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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. B.
ar-bja (heres), thaur-ban, hvair-ban, lam-b (agnus) dum-
bs (mutus) etc. Auch hier tritt im ahd. das a zwischen
lp, rp hervor, nie zwischen mp, z. b. hal-ap (manu-
brium), huer-apan, praet. huar-ap, der-ap (azymus), dar-
apen (egere), ar-apjo (heres), so gewis früher statt des
spätern er-ibo; hingegen kein lam-ap, tum-ap f. lam-p,
tum-p. Ags. und altn. keine spur des gebliebenen vocals.

5) ableitendes b erkenne ich auch (wie vorhin s. 154.
182. ableitendes m, n) nach ausgeworfner spirans h in du-
bo, dau-bo (columba), welches Ulf. nur in der compos. mit
hraiva f. trugon setzt, da er peristera durch ahaks aus-
drückt; wurzel scheint nämlich nr. 261. diuhan (mer-
gere) ahd. tiuhan und dubo stünde f. duh-abo, gerade wie
sich columba mit kolumbao vergleicht und kolumbos
mergus bedeutet. Von dem taucher wurde der name auf
die laube übertragen, vgl. oben s. 19. Selbst das ags. ver-
bum deofan könnte aus diuh-aban gedeutet werden. Auf
diesem wege löset sich vielleicht einmahl überhaupt die
dunkelheit der scheinbaren wurzeln mit au (oben s. 7.);
es sind spiranten ausgefallen.

6) bestätigungen wie vorhin beim P.

a) aus nachweisung des einfachen stamms weiß ich
wenig zu gewinnen; tim-bar, zim-par (aedisicatio) könnte
aus tim-an, zim-an (nr. 320.) aptare, construere? geleitet
werden, vgl. das urverwandte domus mit domare; scir-
pi (testa) mons. 344. bezeichnet eigentlich das zerbrochene
und fügt sich zu scir-an (nr. 327.) scindere, so daß skair-
pan und skairban zwei ganz verschiedene fortbildungen
einer wurzel wären. Noch unsicherer ist mir aber hal-
ap (manubrium) aus hal-an (nr. 465.), ar-bi (hereditas)
aus air-an (nr. 571b) und ähnliches

b) im griech. entspricht die asp. dem goth. b, ahd.
p, vgl. amphi mit umpi, daher ist ulbandus unbedenklich
ul-bandus, ahd. ol-panta = ol-apanta, wie el-ephas, ein
großes thier, kameel oder elephant. stair-ban, ster-apan
ist vielleicht str-ephein, kata-str-ephein? läßt sich sviltan
(nr. 349.) aus us-viltan deuten? wenigstens fällt mir auf,
daß der hd. dialect kein suelzan kennt und von welzan
nur das abgeleitete schwache welzan; wäre ein ahd. ur-
welzan für sviltan nachzuweisen, so gewänne jene er-
klärung von sterpan, dessen simplum steran längst ver-
dunkelt liegt. Da die Slaven den lippenlaut nicht aspi-
rieren, so vergleicht sich goth. b ihrem b, sil-ubr, sr-
ebro; folglich ist slav. labe (fluvius) labud (cygnus) sicher

III. conſonantiſche ableitungen. B.
ar-bja (heres), þaúr-ban, hvaír-ban, lam-b (agnus) dum-
bs (mutus) etc. Auch hier tritt im ahd. das a zwiſchen
lp, rp hervor, nie zwiſchen mp, z. b. hal-ap (manu-
brium), huër-apan, praet. huar-ap, dër-ap (azymus), dar-
apên (egere), ar-apjo (heres), ſo gewis früher ſtatt des
ſpätern er-ibo; hingegen kein lam-ap, tum-ap f. lam-p,
tum-p. Agſ. und altn. keine ſpur des gebliebenen vocals.

5) ableitendes b erkenne ich auch (wie vorhin ſ. 154.
182. ableitendes m, n) nach ausgeworfner ſpirans h in du-
bô, dû-bô (columba), welches Ulf. nur in der compoſ. mit
hráiva f. τρυγών ſetzt, da er περιστερά durch ahaks aus-
drückt; wurzel ſcheint nämlich nr. 261. diuhan (mer-
gere) ahd. tiuhan und dubô ſtünde f. duh-abô, gerade wie
ſich columba mit κολύμβαω vergleicht und κολύμβος
mergus bedeutet. Von dem taucher wurde der name auf
die laube übertragen, vgl. oben ſ. 19. Selbſt das agſ. ver-
bum dëófan könnte aus diuh-aban gedeutet werden. Auf
dieſem wege löſet ſich vielleicht einmahl überhaupt die
dunkelheit der ſcheinbaren wurzeln mit û (oben ſ. 7.);
es ſind ſpiranten ausgefallen.

6) beſtätigungen wie vorhin beim P.

α) aus nachweiſung des einfachen ſtamms weiß ich
wenig zu gewinnen; tim-bar, zim-par (aediſicatio) könnte
aus tim-an, zim-an (nr. 320.) aptare, conſtruere? geleitet
werden, vgl. das urverwandte domus mit domare; ſcir-
pi (teſta) monſ. 344. bezeichnet eigentlich das zerbrochene
und fügt ſich zu ſcir-an (nr. 327.) ſcindere, ſo daß ſkaír-
pan und ſkaírban zwei ganz verſchiedene fortbildungen
einer wurzel wären. Noch unſicherer iſt mir aber hal-
ap (manubrium) aus hal-an (nr. 465.), ar-bi (hereditas)
aus aír-an (nr. 571b) und ähnliches

β) im griech. entſpricht die aſp. dem goth. b, ahd.
p, vgl. ἀμφί mit umpi, daher iſt ulbandus unbedenklich
ul-bandus, ahd. ol-panta = ol-apanta, wie ἔλ-εφας, ein
großes thier, kameel oder elephant. ſtaír-ban, ſtër-apan
iſt vielleicht στρ-έφειν, κατα-στρ-έφειν? läßt ſich ſviltan
(nr. 349.) aus us-viltan deuten? wenigſtens fällt mir auf,
daß der hd. dialect kein ſuëlzan kennt und von wëlzan
nur das abgeleitete ſchwache welzan; wäre ein ahd. ur-
wëlzan für ſviltan nachzuweiſen, ſo gewänne jene er-
klärung von ſtërpan, deſſen ſimplum ſtëran längſt ver-
dunkelt liegt. Da die Slaven den lippenlaut nicht aſpi-
rieren, ſo vergleicht ſich goth. b ihrem b, ſil-ubr, ſr-
ebro; folglich iſt ſlav. labe (fluvius) labud (cygnus) ſicher

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[185/0203] III. conſonantiſche ableitungen. B. ar-bja (heres), þaúr-ban, hvaír-ban, lam-b (agnus) dum- bs (mutus) etc. Auch hier tritt im ahd. das a zwiſchen lp, rp hervor, nie zwiſchen mp, z. b. hal-ap (manu- brium), huër-apan, praet. huar-ap, dër-ap (azymus), dar- apên (egere), ar-apjo (heres), ſo gewis früher ſtatt des ſpätern er-ibo; hingegen kein lam-ap, tum-ap f. lam-p, tum-p. Agſ. und altn. keine ſpur des gebliebenen vocals. 5) ableitendes b erkenne ich auch (wie vorhin ſ. 154. 182. ableitendes m, n) nach ausgeworfner ſpirans h in du- bô, dû-bô (columba), welches Ulf. nur in der compoſ. mit hráiva f. τρυγών ſetzt, da er περιστερά durch ahaks aus- drückt; wurzel ſcheint nämlich nr. 261. diuhan (mer- gere) ahd. tiuhan und dubô ſtünde f. duh-abô, gerade wie ſich columba mit κολύμβαω vergleicht und κολύμβος mergus bedeutet. Von dem taucher wurde der name auf die laube übertragen, vgl. oben ſ. 19. Selbſt das agſ. ver- bum dëófan könnte aus diuh-aban gedeutet werden. Auf dieſem wege löſet ſich vielleicht einmahl überhaupt die dunkelheit der ſcheinbaren wurzeln mit û (oben ſ. 7.); es ſind ſpiranten ausgefallen. 6) beſtätigungen wie vorhin beim P. α) aus nachweiſung des einfachen ſtamms weiß ich wenig zu gewinnen; tim-bar, zim-par (aediſicatio) könnte aus tim-an, zim-an (nr. 320.) aptare, conſtruere? geleitet werden, vgl. das urverwandte domus mit domare; ſcir- pi (teſta) monſ. 344. bezeichnet eigentlich das zerbrochene und fügt ſich zu ſcir-an (nr. 327.) ſcindere, ſo daß ſkaír- pan und ſkaírban zwei ganz verſchiedene fortbildungen einer wurzel wären. Noch unſicherer iſt mir aber hal- ap (manubrium) aus hal-an (nr. 465.), ar-bi (hereditas) aus aír-an (nr. 571b) und ähnliches β) im griech. entſpricht die aſp. dem goth. b, ahd. p, vgl. ἀμφί mit umpi, daher iſt ulbandus unbedenklich ul-bandus, ahd. ol-panta = ol-apanta, wie ἔλ-εφας, ein großes thier, kameel oder elephant. ſtaír-ban, ſtër-apan iſt vielleicht στρ-έφειν, κατα-στρ-έφειν? läßt ſich ſviltan (nr. 349.) aus us-viltan deuten? wenigſtens fällt mir auf, daß der hd. dialect kein ſuëlzan kennt und von wëlzan nur das abgeleitete ſchwache welzan; wäre ein ahd. ur- wëlzan für ſviltan nachzuweiſen, ſo gewänne jene er- klärung von ſtërpan, deſſen ſimplum ſtëran längſt ver- dunkelt liegt. Da die Slaven den lippenlaut nicht aſpi- rieren, ſo vergleicht ſich goth. b ihrem b, ſil-ubr, ſr- ebro; folglich iſt ſlav. labe (fluvius) labud (cygnus) ſicher

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/203>, abgerufen am 27.04.2024.