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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. allg. vergleichung der declination.
goth. e masc. neutr. und o fem. ist z b. das lat. o
masc. neutr. und a fem (mehreres in der lehre vom
geschlecht). -- b) untersuchung der ableitungsvocale
-i, -u gehört in die bildungslehre; in der regel ge-
staltet fich jede sprache auf eigne hand und es ist sel-
ten, daß zu genau stimmender wurzel das geschlecht,
noch seltner bildung und ableitung stimme. Das ab-
leitungs -i der deutschen zweiten decl. entspricht
ganz dem -i, -e der lat. dritten; communis, com-
mune dem alth. kimeiner, kimeini; mare, gen. maris
dem alth. meri, meres. Treffend vergleichen sich
kalds, kaldis, kaldamma, kaldana; litth, ßaltas, ßalto,
ßaltam, ßalta (das a gestrichen); lat. gelidus, gelidi,
gelido, gelidum; nicht minder mikils, mikilis, mi-
kilamma. mikilana dem gr. mega[lo]s, megalou, mega-
lo, mega
[lo]n. Die -u der deutschen dritten bat man
in der lat. vierten, in der gr. dritten zu suchen, aber
das lat. cornu geht im deutschen horn nach erster;
faihu und pou stimmen, auch polus zu einem veral-
teten goth. filus. Aus der litth. vierten trifft ganz
nahe zur goth. dritten: sunus (filius) sunaus, sunui,
sunu (das u gestrichen) voc. sunau, instr. sunumi; pl.
sunus, sunau, sunums, sunus; bei so großer überein-
kunft darf man aus dem litth. adj. vierter, z. b. tam-
sus (obscurus) tamsaus, tamsam, tamsu (gestrichen)
voc. tamsus; pl. tamsus, tamsau, tamsiems, tamsus bei-
nahe folgern, daß thaursus zwar den gen. thaursaus,
den dat. sg. aber thaursjamma, dat. pl. thaurljaim bil-
den werde.
20) die gestalt des pers. ungeschl. pron. ist unleugbar
ähnlich; sanskr. nom. aham, tvam; woraus ein frü-
heres deutsches ikam, thuam (thvam) zu folgern? schwe-
rer weiß ich den acc. mam (? für ahamam) tvam (für
elinieren weibl. subst. völlig wie masc. zweiter decl. z. b.
phegos und fagus; formen dritter decl. find bald masc. bald
fem. z. b. daimon oder das lat. conjux etc.; sondern alle
adj. dritter lat. decl. haben für beide geschl. dieselbe
form; im gr. bloß gewisse (Buttm. § 63.) Solche mi-
schungen scheinen mir insgemein abweichung vom frühe-
ren zustand, auf welchen auch keine unterscheidung ei-
nes natürl. und grammatischen genus Buttm. §. 32.) an-
wendbar ist. Im litth. sondern sich die geschlechter
ftrenger, beim subst. nicht übetall (Mielcke §. 20.) doch
beim adj. immer. Die vergleichung mit s. 801. n°. 2.
macht sich von selbst.
II. allg. vergleichung der declination.
goth. ê maſc. neutr. und ô fem. iſt z b. das lat. o
maſc. neutr. und a fem (mehreres in der lehre vom
geſchlecht). — β) unterſuchung der ableitungsvocale
-i, -u gehört in die bildungslehre; in der regel ge-
ſtaltet fich jede ſprache auf eigne hand und es iſt ſel-
ten, daß zu genau ſtimmender wurzel das geſchlecht,
noch ſeltner bildung und ableitung ſtimme. Das ab-
leitungs -i der deutſchen zweiten decl. entſpricht
ganz dem -i, -e der lat. dritten; communis, com-
mune dem alth. kimeinêr, kimeini; mare, gen. maris
dem alth. meri, meres. Treffend vergleichen ſich
kalds, kaldis, kaldamma, kaldana; litth, ſzaltas, ſzalto,
ſzaltam, ſzalta (das a geſtrichen); lat. gelidus, gelidi,
gelido, gelidum; nicht minder mikils, mikilis, mi-
kilamma. mikilana dem gr. μέγα[λο]ς, μεγάλου, μεγά-
λῳ, μέγα
[λο]ν. Die -u der deutſchen dritten bat man
in der lat. vierten, in der gr. dritten zu ſuchen, aber
das lat. cornu geht im deutſchen horn nach erſter;
faíhu und πῶϋ ſtimmen, auch πολύς zu einem veral-
teten goth. filus. Aus der litth. vierten trifft ganz
nahe zur goth. dritten: ſunus (filius) ſunaus, ſunui,
ſunu (das u geſtrichen) voc. ſunau, inſtr. ſunumi; pl.
ſunus, ſunû, ſunums, ſunùs; bei ſo großer überein-
kunft darf man aus dem litth. adj. vierter, z. b. tam-
ſus (obſcurus) tamſaus, tamſam, tamſu (geſtrichen)
voc. tamſus; pl. tamſus, tamſû, tamſiems, tamſùs bei-
nahe folgern, daß þaúrſus zwar den gen. þaúrſáus,
den dat. ſg. aber þaúrſjamma, dat. pl. þaúrljáim bil-
den werde.
20) die geſtalt des perſ. ungeſchl. pron. iſt unleugbar
ähnlich; ſanſkr. nom. aham, tvam; woraus ein frü-
heres deutſches ïkam, þuam (þvam) zu folgern? ſchwe-
rer weiß ich den acc. mâm (? für ahamam) tvâm (für
elinieren weibl. ſubſt. völlig wie maſc. zweiter decl. z. b.
φηγός und fagus; formen dritter decl. find bald maſc. bald
fem. z. b. δαίμων oder das lat. conjux etc.; ſondern alle
adj. dritter lat. decl. haben für beide geſchl. dieſelbe
form; im gr. bloß gewiſſe (Buttm. § 63.) Solche mi-
ſchungen ſcheinen mir insgemein abweichung vom frühe-
ren zustand, auf welchen auch keine unterſcheidung ei-
nes natürl. und grammatiſchen genus Buttm. §. 32.) an-
wendbar iſt. Im litth. ſondern ſich die geſchlechter
ftrenger, beim ſubſt. nicht übetall (Mielcke §. 20.) doch
beim adj. immer. Die vergleichung mit ſ. 801. n°. 2.
macht ſich von ſelbſt.
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[830/0856] II. allg. vergleichung der declination. goth. ê maſc. neutr. und ô fem. iſt z b. das lat. o maſc. neutr. und a fem (mehreres in der lehre vom geſchlecht). — β) unterſuchung der ableitungsvocale -i, -u gehört in die bildungslehre; in der regel ge- ſtaltet fich jede ſprache auf eigne hand und es iſt ſel- ten, daß zu genau ſtimmender wurzel das geſchlecht, noch ſeltner bildung und ableitung ſtimme. Das ab- leitungs -i der deutſchen zweiten decl. entſpricht ganz dem -i, -e der lat. dritten; communis, com- mune dem alth. kimeinêr, kimeini; mare, gen. maris dem alth. meri, meres. Treffend vergleichen ſich kalds, kaldis, kaldamma, kaldana; litth, ſzaltas, ſzalto, ſzaltam, ſzalta (das a geſtrichen); lat. gelidus, gelidi, gelido, gelidum; nicht minder mikils, mikilis, mi- kilamma. mikilana dem gr. μέγα[λο]ς, μεγάλου, μεγά- λῳ, μέγα[λο]ν. Die -u der deutſchen dritten bat man in der lat. vierten, in der gr. dritten zu ſuchen, aber das lat. cornu geht im deutſchen horn nach erſter; faíhu und πῶϋ ſtimmen, auch πολύς zu einem veral- teten goth. filus. Aus der litth. vierten trifft ganz nahe zur goth. dritten: ſunus (filius) ſunaus, ſunui, ſunu (das u geſtrichen) voc. ſunau, inſtr. ſunumi; pl. ſunus, ſunû, ſunums, ſunùs; bei ſo großer überein- kunft darf man aus dem litth. adj. vierter, z. b. tam- ſus (obſcurus) tamſaus, tamſam, tamſu (geſtrichen) voc. tamſus; pl. tamſus, tamſû, tamſiems, tamſùs bei- nahe folgern, daß þaúrſus zwar den gen. þaúrſáus, den dat. ſg. aber þaúrſjamma, dat. pl. þaúrljáim bil- den werde. 20) die geſtalt des perſ. ungeſchl. pron. iſt unleugbar ähnlich; ſanſkr. nom. aham, tvam; woraus ein frü- heres deutſches ïkam, þuam (þvam) zu folgern? ſchwe- rer weiß ich den acc. mâm (? für ahamam) tvâm (für *) *) elinieren weibl. ſubſt. völlig wie maſc. zweiter decl. z. b. φηγός und fagus; formen dritter decl. find bald maſc. bald fem. z. b. δαίμων oder das lat. conjux etc.; ſondern alle adj. dritter lat. decl. haben für beide geſchl. dieſelbe form; im gr. bloß gewiſſe (Buttm. § 63.) Solche mi- ſchungen ſcheinen mir insgemein abweichung vom frühe- ren zustand, auf welchen auch keine unterſcheidung ei- nes natürl. und grammatiſchen genus Buttm. §. 32.) an- wendbar iſt. Im litth. ſondern ſich die geſchlechter ftrenger, beim ſubſt. nicht übetall (Mielcke §. 20.) doch beim adj. immer. Die vergleichung mit ſ. 801. n°. 2. macht ſich von ſelbſt.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 830. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/856>, abgerufen am 28.07.2024.