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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. allgemeine vergleichung der conjugation.
zel zeugt im sanskr. das nebenpraesens bhavami (ma-
neo) bhavasi, bhavati etc. im griech. phuo, lat. fui;
litth. praet. buwau; fut. bausu; slav. praet. bjech; fut.
budu, pl. budem etc. und ihr entsprechen das alth.
pim, angels. beo etc. Ohne zweifel ist aber auch der
vierte dentsche stamm visan der wurzel bhau zuzufüh-
ren, der abweichung des v, w von dem b, p in beo,
pim unerachtet, da auch das ind. bh, slav. litth. b
hier ins gr. ph, lat. f. übergieng, und nach Bopps
scharfsinniger muthmaßung (annals p. 59.) selbst das
-b, -v der lat. flexionen dabo, dabam, amavi aus
dem eingewachsenen hülfswort zu erklären ist. Die-
ses vorausgesetzt läßt sich in unserm deutschen praes.
visa, wisu ein ursprüngliches futurum erkennen, das
dem litth. busu entspricht, sich aber frühe zum praes.
verhärtete und den ablaut vas, vesun zeugte; vairtha
ist schon s. 1038. aus vistha geleilet und mit fio ver-
glichen worden. --
9) auffallende parallelen zu der zweiten deutschen ano-
malie gewähren folgende beispiele: sanskr. veda, vettha,
veda; pl. vidmas, vittha, vidanti vergleicht sich dem
deutschen ablaut in vait, vaist, vait; vitum, vituth,
vitun, hat auch im sg. völlig praeteritivische flexion
(tutopa, tutopitha, tutopa) im pl. aber praesentische;
das gr. oida, oistha, oide; ismen, iste, isasi (dor. idmen)
rechtfertigt meine ansicht (s. 1057.) der identischen ab-
laute ei: oi: i = goth. ei: spi: i, denn oida ist praet. z.
von eido, wie leloipa von leipo und idmen hat hier
sogar den regelmäßigen pl. oidamen verdrängt (Buttm.
p. 568.). Slav. gilt neben dem praes. vjem' (scio) pract.
vjedjech (scivi) vjedje (scit) zugleich vjedje für die
bedeutung des praes. scio (Dobr. p. 539.). Lat. haben
novi, odi, coepi, memini form des praet., bedeutung
des praes., ebenso die gr. anoga (jubeo) kektemai (pos-
sideo, goth. aih) amphibebeka (tueor) u. a. m.
10) zu dem deutschen part. praes. stimmt das indische
auf -an (gen. -antas) -anti, -at; griech. auf -on
(gen. -ontos) -ousa, -on; lat. auf -ens (gen. -entis);
litth. auf -as (mit gestrichnem a, im acc. -anti) fem.
-anti; das griech. fem. -ousa verhält sich gerade wie
die III. pl. -ousi zu einem früheren -onta, -onti, wie
das sanskr. -us der III. pl. einiger temp. und wie das
litth. -as st. -ans, -ants, lat. -ens st. ents. Dem
lat. griech. -t hätte freilich in ,wurzeln ein goth. -th
II. allgemeine vergleichung der conjugation.
zel zeugt im ſanſkr. das nebenpraeſens bhavâmi (ma-
neo) bhavaſi, bhavati etc. im griech. φύω, lat. fui;
litth. praet. buwaù; fut. bûſu; ſlav. praet. bjech; fut.
budu, pl. budem etc. und ihr entſprechen das alth.
pim, angelſ. bëo etc. Ohne zweifel iſt aber auch der
vierte dentſche ſtamm viſan der wurzel bhû zuzufüh-
ren, der abweichung des v, w von dem b, p in bëo,
pim unerachtet, da auch das ind. bh, ſlav. litth. b
hier ins gr. φ, lat. f. übergieng, und nach Bopps
ſcharfſinniger muthmaßung (annals p. 59.) ſelbſt das
-b, -v der lat. flexionen dabo, dabam, amavi aus
dem eingewachſenen hülfswort zu erklären iſt. Die-
ſes vorausgeſetzt läßt ſich in unſerm deutſchen praeſ.
viſa, wiſu ein urſprüngliches futurum erkennen, das
dem litth. búſu entſpricht, ſich aber frühe zum praeſ.
verhärtete und den ablaut vas, vëſun zeugte; vaírþa
iſt ſchon ſ. 1038. aus viſþa geleilet und mit fio ver-
glichen worden. —
9) auffallende parallelen zu der zweiten deutſchen ano-
malie gewähren folgende beiſpiele: ſanſkr. vêda, vettha,
vêda; pl. vidmas, vittha, vidanti vergleicht ſich dem
deutſchen ablaut in váit, váiſt, váit; vitum, vituþ,
vitun, hat auch im ſg. völlig praeteritiviſche flexion
(tutôpa, tutôpitha, tutôpa) im pl. aber praeſentiſche;
das gr. οἶδα, οἶσθα, οἶδε; ἴσμεν, ἴστε, ἴσασι (dor. ἴδμεν)
rechtfertigt meine anſicht (ſ. 1057.) der identiſchen ab-
laute ει: οι: ι = goth. ei: ϡi: i, denn οἶδα iſt praet. z.
von εἴδω, wie λέλοιπα von λείπω und ἴδμεν hat hier
ſogar den regelmäßigen pl. οἴδαμεν verdrängt (Buttm.
p. 568.). Slav. gilt neben dem praeſ. vjem’ (ſcio) pract.
vjedjech (ſcivi) vjedje (ſcit) zugleich vjedje für die
bedeutung des praeſ. ſcio (Dobr. p. 539.). Lat. haben
novi, odi, coepi, memini form des praet., bedeutung
des praeſ., ebenſo die gr. ἄνωγα (jubeo) κέκτημαι (poſ-
ſideo, goth. áih) ἀμφιβέβηκα (tueor) u. a. m.
10) zu dem deutſchen part. praeſ. ſtimmt das indiſche
auf -an (gen. -antas) -anti, -at; griech. auf -ων
(gen. -οντος) -ουσα, -ον; lat. auf -ens (gen. -entis);
litth. auf -as (mit geſtrichnem a, im acc. -anti) fem.
-anti; das griech. fem. -ουσα verhält ſich gerade wie
die III. pl. -ουσι zu einem früheren -οντα, -οντι, wie
das ſanſkr. -us der III. pl. einiger temp. und wie das
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lat. griech. -t hätte freilich in ,wurzeln ein goth. -þ
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[1065/1091] II. allgemeine vergleichung der conjugation. zel zeugt im ſanſkr. das nebenpraeſens bhavâmi (ma- neo) bhavaſi, bhavati etc. im griech. φύω, lat. fui; litth. praet. buwaù; fut. bûſu; ſlav. praet. bjech; fut. budu, pl. budem etc. und ihr entſprechen das alth. pim, angelſ. bëo etc. Ohne zweifel iſt aber auch der vierte dentſche ſtamm viſan der wurzel bhû zuzufüh- ren, der abweichung des v, w von dem b, p in bëo, pim unerachtet, da auch das ind. bh, ſlav. litth. b hier ins gr. φ, lat. f. übergieng, und nach Bopps ſcharfſinniger muthmaßung (annals p. 59.) ſelbſt das -b, -v der lat. flexionen dabo, dabam, amavi aus dem eingewachſenen hülfswort zu erklären iſt. Die- ſes vorausgeſetzt läßt ſich in unſerm deutſchen praeſ. viſa, wiſu ein urſprüngliches futurum erkennen, das dem litth. búſu entſpricht, ſich aber frühe zum praeſ. verhärtete und den ablaut vas, vëſun zeugte; vaírþa iſt ſchon ſ. 1038. aus viſþa geleilet und mit fio ver- glichen worden. — 9) auffallende parallelen zu der zweiten deutſchen ano- malie gewähren folgende beiſpiele: ſanſkr. vêda, vettha, vêda; pl. vidmas, vittha, vidanti vergleicht ſich dem deutſchen ablaut in váit, váiſt, váit; vitum, vituþ, vitun, hat auch im ſg. völlig praeteritiviſche flexion (tutôpa, tutôpitha, tutôpa) im pl. aber praeſentiſche; das gr. οἶδα, οἶσθα, οἶδε; ἴσμεν, ἴστε, ἴσασι (dor. ἴδμεν) rechtfertigt meine anſicht (ſ. 1057.) der identiſchen ab- laute ει: οι: ι = goth. ei: ϡi: i, denn οἶδα iſt praet. z. von εἴδω, wie λέλοιπα von λείπω und ἴδμεν hat hier ſogar den regelmäßigen pl. οἴδαμεν verdrängt (Buttm. p. 568.). Slav. gilt neben dem praeſ. vjem’ (ſcio) pract. vjedjech (ſcivi) vjedje (ſcit) zugleich vjedje für die bedeutung des praeſ. ſcio (Dobr. p. 539.). Lat. haben novi, odi, coepi, memini form des praet., bedeutung des praeſ., ebenſo die gr. ἄνωγα (jubeo) κέκτημαι (poſ- ſideo, goth. áih) ἀμφιβέβηκα (tueor) u. a. m. 10) zu dem deutſchen part. praeſ. ſtimmt das indiſche auf -an (gen. -antas) -anti, -at; griech. auf -ων (gen. -οντος) -ουσα, -ον; lat. auf -ens (gen. -entis); litth. auf -as (mit geſtrichnem a, im acc. -anti) fem. -anti; das griech. fem. -ουσα verhält ſich gerade wie die III. pl. -ουσι zu einem früheren -οντα, -οντι, wie das ſanſkr. -us der III. pl. einiger temp. und wie das litth. -as ſt. -ans, -ants, lat. -ens ſt. ents. Dem lat. griech. -t hätte freilich in ,wurzeln ein goth. -þ

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 1065. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/1091>, abgerufen am 22.11.2024.