in die Hoͤhe, und der Fuhrmann traf<lb/>ſein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel.<lb/>
Er mußte es liegen laſſen und mit den zwei an-<lb/>
dern weiter fahren; da kam der Sperling zu-<lb/>
ruͤck, ſetzte ſich einem Pferd auf den Kopf und<lb/>
rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“<lb/>
Der Fuhrmann lief herbei: „jetzt krieg ich<lb/>
dich!“ſchlug und traf wieder bloß das Pferd,<lb/>
daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch<lb/></p></div></body></text></TEI>
[271/0305]
mitten auf der Straße liegen. Eben kam ein
Fuhrmann daher, und wollt' geradezu uͤber ihn
wegfahren. „Fuhrmann thus nicht, rief der
Sperling, es koſtet dein Leben!“ Der Fuhr-
mann aber hoͤrte nicht darauf, knallte mit der
Peitſche, und trieb die Pferde gerade auf den
Hund, daß die Wagenraͤder ihm die Beine zer-
brachen. Fuchs und Sperling ſchleppten den
Gevatter heim, der Herr ſah ihn an und ſprach:
„der iſt ja todt,“ und gab ihn dem Fuhrmann,
der ſollt ihn begraben. Der Fuhrmann dachte,
die Haut iſt zu brauchen, lud ihn auf und fuhr
fort. Der Sperling aber flog nebenher und
rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!
Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“ Dann
ſetzte er ſich dem einen Pferde auf den Kopf
und rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Le-
ben!“ Der Fuhrmann ward boͤs uͤber den klei-
nen Vogel, der ihn zum Narren hatte, griff
nach ſeiner Hacke und holte aus; der Sperling
aber flog in die Hoͤhe, und der Fuhrmann traf
ſein Pferd auf den Kopf, daß es todt hinfiel.
Er mußte es liegen laſſen und mit den zwei an-
dern weiter fahren; da kam der Sperling zu-
ruͤck, ſetzte ſich einem Pferd auf den Kopf und
rief: „Fuhrmann, es koſtet dir dein Leben!“
Der Fuhrmann lief herbei: „jetzt krieg ich
dich!“ ſchlug und traf wieder bloß das Pferd,
daß es todt liegen blieb. Nun war ihm noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/305>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.