len Einwohnern desselbigen Thals. Derselbige Geck sahe auf eine Zeit zu Sarbrücken, eines wohlgeachten herrlichen Manns Tochter, die eine schöne, wohlgestalte, verständige Jungfrau war. Der Narr ward ihr gleich hold und la- ge der Mutter an, daß sie ihm dieselbige zu ei- ner Frauen schaffen wollte, wo nicht, so wollte er Ofen und Fenster einschlagen und alle Stie- gen im Haus abbrechen. Die Mutter wußt und sahe wohl ihres närrischen Sohns Kopf und fürcht, wenn sie ihn gleichwohl um die Jungfrau werben ließe und ihm ein groß Gut dazu gebe, so wär er doch ein so ungehobelter Esel, daß nichts mit ihm auszurichten oder ver- sehen wäre. Wiewohl aber der Jungfrauen Eltern herrliche Leute und von gutem Ge- schlecht, so waren sie doch also gar arm, daß sie Armuth halber die Tochter ihrem Stande nach nit wüßten zu versorgen, derohalben die- se Werbung desto leichter Statt gewann. Die Mutter furchte nun auch, dieweil ihr Sohn also ein großer ungeschickter Götz wäre, daß ihn vielleicht die Jungfrau nit wöllen haben, gab ihm darum allerhand Lehren, damit er sich bei der Braut fein höflich zuthun und hurtig machen könnte. Und als der Klotz erstlich mit der Jungfrau red't, da schankt sie ihm ein hübsch paar Handschuh aus weichem Corduan- leder gemacht. Lawel thät sie an, zog heim;
len Einwohnern desſelbigen Thals. Derſelbige Geck ſahe auf eine Zeit zu Sarbruͤcken, eines wohlgeachten herrlichen Manns Tochter, die eine ſchoͤne, wohlgeſtalte, verſtaͤndige Jungfrau war. Der Narr ward ihr gleich hold und la- ge der Mutter an, daß ſie ihm dieſelbige zu ei- ner Frauen ſchaffen wollte, wo nicht, ſo wollte er Ofen und Fenſter einſchlagen und alle Stie- gen im Haus abbrechen. Die Mutter wußt und ſahe wohl ihres naͤrriſchen Sohns Kopf und fuͤrcht, wenn ſie ihn gleichwohl um die Jungfrau werben ließe und ihm ein groß Gut dazu gebe, ſo waͤr er doch ein ſo ungehobelter Eſel, daß nichts mit ihm auszurichten oder ver- ſehen waͤre. Wiewohl aber der Jungfrauen Eltern herrliche Leute und von gutem Ge- ſchlecht, ſo waren ſie doch alſo gar arm, daß ſie Armuth halber die Tochter ihrem Stande nach nit wuͤßten zu verſorgen, derohalben die- ſe Werbung deſto leichter Statt gewann. Die Mutter furchte nun auch, dieweil ihr Sohn alſo ein großer ungeſchickter Goͤtz waͤre, daß ihn vielleicht die Jungfrau nit woͤllen haben, gab ihm darum allerhand Lehren, damit er ſich bei der Braut fein hoͤflich zuthun und hurtig machen koͤnnte. Und als der Klotz erſtlich mit der Jungfrau red't, da ſchankt ſie ihm ein huͤbſch paar Handſchuh aus weichem Corduan- leder gemacht. Lawel thaͤt ſie an, zog heim;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0177"n="143"/>
len Einwohnern desſelbigen Thals. Derſelbige<lb/>
Geck ſahe auf eine Zeit zu Sarbruͤcken, eines<lb/>
wohlgeachten herrlichen Manns Tochter, die<lb/>
eine ſchoͤne, wohlgeſtalte, verſtaͤndige Jungfrau<lb/>
war. Der Narr ward ihr gleich hold und la-<lb/>
ge der Mutter an, daß ſie ihm dieſelbige zu ei-<lb/>
ner Frauen ſchaffen wollte, wo nicht, ſo wollte<lb/>
er Ofen und Fenſter einſchlagen und alle Stie-<lb/>
gen im Haus abbrechen. Die Mutter wußt<lb/>
und ſahe wohl ihres naͤrriſchen Sohns Kopf<lb/>
und fuͤrcht, wenn ſie ihn gleichwohl um die<lb/>
Jungfrau werben ließe und ihm ein groß Gut<lb/>
dazu gebe, ſo waͤr er doch ein ſo ungehobelter<lb/>
Eſel, daß nichts mit ihm auszurichten oder ver-<lb/>ſehen waͤre. Wiewohl aber der Jungfrauen<lb/>
Eltern herrliche Leute und von gutem Ge-<lb/>ſchlecht, ſo waren ſie doch alſo gar arm, daß<lb/>ſie Armuth halber die Tochter ihrem Stande<lb/>
nach nit wuͤßten zu verſorgen, derohalben die-<lb/>ſe Werbung deſto leichter Statt gewann. Die<lb/>
Mutter furchte nun auch, dieweil ihr Sohn<lb/>
alſo ein großer ungeſchickter Goͤtz waͤre, daß<lb/>
ihn vielleicht die Jungfrau nit woͤllen haben,<lb/>
gab ihm darum allerhand Lehren, damit er ſich<lb/>
bei der Braut fein hoͤflich zuthun und hurtig<lb/>
machen koͤnnte. Und als der Klotz erſtlich mit<lb/>
der Jungfrau red't, da ſchankt ſie ihm ein<lb/>
huͤbſch paar Handſchuh aus weichem Corduan-<lb/>
leder gemacht. Lawel thaͤt ſie an, zog heim;<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[143/0177]
len Einwohnern desſelbigen Thals. Derſelbige
Geck ſahe auf eine Zeit zu Sarbruͤcken, eines
wohlgeachten herrlichen Manns Tochter, die
eine ſchoͤne, wohlgeſtalte, verſtaͤndige Jungfrau
war. Der Narr ward ihr gleich hold und la-
ge der Mutter an, daß ſie ihm dieſelbige zu ei-
ner Frauen ſchaffen wollte, wo nicht, ſo wollte
er Ofen und Fenſter einſchlagen und alle Stie-
gen im Haus abbrechen. Die Mutter wußt
und ſahe wohl ihres naͤrriſchen Sohns Kopf
und fuͤrcht, wenn ſie ihn gleichwohl um die
Jungfrau werben ließe und ihm ein groß Gut
dazu gebe, ſo waͤr er doch ein ſo ungehobelter
Eſel, daß nichts mit ihm auszurichten oder ver-
ſehen waͤre. Wiewohl aber der Jungfrauen
Eltern herrliche Leute und von gutem Ge-
ſchlecht, ſo waren ſie doch alſo gar arm, daß
ſie Armuth halber die Tochter ihrem Stande
nach nit wuͤßten zu verſorgen, derohalben die-
ſe Werbung deſto leichter Statt gewann. Die
Mutter furchte nun auch, dieweil ihr Sohn
alſo ein großer ungeſchickter Goͤtz waͤre, daß
ihn vielleicht die Jungfrau nit woͤllen haben,
gab ihm darum allerhand Lehren, damit er ſich
bei der Braut fein hoͤflich zuthun und hurtig
machen koͤnnte. Und als der Klotz erſtlich mit
der Jungfrau red't, da ſchankt ſie ihm ein
huͤbſch paar Handſchuh aus weichem Corduan-
leder gemacht. Lawel thaͤt ſie an, zog heim;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/177>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.