Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

I. mittelhochdeutsche consonanten. linguales.
lea) rasper (Wilh. 1, 18b ita cod. cass., vgl. den beina-
men des thüring. heinrich raspe, und raspenbere Loh. 63.
gl. trev. 16a giraspe quisquiliae) espe (arbor) lespe (labium,
außerm reim M. S. 2, 16[9]b st. lesse) vesper (abend) hispe
(fibula) crisp (crispus) rispen (plicare Wilh. 1, 38b M. S.
1, 83b 2, 57b fragm. 26a) wispel (sibilus) zispen (motitare)
lispen (anhelare); es mag noch andere geben, die mir
nicht vorgekommen sind, z. b. ein despen (extinguere)
vgl. oben s. 129. Nicht hierher gehört zwi-spilden (du-
plicare Wilh. 2, 68b Georg 8b kolocz 99.) und zwi-spilt
(duplum, Scherz zu fr. belli 25b vgl. Parc. 48b). -- SW.
durch zus. ziehung in zeswe (dextera) f. zesewe; auf
zeswen reimt Conr. (schmiede 1568. kol. 1526.) erswe-
swen, erleswen, erzleswen? dessen bedeutung wohl mar-
cere, dessen form jedoch dunkel ist. Verständlich wird
mit aber ein anderer reim auf zeswen. nämlich heswen
im Tit. durch die vergleichung des s. 250. angeführten
angels. wortes hasva (aridus, ariditate asper) jenes mit-
telh. heswe (? heswe) heißt torridus, pallidus und nicht
unwahrlcheinlich muß auch in der schmiede erheswen
gelesen werden. -- ST. häufig, hier nur einige beispiele:
tasten (tangere Parc. 68c 148a wo stasten fehlerhaft; M. S.
2, 24. betasten f. bestatten) wastel (panis Wilh. 2, 62a) waste
(desertum, so Wolfr. Parc. 60a und Walth. 1, 132a wasten,
vastare; die übrigen deutscher: wuoste und wuesten,
jenes scheint aus dem rom. vaste, vaster, gaster entlie-
hen; alth. wuasti, wuostei, wuastinna, niemahls wastei,
wastinna) gueiste (scintilla, troj. 29c 92b geneisten, scin-
tillare, guistern M. S. 1, 184b wofür a. Tit. 115. guanei-
sten, ganeisten? vgl. gaenester gl. herr. 198b und gaenster
Parc. 25a 106a) huoste (tussis) etc. --

(K. G. CH. I. H.) gutturales.

(K. C.) vorerst, was die schreibung betrifft, so setze
ich in deutschen wörtern anlautend kein c, sondern
immer k; auslautend kein k, sondern immer c, also
kiesen, kleine, kneht, tac, balc, berc. Beide buchsta-
ben drücken zwar dieselbe tenuis aus und es scheint
einfacher, nur ein zeichen, nämlich k für den an- und
auslaut, folglich tak, balk anzunehmen. Einzelue hss.
thun dies auch, wiewohl die ältesten (falls sie ten. schrei-
ben) c vorziehen. Man kann das einf. c dulden, so lange
man die gem. kk durch ck ausdrückt und die asp. ch
nicht anders ausdrücken kann, denn dafür wird nie-
mand kh durchsetzen. inlautend kommt die gutt. tenuis

I. mittelhochdeutſche conſonanten. linguales.
lea) raſper (Wilh. 1, 18b ita cod. caſſ., vgl. den beina-
men des thüring. heinrich raſpe, und raſpenbëre Loh. 63.
gl. trev. 16a giraſpe quiſquiliae) eſpe (arbor) lëſpe (labium,
außerm reim M. S. 2, 16[9]b ſt. lëſſe) vëſper (abend) hiſpe
(fibula) criſp (criſpus) riſpen (plicare Wilh. 1, 38b M. S.
1, 83b 2, 57b fragm. 26a) wiſpel (ſibilus) ziſpen (motitare)
liſpen (anhelare); es mag noch andere geben, die mir
nicht vorgekommen ſind, z. b. ein deſpen (extinguere)
vgl. oben ſ. 129. Nicht hierher gehört zwi-ſpilden (du-
plicare Wilh. 2, 68b Georg 8b kolocz 99.) und zwi-ſpilt
(duplum, Scherz zu fr. belli 25b vgl. Parc. 48b). — SW.
durch zuſ. ziehung in zëſwe (dextera) f. zëſewe; auf
zëſwen reimt Conr. (ſchmiede 1568. kol. 1526.) erſwë-
ſwen, erlëſwen, erzlëſwen? deſſen bedeutung wohl mar-
cere, deſſen form jedoch dunkel iſt. Verſtändlich wird
mit aber ein anderer reim auf zëſwen. nämlich hëſwen
im Tit. durch die vergleichung des ſ. 250. angeführten
angelſ. wortes haſva (aridus, ariditate aſper) jenes mit-
telh. hëſwe (? heſwe) heißt torridus, pallidus und nicht
unwahrlcheinlich muß auch in der ſchmiede erhëſwen
geleſen werden. — ST. häufig, hier nur einige beiſpiele:
taſten (tangere Parc. 68c 148a wo ſtaſten fehlerhaft; M. S.
2, 24. betaſten f. beſtatten) waſtel (panis Wilh. 2, 62a) waſte
(deſertum, ſo Wolfr. Parc. 60a und Walth. 1, 132a waſten,
vaſtare; die übrigen deutſcher: wuoſte und wueſten,
jenes ſcheint aus dem rom. vaſte, vaſter, gaſter entlie-
hen; alth. wuaſtì, wuoſtî, wuaſtinna, niemahls waſtî,
waſtinna) gueiſte (ſcintilla, troj. 29c 92b geneiſten, ſcin-
tillare, guiſtern M. S. 1, 184b wofür a. Tit. 115. guanei-
ſten, gâneiſten? vgl. gæneſter gl. herr. 198b und gænſter
Parc. 25a 106a) huoſte (tuſſis) etc. —

(K. G. CH. I. H.) gutturales.

(K. C.) vorerſt, was die ſchreibung betrifft, ſo ſetze
ich in deutſchen wörtern anlautend kein c, ſondern
immer k; auslautend kein k, ſondern immer c, alſo
kieſen, kleine, kneht, tac, balc, bërc. Beide buchſta-
ben drücken zwar dieſelbe tenuis aus und es ſcheint
einfacher, nur ein zeichen, nämlich k für den an- und
auslaut, folglich tak, balk anzunehmen. Einzelue hſſ.
thun dies auch, wiewohl die älteſten (falls ſie ten. ſchrei-
ben) c vorziehen. Man kann das einf. c dulden, ſo lange
man die gem. kk durch ck ausdrückt und die aſp. ch
nicht anders ausdrücken kann, denn dafür wird nie-
mand kh durchſetzen. inlautend kommt die gutt. tenuis

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0448" n="422"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">mittelhochdeut&#x017F;che con&#x017F;onanten. linguales.</hi></fw><lb/>
lea) ra&#x017F;per (Wilh. 1, 18<hi rendition="#sup">b</hi> ita cod. ca&#x017F;&#x017F;., vgl. den beina-<lb/>
men des thüring. heinrich ra&#x017F;pe, und ra&#x017F;penbëre Loh. 63.<lb/>
gl. trev. 16<hi rendition="#sup">a</hi> gira&#x017F;pe qui&#x017F;quiliae) e&#x017F;pe (arbor) lë&#x017F;pe (labium,<lb/>
außerm reim M. S. 2, 16<supplied>9</supplied><hi rendition="#sup">b</hi> &#x017F;t. lë&#x017F;&#x017F;e) vë&#x017F;per (abend) hi&#x017F;pe<lb/>
(fibula) cri&#x017F;p (cri&#x017F;pus) ri&#x017F;pen (plicare Wilh. 1, 38<hi rendition="#sup">b</hi> M. S.<lb/>
1, 83<hi rendition="#sup">b</hi> 2, 57<hi rendition="#sup">b</hi> fragm. 26<hi rendition="#sup">a</hi>) wi&#x017F;pel (&#x017F;ibilus) zi&#x017F;pen (motitare)<lb/>
li&#x017F;pen (anhelare); es mag noch andere geben, die mir<lb/>
nicht vorgekommen &#x017F;ind, z. b. ein de&#x017F;pen (extinguere)<lb/>
vgl. oben &#x017F;. 129. Nicht hierher gehört zwi-&#x017F;pilden (du-<lb/>
plicare Wilh. 2, 68<hi rendition="#sup">b</hi> Georg 8<hi rendition="#sup">b</hi> kolocz 99.) und zwi-&#x017F;pilt<lb/>
(duplum, Scherz zu fr. belli 25<hi rendition="#sup">b</hi> vgl. Parc. 48<hi rendition="#sup">b</hi>). &#x2014; SW.<lb/>
durch zu&#x017F;. ziehung in zë&#x017F;we (dextera) f. zë&#x017F;ewe; auf<lb/>&#x017F;wen reimt Conr. (&#x017F;chmiede 1568. kol. 1526.) er&#x017F;wë-<lb/>
&#x017F;wen, erlë&#x017F;wen, erzlë&#x017F;wen? de&#x017F;&#x017F;en bedeutung wohl mar-<lb/>
cere, de&#x017F;&#x017F;en form jedoch dunkel i&#x017F;t. Ver&#x017F;tändlich wird<lb/>
mit aber ein anderer reim auf zë&#x017F;wen. nämlich hë&#x017F;wen<lb/>
im Tit. durch die vergleichung des &#x017F;. 250. angeführten<lb/>
angel&#x017F;. wortes ha&#x017F;va (aridus, ariditate a&#x017F;per) jenes mit-<lb/>
telh. hë&#x017F;we (? he&#x017F;we) heißt torridus, pallidus und nicht<lb/>
unwahrlcheinlich muß auch in der &#x017F;chmiede erhë&#x017F;wen<lb/>
gele&#x017F;en werden. &#x2014; ST. häufig, hier nur einige bei&#x017F;piele:<lb/>
ta&#x017F;ten (tangere Parc. 68<hi rendition="#sup">c</hi> 148<hi rendition="#sup">a</hi> wo &#x017F;ta&#x017F;ten fehlerhaft; M. S.<lb/>
2, 24. beta&#x017F;ten f. be&#x017F;tatten) wa&#x017F;tel (panis Wilh. 2, 62<hi rendition="#sup">a</hi>) wa&#x017F;te<lb/>
(de&#x017F;ertum, &#x017F;o Wolfr. Parc. 60<hi rendition="#sup">a</hi> und Walth. 1, 132<hi rendition="#sup">a</hi> wa&#x017F;ten,<lb/>
va&#x017F;tare; die übrigen deut&#x017F;cher: wuo&#x017F;te und wue&#x017F;ten,<lb/>
jenes &#x017F;cheint aus dem rom. va&#x017F;te, va&#x017F;ter, ga&#x017F;ter entlie-<lb/>
hen; alth. wua&#x017F;tì, wuo&#x017F;tî, wua&#x017F;tinna, niemahls wa&#x017F;tî,<lb/>
wa&#x017F;tinna) guei&#x017F;te (&#x017F;cintilla, troj. 29<hi rendition="#sup">c</hi> 92<hi rendition="#sup">b</hi> genei&#x017F;ten, &#x017F;cin-<lb/>
tillare, gui&#x017F;tern M. S. 1, 184<hi rendition="#sup">b</hi> wofür a. Tit. 115. guanei-<lb/>
&#x017F;ten, gânei&#x017F;ten? vgl. gæne&#x017F;ter gl. herr. 198<hi rendition="#sup">b</hi> und gæn&#x017F;ter<lb/>
Parc. 25<hi rendition="#sup">a</hi> 106<hi rendition="#sup">a</hi>) huo&#x017F;te (tu&#x017F;&#x017F;is) etc. &#x2014;</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>(K. G. CH. I. H.) <hi rendition="#i">gutturales.</hi></head><lb/>
              <p>(K. C.) vorer&#x017F;t, was die &#x017F;chreibung betrifft, &#x017F;o &#x017F;etze<lb/>
ich in deut&#x017F;chen wörtern anlautend kein c, &#x017F;ondern<lb/>
immer k; auslautend kein k, &#x017F;ondern immer c, al&#x017F;o<lb/>
kie&#x017F;en, kleine, kneht, tac, balc, bërc. Beide buch&#x017F;ta-<lb/>
ben drücken zwar die&#x017F;elbe tenuis aus und es &#x017F;cheint<lb/>
einfacher, nur ein zeichen, nämlich k für den an- und<lb/>
auslaut, folglich tak, balk anzunehmen. Einzelue h&#x017F;&#x017F;.<lb/>
thun dies auch, wiewohl die älte&#x017F;ten (falls &#x017F;ie ten. &#x017F;chrei-<lb/>
ben) c vorziehen. Man kann das einf. c dulden, &#x017F;o lange<lb/>
man die gem. kk durch ck ausdrückt und die a&#x017F;p. ch<lb/>
nicht anders ausdrücken kann, denn dafür wird nie-<lb/>
mand kh durch&#x017F;etzen. inlautend kommt die gutt. tenuis<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[422/0448] I. mittelhochdeutſche conſonanten. linguales. lea) raſper (Wilh. 1, 18b ita cod. caſſ., vgl. den beina- men des thüring. heinrich raſpe, und raſpenbëre Loh. 63. gl. trev. 16a giraſpe quiſquiliae) eſpe (arbor) lëſpe (labium, außerm reim M. S. 2, 169b ſt. lëſſe) vëſper (abend) hiſpe (fibula) criſp (criſpus) riſpen (plicare Wilh. 1, 38b M. S. 1, 83b 2, 57b fragm. 26a) wiſpel (ſibilus) ziſpen (motitare) liſpen (anhelare); es mag noch andere geben, die mir nicht vorgekommen ſind, z. b. ein deſpen (extinguere) vgl. oben ſ. 129. Nicht hierher gehört zwi-ſpilden (du- plicare Wilh. 2, 68b Georg 8b kolocz 99.) und zwi-ſpilt (duplum, Scherz zu fr. belli 25b vgl. Parc. 48b). — SW. durch zuſ. ziehung in zëſwe (dextera) f. zëſewe; auf zëſwen reimt Conr. (ſchmiede 1568. kol. 1526.) erſwë- ſwen, erlëſwen, erzlëſwen? deſſen bedeutung wohl mar- cere, deſſen form jedoch dunkel iſt. Verſtändlich wird mit aber ein anderer reim auf zëſwen. nämlich hëſwen im Tit. durch die vergleichung des ſ. 250. angeführten angelſ. wortes haſva (aridus, ariditate aſper) jenes mit- telh. hëſwe (? heſwe) heißt torridus, pallidus und nicht unwahrlcheinlich muß auch in der ſchmiede erhëſwen geleſen werden. — ST. häufig, hier nur einige beiſpiele: taſten (tangere Parc. 68c 148a wo ſtaſten fehlerhaft; M. S. 2, 24. betaſten f. beſtatten) waſtel (panis Wilh. 2, 62a) waſte (deſertum, ſo Wolfr. Parc. 60a und Walth. 1, 132a waſten, vaſtare; die übrigen deutſcher: wuoſte und wueſten, jenes ſcheint aus dem rom. vaſte, vaſter, gaſter entlie- hen; alth. wuaſtì, wuoſtî, wuaſtinna, niemahls waſtî, waſtinna) gueiſte (ſcintilla, troj. 29c 92b geneiſten, ſcin- tillare, guiſtern M. S. 1, 184b wofür a. Tit. 115. guanei- ſten, gâneiſten? vgl. gæneſter gl. herr. 198b und gænſter Parc. 25a 106a) huoſte (tuſſis) etc. — (K. G. CH. I. H.) gutturales. (K. C.) vorerſt, was die ſchreibung betrifft, ſo ſetze ich in deutſchen wörtern anlautend kein c, ſondern immer k; auslautend kein k, ſondern immer c, alſo kieſen, kleine, kneht, tac, balc, bërc. Beide buchſta- ben drücken zwar dieſelbe tenuis aus und es ſcheint einfacher, nur ein zeichen, nämlich k für den an- und auslaut, folglich tak, balk anzunehmen. Einzelue hſſ. thun dies auch, wiewohl die älteſten (falls ſie ten. ſchrei- ben) c vorziehen. Man kann das einf. c dulden, ſo lange man die gem. kk durch ck ausdrückt und die aſp. ch nicht anders ausdrücken kann, denn dafür wird nie- mand kh durchſetzen. inlautend kommt die gutt. tenuis

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/448
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/448>, abgerufen am 25.11.2024.