unorganisch st. weralti) huarabes (revertaris) etc. wechselt er ihn in andern, als: leohete (lumine) perege (monte) st. leohate, perage etc. syncopiert ihn in noch andern, als: simblum (semper) achre (agro) st. simbulum, achare. Jedes denkmahl wechselt und syncopiert seine vocale auf eigenthümliche weise, die sich vielleicht den herausgebern einzelner auf- klären kann, aber aus der vergleichung aller läßt sich für die grammatik keine genügende allgemeine ansicht gewinnen.
b) Nur so viel scheint klar: unter den einfachen vo- calen der endungen sind a, u, i als älter, o und e als jünger anzunehmen; gedehnte kommen beinahe nur in den flexionen vor (wovon hier nicht geredet wird) kaum in einigen wortbildungen (beispiele: -od -eig -ein, manod, saleig, thurnein) andere diph- thongen (wie im goth. -eig -ein) gar nicht. Die einfachen laute stehen also hier vornämlich in be- tracht *) und für sie gibt es drei fälle der ab- schwächung. Erster fall: der vocalwechsel ereignet sich in der ult. ohne hinzutretende flexionsendung. In man- chen wörtern scheinen die vocale a, u, i willkür- lich, z. b. durah, duruh, durih (praep.) später synco- piert durh; abant und abunt, später abent; magan (vis) und magin, megin; amal-, amil-, emil-, ga- gan, gagin, gegin etc, Nähere erwägung der wort- bildungslehre wird aber darthun, daß dieses schwan- ken als ausnahme, die organische unterscheidung des a, u, i als regel zu betrachten sey, wie sie sich denn auch in gewissen wörtern nie verwech- seln, z. b. für sibun, aphul steht nie siban, aphal, für gagan, magin, amil nie magun, amul, gagun. Zweiter fall: der vocal der bildungsendung wech- selt, wenn eine flexionsendung hinzutritt, mit einem dünneren, also: sobald die bildungsendung, die vor- her ult. war, zur penult. wird; z. b. waßar, waß- ßeres; heilag, heileges, heilegaun; perag, pereges etc. Dies vergleicht sich genau dem lat. caput, capitis, homo (d. i. homon, homun, wie noch homunculus
*) Es ist schwer zu sagen, wie und wann thurnein, salig in thurnin, salig übergieng; schwankte doch der Gothe be- reits zwischen gabeigs und gabigs.
I. althochdeutſche vocale.
unorganiſch ſt. wëralti) huarabes (revertaris) etc. wechſelt er ihn in andern, als: lëohete (lumine) përege (monte) ſt. lëohate, përage etc. ſyncopiert ihn in noch andern, als: ſimblum (ſemper) achre (agro) ſt. ſimbulum, achare. Jedes denkmahl wechſelt und ſyncopiert ſeine vocale auf eigenthümliche weiſe, die ſich vielleicht den herausgebern einzelner auf- klären kann, aber aus der vergleichung aller läßt ſich für die grammatik keine genügende allgemeine anſicht gewinnen.
b) Nur ſo viel ſcheint klar: unter den einfachen vo- calen der endungen ſind a, u, i als älter, o und e als jünger anzunehmen; gedehnte kommen beinahe nur in den flexionen vor (wovon hier nicht geredet wird) kaum in einigen wortbildungen (beiſpiele: -ôd -îg -în, mânôd, ſâlîg, thurnîn) andere diph- thongen (wie im goth. -eig -ein) gar nicht. Die einfachen laute ſtehen alſo hier vornämlich in be- tracht *) und für ſie gibt es drei fälle der ab- ſchwächung. Erſter fall: der vocalwechſel ereignet ſich in der ult. ohne hinzutretende flexionsendung. In man- chen wörtern ſcheinen die vocale a, u, i willkür- lich, z. b. durah, duruh, durih (praep.) ſpäter ſynco- piert durh; abant und abunt, ſpäter abent; magan (vis) und magin, megin; amal-, amil-, emil-, ga- gan, gagin, gegin etc, Nähere erwägung der wort- bildungslehre wird aber darthun, daß dieſes ſchwan- ken als ausnahme, die organiſche unterſcheidung des a, u, i als regel zu betrachten ſey, wie ſie ſich denn auch in gewiſſen wörtern nie verwech- ſeln, z. b. für ſibun, aphul ſteht nie ſiban, aphal, für gagan, magin, amil nie magun, amul, gagun. Zweiter fall: der vocal der bildungsendung wech- ſelt, wenn eine flexionsendung hinzutritt, mit einem dünneren, alſo: ſobald die bildungsendung, die vor- her ult. war, zur penult. wird; z. b. waƷƷar, waƷ- Ʒeres; heilag, heileges, heilegûn; përag, përeges etc. Dies vergleicht ſich genau dem lat. caput, capitis, homo (d. i. homon, homun, wie noch homunculus
*) Es iſt ſchwer zu ſagen, wie und wann thurnîn, ſalìg in thurnin, ſâlig übergieng; ſchwankte doch der Gothe be- reits zwiſchen gabeigs und gabigs.
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I. althochdeutſche vocale.
unorganiſch ſt. wëralti) huarabes (revertaris) etc.
wechſelt er ihn in andern, als: lëohete (lumine)
përege (monte) ſt. lëohate, përage etc. ſyncopiert ihn
in noch andern, als: ſimblum (ſemper) achre (agro)
ſt. ſimbulum, achare. Jedes denkmahl wechſelt und
ſyncopiert ſeine vocale auf eigenthümliche weiſe,
die ſich vielleicht den herausgebern einzelner auf-
klären kann, aber aus der vergleichung aller läßt
ſich für die grammatik keine genügende allgemeine
anſicht gewinnen.
b) Nur ſo viel ſcheint klar: unter den einfachen vo-
calen der endungen ſind a, u, i als älter, o und e
als jünger anzunehmen; gedehnte kommen beinahe
nur in den flexionen vor (wovon hier nicht geredet
wird) kaum in einigen wortbildungen (beiſpiele:
-ôd -îg -în, mânôd, ſâlîg, thurnîn) andere diph-
thongen (wie im goth. -eig -ein) gar nicht. Die
einfachen laute ſtehen alſo hier vornämlich in be-
tracht *) und für ſie gibt es drei fälle der ab-
ſchwächung.
Erſter fall: der vocalwechſel ereignet ſich in der
ult. ohne hinzutretende flexionsendung. In man-
chen wörtern ſcheinen die vocale a, u, i willkür-
lich, z. b. durah, duruh, durih (praep.) ſpäter ſynco-
piert durh; abant und abunt, ſpäter abent; magan
(vis) und magin, megin; amal-, amil-, emil-, ga-
gan, gagin, gegin etc, Nähere erwägung der wort-
bildungslehre wird aber darthun, daß dieſes ſchwan-
ken als ausnahme, die organiſche unterſcheidung
des a, u, i als regel zu betrachten ſey, wie ſie
ſich denn auch in gewiſſen wörtern nie verwech-
ſeln, z. b. für ſibun, aphul ſteht nie ſiban, aphal,
für gagan, magin, amil nie magun, amul, gagun.
Zweiter fall: der vocal der bildungsendung wech-
ſelt, wenn eine flexionsendung hinzutritt, mit einem
dünneren, alſo: ſobald die bildungsendung, die vor-
her ult. war, zur penult. wird; z. b. waƷƷar, waƷ-
Ʒeres; heilag, heileges, heilegûn; përag, përeges etc.
Dies vergleicht ſich genau dem lat. caput, capitis,
homo (d. i. homon, homun, wie noch homunculus
*) Es iſt ſchwer zu ſagen, wie und wann thurnîn, ſalìg in
thurnin, ſâlig übergieng; ſchwankte doch der Gothe be-
reits zwiſchen gabeigs und gabigs.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/142>, abgerufen am 22.11.2024.
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