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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelniederländische consonanten. liq. lab.
sen Maerl. 1, 93.] ist mir dunkel, mag aber fremd oder
uralt seyn, wiewohl es andere deutsche volksmundarten
kennen (brem. wörterb. v. purren, Stalder v. pfurren).

Beispiele der liquiden verbindungen ergeben sich
allerwärts von selbst; daß alt, olt, alde, olde fehlen,
versteht sich. Vom verhältniß der zungenlaute hernach
unten. Statt rl. rm. rn pflegt die mundart rel, rem, ren
zu setzen, z. b. karel, warem, arem (brachium) scerem
(tutela Maerl. 2, 401.) storem (tumultus) coren (granum)
toren (ira) einstimmig mit der alth. vollen form charal,
waram, aram (nicht aber bei rn). Die syncope scheint
das e gewissermaßen aus der flexion in die wurzel zu
drängen, waerm, aerm und dann ließe sich auch coern,
toern hören. Näher erwogen besteht diese ansicht frei-
lich nicht, weil alle verbindungen mit r, auch solche,
deren vollere form unerweislich wäre (z. b. für waerp
kein warep unerachtet des alth. waraf) ae vor sich ha-
ben, hingegen scerm, storm unstatthaft sind.

(P. B. F. V. W.) labiales.

(P) auch hier ist die deutschheit der wörter mit an-
lautender ten. verdächtig; außer pleghen (mit der
nebenform plien) kommt vornämlich das vorhin be-
rührte porren und das stark conjugierende prinden, prant,
ghepronden (rapere) in betracht, ich glaube, daß es aus
dem roman. prendre abstammt; preich (fervor) vielleicht
aus prou, proe, prouesse, span, priessa; zu untersuchen
sind poghen (studere) pese (nervus) Rein. 298. 313. Maerl.
1, 445. paut oder pude (bufo, rana) vergleicht sich dem
nord. padda und plattd. pogge, powe, padde, alle dun-
keler herkunft; pakers (leprosus Maerl. 2, 227. 246.) kün-
digt sich schon durch die endung (s. das gleichbedentige
lasers = lazarus 1, 144.) als fremd an, ich weiß es aber
noch nicht abzuleiten (vielleicht aus dem mittellat. pa-
carius, pack- oder sackträger?). Andere wie pais (pax)
peinsen (cogitare) proiel (nemus, mittellat. brogilum,
vgl. Roquef. 1, 187b) etc. sind augenscheinlich. -- In-
und auslautend ist p ganz organisch, vgl. pape (presby-
ter) wapene (interj. dolentis) ape (simia) scapen (creare)
lapen (lambere Rein. 335.) hopen (sperare) roepen (cla-
mare) slapen (dormire) scaep (ovis) krimpen, kramp,
ghekrompen, scamp (dedecus) Rein. 319. etc. Auffal-
lend dompheit (Rein. 372.) f. domheit, dompelike (stulte
Maerl. 1, 309.) f. dommelike.


I. mittelniederländiſche conſonanten. liq. lab.
ſen Maerl. 1, 93.] iſt mir dunkel, mag aber fremd oder
uralt ſeyn, wiewohl es andere deutſche volksmundarten
kennen (brem. wörterb. v. purren, Stalder v. pfurren).

Beiſpiele der liquiden verbindungen ergeben ſich
allerwärts von ſelbſt; daß alt, olt, alde, olde fehlen,
verſteht ſich. Vom verhältniß der zungenlaute hernach
unten. Statt rl. rm. rn pflegt die mundart rel, rem, ren
zu ſetzen, z. b. karel, warem, arem (brachium) ſcërem
(tutela Maerl. 2, 401.) ſtorem (tumultus) coren (granum)
toren (ira) einſtimmig mit der alth. vollen form charal,
waram, aram (nicht aber bei rn). Die ſyncope ſcheint
das e gewiſſermaßen aus der flexion in die wurzel zu
drängen, waerm, aerm und dann ließe ſich auch coern,
toern hören. Näher erwogen beſteht dieſe anſicht frei-
lich nicht, weil alle verbindungen mit r, auch ſolche,
deren vollere form unerweiſlich wäre (z. b. für waerp
kein warep unerachtet des alth. waraf) ae vor ſich ha-
ben, hingegen ſcêrm, ſtôrm unſtatthaft ſind.

(P. B. F. V. W.) labiales.

(P) auch hier iſt die deutſchheit der wörter mit an-
lautender ten. verdächtig; außer plëghen (mit der
nebenform plien) kommt vornämlich das vorhin be-
rührte porren und das ſtark conjugierende prinden, prant,
ghepronden (rapere) in betracht, ich glaube, daß es aus
dem roman. prendre abſtammt; prîch (fervor) vielleicht
aus prou, proe, proueſſe, ſpan, prieſſa; zu unterſuchen
ſind poghen (ſtudere) pëſe (nervus) Rein. 298. 313. Maerl.
1, 445. pût oder pude (bufo, rana) vergleicht ſich dem
nord. padda und plattd. pogge, powe, padde, alle dun-
keler herkunft; pakers (leproſus Maerl. 2, 227. 246.) kün-
digt ſich ſchon durch die endung (ſ. das gleichbedentige
laſers = lazarus 1, 144.) als fremd an, ich weiß es aber
noch nicht abzuleiten (vielleicht aus dem mittellat. pa-
carius, pack- oder ſackträger?). Andere wie pais (pax)
peinſen (cogitare) proiêl (nemus, mittellat. brogilum,
vgl. Roquef. 1, 187b) etc. ſind augenſcheinlich. — In-
und auslautend iſt p ganz organiſch, vgl. pape (presby-
ter) wapene (interj. dolentis) ape (ſimia) ſcapen (creare)
lapen (lambere Rein. 335.) hopen (ſperare) roepen (cla-
mare) ſlapen (dormire) ſcaep (ovis) krimpen, kramp,
ghekrompen, ſcamp (dedecus) Rein. 319. etc. Auffal-
lend dompheit (Rein. 372.) f. domheit, dompelike (ſtulte
Maerl. 1, 309.) f. dommelike.


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[489/0515] I. mittelniederländiſche conſonanten. liq. lab. ſen Maerl. 1, 93.] iſt mir dunkel, mag aber fremd oder uralt ſeyn, wiewohl es andere deutſche volksmundarten kennen (brem. wörterb. v. purren, Stalder v. pfurren). Beiſpiele der liquiden verbindungen ergeben ſich allerwärts von ſelbſt; daß alt, olt, alde, olde fehlen, verſteht ſich. Vom verhältniß der zungenlaute hernach unten. Statt rl. rm. rn pflegt die mundart rel, rem, ren zu ſetzen, z. b. karel, warem, arem (brachium) ſcërem (tutela Maerl. 2, 401.) ſtorem (tumultus) coren (granum) toren (ira) einſtimmig mit der alth. vollen form charal, waram, aram (nicht aber bei rn). Die ſyncope ſcheint das e gewiſſermaßen aus der flexion in die wurzel zu drängen, waerm, aerm und dann ließe ſich auch coern, toern hören. Näher erwogen beſteht dieſe anſicht frei- lich nicht, weil alle verbindungen mit r, auch ſolche, deren vollere form unerweiſlich wäre (z. b. für waerp kein warep unerachtet des alth. waraf) ae vor ſich ha- ben, hingegen ſcêrm, ſtôrm unſtatthaft ſind. (P. B. F. V. W.) labiales. (P) auch hier iſt die deutſchheit der wörter mit an- lautender ten. verdächtig; außer plëghen (mit der nebenform plien) kommt vornämlich das vorhin be- rührte porren und das ſtark conjugierende prinden, prant, ghepronden (rapere) in betracht, ich glaube, daß es aus dem roman. prendre abſtammt; prîch (fervor) vielleicht aus prou, proe, proueſſe, ſpan, prieſſa; zu unterſuchen ſind poghen (ſtudere) pëſe (nervus) Rein. 298. 313. Maerl. 1, 445. pût oder pude (bufo, rana) vergleicht ſich dem nord. padda und plattd. pogge, powe, padde, alle dun- keler herkunft; pakers (leproſus Maerl. 2, 227. 246.) kün- digt ſich ſchon durch die endung (ſ. das gleichbedentige laſers = lazarus 1, 144.) als fremd an, ich weiß es aber noch nicht abzuleiten (vielleicht aus dem mittellat. pa- carius, pack- oder ſackträger?). Andere wie pais (pax) peinſen (cogitare) proiêl (nemus, mittellat. brogilum, vgl. Roquef. 1, 187b) etc. ſind augenſcheinlich. — In- und auslautend iſt p ganz organiſch, vgl. pape (presby- ter) wapene (interj. dolentis) ape (ſimia) ſcapen (creare) lapen (lambere Rein. 335.) hopen (ſperare) roepen (cla- mare) ſlapen (dormire) ſcaep (ovis) krimpen, kramp, ghekrompen, ſcamp (dedecus) Rein. 319. etc. Auffal- lend dompheit (Rein. 372.) f. domheit, dompelike (ſtulte Maerl. 1, 309.) f. dommelike.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/515>, abgerufen am 18.12.2024.