und betrachteten das Sneewittchen, "ei du mein Gott! ei du mein Gott! riefen sie, was ist das schön!" Sie hatten große Freude an ihm, weckten es auch nicht auf, und ließen es in dem Bettlein liegen; der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen, bei jedem eine Stun- de, da war die Nacht herum. Als nun Snee- wittchen aufwachte, fragten sie es, wer es sey und wie es in ihr Haus gekommen wäre, da erzählte es ihnen, wie seine Mutter es habe wollen umbringen, der Jäger ihm aber das Le- ben geschenkt, und wie es den ganzen Tag ge- laufen, und endlich zu ihrem Häuslein gekom- men sey. Da hatten die Zwerge Mitleiden und sagten: "wenn du unsern Haushalt versehen, und kochen, nähen, betten, waschen und stricken willst, auch alles ordentlich und reinlich halten, sollst du bei uns bleiben und soll dir an nichts fehlen; Abends kommen wir nach Haus, da muß das Essen fertig seyn, am Tage aber sind wir im Bergwerk und graben Gold, da bist du allein; hüt dich nur vor der Königin und laß niemand herein."
Die Königin aber glaubte, sie sey wieder die allerschönste im Land, trat Morgens vor den Spiegel und fragte:
"Spieglein, Spieglein an der Wand: wer ist die schönste Frau in dem ganzen Land?"
da antwortete der Spiegel aber wieder:
und betrachteten das Sneewittchen, „ei du mein Gott! ei du mein Gott! riefen ſie, was iſt das ſchoͤn!“ Sie hatten große Freude an ihm, weckten es auch nicht auf, und ließen es in dem Bettlein liegen; der ſiebente Zwerg aber ſchlief bei ſeinen Geſellen, bei jedem eine Stun- de, da war die Nacht herum. Als nun Snee- wittchen aufwachte, fragten ſie es, wer es ſey und wie es in ihr Haus gekommen waͤre, da erzaͤhlte es ihnen, wie ſeine Mutter es habe wollen umbringen, der Jaͤger ihm aber das Le- ben geſchenkt, und wie es den ganzen Tag ge- laufen, und endlich zu ihrem Haͤuslein gekom- men ſey. Da hatten die Zwerge Mitleiden und ſagten: „wenn du unſern Haushalt verſehen, und kochen, naͤhen, betten, waſchen und ſtricken willſt, auch alles ordentlich und reinlich halten, ſollſt du bei uns bleiben und ſoll dir an nichts fehlen; Abends kommen wir nach Haus, da muß das Eſſen fertig ſeyn, am Tage aber ſind wir im Bergwerk und graben Gold, da biſt du allein; huͤt dich nur vor der Koͤnigin und laß niemand herein.“
Die Koͤnigin aber glaubte, ſie ſey wieder die allerſchoͤnſte im Land, trat Morgens vor den Spiegel und fragte:
„Spieglein, Spieglein an der Wand: wer iſt die ſchoͤnſte Frau in dem ganzen Land?“
da antwortete der Spiegel aber wieder:
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und betrachteten das Sneewittchen, „ei du
mein Gott! ei du mein Gott! riefen ſie, was
iſt das ſchoͤn!“ Sie hatten große Freude an
ihm, weckten es auch nicht auf, und ließen es
in dem Bettlein liegen; der ſiebente Zwerg aber
ſchlief bei ſeinen Geſellen, bei jedem eine Stun-
de, da war die Nacht herum. Als nun Snee-
wittchen aufwachte, fragten ſie es, wer es ſey
und wie es in ihr Haus gekommen waͤre, da
erzaͤhlte es ihnen, wie ſeine Mutter es habe
wollen umbringen, der Jaͤger ihm aber das Le-
ben geſchenkt, und wie es den ganzen Tag ge-
laufen, und endlich zu ihrem Haͤuslein gekom-
men ſey. Da hatten die Zwerge Mitleiden und
ſagten: „wenn du unſern Haushalt verſehen,
und kochen, naͤhen, betten, waſchen und ſtricken
willſt, auch alles ordentlich und reinlich halten,
ſollſt du bei uns bleiben und ſoll dir an nichts
fehlen; Abends kommen wir nach Haus, da
muß das Eſſen fertig ſeyn, am Tage aber ſind
wir im Bergwerk und graben Gold, da biſt du
allein; huͤt dich nur vor der Koͤnigin und laß
niemand herein.“
Die Koͤnigin aber glaubte, ſie ſey wieder
die allerſchoͤnſte im Land, trat Morgens vor den
Spiegel und fragte:
„Spieglein, Spieglein an der Wand:
wer iſt die ſchoͤnſte Frau in dem ganzen Land?“
da antwortete der Spiegel aber wieder:
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/276>, abgerufen am 22.11.2024.
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