Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830. Königin. So lebe denn, Bis uns das Unheil allesammt verschlingt! Otto. Wo ist dein Sohn? das ist ein wack'rer Schütz, Mit seiner kleinen Armbrust. -- Ruf' ihn her! Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten, Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam, Da spannt' er seinen Bogen, wie Cupido, Und schoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte sich, Jetzt hier, jetzt dort so war sie nicht mehr da. -- Wo ist dein Sohn? Mich dräng't es, ihn zu seh'n. (Der Schloßhauptmann.) Königin. Euch sendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund, Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben Sie besser'm Rath, sie ihrer Pflicht Gehör? (Schloßhauptmann zuckt die Schultern.) So bleiben sie bei ihrer alten Ford'rung? Schloßhauptmann. Sie haben Einen hergesandt als Boten, Um Euer Gnaden ihr Begehr' zu künden. Er harr't im Vorgemach. Doch bleibt's wohl fruchtlos, Denn sie besteh'n -- Königin. Laß't ihn doch immer ein! Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen, Königin. So lebe denn, Bis uns das Unheil alleſammt verſchlingt! Otto. Wo iſt dein Sohn? das iſt ein wack’rer Schütz, Mit ſeiner kleinen Armbruſt. — Ruf’ ihn her! Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten, Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam, Da ſpannt’ er ſeinen Bogen, wie Cupido, Und ſchoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte ſich, Jetzt hier, jetzt dort ſo war ſie nicht mehr da. — Wo iſt dein Sohn? Mich dräng’t es, ihn zu ſeh’n. (Der Schloßhauptmann.) Königin. Euch ſendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund, Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben Sie beſſer’m Rath, ſie ihrer Pflicht Gehör? (Schloßhauptmann zuckt die Schultern.) So bleiben ſie bei ihrer alten Ford’rung? Schloßhauptmann. Sie haben Einen hergeſandt als Boten, Um Euer Gnaden ihr Begehr’ zu künden. Er harr’t im Vorgemach. Doch bleibt’s wohl fruchtlos, Denn ſie beſteh’n — Königin. Laß’t ihn doch immer ein! Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0111" n="103"/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/> <p>So lebe denn,<lb/> Bis uns das Unheil alleſammt verſchlingt!</p> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>Wo iſt dein Sohn? das iſt ein wack’rer Schütz,<lb/> Mit ſeiner kleinen Armbruſt. — Ruf’ ihn her!<lb/> Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten,<lb/> Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam,<lb/> Da ſpannt’ er ſeinen Bogen, wie Cupido,<lb/> Und ſchoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte ſich,<lb/> Jetzt hier, jetzt dort ſo war ſie nicht mehr da.<lb/> — Wo iſt dein Sohn? Mich dräng’t es, ihn zu ſeh’n.</p><lb/> <stage>(Der <hi rendition="#g">Schloßhauptmann</hi>.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/> <p>Euch ſendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund,<lb/> Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben<lb/> Sie beſſer’m Rath, ſie ihrer Pflicht Gehör?</p><lb/> <stage>(Schloßhauptmann zuckt die Schultern.)</stage><lb/> <p>So bleiben ſie bei ihrer alten Ford’rung?</p> </sp><lb/> <sp who="#SCH"> <speaker><hi rendition="#g">Schloßhauptmann</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie haben Einen hergeſandt als Boten,<lb/> Um Euer Gnaden ihr Begehr’ zu künden.<lb/> Er harr’t im Vorgemach. Doch bleibt’s wohl fruchtlos,<lb/> Denn ſie beſteh’n —</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/> <p>Laß’t ihn doch immer ein!<lb/> Ein lebend Wort gilt hundert todte Zeilen,<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [103/0111]
Königin.
So lebe denn,
Bis uns das Unheil alleſammt verſchlingt!
Otto.
Wo iſt dein Sohn? das iſt ein wack’rer Schütz,
Mit ſeiner kleinen Armbruſt. — Ruf’ ihn her!
Er war zu Nacht bei meines Bettes Häupten,
Dort hielt er Wacht, und wenn die Gräfin kam,
Da ſpannt’ er ſeinen Bogen, wie Cupido,
Und ſchoß nach ihr den Pfeil. Sie duckte ſich,
Jetzt hier, jetzt dort ſo war ſie nicht mehr da.
— Wo iſt dein Sohn? Mich dräng’t es, ihn zu ſeh’n.
(Der Schloßhauptmann.)
Königin.
Euch ſendet Gott vom Himmel! Nun, mein Freund,
Habt Ihr die Meuter angeredet? Geben
Sie beſſer’m Rath, ſie ihrer Pflicht Gehör?
(Schloßhauptmann zuckt die Schultern.)
So bleiben ſie bei ihrer alten Ford’rung?
Schloßhauptmann.
Sie haben Einen hergeſandt als Boten,
Um Euer Gnaden ihr Begehr’ zu künden.
Er harr’t im Vorgemach. Doch bleibt’s wohl fruchtlos,
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Laß’t ihn doch immer ein!
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Zitationshilfe: | Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/111>, abgerufen am 16.07.2024. |