ab, so saßen sie zu Tisch und nach gehabtem Mahl schliefen sie sich die Haut voll bis den an- dern Morgen, und das war ein herrlich Leben.
Das Vöglein anderes Tages wollte aus Anstiftung nicht mehr ins Holz, sprechend: es wäre lang genug Knecht gewest, und hätte gleich- sam ihr Narr seyn müssen, sie sollten einmal umwechseln und es auf eine andere Weise auch versuchen. Und wie wohl die Maus heftig da- für bate, auch die Bratwurst, so war der Vo- gel doch Meister, es mußte gewagt seyn, spiele- ten derowegen und kam das Loos auf die Brat- wurst die mußte Holz tragen, die Maus ward Koch, und der Vogel sollte Wasser holen.
Was geschicht? das Bratwürstchen zog fort gen Holz, das Vöglein machte Feuer an, die Maus stellte den Topf zu und erwarteten al- lein, bis Bratwürstchen heim käme und Holz für den andern Tag brächte. Es blieb aber das Würstlein so lang unterweg daß ihnen beiden nichts guts vorkam, und das Vöglein ein Stück Lufts hinaus entgegen floge. Unfern aber fin- det es einen Hund am Weg, der das arme Bratwürstlein als freie Beut angetroffen, an- gepackt und niedergemacht. Das Vöglein be- schwerte sich auch dessen als eines offenbaren Raubs sehr gegen den Hund, aber es half kein Wort, denn sprach der Hund, er hätte falsche
ab, ſo ſaßen ſie zu Tiſch und nach gehabtem Mahl ſchliefen ſie ſich die Haut voll bis den an- dern Morgen, und das war ein herrlich Leben.
Das Voͤglein anderes Tages wollte aus Anſtiftung nicht mehr ins Holz, ſprechend: es waͤre lang genug Knecht geweſt, und haͤtte gleich- ſam ihr Narr ſeyn muͤſſen, ſie ſollten einmal umwechſeln und es auf eine andere Weiſe auch verſuchen. Und wie wohl die Maus heftig da- fuͤr bate, auch die Bratwurſt, ſo war der Vo- gel doch Meiſter, es mußte gewagt ſeyn, ſpiele- ten derowegen und kam das Loos auf die Brat- wurſt die mußte Holz tragen, die Maus ward Koch, und der Vogel ſollte Waſſer holen.
Was geſchicht? das Bratwuͤrſtchen zog fort gen Holz, das Voͤglein machte Feuer an, die Maus ſtellte den Topf zu und erwarteten al- lein, bis Bratwuͤrſtchen heim kaͤme und Holz fuͤr den andern Tag braͤchte. Es blieb aber das Wuͤrſtlein ſo lang unterweg daß ihnen beiden nichts guts vorkam, und das Voͤglein ein Stuͤck Lufts hinaus entgegen floge. Unfern aber fin- det es einen Hund am Weg, der das arme Bratwuͤrſtlein als freie Beut angetroffen, an- gepackt und niedergemacht. Das Voͤglein be- ſchwerte ſich auch deſſen als eines offenbaren Raubs ſehr gegen den Hund, aber es half kein Wort, denn ſprach der Hund, er haͤtte falſche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0139"n="105"/>
ab, ſo ſaßen ſie zu Tiſch und nach gehabtem<lb/>
Mahl ſchliefen ſie ſich die Haut voll bis den an-<lb/>
dern Morgen, und das war ein herrlich Leben.</p><lb/><p>Das Voͤglein anderes Tages wollte aus<lb/>
Anſtiftung nicht mehr ins Holz, ſprechend: es<lb/>
waͤre lang genug Knecht geweſt, und haͤtte gleich-<lb/>ſam ihr Narr ſeyn muͤſſen, ſie ſollten einmal<lb/>
umwechſeln und es auf eine andere Weiſe auch<lb/>
verſuchen. Und wie wohl die Maus heftig da-<lb/>
fuͤr bate, auch die Bratwurſt, ſo war der Vo-<lb/>
gel doch Meiſter, es mußte gewagt ſeyn, ſpiele-<lb/>
ten derowegen und kam das Loos auf die Brat-<lb/>
wurſt die mußte Holz tragen, die Maus ward<lb/>
Koch, und der Vogel ſollte Waſſer holen.</p><lb/><p>Was geſchicht? das Bratwuͤrſtchen zog fort<lb/>
gen Holz, das Voͤglein machte Feuer an, die<lb/>
Maus ſtellte den Topf zu und erwarteten al-<lb/>
lein, bis Bratwuͤrſtchen heim kaͤme und Holz<lb/>
fuͤr den andern Tag braͤchte. Es blieb aber das<lb/>
Wuͤrſtlein ſo lang unterweg daß ihnen beiden<lb/>
nichts guts vorkam, und das Voͤglein ein Stuͤck<lb/>
Lufts hinaus entgegen floge. Unfern aber fin-<lb/>
det es einen Hund am Weg, der das arme<lb/>
Bratwuͤrſtlein als freie Beut angetroffen, an-<lb/>
gepackt und niedergemacht. Das Voͤglein be-<lb/>ſchwerte ſich auch deſſen als eines offenbaren<lb/>
Raubs ſehr gegen den Hund, aber es half kein<lb/>
Wort, denn ſprach der Hund, er haͤtte falſche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[105/0139]
ab, ſo ſaßen ſie zu Tiſch und nach gehabtem
Mahl ſchliefen ſie ſich die Haut voll bis den an-
dern Morgen, und das war ein herrlich Leben.
Das Voͤglein anderes Tages wollte aus
Anſtiftung nicht mehr ins Holz, ſprechend: es
waͤre lang genug Knecht geweſt, und haͤtte gleich-
ſam ihr Narr ſeyn muͤſſen, ſie ſollten einmal
umwechſeln und es auf eine andere Weiſe auch
verſuchen. Und wie wohl die Maus heftig da-
fuͤr bate, auch die Bratwurſt, ſo war der Vo-
gel doch Meiſter, es mußte gewagt ſeyn, ſpiele-
ten derowegen und kam das Loos auf die Brat-
wurſt die mußte Holz tragen, die Maus ward
Koch, und der Vogel ſollte Waſſer holen.
Was geſchicht? das Bratwuͤrſtchen zog fort
gen Holz, das Voͤglein machte Feuer an, die
Maus ſtellte den Topf zu und erwarteten al-
lein, bis Bratwuͤrſtchen heim kaͤme und Holz
fuͤr den andern Tag braͤchte. Es blieb aber das
Wuͤrſtlein ſo lang unterweg daß ihnen beiden
nichts guts vorkam, und das Voͤglein ein Stuͤck
Lufts hinaus entgegen floge. Unfern aber fin-
det es einen Hund am Weg, der das arme
Bratwuͤrſtlein als freie Beut angetroffen, an-
gepackt und niedergemacht. Das Voͤglein be-
ſchwerte ſich auch deſſen als eines offenbaren
Raubs ſehr gegen den Hund, aber es half kein
Wort, denn ſprach der Hund, er haͤtte falſche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/139>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.