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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. liquidae.
flexionen, sich in n zu wandeln, namentlich im dat.
pl.; in der prima pl. und in der prima sing. einiger
schw. conjug. (näheres in der decl. und conj.). In
wurzeln und andern bildungsendungen (z. b. gadam,
buosem) bleibt aber das auslautende m, und gänzlich
abgeworfen wird es nie. Fremde sprachen lehren in
absicht dieses auslauts zwei stufen 1) m wird in n ge-
schwächt (vgl. Schneider p. 309-314.); die Spanier ver-
äudern tam, quam, Jerusalem, Bethlehem etc. in tan,
quan, Jerusalen etc. 2) m wird völlig unterdrückt
(Schn p. 301-309.) -- Vom übertritt des inlautenden
m in n vor der asp. f. unten bei den verbindungen mf.
nf. -- Der inlaut n wird nasal (n. adulterinum), sobald
eine gutturalis folgt, als: lang, wankon, unk, aber in
der wurzel selbst, nicht wenn in der zusammensetzung
n mit g und k anstößt, z. b. in-gangan un-kust. Ob
das nasale n ausfallen und namentlich die form ng in
h übergehen könne? ist oben s. 88. bei dem a berührt
worden, weil dadurch auch der vorausstehende vocal
lang zu werden scheint, vgl. fangan, gangan, hangan,
brang mit fahan, gahen, hahan, brahta (st. brangta?) *).
Inzwischen kann nie aus langan (longum) lahan werden
und jene fälle müßen als ausnahmsweise ableitungen be-
trachtet werden, die von den stämmen ng eigentlich
verschieden sind; wie denn auch gahen und brahta selbst
der schwachen conjugation folgen; (mehr über alle diese
wörter bei der conj.) Den übergang des a in a bei aus-
fallendem nasallaut bestärkt der oben s. 42. vermuthete
des goth. juggs in jauhiza (wiewohl jugund, das sichtbar
mit jung zusammenhängt, kein au hat, so daß kein älte-
res jungund sondern vielmehr ein älteres jug, jugg an-
zunehmen bleibt); vgl. das schweiz. a, ei, au st. an, in, un
(Stalder p. 33. 46. 72.); es wird vorausgesetzt, daß die
silbe betont sey. Aus unbetonter endung könnte das n
vor gutt. zwar ausfallen, würde aber den vocal nicht
ändern. Im alth. wäre honec, honeg (mel) J. 389. K. 16a
st. honing. honang (N. 18, 11. 118, 103.) fast einziges bei-
spiel; erst später auch kunig, psennig st. kuning, pfe-
ning. -- Fällt der alth. inlaut n vor dentalen aus? das
geschieht im nord. und sächs. häufig. Eine spur wäre

*) Der vocalveränderung wäre etwan analog, daß der franz.
nasale auslaut n und der nichtnalale inlaut n in denselben
wörtern den vocallaut verschieden haben, vgl. siu, un
mit sine, une.

I. althochdeutſche conſonanten. liquidae.
flexionen, ſich in n zu wandeln, namentlich im dat.
pl.; in der prima pl. und in der prima ſing. einiger
ſchw. conjug. (näheres in der decl. und conj.). In
wurzeln und andern bildungsendungen (z. b. gadam,
buoſem) bleibt aber das auslautende m, und gänzlich
abgeworfen wird es nie. Fremde ſprachen lehren in
abſicht dieſes auslauts zwei ſtufen 1) m wird in n ge-
ſchwächt (vgl. Schneider p. 309-314.); die Spanier ver-
äudern tam, quam, Jeruſalem, Bethlehem etc. in tan,
quan, Jeruſalen etc. 2) m wird völlig unterdrückt
(Schn p. 301-309.) — Vom übertritt des inlautenden
m in n vor der aſp. f. unten bei den verbindungen mf.
nf. — Der inlaut n wird naſal (n. adulterinum), ſobald
eine gutturalis folgt, als: lang, wankôn, unk, aber in
der wurzel ſelbſt, nicht wenn in der zuſammenſetzung
n mit g und k anſtößt, z. b. in-gangan un-kuſt. Ob
das naſale n ausfallen und namentlich die form ng in
h übergehen könne? iſt oben ſ. 88. bei dem â berührt
worden, weil dadurch auch der vorausſtehende vocal
lang zu werden ſcheint, vgl. fangan, gangan, hangan,
brang mit fâhan, gâhen, hâhan, brâhta (ſt. brangta?) *).
Inzwiſchen kann nie aus langan (longum) lâhan werden
und jene fälle müßen als ausnahmsweiſe ableitungen be-
trachtet werden, die von den ſtämmen ng eigentlich
verſchieden ſind; wie denn auch gâhen und brâhta ſelbſt
der ſchwachen conjugation folgen; (mehr über alle dieſe
wörter bei der conj.) Den übergang des a in â bei aus-
fallendem naſallaut beſtärkt der oben ſ. 42. vermuthete
des goth. juggs in jûhiza (wiewohl jugund, das ſichtbar
mit jung zuſammenhängt, kein û hat, ſo daß kein älte-
res jungund ſondern vielmehr ein älteres jug, jugg an-
zunehmen bleibt); vgl. das ſchweiz. â, î, û ſt. an, in, un
(Stalder p. 33. 46. 72.); es wird vorausgeſetzt, daß die
ſilbe betont ſey. Aus unbetonter endung könnte das n
vor gutt. zwar ausfallen, würde aber den vocal nicht
ändern. Im alth. wäre honec, honeg (mel) J. 389. K. 16a
ſt. honing. honang (N. 18, 11. 118, 103.) faſt einziges bei-
ſpiel; erſt ſpäter auch kunig, pſennig ſt. kuning, pfe-
ning. — Fällt der alth. inlaut n vor dentalen aus? das
geſchieht im nord. und ſächſ. häufig. Eine ſpur wäre

*) Der vocalveränderung wäre etwan analog, daß der franz.
naſale auslaut n und der nichtnalale inlaut n in denſelben
wörtern den vocallaut verſchieden haben, vgl. ſiu, un
mit ſine, une.
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[120/0146] I. althochdeutſche conſonanten. liquidae. flexionen, ſich in n zu wandeln, namentlich im dat. pl.; in der prima pl. und in der prima ſing. einiger ſchw. conjug. (näheres in der decl. und conj.). In wurzeln und andern bildungsendungen (z. b. gadam, buoſem) bleibt aber das auslautende m, und gänzlich abgeworfen wird es nie. Fremde ſprachen lehren in abſicht dieſes auslauts zwei ſtufen 1) m wird in n ge- ſchwächt (vgl. Schneider p. 309-314.); die Spanier ver- äudern tam, quam, Jeruſalem, Bethlehem etc. in tan, quan, Jeruſalen etc. 2) m wird völlig unterdrückt (Schn p. 301-309.) — Vom übertritt des inlautenden m in n vor der aſp. f. unten bei den verbindungen mf. nf. — Der inlaut n wird naſal (n. adulterinum), ſobald eine gutturalis folgt, als: lang, wankôn, unk, aber in der wurzel ſelbſt, nicht wenn in der zuſammenſetzung n mit g und k anſtößt, z. b. in-gangan un-kuſt. Ob das naſale n ausfallen und namentlich die form ng in h übergehen könne? iſt oben ſ. 88. bei dem â berührt worden, weil dadurch auch der vorausſtehende vocal lang zu werden ſcheint, vgl. fangan, gangan, hangan, brang mit fâhan, gâhen, hâhan, brâhta (ſt. brangta?) *). Inzwiſchen kann nie aus langan (longum) lâhan werden und jene fälle müßen als ausnahmsweiſe ableitungen be- trachtet werden, die von den ſtämmen ng eigentlich verſchieden ſind; wie denn auch gâhen und brâhta ſelbſt der ſchwachen conjugation folgen; (mehr über alle dieſe wörter bei der conj.) Den übergang des a in â bei aus- fallendem naſallaut beſtärkt der oben ſ. 42. vermuthete des goth. juggs in jûhiza (wiewohl jugund, das ſichtbar mit jung zuſammenhängt, kein û hat, ſo daß kein älte- res jungund ſondern vielmehr ein älteres jug, jugg an- zunehmen bleibt); vgl. das ſchweiz. â, î, û ſt. an, in, un (Stalder p. 33. 46. 72.); es wird vorausgeſetzt, daß die ſilbe betont ſey. Aus unbetonter endung könnte das n vor gutt. zwar ausfallen, würde aber den vocal nicht ändern. Im alth. wäre honec, honeg (mel) J. 389. K. 16a ſt. honing. honang (N. 18, 11. 118, 103.) faſt einziges bei- ſpiel; erſt ſpäter auch kunig, pſennig ſt. kuning, pfe- ning. — Fällt der alth. inlaut n vor dentalen aus? das geſchieht im nord. und ſächſ. häufig. Eine ſpur wäre *) Der vocalveränderung wäre etwan analog, daß der franz. naſale auslaut n und der nichtnalale inlaut n in denſelben wörtern den vocallaut verſchieden haben, vgl. ſiu, un mit ſine, une.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/146>, abgerufen am 23.11.2024.