scheint gerade an den entgegengesetzten stellen. O und T. schreibung wu ist entweder ungenauigkeit oder lieber zeugniß für die mundartische und all- mählige verwischung jenes unterschieds, d. h. mit der zeit kam die aussprache des einfachen v über- all wieder auf, man behielt aber in der schrift das zeichen des doppelten, da das einfache v für die asp. diente.
g) folgt der diphth. uo (des folgenden au entsinne ich mich mit keinem beispiel) so zeigt sich wiederum das einfache v; vgl. K. 24a uuaf (gemitus) d. i. vuaf (nicht wuaf) gl. doc. vuophta (ululavit) d. i. vuofta (nicht wuofta) von der scheinbar gleichen schrei- bung vuort (verbum) d. i. wort zu unterscheiden, wie die accentuation lehrt (vuofta und vuort). O. hat hingegen das doppelte uu, vgl. giwuag IV. 28, 33. wuahs (crevit) I. 16, 45. III. 6, 71, accentuiert giuuuag, uuuahs. Warum schreibt er aber uuasg (lavit) III. 4, 10; IV. 11, 32? ist dies vuasg? Auch T. 132. uuosc und nicht uuuosc. Es scheint, daß bei nachfolgendem uo, ua das alte v statt w etwas länger haftete. Uebrigens ist das verhältniß des nord. vaxa, ox zu dem alth. wahsan, vuohs ganz das vorhin nachgewiesene.
d) da hiernach das alth. anlautende w nur in den we- nigsten fällen einfacher spirant ist, so fragt sich: ob nicht das vorhin als zweite asp. aufgestellte v als solcher gelten könne, und mit dem unter b. g. an- geführten v vor u und uo zusammenfalle? Ich be- zweifle es, weil jene zweite asp. gerade im anlaut häufig mit f verwechselt wird, so daß z. b. vuntan (inventus) vuhs (vulpes) vuora (alimonia) im anlaut merklich von vunta (vulnus) vuohs (crevit) abwei- chen musten. Ob unter diesen umständen beßer vunnun, vunta, vuohs oder uunnun, uunta, uuohs geschrieben werde? hat für und wider sich. Jenes stellt das verhältniß zum w (welches wir doch wohl statt uu schreiben müßen) deutlicher dar; dieses verhütet verwechselung mit der asp. v.
2) nächst dem anlaut w kommen für die aussprache des alth. spiranten die anlautenden verbindungen desselben mit andern consonanten in betracht. wl und wr sind einge- gangen und haben sich vielleicht anfangs in hl. hr., bald
I. althochdeutſche conſonanten. labiales.
ſcheint gerade an den entgegengeſetzten ſtellen. O und T. ſchreibung wu iſt entweder ungenauigkeit oder lieber zeugniß für die mundartiſche und all- mählige verwiſchung jenes unterſchieds, d. h. mit der zeit kam die ausſprache des einfachen v über- all wieder auf, man behielt aber in der ſchrift das zeichen des doppelten, da das einfache v für die aſp. diente.
γ) folgt der diphth. uo (des folgenden û entſinne ich mich mit keinem beiſpiel) ſo zeigt ſich wiederum das einfache v; vgl. K. 24a uuaf (gemitus) d. i. vuaf (nicht wuaf) gl. doc. vuophta (ululavit) d. i. vuofta (nicht wuofta) von der ſcheinbar gleichen ſchrei- bung vuort (verbum) d. i. wort zu unterſcheiden, wie die accentuation lehrt (vúofta und vuórt). O. hat hingegen das doppelte uu, vgl. giwuag IV. 28, 33. wuahs (crevit) I. 16, 45. III. 6, 71, accentuiert giuuúag, uuúahs. Warum ſchreibt er aber uuaſg (lavit) III. 4, 10; IV. 11, 32? iſt dies vúaſg? Auch T. 132. uuoſc und nicht uuuoſc. Es ſcheint, daß bei nachfolgendem uo, ua das alte v ſtatt w etwas länger haftete. Uebrigens iſt das verhältniß des nord. vaxa, ôx zu dem alth. wahſan, vuohs ganz das vorhin nachgewieſene.
δ) da hiernach das alth. anlautende w nur in den we- nigſten fällen einfacher ſpirant iſt, ſo fragt ſich: ob nicht das vorhin als zweite aſp. aufgeſtellte v als ſolcher gelten könne, und mit dem unter β. γ. an- geführten v vor u und uo zuſammenfalle? Ich be- zweifle es, weil jene zweite aſp. gerade im anlaut häufig mit f verwechſelt wird, ſo daß z. b. vuntan (inventus) vuhs (vulpes) vuora (alimonia) im anlaut merklich von vunta (vulnus) vuohs (crevit) abwei- chen muſten. Ob unter dieſen umſtänden beßer vunnun, vunta, vuohs oder uunnun, uunta, uuohs geſchrieben werde? hat für und wider ſich. Jenes ſtellt das verhältniß zum w (welches wir doch wohl ſtatt uu ſchreiben müßen) deutlicher dar; dieſes verhütet verwechſelung mit der aſp. v.
2) nächſt dem anlaut w kommen für die ausſprache des alth. ſpiranten die anlautenden verbindungen desſelben mit andern conſonanten in betracht. wl und wr ſind einge- gangen und haben ſich vielleicht anfangs in hl. hr., bald
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oder lieber zeugniß für die mundartiſche und all-
mählige verwiſchung jenes unterſchieds, d. h. mit
der zeit kam die ausſprache des einfachen v über-
all wieder auf, man behielt aber in der ſchrift das
zeichen des doppelten, da das einfache v für die
aſp. diente.
γ) folgt der diphth. uo (des folgenden û entſinne ich
mich mit keinem beiſpiel) ſo zeigt ſich wiederum
das einfache v; vgl. K. 24a uuaf (gemitus) d. i. vuaf
(nicht wuaf) gl. doc. vuophta (ululavit) d. i. vuofta
(nicht wuofta) von der ſcheinbar gleichen ſchrei-
bung vuort (verbum) d. i. wort zu unterſcheiden,
wie die accentuation lehrt (vúofta und vuórt). O.
hat hingegen das doppelte uu, vgl. giwuag IV. 28,
33. wuahs (crevit) I. 16, 45. III. 6, 71, accentuiert
giuuúag, uuúahs. Warum ſchreibt er aber uuaſg
(lavit) III. 4, 10; IV. 11, 32? iſt dies vúaſg? Auch
T. 132. uuoſc und nicht uuuoſc. Es ſcheint, daß
bei nachfolgendem uo, ua das alte v ſtatt w etwas
länger haftete. Uebrigens iſt das verhältniß des
nord. vaxa, ôx zu dem alth. wahſan, vuohs ganz
das vorhin nachgewieſene.
δ) da hiernach das alth. anlautende w nur in den we-
nigſten fällen einfacher ſpirant iſt, ſo fragt ſich: ob
nicht das vorhin als zweite aſp. aufgeſtellte v als
ſolcher gelten könne, und mit dem unter β. γ. an-
geführten v vor u und uo zuſammenfalle? Ich be-
zweifle es, weil jene zweite aſp. gerade im anlaut
häufig mit f verwechſelt wird, ſo daß z. b. vuntan
(inventus) vuhs (vulpes) vuora (alimonia) im anlaut
merklich von vunta (vulnus) vuohs (crevit) abwei-
chen muſten. Ob unter dieſen umſtänden beßer
vunnun, vunta, vuohs oder uunnun, uunta, uuohs
geſchrieben werde? hat für und wider ſich. Jenes
ſtellt das verhältniß zum w (welches wir doch wohl
ſtatt uu ſchreiben müßen) deutlicher dar; dieſes
verhütet verwechſelung mit der aſp. v.
2) nächſt dem anlaut w kommen für die ausſprache des alth.
ſpiranten die anlautenden verbindungen desſelben mit
andern conſonanten in betracht. wl und wr ſind einge-
gangen und haben ſich vielleicht anfangs in hl. hr., bald
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/166>, abgerufen am 24.11.2024.
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