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Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Kanzlei öfter von einer Ohrfeige erzählt, die Barbara, noch als Kuchenhändlerin, einem Zudringlichen gegeben. Was sie da sagten von der Stärke des eher klein zu nennenden Mädchens und der Schwungkraft ihrer Hand, schien höchlich und zum Scherze übertrieben. Es verhielt sich aber wirklich so und ging ins Riesenhafte. Ich stand wie vom Donner getroffen. Die Lichter tanzten mir vor den Augen. -- Aber es waren Himmelslichter. Wie Sonne, Mond und Sterne; wie die Engelein, die Versteckens spielen und dazu singen. Ich hatte Erscheinungen, ich war verzückt. Sie aber, kaum minder erschrocken als ich, fuhr mit ihrer Hand wie begütigend über die geschlagene Stelle. Es mag wohl zu stark ausgefallen sein, sagte sie, und -- wie ein zweiter Blitzstrahl -- fühlte ich plötzlich ihren warmen Athem auf meiner Wange und ihre zwei Lippen, und sie küßte mich nur leicht, leicht; aber es war ein Kuß auf diese meine Wange, hier! Dabei klatschte der alte Mann auf seinen Backen, und die Thränen traten ihm aus den Augen. Was nun weiter geschah, weiß ich nicht, fuhr er fort. Nur daß ich auf sie losstürzte und sie in die Wohnstube lief und die Glasthüre zuhielt, während ich von der andern Seite nachdrängte. Wie sie nun zusammengekrümmt und mit aller Macht sich entgegenstemmend gleichsam an dem Thürfenster klebte, nahm ich mir ein Herz, verehrtester Herr, und gab ihr ihren Kuß heftig zurück, durch das Glas.

Oho, hier geht's lustig her! hörte ich hinter mir

Kanzlei öfter von einer Ohrfeige erzählt, die Barbara, noch als Kuchenhändlerin, einem Zudringlichen gegeben. Was sie da sagten von der Stärke des eher klein zu nennenden Mädchens und der Schwungkraft ihrer Hand, schien höchlich und zum Scherze übertrieben. Es verhielt sich aber wirklich so und ging ins Riesenhafte. Ich stand wie vom Donner getroffen. Die Lichter tanzten mir vor den Augen. — Aber es waren Himmelslichter. Wie Sonne, Mond und Sterne; wie die Engelein, die Versteckens spielen und dazu singen. Ich hatte Erscheinungen, ich war verzückt. Sie aber, kaum minder erschrocken als ich, fuhr mit ihrer Hand wie begütigend über die geschlagene Stelle. Es mag wohl zu stark ausgefallen sein, sagte sie, und — wie ein zweiter Blitzstrahl — fühlte ich plötzlich ihren warmen Athem auf meiner Wange und ihre zwei Lippen, und sie küßte mich nur leicht, leicht; aber es war ein Kuß auf diese meine Wange, hier! Dabei klatschte der alte Mann auf seinen Backen, und die Thränen traten ihm aus den Augen. Was nun weiter geschah, weiß ich nicht, fuhr er fort. Nur daß ich auf sie losstürzte und sie in die Wohnstube lief und die Glasthüre zuhielt, während ich von der andern Seite nachdrängte. Wie sie nun zusammengekrümmt und mit aller Macht sich entgegenstemmend gleichsam an dem Thürfenster klebte, nahm ich mir ein Herz, verehrtester Herr, und gab ihr ihren Kuß heftig zurück, durch das Glas.

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[0054] Kanzlei öfter von einer Ohrfeige erzählt, die Barbara, noch als Kuchenhändlerin, einem Zudringlichen gegeben. Was sie da sagten von der Stärke des eher klein zu nennenden Mädchens und der Schwungkraft ihrer Hand, schien höchlich und zum Scherze übertrieben. Es verhielt sich aber wirklich so und ging ins Riesenhafte. Ich stand wie vom Donner getroffen. Die Lichter tanzten mir vor den Augen. — Aber es waren Himmelslichter. Wie Sonne, Mond und Sterne; wie die Engelein, die Versteckens spielen und dazu singen. Ich hatte Erscheinungen, ich war verzückt. Sie aber, kaum minder erschrocken als ich, fuhr mit ihrer Hand wie begütigend über die geschlagene Stelle. Es mag wohl zu stark ausgefallen sein, sagte sie, und — wie ein zweiter Blitzstrahl — fühlte ich plötzlich ihren warmen Athem auf meiner Wange und ihre zwei Lippen, und sie küßte mich nur leicht, leicht; aber es war ein Kuß auf diese meine Wange, hier! Dabei klatschte der alte Mann auf seinen Backen, und die Thränen traten ihm aus den Augen. Was nun weiter geschah, weiß ich nicht, fuhr er fort. Nur daß ich auf sie losstürzte und sie in die Wohnstube lief und die Glasthüre zuhielt, während ich von der andern Seite nachdrängte. Wie sie nun zusammengekrümmt und mit aller Macht sich entgegenstemmend gleichsam an dem Thürfenster klebte, nahm ich mir ein Herz, verehrtester Herr, und gab ihr ihren Kuß heftig zurück, durch das Glas. Oho, hier geht's lustig her! hörte ich hinter mir

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:14:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_spielmann_1910/54>, abgerufen am 26.11.2024.