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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. linguales.
doch der beweis einer völligen identität beider bleibt
wegen der auseinandergesetzten schwierigkeit in den
buchstaben mangelhaft. --

Anlautende lingualverbindungen.

TR, daß in einigen formen (treo, tretan) der or-
ganische zustand fortdauert und nicht in zr übergeht,
s. oben s. 154.; in audern (tragan, trinkan etc.) ent-
spricht es dem goth. dr. TU dem goth. dv gleich
(tuala, mora) -- DR bei O. st. der beiden tr. (dretan
und dragan). DU desgl. st. tu. (duala) bei andern aber
st. thu. (duingan, duang) -- THU, bei O. (thuingan,
thuesben, thuahan, thuag: bei J. dhu, dhuingan) --
ZU (tsu) bei allen st. des goth. tv (zuival, zueic etc.)
aber noch nicht st. des goth. thv *). Alle verschieden-
heiten zwischen tr. tu. du. thu. zu. ergeben sich aus der
darstellung der einfachen linguales; daß man nicht dua
mit dua verwechseln dürfe, wurde oben s. 111. bemerkt.
Die aussprache solcher lingualanlaute muß einigen mund-
arten hart geschienen haben, da sie wohl einen vocal
zwischen schieben, vgl. oben s. 141. über zaw, zow,
statt zu; ähnlich die gl. ker. terawid (minitatur) thowa-
hit (lavat). Oder spur eines früheren unzusammen-
gezogenen zustandes? davon bei der wortbildung. --
Wichtiger folgende: SL. SM. SN. SC. SCR. SP. SPR.
ST. STR. SU; es fragt sich: ob der sauselaut rein und
scharf vorschlägt? Vorhin s. 129. 154. wurde gezeigt, daß
sich in der verbindung sp. st. die organ. ten. erhalten
und nicht in sph. ß. gewandelt habe, ein gleiches muß
auch unten vom alth. sk oder sc behauptet werden.
Nur finden hier frühe spuren des sch statt, nämlich bei
folgendem e, e, ei und i schreibt es schon J. (385.
scheffidhes. 350. 365. undarscheit 408. scheinit; desgl. in-
lautend: 352. 370. 374. 391. fleisches, fleische. 382.
judeischin. 390. 408. hebreischin 387. israhelischin) und
nie in diesen fällen sc. welches dagegen, sobald andere
vocale, oder consonanten folgen, oder im auslaut, un-
verändert **) besteht (vgl. scaffan, scama, scaft, scoldi,

*) Zwiebel ist noch nicht alth. sondern später aus dem ital.
cepola eingeführt; das deutsche wort ist lauch; surro
(cepe) gl. juu. 184. scheint sonst unbekannt.
**) Zwei ausnahmen: 373 schamen und 391 himilischun, wo-
neben das beßere himiliscun auf derselben seite und scama
394; höchstens könnte man ein schwanken zugeben.

I. althochdeutſche conſonanten. linguales.
doch der beweis einer völligen identität beider bleibt
wegen der auseinandergeſetzten ſchwierigkeit in den
buchſtaben mangelhaft. —

Anlautende lingualverbindungen.

TR, daß in einigen formen (trëo, trëtan) der or-
ganiſche zuſtand fortdauert und nicht in zr übergeht,
ſ. oben ſ. 154.; in audern (tragan, trinkan etc.) ent-
ſpricht es dem goth. dr. TU dem goth. dv gleich
(tuâla, mora) — DR bei O. ſt. der beiden tr. (drëtan
und dragan). DU desgl. ſt. tu. (duâla) bei andern aber
ſt. thu. (duingan, duang) — THU, bei O. (thuingan,
thueſben, thuahan, thuag: bei J. dhu, dhuingan) —
ZU (tſu) bei allen ſt. des goth. tv (zuival, zuîc etc.)
aber noch nicht ſt. des goth. þv *). Alle verſchieden-
heiten zwiſchen tr. tu. du. thu. zu. ergeben ſich aus der
darſtellung der einfachen linguales; daß man nicht duá
mit dúa verwechſeln dürfe, wurde oben ſ. 111. bemerkt.
Die ausſprache ſolcher lingualanlaute muß einigen mund-
arten hart geſchienen haben, da ſie wohl einen vocal
zwiſchen ſchieben, vgl. oben ſ. 141. über zaw, zow,
ſtatt zu; ähnlich die gl. ker. terawid (minitatur) thowa-
hit (lavat). Oder ſpur eines früheren unzuſammen-
gezogenen zuſtandes? davon bei der wortbildung. —
Wichtiger folgende: SL. SM. SN. SC. SCR. SP. SPR.
ST. STR. SU; es fragt ſich: ob der ſauſelaut rein und
ſcharf vorſchlägt? Vorhin ſ. 129. 154. wurde gezeigt, daß
ſich in der verbindung ſp. ſt. die organ. ten. erhalten
und nicht in ſph. ſz. gewandelt habe, ein gleiches muß
auch unten vom alth. ſk oder ſc behauptet werden.
Nur finden hier frühe ſpuren des ſch ſtatt, nämlich bei
folgendem e, ë, ei und i ſchreibt es ſchon J. (385.
ſcheffidhes. 350. 365. undarſcheit 408. ſcheinit; desgl. in-
lautend: 352. 370. 374. 391. fleiſches, fleiſche. 382.
judèiſchin. 390. 408. hebrêiſchin 387. iſrahêliſchin) und
nie in dieſen fällen ſc. welches dagegen, ſobald andere
vocale, oder conſonanten folgen, oder im auslaut, un-
verändert **) beſteht (vgl. ſcaffan, ſcama, ſcaft, ſcoldi,

*) Zwiebel iſt noch nicht alth. ſondern ſpäter aus dem ital.
cepola eingeführt; das deutſche wort iſt lauch; ſurro
(cepe) gl. juu. 184. ſcheint ſonſt unbekannt.
**) Zwei ausnahmen: 373 ſchamên und 391 himiliſchun, wo-
neben das beßere himiliſcun auf derſelben ſeite und ſcama
394; höchſtens könnte man ein ſchwanken zugeben.
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[173/0199] I. althochdeutſche conſonanten. linguales. doch der beweis einer völligen identität beider bleibt wegen der auseinandergeſetzten ſchwierigkeit in den buchſtaben mangelhaft. — Anlautende lingualverbindungen. TR, daß in einigen formen (trëo, trëtan) der or- ganiſche zuſtand fortdauert und nicht in zr übergeht, ſ. oben ſ. 154.; in audern (tragan, trinkan etc.) ent- ſpricht es dem goth. dr. TU dem goth. dv gleich (tuâla, mora) — DR bei O. ſt. der beiden tr. (drëtan und dragan). DU desgl. ſt. tu. (duâla) bei andern aber ſt. thu. (duingan, duang) — THU, bei O. (thuingan, thueſben, thuahan, thuag: bei J. dhu, dhuingan) — ZU (tſu) bei allen ſt. des goth. tv (zuival, zuîc etc.) aber noch nicht ſt. des goth. þv *). Alle verſchieden- heiten zwiſchen tr. tu. du. thu. zu. ergeben ſich aus der darſtellung der einfachen linguales; daß man nicht duá mit dúa verwechſeln dürfe, wurde oben ſ. 111. bemerkt. Die ausſprache ſolcher lingualanlaute muß einigen mund- arten hart geſchienen haben, da ſie wohl einen vocal zwiſchen ſchieben, vgl. oben ſ. 141. über zaw, zow, ſtatt zu; ähnlich die gl. ker. terawid (minitatur) thowa- hit (lavat). Oder ſpur eines früheren unzuſammen- gezogenen zuſtandes? davon bei der wortbildung. — Wichtiger folgende: SL. SM. SN. SC. SCR. SP. SPR. ST. STR. SU; es fragt ſich: ob der ſauſelaut rein und ſcharf vorſchlägt? Vorhin ſ. 129. 154. wurde gezeigt, daß ſich in der verbindung ſp. ſt. die organ. ten. erhalten und nicht in ſph. ſz. gewandelt habe, ein gleiches muß auch unten vom alth. ſk oder ſc behauptet werden. Nur finden hier frühe ſpuren des ſch ſtatt, nämlich bei folgendem e, ë, ei und i ſchreibt es ſchon J. (385. ſcheffidhes. 350. 365. undarſcheit 408. ſcheinit; desgl. in- lautend: 352. 370. 374. 391. fleiſches, fleiſche. 382. judèiſchin. 390. 408. hebrêiſchin 387. iſrahêliſchin) und nie in dieſen fällen ſc. welches dagegen, ſobald andere vocale, oder conſonanten folgen, oder im auslaut, un- verändert **) beſteht (vgl. ſcaffan, ſcama, ſcaft, ſcoldi, *) Zwiebel iſt noch nicht alth. ſondern ſpäter aus dem ital. cepola eingeführt; das deutſche wort iſt lauch; ſurro (cepe) gl. juu. 184. ſcheint ſonſt unbekannt. **) Zwei ausnahmen: 373 ſchamên und 391 himiliſchun, wo- neben das beßere himiliſcun auf derſelben ſeite und ſcama 394; höchſtens könnte man ein ſchwanken zugeben.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/199>, abgerufen am 02.05.2024.