Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
Königin.
So lebe denn,
Bis uns das Unheil allesammt verschlingt!
Otto.
Wo ist dein Sohn? das ist ein wack'rer Schütz,
Mit seiner kleinen Armbrust. -- Ruf' ihn her!
Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten,
Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam,
Da spannt' er seinen Bogen, wie Cupido,
Und schoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte sich,
Jetzt hier, jetzt dort so war sie nicht mehr da.
-- Wo ist dein Sohn? Mich dräng't es, ihn zu seh'n.

(Der Schloßhauptmann.)
Königin.
Euch sendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund,
Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben
Sie besser'm Rath, sie ihrer Pflicht Gehör?

(Schloßhauptmann zuckt die Schultern.)
So bleiben sie bei ihrer alten Ford'rung?
Schloßhauptmann.
Sie haben Einen hergesandt als Boten,
Um Euer Gnaden ihr Begehr' zu künden.
Er harr't im Vorgemach. Doch bleibt's wohl fruchtlos,
Denn sie besteh'n --
Königin.
Laß't ihn doch immer ein!
Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen,
Königin.
So lebe denn,
Bis uns das Unheil alleſammt verſchlingt!
Otto.
Wo iſt dein Sohn? das iſt ein wack’rer Schütz,
Mit ſeiner kleinen Armbruſt. — Ruf’ ihn her!
Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten,
Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam,
Da ſpannt’ er ſeinen Bogen, wie Cupido,
Und ſchoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte ſich,
Jetzt hier, jetzt dort ſo war ſie nicht mehr da.
— Wo iſt dein Sohn? Mich dräng’t es, ihn zu ſeh’n.

(Der Schloßhauptmann.)
Königin.
Euch ſendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund,
Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben
Sie beſſer’m Rath, ſie ihrer Pflicht Gehör?

(Schloßhauptmann zuckt die Schultern.)
So bleiben ſie bei ihrer alten Ford’rung?
Schloßhauptmann.
Sie haben Einen hergeſandt als Boten,
Um Euer Gnaden ihr Begehr’ zu künden.
Er harr’t im Vorgemach. Doch bleibt’s wohl fruchtlos,
Denn ſie beſteh’n —
Königin.
Laß’t ihn doch immer ein!
Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0111" n="103"/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>So lebe denn,<lb/>
Bis uns das Unheil alle&#x017F;ammt ver&#x017F;chlingt!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#OTTO">
          <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Wo i&#x017F;t dein Sohn? das i&#x017F;t ein wack&#x2019;rer Schütz,<lb/>
Mit &#x017F;einer kleinen Armbru&#x017F;t. &#x2014; Ruf&#x2019; ihn her!<lb/>
Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten,<lb/>
Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam,<lb/>
Da &#x017F;pannt&#x2019; er &#x017F;einen Bogen, wie Cupido,<lb/>
Und &#x017F;choß nach ihr den Pfeil. Sie duckte &#x017F;ich,<lb/>
Jetzt hier, jetzt dort &#x017F;o war &#x017F;ie nicht mehr da.<lb/>
&#x2014; Wo i&#x017F;t dein Sohn? Mich dräng&#x2019;t es, ihn zu &#x017F;eh&#x2019;n.</p><lb/>
          <stage>(Der <hi rendition="#g">Schloßhauptmann</hi>.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Euch &#x017F;endet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund,<lb/>
Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben<lb/>
Sie be&#x017F;&#x017F;er&#x2019;m Rath, &#x017F;ie ihrer Pflicht Gehör?</p><lb/>
          <stage>(Schloßhauptmann zuckt die Schultern.)</stage><lb/>
          <p>So bleiben &#x017F;ie bei ihrer alten Ford&#x2019;rung?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SCH">
          <speaker><hi rendition="#g">Schloßhauptmann</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Sie haben Einen herge&#x017F;andt als Boten,<lb/>
Um Euer Gnaden ihr Begehr&#x2019; zu künden.<lb/>
Er harr&#x2019;t im Vorgemach. Doch bleibt&#x2019;s wohl fruchtlos,<lb/>
Denn &#x017F;ie be&#x017F;teh&#x2019;n &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Laß&#x2019;t ihn doch immer ein!<lb/>
Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen,<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0111] Königin. So lebe denn, Bis uns das Unheil alleſammt verſchlingt! Otto. Wo iſt dein Sohn? das iſt ein wack’rer Schütz, Mit ſeiner kleinen Armbruſt. — Ruf’ ihn her! Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten, Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam, Da ſpannt’ er ſeinen Bogen, wie Cupido, Und ſchoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte ſich, Jetzt hier, jetzt dort ſo war ſie nicht mehr da. — Wo iſt dein Sohn? Mich dräng’t es, ihn zu ſeh’n. (Der Schloßhauptmann.) Königin. Euch ſendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund, Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben Sie beſſer’m Rath, ſie ihrer Pflicht Gehör? (Schloßhauptmann zuckt die Schultern.) So bleiben ſie bei ihrer alten Ford’rung? Schloßhauptmann. Sie haben Einen hergeſandt als Boten, Um Euer Gnaden ihr Begehr’ zu künden. Er harr’t im Vorgemach. Doch bleibt’s wohl fruchtlos, Denn ſie beſteh’n — Königin. Laß’t ihn doch immer ein! Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/111
Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/111>, abgerufen am 04.05.2024.