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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. declination der städtenamen.
da doch die goth. praep. af keinen gen. regiert; eiai-
rusaulymon (ierosolumon) etc. bald aber, und dieser fall
ist für uns der wichtigste, stehen goth. flexionen. Ge-
wöhnlich nimmt der sing. die erste, der plur. die vierte
starke weibl. decl. So iairusaulyma, gen. -os, dat.
-ai, acc. -a, ferner: seidona, seidonos, seidonai, sei-
dona; tyra, tyros, tyrai, tyra, wiewohl von keinem
dieser drei wörter der nom. auf -a vorkommt, der
gen. bloß vom ersten, der acc. vom zweiten und drit-
ten, der dat. von allen. Wiederum mangelt der nom.
pl. -eis, acc. -ins, aber der gen. seidone, tyre und
dat. iairusaulymim. tyrim, seidonim, saudaumim ist be-
legbar. Auf gleiche decl. weisen die dative sg. iairu-
paulai und bairaujai (in Mai's spec. p. 28.) nom. iai-
rupaula (hieropolis) bairauja (beroea). Unvoliständiger
zeigen sich andere declinationen, nämlich in iairei-
kon der acc. erster schw. weibl. in daikapaulein, beth-
fagein der dat. dritter schw. weibl., ohne daß ein
nom. -o, -ei vorkommt; in iairusaulymjam, sau-
daumjam, gaumaurjam der dat. pl. und in saudaumje
gen. pl. der zweiten st. neutr.; endlich in bethanjin
der dat., in bethanjan der acc. sg. schw. männl. Ab-
weichungen, die mehr zufällig durch den fremden
text herbeigeführt sind, als ächtgothische biegungen
der ortsnamen kundgeben; iairusaulymjam, saudaum-
jam (nach kunjam) sollten den gr. dat. pl. neutr. ie-
rosolumois, sodomois
vom nom. ta ierosoluma, ta sodoma
übersetzen. --
2) alth. quellen biegen fremde wörter, wie nazareth, ie-
rusalem, betlehem nur im gen. sg. vgl. siones, betle-
mes J. 355. 402. welche demnach für neutra gelten.
Die lat. endung -a hingegen wird nach der ersten st.
weibl. decl. flectiert, vgl. den acc. bethania, dat. be-
thaniu O. III. 2, 10. 6, 2. den dat. rumu O. I. 11, 4.
sodomu T. 65, 4. Dieser decl. folgen ohne zweifel
die gl. blas. 84. gl. trev. 35b aufgeführten: meza, wir-
tina, basila, spira, wormiza, tungra, luticha, con-
stanza, paßonwa, ageleia, prema und dgl. Doch fin-
den sich städtenamen ohne solche endung a-, deren
geschlecht, folglich decl. unsicher ist; waren sie weib-
lich, so gehen sie nach vierter starker; dahin gehören
in jenen glossen: tul (tullum) außtriht (ultrajectum) *)

*) Gl. trev. lesen außtreht, niederl. uittrecht, wie mastreht
(traj. ad mosam) mit hinficht auf außtrecken, uittrecken.
II. declination der ſtädtenamen.
da doch die goth. praep. af keinen gen. regiert; îai-
ruſaúlymôn (ἱεροσολύμων) etc. bald aber, und dieſer fall
iſt für uns der wichtigſte, ſtehen goth. flexionen. Ge-
wöhnlich nimmt der ſing. die erſte, der plur. die vierte
ſtarke weibl. decl. So ïaíruſaúlyma, gen. -ôs, dat.
-ái, acc. -a, ferner: ſeidôna, ſeidônôs, ſeidonái, ſei-
dôna; tyra, tyrôs, tyrái, tyra, wiewohl von keinem
dieſer drei wörter der nom. auf -a vorkommt, der
gen. bloß vom erſten, der acc. vom zweiten und drit-
ten, der dat. von allen. Wiederum mangelt der nom.
pl. -eis, acc. -ins, aber der gen. ſeidônê, tyrê und
dat. ïaíruſaúlymim. tyrim, ſeidônim, ſaúdaúmim iſt be-
legbar. Auf gleiche decl. weiſen die dative ſg. ïaíru-
paúlái und baíraújái (in Mai’s ſpec. p. 28.) nom. ïai-
rupaúla (hieropolis) baíraúja (beroea). Unvoliſtändiger
zeigen ſich andere declinationen, nämlich in ïaírei-
kôn der acc. erſter ſchw. weibl. in daíkapaúlein, bêþ-
fagein der dat. dritter ſchw. weibl., ohne daß ein
nom. -ô, -ei vorkommt; in ïaíruſaúlymjam, ſaú-
daúmjam, gaúmaúrjam der dat. pl. und in ſaúdaúmjê
gen. pl. der zweiten ſt. neutr.; endlich in bêþanjin
der dat., in beþanjan der acc. ſg. ſchw. männl. Ab-
weichungen, die mehr zufällig durch den fremden
text herbeigeführt ſind, als ächtgothiſche biegungen
der ortsnamen kundgeben; ïaíruſaúlymjam, ſaúdaúm-
jam (nach kunjam) ſollten den gr. dat. pl. neutr. ἱε-
ροσολύμοις, σοδόμοις
vom nom. τὰ ἱεροσόλυμα, τὰ σόδομα
überſetzen. —
2) alth. quellen biegen fremde wörter, wie nazareth, ïe-
ruſalem, betlehem nur im gen. ſg. vgl. ſiônes, betlê-
mes J. 355. 402. welche demnach für neutra gelten.
Die lat. endung -a hingegen wird nach der erſten ſt.
weibl. decl. flectiert, vgl. den acc. bethania, dat. be-
thaniu O. III. 2, 10. 6, 2. den dat. rumu O. I. 11, 4.
ſodomu T. 65, 4. Dieſer decl. folgen ohne zweifel
die gl. blaſ. 84. gl. trev. 35b aufgeführten: mëza, wir-
tina, baſila, ſpìra, wormiza, tungra, luticha, con-
ſtanza, paƷonwa, ageleia, prëma und dgl. Doch fin-
den ſich ſtädtenamen ohne ſolche endung a-, deren
geſchlecht, folglich decl. unſicher iſt; waren ſie weib-
lich, ſo gehen ſie nach vierter ſtarker; dahin gehören
in jenen gloſſen: tul (tullum) ûƷtriht (ultrajectum) *)

*) Gl. trev. leſen ûƷtrëht, niederl. uittrecht, wie maſtrëht
(traj. ad moſam) mit hinficht auf ûƷtrecken, uittrecken.
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[775/0801] II. declination der ſtädtenamen. da doch die goth. praep. af keinen gen. regiert; îai- ruſaúlymôn (ἱεροσολύμων) etc. bald aber, und dieſer fall iſt für uns der wichtigſte, ſtehen goth. flexionen. Ge- wöhnlich nimmt der ſing. die erſte, der plur. die vierte ſtarke weibl. decl. So ïaíruſaúlyma, gen. -ôs, dat. -ái, acc. -a, ferner: ſeidôna, ſeidônôs, ſeidonái, ſei- dôna; tyra, tyrôs, tyrái, tyra, wiewohl von keinem dieſer drei wörter der nom. auf -a vorkommt, der gen. bloß vom erſten, der acc. vom zweiten und drit- ten, der dat. von allen. Wiederum mangelt der nom. pl. -eis, acc. -ins, aber der gen. ſeidônê, tyrê und dat. ïaíruſaúlymim. tyrim, ſeidônim, ſaúdaúmim iſt be- legbar. Auf gleiche decl. weiſen die dative ſg. ïaíru- paúlái und baíraújái (in Mai’s ſpec. p. 28.) nom. ïai- rupaúla (hieropolis) baíraúja (beroea). Unvoliſtändiger zeigen ſich andere declinationen, nämlich in ïaírei- kôn der acc. erſter ſchw. weibl. in daíkapaúlein, bêþ- fagein der dat. dritter ſchw. weibl., ohne daß ein nom. -ô, -ei vorkommt; in ïaíruſaúlymjam, ſaú- daúmjam, gaúmaúrjam der dat. pl. und in ſaúdaúmjê gen. pl. der zweiten ſt. neutr.; endlich in bêþanjin der dat., in beþanjan der acc. ſg. ſchw. männl. Ab- weichungen, die mehr zufällig durch den fremden text herbeigeführt ſind, als ächtgothiſche biegungen der ortsnamen kundgeben; ïaíruſaúlymjam, ſaúdaúm- jam (nach kunjam) ſollten den gr. dat. pl. neutr. ἱε- ροσολύμοις, σοδόμοις vom nom. τὰ ἱεροσόλυμα, τὰ σόδομα überſetzen. — 2) alth. quellen biegen fremde wörter, wie nazareth, ïe- ruſalem, betlehem nur im gen. ſg. vgl. ſiônes, betlê- mes J. 355. 402. welche demnach für neutra gelten. Die lat. endung -a hingegen wird nach der erſten ſt. weibl. decl. flectiert, vgl. den acc. bethania, dat. be- thaniu O. III. 2, 10. 6, 2. den dat. rumu O. I. 11, 4. ſodomu T. 65, 4. Dieſer decl. folgen ohne zweifel die gl. blaſ. 84. gl. trev. 35b aufgeführten: mëza, wir- tina, baſila, ſpìra, wormiza, tungra, luticha, con- ſtanza, paƷonwa, ageleia, prëma und dgl. Doch fin- den ſich ſtädtenamen ohne ſolche endung a-, deren geſchlecht, folglich decl. unſicher iſt; waren ſie weib- lich, ſo gehen ſie nach vierter ſtarker; dahin gehören in jenen gloſſen: tul (tullum) ûƷtriht (ultrajectum) *) *) Gl. trev. leſen ûƷtrëht, niederl. uittrecht, wie maſtrëht (traj. ad moſam) mit hinficht auf ûƷtrecken, uittrecken.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/801>, abgerufen am 26.06.2024.