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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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wieder im Arme haben, wenn sie den Wech-
selbalg, den ihr die Hausgeister dafür gege-
ben, zum Lachen bringen kann; gleichwie das
Leben des Kindes mit dem Lächeln anfängt
und in der Freude fortwährt, beim Lächeln
im Schlaf aber die Engel mit ihm reden.
So ist eine Viertelstunde täglich über der
Macht des Zaubers, wo die menschliche Ge-
stalt frei hervortritt, als könne uns keine
Gewalt ganz einhüllen, und es gewähre je-
der Tag Minuten, wo der Mensch alles fal-
sche abschüttele und aus sich selbst heraus-
blicke; dagegen aber wird der Zauber auch
nicht ganz gelöst, und ein Schwanenflügel
bleibt statt des Arms, und weil eine Thrä-
ne gefallen, ist ein Auge mit ihr verloren,
oder die weltliche Klugheit wird gedemüthigt
und der Dummling, von allen verlacht und
hintangesetzt, aber reines Herzens, gewinnt
allein das Glück. In diesen Eigenschaften
aber ist es gegründet, wenn sich so leicht
aus diesen Märchen eine gute Lehre, eine
Anwendung für die Gegenwart ergiebt; es
war weder ihr Zweck, noch sind sie darum
erfunden, aber es erwächst daraus, wie eine
gute Frucht aus einer gesunden Blüthe ohne

wieder im Arme haben, wenn ſie den Wech-
ſelbalg, den ihr die Hausgeiſter dafuͤr gege-
ben, zum Lachen bringen kann; gleichwie das
Leben des Kindes mit dem Laͤcheln anfaͤngt
und in der Freude fortwaͤhrt, beim Laͤcheln
im Schlaf aber die Engel mit ihm reden.
So iſt eine Viertelſtunde taͤglich uͤber der
Macht des Zaubers, wo die menſchliche Ge-
ſtalt frei hervortritt, als koͤnne uns keine
Gewalt ganz einhuͤllen, und es gewaͤhre je-
der Tag Minuten, wo der Menſch alles fal-
ſche abſchuͤttele und aus ſich ſelbſt heraus-
blicke; dagegen aber wird der Zauber auch
nicht ganz geloͤſt, und ein Schwanenfluͤgel
bleibt ſtatt des Arms, und weil eine Thraͤ-
ne gefallen, iſt ein Auge mit ihr verloren,
oder die weltliche Klugheit wird gedemuͤthigt
und der Dummling, von allen verlacht und
hintangeſetzt, aber reines Herzens, gewinnt
allein das Gluͤck. In dieſen Eigenſchaften
aber iſt es gegruͤndet, wenn ſich ſo leicht
aus dieſen Maͤrchen eine gute Lehre, eine
Anwendung fuͤr die Gegenwart ergiebt; es
war weder ihr Zweck, noch ſind ſie darum
erfunden, aber es erwaͤchſt daraus, wie eine
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[XII/0018] wieder im Arme haben, wenn ſie den Wech- ſelbalg, den ihr die Hausgeiſter dafuͤr gege- ben, zum Lachen bringen kann; gleichwie das Leben des Kindes mit dem Laͤcheln anfaͤngt und in der Freude fortwaͤhrt, beim Laͤcheln im Schlaf aber die Engel mit ihm reden. So iſt eine Viertelſtunde taͤglich uͤber der Macht des Zaubers, wo die menſchliche Ge- ſtalt frei hervortritt, als koͤnne uns keine Gewalt ganz einhuͤllen, und es gewaͤhre je- der Tag Minuten, wo der Menſch alles fal- ſche abſchuͤttele und aus ſich ſelbſt heraus- blicke; dagegen aber wird der Zauber auch nicht ganz geloͤſt, und ein Schwanenfluͤgel bleibt ſtatt des Arms, und weil eine Thraͤ- ne gefallen, iſt ein Auge mit ihr verloren, oder die weltliche Klugheit wird gedemuͤthigt und der Dummling, von allen verlacht und hintangeſetzt, aber reines Herzens, gewinnt allein das Gluͤck. In dieſen Eigenſchaften aber iſt es gegruͤndet, wenn ſich ſo leicht aus dieſen Maͤrchen eine gute Lehre, eine Anwendung fuͤr die Gegenwart ergiebt; es war weder ihr Zweck, noch ſind ſie darum erfunden, aber es erwaͤchſt daraus, wie eine gute Frucht aus einer geſunden Bluͤthe ohne

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/18>, abgerufen am 22.11.2024.