Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit adj.
get, viuwer mit dem fem. haftei, losei, mit dem verb. niu-
wen zus. gesetzt, vielmehr aus dem bereits componiert
bestehenden adj. meßhaft, viuwerniuwe ein subst. und
verbum abgeleitet worden. Daher ferner ahd. lastarpa-
reic, mhd. zuckermaeßec ein lastarpari, zuckermaeße vor-
aussetzen. Allerdings kann in andern fällen die comp.
erst mit dem zwar abgeleiteten, aber selbständigen subst.
erfolgen, z. b. himilreichi, werltfinstrei beziehen sich auf
kein adj. himilreichi, werltfinstar; totsinstrei verlangt ein
vorgängiges totfinstar.

10) nom. propria, die aus adj. entspringen, haben das
eigenthümliche a) daß sie zu substantivischer flexion über-
gehen, daher ihr nom. sg. masc. nie das kennzeichen hat,
z. b. hadu-funs *), heri-pald, nicht hadu-funser, heri-
palder; der dat. hadu-funse (nicht hadu-funseme) lautet;
der acc. hadu-funsan ist beides dem adj. und subst. ge-
mäß. Und weibliche machen den gen. dat. nicht auf
-era, eru. Ausnahmsweise finde ich im altn. zuweilen
adjectivische flexion bestehen, vgl. den gen. svan-hveitrar
edd. saem. 133. (statt svan-hveitar) neben dem dat. svan-
hveitu 134b (nicht svan-hveitri) welches 1, 770. nachzu-
tragen. -- b) daß sie das ableitende -i wegwerfen, z. b.
ahd. regin-hart (nicht -herti) gen. regin-hartes (nicht
-hertes), regin-mar (nicht -mari), was eben mit der sub-
stantivierung zus. hängt, da alleinstehende adj. höchstens
im nom. ihr i entbehren (1, 726. 749.). Solchergestalt
würde sich auch diot-reih aus adjectivischem diot-reihhi
erklären; das goth. reiks ermächtigte mich, s. 516. ein
subst. anzusetzen, das freilich dem (aus Neh. 6, 17. beleg-
lichen) adj. reikis ganz nahe liegt. Amala-reiks bildete
wahrscheinlich den gen. reikis (nicht -reikjis oder -reikeis,
dem frithareikeis in Mai's spec. p. 26. zum trotz). -- g)
daß sie im sinn dunkel werden, vgl. s. 545, 14.


Substantiv mit verbum (s. 426. 548.).

Bei dieser untersuchung sind zuvörderst die freieren zu-
sammensetzungen des nomens mit den participien und
dem bloßen infinitiv von der hauptfrage zu sondern.

*) von suns (promptus) vgl. adal-funs, heri-suns (? hera-funs,
s. §. 4.) ags. gar-faus, sid-faus, väl-faus Beov. 180; altn. geir-faus,
hel-faus, saem. edd. 250a hrodr-faus 184b od-faus 74a veig-faus, die
bald adj. sind, bald eigennamen.

III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit adj.
gët, viuwer mit dem fem. haftî, lôſî, mit dem verb. niu-
wen zuſ. geſetzt, vielmehr aus dem bereits componiert
beſtehenden adj. mëƷhaft, viuwerniuwe ein ſubſt. und
verbum abgeleitet worden. Daher ferner ahd. laſtarpâ-
rîc, mhd. zuckermæƷec ein laſtarpâri, zuckermæƷe vor-
ausſetzen. Allerdings kann in andern fällen die comp.
erſt mit dem zwar abgeleiteten, aber ſelbſtändigen ſubſt.
erfolgen, z. b. himilrîchi, wërltfinſtrî beziehen ſich auf
kein adj. himilrîchi, wërltfinſtar; tôtſinſtrî verlangt ein
vorgängiges tôtfinſtar.

10) nom. propria, die aus adj. entſpringen, haben das
eigenthümliche α) daß ſie zu ſubſtantiviſcher flexion über-
gehen, daher ihr nom. ſg. maſc. nie das kennzeichen hat,
z. b. hadu-funs *), heri-pald, nicht hadu-funſêr, heri-
paldêr; der dat. hadu-funſe (nicht hadu-funſeme) lautet;
der acc. hadu-funſan iſt beides dem adj. und ſubſt. ge-
mäß. Und weibliche machen den gen. dat. nicht auf
-êrâ, êru. Ausnahmsweiſe finde ich im altn. zuweilen
adjectiviſche flexion beſtehen, vgl. den gen. ſvan-hvîtrar
edd. ſæm. 133. (ſtatt ſvan-hvîtar) neben dem dat. ſvan-
hvîtu 134b (nicht ſvan-hvîtri) welches 1, 770. nachzu-
tragen. — β) daß ſie das ableitende -i wegwerfen, z. b.
ahd. regin-hart (nicht -herti) gen. regin-hartes (nicht
-hertes), regin-mâr (nicht -mâri), was eben mit der ſub-
ſtantivierung zuſ. hängt, da alleinſtehende adj. höchſtens
im nom. ihr i entbehren (1, 726. 749.). Solchergeſtalt
würde ſich auch diot-rîh aus adjectiviſchem diot-rîhhi
erklären; das goth. reiks ermächtigte mich, ſ. 516. ein
ſubſt. anzuſetzen, das freilich dem (aus Neh. 6, 17. beleg-
lichen) adj. reikis ganz nahe liegt. Amala-reiks bildete
wahrſcheinlich den gen. reikis (nicht -reikjis oder -reikeis,
dem friþareikeis in Mai’s ſpec. p. 26. zum trotz). — γ)
daß ſie im ſinn dunkel werden, vgl. ſ. 545, 14.


Subſtantiv mit verbum (ſ. 426. 548.).

Bei dieſer unterſuchung ſind zuvörderſt die freieren zu-
ſammenſetzungen des nomens mit den participien und
dem bloßen infinitiv von der hauptfrage zu ſondern.

*) von ſuns (promptus) vgl. adal-funs, heri-ſuns (? hëra-funs,
ſ. §. 4.) agſ. gâr-fûs, ſið-fûs, väl-fûs Beov. 180; altn. geir-fûs,
hel-fûs, ſæm. edd. 250a hrôðr-fûs 184b ôð-fûs 74a vîg-fûs, die
bald adj. ſind, bald eigennamen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0599" n="581"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">&#x017F;ub&#x017F;t. eigentl. comp. &#x2014; &#x017F;ub&#x017F;t. mit adj.</hi></hi></fw><lb/>
gët, viuwer mit dem fem. haftî, lô&#x017F;î, mit dem verb. niu-<lb/>
wen zu&#x017F;. ge&#x017F;etzt, vielmehr aus dem bereits componiert<lb/>
be&#x017F;tehenden adj. më&#x01B7;haft, viuwerniuwe ein &#x017F;ub&#x017F;t. und<lb/>
verbum <hi rendition="#i">abgeleitet</hi> worden. Daher ferner ahd. la&#x017F;tarpâ-<lb/>
rîc, mhd. zuckermæ&#x01B7;ec ein la&#x017F;tarpâri, zuckermæ&#x01B7;e vor-<lb/>
aus&#x017F;etzen. Allerdings kann in andern fällen die comp.<lb/><hi rendition="#i">er&#x017F;t</hi> mit dem zwar abgeleiteten, aber &#x017F;elb&#x017F;tändigen &#x017F;ub&#x017F;t.<lb/>
erfolgen, z. b. himilrîchi, wërltfin&#x017F;trî beziehen &#x017F;ich auf<lb/>
kein adj. himilrîchi, wërltfin&#x017F;tar; tôt&#x017F;in&#x017F;trî verlangt ein<lb/>
vorgängiges tôtfin&#x017F;tar.</p><lb/>
                  <p>10) <hi rendition="#i">nom. propria</hi>, die aus adj. ent&#x017F;pringen, haben das<lb/>
eigenthümliche <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi>) daß &#x017F;ie zu &#x017F;ub&#x017F;tantivi&#x017F;cher flexion über-<lb/>
gehen, daher ihr nom. &#x017F;g. ma&#x017F;c. nie das kennzeichen hat,<lb/>
z. b. hadu-funs <note place="foot" n="*)">von &#x017F;uns (promptus) vgl. adal-funs, heri-&#x017F;uns (? hëra-funs,<lb/>
&#x017F;. §. 4.) ag&#x017F;. gâr-fûs, &#x017F;ið-fûs, väl-fûs Beov. 180; altn. geir-fûs,<lb/>
hel-fûs, &#x017F;æm. edd. 250<hi rendition="#sup">a</hi> hrôðr-fûs 184<hi rendition="#sup">b</hi> ôð-fûs 74<hi rendition="#sup">a</hi> vîg-fûs, die<lb/>
bald adj. &#x017F;ind, bald eigennamen.</note>, heri-pald, nicht hadu-fun&#x017F;êr, heri-<lb/>
paldêr; der dat. hadu-fun&#x017F;e (nicht hadu-fun&#x017F;eme) lautet;<lb/>
der acc. hadu-fun&#x017F;an i&#x017F;t beides dem adj. und &#x017F;ub&#x017F;t. ge-<lb/>
mäß. Und weibliche machen den gen. dat. nicht auf<lb/>
-êrâ, êru. Ausnahmswei&#x017F;e finde ich im altn. zuweilen<lb/>
adjectivi&#x017F;che flexion be&#x017F;tehen, vgl. den gen. &#x017F;van-hvîtrar<lb/>
edd. &#x017F;æm. 133. (&#x017F;tatt &#x017F;van-hvîtar) neben dem dat. &#x017F;van-<lb/>
hvîtu 134<hi rendition="#sup">b</hi> (nicht &#x017F;van-hvîtri) welches 1, 770. nachzu-<lb/>
tragen. &#x2014; <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>) daß &#x017F;ie das ableitende -i wegwerfen, z. b.<lb/>
ahd. regin-hart (nicht -herti) gen. regin-hartes (nicht<lb/>
-hertes), regin-mâr (nicht -mâri), was eben mit der &#x017F;ub-<lb/>
&#x017F;tantivierung zu&#x017F;. hängt, da allein&#x017F;tehende adj. höch&#x017F;tens<lb/>
im nom. ihr i entbehren (1, 726. 749.). Solcherge&#x017F;talt<lb/>
würde &#x017F;ich auch diot-rîh aus adjectivi&#x017F;chem diot-rîhhi<lb/>
erklären; das goth. reiks ermächtigte mich, &#x017F;. 516. ein<lb/>
&#x017F;ub&#x017F;t. anzu&#x017F;etzen, das freilich dem (aus Neh. 6, 17. beleg-<lb/>
lichen) adj. reikis ganz nahe liegt. Amala-reiks bildete<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich den gen. reikis (nicht -reikjis oder -reikeis,<lb/>
dem friþareikeis in Mai&#x2019;s &#x017F;pec. p. 26. zum trotz). &#x2014; <hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>)<lb/>
daß &#x017F;ie im &#x017F;inn dunkel werden, vgl. &#x017F;. 545, 14.</p>
                </div>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#i">Sub&#x017F;tantiv mit verbum</hi> (&#x017F;. 426. 548.).</head><lb/>
                <p>Bei die&#x017F;er unter&#x017F;uchung &#x017F;ind zuvörder&#x017F;t die freieren zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;etzungen des nomens mit den participien und<lb/>
dem bloßen infinitiv von der hauptfrage zu &#x017F;ondern.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[581/0599] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit adj. gët, viuwer mit dem fem. haftî, lôſî, mit dem verb. niu- wen zuſ. geſetzt, vielmehr aus dem bereits componiert beſtehenden adj. mëƷhaft, viuwerniuwe ein ſubſt. und verbum abgeleitet worden. Daher ferner ahd. laſtarpâ- rîc, mhd. zuckermæƷec ein laſtarpâri, zuckermæƷe vor- ausſetzen. Allerdings kann in andern fällen die comp. erſt mit dem zwar abgeleiteten, aber ſelbſtändigen ſubſt. erfolgen, z. b. himilrîchi, wërltfinſtrî beziehen ſich auf kein adj. himilrîchi, wërltfinſtar; tôtſinſtrî verlangt ein vorgängiges tôtfinſtar. 10) nom. propria, die aus adj. entſpringen, haben das eigenthümliche α) daß ſie zu ſubſtantiviſcher flexion über- gehen, daher ihr nom. ſg. maſc. nie das kennzeichen hat, z. b. hadu-funs *), heri-pald, nicht hadu-funſêr, heri- paldêr; der dat. hadu-funſe (nicht hadu-funſeme) lautet; der acc. hadu-funſan iſt beides dem adj. und ſubſt. ge- mäß. Und weibliche machen den gen. dat. nicht auf -êrâ, êru. Ausnahmsweiſe finde ich im altn. zuweilen adjectiviſche flexion beſtehen, vgl. den gen. ſvan-hvîtrar edd. ſæm. 133. (ſtatt ſvan-hvîtar) neben dem dat. ſvan- hvîtu 134b (nicht ſvan-hvîtri) welches 1, 770. nachzu- tragen. — β) daß ſie das ableitende -i wegwerfen, z. b. ahd. regin-hart (nicht -herti) gen. regin-hartes (nicht -hertes), regin-mâr (nicht -mâri), was eben mit der ſub- ſtantivierung zuſ. hängt, da alleinſtehende adj. höchſtens im nom. ihr i entbehren (1, 726. 749.). Solchergeſtalt würde ſich auch diot-rîh aus adjectiviſchem diot-rîhhi erklären; das goth. reiks ermächtigte mich, ſ. 516. ein ſubſt. anzuſetzen, das freilich dem (aus Neh. 6, 17. beleg- lichen) adj. reikis ganz nahe liegt. Amala-reiks bildete wahrſcheinlich den gen. reikis (nicht -reikjis oder -reikeis, dem friþareikeis in Mai’s ſpec. p. 26. zum trotz). — γ) daß ſie im ſinn dunkel werden, vgl. ſ. 545, 14. Subſtantiv mit verbum (ſ. 426. 548.). Bei dieſer unterſuchung ſind zuvörderſt die freieren zu- ſammenſetzungen des nomens mit den participien und dem bloßen infinitiv von der hauptfrage zu ſondern. *) von ſuns (promptus) vgl. adal-funs, heri-ſuns (? hëra-funs, ſ. §. 4.) agſ. gâr-fûs, ſið-fûs, väl-fûs Beov. 180; altn. geir-fûs, hel-fûs, ſæm. edd. 250a hrôðr-fûs 184b ôð-fûs 74a vîg-fûs, die bald adj. ſind, bald eigennamen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/599
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/599>, abgerufen am 22.11.2024.