Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.
Wenn oft auch streng, es barg die scharfe Hülle Mir immer eine suße, holde Frucht. Weh mir, daß ich das je vergessen konnte! Rhamnes. Ja wohl! weh dir, daß du es je vergessen! Phaon. Was zittert ihr? kennt ihr sie gar so mild. Rhamnes. Sie zürnte als sie ging und ohne Schranken Wie ihre Liebe ist ihr Zorn. D'rum weh euch! Phaon. Was kann sie droh'n? Rhamnes. Der flücht'gen Sklavinn Tod. Phaon. Wer sagt das? Rhamnes. Die Gesetze dieses Landes. Phaon. Ich schütze sie! Rhamnes. Du? und wer schützet dich? Phaon. Und gähnte hier die Erde vor mir auf, Und donnerte die See mich zu verschlingen, Vermöchte sie die Kräfte der Natur In grauses Bündniß wider mich zu einen,
Wenn oft auch ſtreng, es barg die ſcharfe Hülle Mir immer eine ſuße, holde Frucht. Weh mir, daß ich das je vergeſſen konnte! Rhamnes. Ja wohl! weh dir, daß du es je vergeſſen! Phaon. Was zittert ihr? kennt ihr ſie gar ſo mild. Rhamnes. Sie zürnte als ſie ging und ohne Schranken Wie ihre Liebe iſt ihr Zorn. D'rum weh euch! Phaon. Was kann ſie droh'n? Rhamnes. Der flücht'gen Sklavinn Tod. Phaon. Wer ſagt das? Rhamnes. Die Geſetze dieſes Landes. Phaon. Ich ſchütze ſie! Rhamnes. Du? und wer ſchützet dich? Phaon. Und gähnte hier die Erde vor mir auf, Und donnerte die See mich zu verſchlingen, Vermöchte ſie die Kräfte der Natur In grauſes Bündniß wider mich zu einen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEL"> <p><pb facs="#f0124" n="114"/> Wenn oft auch ſtreng, es barg die ſcharfe Hülle<lb/> Mir immer eine ſuße, holde Frucht.<lb/> Weh mir, daß ich das je vergeſſen konnte!</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja wohl! weh dir, daß du es je vergeſſen!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Was zittert ihr? kennt ihr ſie gar ſo mild.</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie zürnte als ſie ging und ohne Schranken<lb/> Wie ihre Liebe iſt ihr Zorn. D'rum weh euch!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Was kann ſie droh'n?</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Der flücht'gen Sklavinn Tod.</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Wer ſagt das?</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Geſetze dieſes Landes.</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich ſchütze ſie!</p> </sp><lb/> <sp who="#RHA"> <speaker><hi rendition="#g">Rhamnes</hi>.</speaker><lb/> <p>Du? und wer ſchützet <hi rendition="#g">dich</hi>?</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Und gähnte hier die Erde vor mir auf,<lb/> Und donnerte die See mich zu verſchlingen,<lb/> Vermöchte ſie die Kräfte der Natur<lb/> In grauſes Bündniß wider mich zu einen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [114/0124]
Wenn oft auch ſtreng, es barg die ſcharfe Hülle
Mir immer eine ſuße, holde Frucht.
Weh mir, daß ich das je vergeſſen konnte!
Rhamnes.
Ja wohl! weh dir, daß du es je vergeſſen!
Phaon.
Was zittert ihr? kennt ihr ſie gar ſo mild.
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Sie zürnte als ſie ging und ohne Schranken
Wie ihre Liebe iſt ihr Zorn. D'rum weh euch!
Phaon.
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Rhamnes.
Der flücht'gen Sklavinn Tod.
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Wer ſagt das?
Rhamnes.
Die Geſetze dieſes Landes.
Phaon.
Ich ſchütze ſie!
Rhamnes.
Du? und wer ſchützet dich?
Phaon.
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Und donnerte die See mich zu verſchlingen,
Vermöchte ſie die Kräfte der Natur
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Zitationshilfe: | Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/124>, abgerufen am 16.02.2025. |