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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. allg. vergleichung der declination.
fest (merkwürdige ausnahme macht diz, welches ge-
bräuchlicher ist als dizi, vgl. s. 795.); noch die mit-
telh. wahrt -e (statt jenes -i) hat aber kein -e für
jenes -u; der mittelniederl. ist bed f. bedde so gelän-
fig als dit f. ditte. Die altn. setzt beides: kyn und
föt f. kyni, fötu; das sächs. schwanken zwischen vord
und fatu habe ich s. 636. 644. aus der vorstehenden
langen oder kurzen silbe gedeutet, vielleicht mit un-
recht, da zwischen kyn und reiki s. 660. es sich gerade
umgedreht verhält. -- Uebrigens ist der entgegenge-
setzte und doch analoge einfluß der flexionen auf den
wurzellaut a in dem s. 734. 737. gegebenen paradigma
vergleichenswerth. --
23) die verschiedenheit der einzelnen declinationen be-
ruht auf den vocalen, nicht den consonanten. Sie
zeigt sich am deutlichsten im subst., weniger im adj.,
tritt aber auch im pron. hervor. Wiederum ist sie
unter den drei geschlechtern vorzüglich beim masc.
entwickelt. Zum kennzeichen der vier männl. decl.
mag der goth. acc. pl. masc. dienen, welcher in der
ersten a, in der zweiten ja, in der dritten u, in der
vierten i gibt. Beim adj. erscheinen die drei ersten
decl., doch keine spur der vierten; das pron. mengt
spuren aller; zur ersten bekennen sich die formen this,
thamma, thana, thai, thize (f. thaize?) thaim, thans, zur
vierten is, is, imma. ina, eis, ize, im, ins; zur
dritten jus (vos) uns (nos acc. während der nom. veis
von der vierten zeugt).
24) bei der ersten männl. und neutr. decl. fällt die flexion
-is gen. sg. im pron this, hvis, adj. blindis und subst.
fiskis auf. Hier scheint der voc. i unorganisch, da er
die erste decl zu der vierten mischt; bestätigung finde
ich in folgenden gründen: a) der gen. pl. thize wäre
gleich fehlerhaft, und gerade das adj. hat -aize, nicht
-ize. b) das org. i goth. flexion bleibt auch im alth.
i, vgl. balgim, kuni mit palkim. chunni und zeugt
später umlaut (mittelh. belgen, künne); jenes genitive
-is hingegen wird alth. zu -es und bringt keinen
umlaut, vgl. takes, tages. g) im alts. erscheint ne-
ben -es die merkwürdige ältere flexion -a[ - 1 Zeichen fehlt], fiskas,
kunneas, die auf einen älteren goth. gen. fiskas. kun-
jas deuten. d) für ein solches -as redet die erklärung
des gen sg. dritter decl. sunaus aus sunuas (anm. 27.) --
(über das spätere -um des dat. pl. statt -am nachher
anm. 29.).

II. allg. vergleichung der declination.
feſt (merkwürdige ausnahme macht diz, welches ge-
bräuchlicher iſt als dizi, vgl. ſ. 795.); noch die mit-
telh. wahrt -e (ſtatt jenes -i) hat aber kein -e für
jenes -u; der mittelniederl. iſt bed f. bedde ſo gelän-
fig als dit f. ditte. Die altn. ſetzt beides: kyn und
föt f. kyni, fötu; das ſächſ. ſchwanken zwiſchen vord
und fatu habe ich ſ. 636. 644. aus der vorſtehenden
langen oder kurzen ſilbe gedeutet, vielleicht mit un-
recht, da zwiſchen kyn und rîki ſ. 660. es ſich gerade
umgedreht verhält. — Uebrigens iſt der entgegenge-
ſetzte und doch analoge einfluß der flexionen auf den
wurzellaut a in dem ſ. 734. 737. gegebenen paradigma
vergleichenswerth. —
23) die verſchiedenheit der einzelnen declinationen be-
ruht auf den vocalen, nicht den conſonanten. Sie
zeigt ſich am deutlichſten im ſubſt., weniger im adj.,
tritt aber auch im pron. hervor. Wiederum iſt ſie
unter den drei geſchlechtern vorzüglich beim maſc.
entwickelt. Zum kennzeichen der vier männl. decl.
mag der goth. acc. pl. maſc. dienen, welcher in der
erſten a, in der zweiten ja, in der dritten u, in der
vierten i gibt. Beim adj. erſcheinen die drei erſten
decl., doch keine ſpur der vierten; das pron. mengt
ſpuren aller; zur erſten bekennen ſich die formen þis,
þamma, þana, þái, þizê (f. þáize?) þáim, þans, zur
vierten ïs, ïs, ïmma. ïna, eis, ïzê, ïm, ïns; zur
dritten jus (vos) uns (nos acc. während der nom. veis
von der vierten zeugt).
24) bei der erſten männl. und neutr. decl. fällt die flexion
-is gen. ſg. im pron þis, hvis, adj. blindis und ſubſt.
fiſkis auf. Hier ſcheint der voc. i unorganiſch, da er
die erſte decl zu der vierten miſcht; beſtätigung finde
ich in folgenden gründen: α) der gen. pl. þizê wäre
gleich fehlerhaft, und gerade das adj. hat -áizê, nicht
-izê. β) das org. i goth. flexion bleibt auch im alth.
i, vgl. balgim, kuni mit palkim. chunni und zeugt
ſpäter umlaut (mittelh. belgen, künne); jenes genitive
-is hingegen wird alth. zu -es und bringt keinen
umlaut, vgl. takes, tages. γ) im altſ. erſcheint ne-
ben -es die merkwürdige ältere flexion -a[ – 1 Zeichen fehlt], fiſkas,
kunneas, die auf einen älteren goth. gen. fiſkas. kun-
jas deuten. δ) für ein ſolches -as redet die erklärung
des gen ſg. dritter decl. ſunaus aus ſunuas (anm. 27.) —
(über das ſpätere -um des dat. pl. ſtatt -am nachher
anm. 29.).

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[810/0836] II. allg. vergleichung der declination. feſt (merkwürdige ausnahme macht diz, welches ge- bräuchlicher iſt als dizi, vgl. ſ. 795.); noch die mit- telh. wahrt -e (ſtatt jenes -i) hat aber kein -e für jenes -u; der mittelniederl. iſt bed f. bedde ſo gelän- fig als dit f. ditte. Die altn. ſetzt beides: kyn und föt f. kyni, fötu; das ſächſ. ſchwanken zwiſchen vord und fatu habe ich ſ. 636. 644. aus der vorſtehenden langen oder kurzen ſilbe gedeutet, vielleicht mit un- recht, da zwiſchen kyn und rîki ſ. 660. es ſich gerade umgedreht verhält. — Uebrigens iſt der entgegenge- ſetzte und doch analoge einfluß der flexionen auf den wurzellaut a in dem ſ. 734. 737. gegebenen paradigma vergleichenswerth. — 23) die verſchiedenheit der einzelnen declinationen be- ruht auf den vocalen, nicht den conſonanten. Sie zeigt ſich am deutlichſten im ſubſt., weniger im adj., tritt aber auch im pron. hervor. Wiederum iſt ſie unter den drei geſchlechtern vorzüglich beim maſc. entwickelt. Zum kennzeichen der vier männl. decl. mag der goth. acc. pl. maſc. dienen, welcher in der erſten a, in der zweiten ja, in der dritten u, in der vierten i gibt. Beim adj. erſcheinen die drei erſten decl., doch keine ſpur der vierten; das pron. mengt ſpuren aller; zur erſten bekennen ſich die formen þis, þamma, þana, þái, þizê (f. þáize?) þáim, þans, zur vierten ïs, ïs, ïmma. ïna, eis, ïzê, ïm, ïns; zur dritten jus (vos) uns (nos acc. während der nom. veis von der vierten zeugt). 24) bei der erſten männl. und neutr. decl. fällt die flexion -is gen. ſg. im pron þis, hvis, adj. blindis und ſubſt. fiſkis auf. Hier ſcheint der voc. i unorganiſch, da er die erſte decl zu der vierten miſcht; beſtätigung finde ich in folgenden gründen: α) der gen. pl. þizê wäre gleich fehlerhaft, und gerade das adj. hat -áizê, nicht -izê. β) das org. i goth. flexion bleibt auch im alth. i, vgl. balgim, kuni mit palkim. chunni und zeugt ſpäter umlaut (mittelh. belgen, künne); jenes genitive -is hingegen wird alth. zu -es und bringt keinen umlaut, vgl. takes, tages. γ) im altſ. erſcheint ne- ben -es die merkwürdige ältere flexion -a_, fiſkas, kunneas, die auf einen älteren goth. gen. fiſkas. kun- jas deuten. δ) für ein ſolches -as redet die erklärung des gen ſg. dritter decl. ſunaus aus ſunuas (anm. 27.) — (über das ſpätere -um des dat. pl. ſtatt -am nachher anm. 29.).

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 810. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/836>, abgerufen am 22.11.2024.