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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelniederländische vocale.
durch das angels. arn (und nicht earn, s. 223.) entschul-
digen, weil es, wie dieses fur ran, für trat steht.

(AI) nicht niederländisch, nur in einigen fremden
wörtern als pais (pax) paiment, pallais (palatium) u. a.;
übrigens vom triphth. aei zu unterscheiden. Die spä-
tere clever mundart setzt ai für ae (jair, clair) so wie
oi für oe.

(AU) au behauptet sich in einigen fällen 1) in der
verbindung ouw setzen verschiedene handschriften noch
auw (z. b. Rein.), belege unten beim w; und selbst
solche, die ouw schreiben, haben auslautend bei apo-
copiertem w nicht ou, sondern au, vgl. dau (ros) rau
(poenituit) blau (caedit) Maerl. 1, 174. 2, 140. 205. --
2) statt des aus alt entspringenden out zeigt sich bis-
weilen das richtigere aut (s. 467.) -- 3) von auw das
triphth. aeuw zu scheiden; belege beim w.

(EI) findet statt 1) als altes gewöhnlich durch e ver-
drungenes ei, neben jenem, zumeist in der form ede, eide,
nicht dialectisch, sondern in denselben quellen, vgl. weide
(pabulum) beide, heide (campus) heiden, versceiden im
reim auf seide (dixit) leide (posuit) lamfreide Maerl. 1, 37.
43. 99. 149. Rein. 296. 301. 317. Anderemahl stehet
bede, sceden, lede (duco) (wahrscheinlicher als bede,
lede, sceden, oben s. 475. (und ebenso wechseln hameide
(repagulum, mittelh. hameit) galeide fosseide (altfranz.
galee, fossee) mit hamede, galede; rene (pure) mit
reine (:seine, sequana, Stocke 3, 69.). Außerdem finde
ich mit ei, nicht mit e, heilech (sanctus) heimelic (se-
cretus) keiser (caesar) und selbst für e in einde (finis).
Merkwürdig eist f. es het, analog dem waest f. was
het. -- 2) ei aus eg entspringt in seit (dicit) seide (dixit)
leide (posuit) seine (benedicat) reine (pluat) seil (velum)
ei (ovum) neien (hinnire, Maerl. 1, 196. altn. hneggja,
vgl. oben s. 327.) -- 3) fremde wörter: lamfreit (lanfroi)
jofreit (jeofroi) reinaert (reinard, renard, d. i. reginhart)
cheins (census) peinsen (neben pensen, cogitare) veinsen
(fingere) veinster (fenestra) reimeren (redimere Maerl.
2, 294. Huyd. op St. 1, 126. vgl. Roquef. v. reimbrer)
und gewiß noch andere.

(EU) ganz entbehrlich und findet sich nur zuweilen
statt des (aus organischem u) entspringenden kurzen o,
daher ihm ein mittelh. u entspricht. Beßer und alter-
thümlicher wird o geschrieben, z. b. joghet (juventus)

I. mittelniederländiſche vocale.
durch das angelſ. arn (und nicht ëarn, ſ. 223.) entſchul-
digen, weil es, wie dieſes fur ran, für trat ſteht.

(AI) nicht niederländiſch, nur in einigen fremden
wörtern als pais (pax) paiment, pallais (palatium) u. a.;
übrigens vom triphth. aei zu unterſcheiden. Die ſpä-
tere clever mundart ſetzt ai für ae (jair, clair) ſo wie
oi für oe.

(AU) au behauptet ſich in einigen fällen 1) in der
verbindung ouw ſetzen verſchiedene handſchriften noch
auw (z. b. Rein.), belege unten beim w; und ſelbſt
ſolche, die ouw ſchreiben, haben auslautend bei apo-
copiertem w nicht ou, ſondern au, vgl. dau (ros) rau
(poenituit) blau (caedit) Maerl. 1, 174. 2, 140. 205. —
2) ſtatt des aus alt entſpringenden out zeigt ſich bis-
weilen das richtigere aut (ſ. 467.) — 3) von auw das
triphth. aeuw zu ſcheiden; belege beim w.

(EI) findet ſtatt 1) als altes gewöhnlich durch ê ver-
drungenes ei, neben jenem, zumeiſt in der form êde, eide,
nicht dialectiſch, ſondern in denſelben quellen, vgl. weide
(pabulum) beide, heide (campus) heiden, verſceiden im
reim auf ſeide (dixit) leide (poſuit) lamfreide Maerl. 1, 37.
43. 99. 149. Rein. 296. 301. 317. Anderemahl ſtehet
bêde, ſcêden, lêde (duco) (wahrſcheinlicher als bëde,
lëde, ſcëden, oben ſ. 475. (und ebenſo wechſeln hameide
(repagulum, mittelh. hâmît) galeide foſſeide (altfranz.
galée, foſſée) mit hamêde, galêde; rêne (pure) mit
reine (:ſeine, ſequana, Stocke 3, 69.). Außerdem finde
ich mit ei, nicht mit ê, heilech (ſanctus) heimelic (ſe-
cretus) keiſer (caeſar) und ſelbſt für ë in einde (finis).
Merkwürdig eiſt f. ës hët, analog dem waeſt f. was
hët. — 2) ei aus eg entſpringt in ſeit (dicit) ſeide (dixit)
leide (poſuit) ſeine (benedicat) reine (pluat) ſeil (velum)
ei (ovum) neien (hinnire, Maerl. 1, 196. altn. hneggja,
vgl. oben ſ. 327.) — 3) fremde wörter: lamfreit (lanfroi)
jofreit (jeofroi) reinaert (reinard, rênard, d. i. reginhart)
cheins (cenſus) peinſen (neben penſen, cogitare) veinſen
(fingere) veinſter (feneſtra) reimêren (redimere Maerl.
2, 294. Huyd. op St. 1, 126. vgl. Roquef. v. reimbrer)
und gewiß noch andere.

(EU) ganz entbehrlich und findet ſich nur zuweilen
ſtatt des (aus organiſchem u) entſpringenden kurzen o,
daher ihm ein mittelh. u entſpricht. Beßer und alter-
thümlicher wird o geſchrieben, z. b. joghet (juventus)

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[479/0505] I. mittelniederländiſche vocale. durch das angelſ. arn (und nicht ëarn, ſ. 223.) entſchul- digen, weil es, wie dieſes fur ran, für trat ſteht. (AI) nicht niederländiſch, nur in einigen fremden wörtern als pais (pax) paiment, pallais (palatium) u. a.; übrigens vom triphth. aei zu unterſcheiden. Die ſpä- tere clever mundart ſetzt ai für ae (jair, clair) ſo wie oi für oe. (AU) au behauptet ſich in einigen fällen 1) in der verbindung ouw ſetzen verſchiedene handſchriften noch auw (z. b. Rein.), belege unten beim w; und ſelbſt ſolche, die ouw ſchreiben, haben auslautend bei apo- copiertem w nicht ou, ſondern au, vgl. dau (ros) rau (poenituit) blau (caedit) Maerl. 1, 174. 2, 140. 205. — 2) ſtatt des aus alt entſpringenden out zeigt ſich bis- weilen das richtigere aut (ſ. 467.) — 3) von auw das triphth. aeuw zu ſcheiden; belege beim w. (EI) findet ſtatt 1) als altes gewöhnlich durch ê ver- drungenes ei, neben jenem, zumeiſt in der form êde, eide, nicht dialectiſch, ſondern in denſelben quellen, vgl. weide (pabulum) beide, heide (campus) heiden, verſceiden im reim auf ſeide (dixit) leide (poſuit) lamfreide Maerl. 1, 37. 43. 99. 149. Rein. 296. 301. 317. Anderemahl ſtehet bêde, ſcêden, lêde (duco) (wahrſcheinlicher als bëde, lëde, ſcëden, oben ſ. 475. (und ebenſo wechſeln hameide (repagulum, mittelh. hâmît) galeide foſſeide (altfranz. galée, foſſée) mit hamêde, galêde; rêne (pure) mit reine (:ſeine, ſequana, Stocke 3, 69.). Außerdem finde ich mit ei, nicht mit ê, heilech (ſanctus) heimelic (ſe- cretus) keiſer (caeſar) und ſelbſt für ë in einde (finis). Merkwürdig eiſt f. ës hët, analog dem waeſt f. was hët. — 2) ei aus eg entſpringt in ſeit (dicit) ſeide (dixit) leide (poſuit) ſeine (benedicat) reine (pluat) ſeil (velum) ei (ovum) neien (hinnire, Maerl. 1, 196. altn. hneggja, vgl. oben ſ. 327.) — 3) fremde wörter: lamfreit (lanfroi) jofreit (jeofroi) reinaert (reinard, rênard, d. i. reginhart) cheins (cenſus) peinſen (neben penſen, cogitare) veinſen (fingere) veinſter (feneſtra) reimêren (redimere Maerl. 2, 294. Huyd. op St. 1, 126. vgl. Roquef. v. reimbrer) und gewiß noch andere. (EU) ganz entbehrlich und findet ſich nur zuweilen ſtatt des (aus organiſchem u) entſpringenden kurzen o, daher ihm ein mittelh. u entſpricht. Beßer und alter- thümlicher wird o geſchrieben, z. b. joghet (juventus)

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/505>, abgerufen am 23.11.2024.