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Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.

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Wer auch so schlafen könnte, wie die Vögel,
Doch lang und länger, ohne zu erwachen,
Im Schooße eines festern, süßern Schlummers,
Wo alles -- alles -- selbst die Pulse schlafen,
Kein Morgenstrahl zu neuen Qualen weckt,
Kein Undankbarer -- Halt! -- Tritt nicht die
Schlange!

(mit gedämpfter Stimme.)
Der Mord ist wohl ein gräßliches Verbrechen,
Und Raub und Trug, und wie sie alle heißen,
Die Häupter jener giftgeschwollnen Hyder,
Die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt,
Mit ihrem Geifer diese Welt verpestet;
Wohl gräßlich, schändlich, giftige Verbrechen!
Doch kenn' ich eins, vor dessen dunkeln Abstich
Die andern alle lilienweiß erscheinen,
Und Undank ist sein Nahm'! Er übt allein
Was alle andern einzeln nur verüben,
Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide,
Verräth, und tödtet! -- Undank! -- Undank! --
Undank!

Beschützt mich Götter! schützt mich vor mir
selber!
Des Innern düstre Geister wachen auf
Und rütteln an des Kerkers Eisenstäben!
Ihn hatt' ich vom Geschicke mir erbeten,
Von allen Sterblichen nur ihn allein;
Ich wollt' ihn stellen auf der Menschhiet Gipfel,
D
Wer auch ſo ſchlafen könnte, wie die Vögel,
Doch lang und länger, ohne zu erwachen,
Im Schooße eines feſtern, ſüßern Schlummers,
Wo alles — alles — ſelbſt die Pulſe ſchlafen,
Kein Morgenſtrahl zu neuen Qualen weckt,
Kein Undankbarer — Halt! — Tritt nicht die
Schlange!

(mit gedämpfter Stimme.)
Der Mord iſt wohl ein gräßliches Verbrechen,
Und Raub und Trug, und wie ſie alle heißen,
Die Häupter jener giftgeſchwollnen Hyder,
Die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt,
Mit ihrem Geifer dieſe Welt verpeſtet;
Wohl gräßlich, ſchändlich, giftige Verbrechen!
Doch kenn' ich eins, vor deſſen dunkeln Abſtich
Die andern alle lilienweiß erſcheinen,
Und Undank iſt ſein Nahm'! Er übt allein
Was alle andern einzeln nur verüben,
Er lügt, er raubt, betrügt, ſchwört falſche Eide,
Verräth, und tödtet! — Undank! — Undank! —
Undank!

Beſchützt mich Götter! ſchützt mich vor mir
ſelber!
Des Innern düſtre Geiſter wachen auf
Und rütteln an des Kerkers Eiſenſtäben!
Ihn hatt' ich vom Geſchicke mir erbeten,
Von allen Sterblichen nur ihn allein;
Ich wollt' ihn ſtellen auf der Menſchhiet Gipfel,
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[73/0083] Wer auch ſo ſchlafen könnte, wie die Vögel, Doch lang und länger, ohne zu erwachen, Im Schooße eines feſtern, ſüßern Schlummers, Wo alles — alles — ſelbſt die Pulſe ſchlafen, Kein Morgenſtrahl zu neuen Qualen weckt, Kein Undankbarer — Halt! — Tritt nicht die Schlange! (mit gedämpfter Stimme.) Der Mord iſt wohl ein gräßliches Verbrechen, Und Raub und Trug, und wie ſie alle heißen, Die Häupter jener giftgeſchwollnen Hyder, Die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt, Mit ihrem Geifer dieſe Welt verpeſtet; Wohl gräßlich, ſchändlich, giftige Verbrechen! Doch kenn' ich eins, vor deſſen dunkeln Abſtich Die andern alle lilienweiß erſcheinen, Und Undank iſt ſein Nahm'! Er übt allein Was alle andern einzeln nur verüben, Er lügt, er raubt, betrügt, ſchwört falſche Eide, Verräth, und tödtet! — Undank! — Undank! — Undank! Beſchützt mich Götter! ſchützt mich vor mir ſelber! Des Innern düſtre Geiſter wachen auf Und rütteln an des Kerkers Eiſenſtäben! Ihn hatt' ich vom Geſchicke mir erbeten, Von allen Sterblichen nur ihn allein; Ich wollt' ihn ſtellen auf der Menſchhiet Gipfel, D

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/83>, abgerufen am 26.11.2024.