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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Verliebte und galante Gedichte.
Der wohlgemachte Fuß/ und die galanten Zeen/
Die schienen fast geschnitzt aus weissen Marmor Steine/
Hier siel die Decke zu/ die Kurtzweil war vorbey/
Ohn daß er dieses Bild demühtig können grüssen/
Das Amor ihm gezeigt/ daß es das schönste sey.
Drauf must' er seine Lust mit herben Schmertzen büssen/
Als der erzürnte Gott ihn in das Hertze schoß/
Und sprach: so muß ich dich/ verruchter Spötter lohnen/
Weil du entweyhet hast Dionens Anmuhts-Schloß/
Fort packe dich dahin/ wo Plutons Geister wohnen.
Hierauf verschwand er ihm/ die Fackeln gingen aus/
Er war mit grosser Furcht mit herber Angst umgeben/
Er tapte an der Wand/ er fand kein Grotten-Haus/
Und sah ein Jrwisch-Licht mit schrecken um ihm schweben.
Demselben folgte er zu seinem Schaden nach/
(Weil dessen falscher Schein auch Wachende bethöret)
Biß daß er endlich kam an einen grossen Bach;
Wie nun sein Ohr den Strohm und dessen Brausen höret.
Da hatt' er seinen Fuß schon in dem Fluß gesetzt.
Er lieff in Eyl zurück/ und floh des Jrwischs Schatten/
Weil er den Folgenden durch seinem Schein verletzt.
Doch sah' er ihn vor sich mit vielen andern gatten/
Bis daß er endlich gar im Augenblick verschwand.
Drauf war das gantze Feld mit Finsterniß bedecket/
Und er verharrete an dem bemooßten Strand.
Hier wurde er aus Noht/ aus Furcht und Schlaff erwecket/
Denn seine Lesbia, die schenckte einen Kuß/
Dem treuem Seladon auf die erblaßten Wangen.
Er sprung geschwinde auf/ fiel Lesbien zu Fuß/
Und sprach: wohin mein Licht/ mein eintziges Verlangen?
Cupido soll dennoch von mir geäffet seyn;
Sein Zorn ist Kinder-Spiel/ sein Pfeil der wird verlachet/
Er darff zu unser Lust nicht bitter Wermuht streun/
Weil ihr galantes Kind vor euren Liebsten wachet.
Die Worte hatte er im Schlaffe weggeredt/
Und nicht darauf geacht/ daß Lesbia entwichen.
Die Falsche hatte sich freywillig abgedreht/
Und weil die Liebe todt/ die Treu dazu verblichen/
So
Verliebte und galante Gedichte.
Der wohlgemachte Fuß/ und die galanten Zeen/
Die ſchienen faſt geſchnitzt aus weiſſen Marmor Steine/
Hier ſiel die Decke zu/ die Kurtzweil war vorbey/
Ohn daß er dieſes Bild demuͤhtig koͤnnen gruͤſſen/
Das Amor ihm gezeigt/ daß es das ſchoͤnſte ſey.
Drauf muſt’ er ſeine Luſt mit herben Schmertzen buͤſſen/
Als der erzuͤrnte Gott ihn in das Hertze ſchoß/
Und ſprach: ſo muß ich dich/ verruchter Spoͤtter lohnen/
Weil du entweyhet haſt Dionens Anmuhts-Schloß/
Fort packe dich dahin/ wo Plutons Geiſter wohnen.
Hierauf verſchwand er ihm/ die Fackeln gingen aus/
Er war mit groſſer Furcht mit herber Angſt umgeben/
Er tapte an der Wand/ er fand kein Grotten-Haus/
Und ſah ein Jrwiſch-Licht mit ſchrecken um ihm ſchweben.
Demſelben folgte er zu ſeinem Schaden nach/
(Weil deſſen falſcher Schein auch Wachende bethoͤret)
Biß daß er endlich kam an einen groſſen Bach;
Wie nun ſein Ohr den Strohm und deſſen Brauſen hoͤret.
Da hatt’ er ſeinen Fuß ſchon in dem Fluß geſetzt.
Er lieff in Eyl zuruͤck/ und floh des Jrwiſchs Schatten/
Weil er den Folgenden durch ſeinem Schein verletzt.
Doch ſah’ er ihn vor ſich mit vielen andern gatten/
Bis daß er endlich gar im Augenblick verſchwand.
Drauf war das gantze Feld mit Finſterniß bedecket/
Und er verharrete an dem bemooßten Strand.
Hier wurde er aus Noht/ aus Furcht und Schlaff erwecket/
Denn ſeine Lesbia, die ſchenckte einen Kuß/
Dem treuem Seladon auf die erblaßten Wangen.
Er ſprung geſchwinde auf/ fiel Lesbien zu Fuß/
Und ſprach: wohin mein Licht/ mein eintziges Verlangen?
Cupido ſoll dennoch von mir geaͤffet ſeyn;
Sein Zorn iſt Kinder-Spiel/ ſein Pfeil der wird verlachet/
Er darff zu unſer Luſt nicht bitter Wermuht ſtreun/
Weil ihr galantes Kind vor euren Liebſten wachet.
Die Worte hatte er im Schlaffe weggeredt/
Und nicht darauf geacht/ daß Lesbia entwichen.
Die Falſche hatte ſich freywillig abgedreht/
Und weil die Liebe todt/ die Treu dazu verblichen/
So
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[4/0022] Verliebte und galante Gedichte. Der wohlgemachte Fuß/ und die galanten Zeen/ Die ſchienen faſt geſchnitzt aus weiſſen Marmor Steine/ Hier ſiel die Decke zu/ die Kurtzweil war vorbey/ Ohn daß er dieſes Bild demuͤhtig koͤnnen gruͤſſen/ Das Amor ihm gezeigt/ daß es das ſchoͤnſte ſey. Drauf muſt’ er ſeine Luſt mit herben Schmertzen buͤſſen/ Als der erzuͤrnte Gott ihn in das Hertze ſchoß/ Und ſprach: ſo muß ich dich/ verruchter Spoͤtter lohnen/ Weil du entweyhet haſt Dionens Anmuhts-Schloß/ Fort packe dich dahin/ wo Plutons Geiſter wohnen. Hierauf verſchwand er ihm/ die Fackeln gingen aus/ Er war mit groſſer Furcht mit herber Angſt umgeben/ Er tapte an der Wand/ er fand kein Grotten-Haus/ Und ſah ein Jrwiſch-Licht mit ſchrecken um ihm ſchweben. Demſelben folgte er zu ſeinem Schaden nach/ (Weil deſſen falſcher Schein auch Wachende bethoͤret) Biß daß er endlich kam an einen groſſen Bach; Wie nun ſein Ohr den Strohm und deſſen Brauſen hoͤret. Da hatt’ er ſeinen Fuß ſchon in dem Fluß geſetzt. Er lieff in Eyl zuruͤck/ und floh des Jrwiſchs Schatten/ Weil er den Folgenden durch ſeinem Schein verletzt. Doch ſah’ er ihn vor ſich mit vielen andern gatten/ Bis daß er endlich gar im Augenblick verſchwand. Drauf war das gantze Feld mit Finſterniß bedecket/ Und er verharrete an dem bemooßten Strand. Hier wurde er aus Noht/ aus Furcht und Schlaff erwecket/ Denn ſeine Lesbia, die ſchenckte einen Kuß/ Dem treuem Seladon auf die erblaßten Wangen. Er ſprung geſchwinde auf/ fiel Lesbien zu Fuß/ Und ſprach: wohin mein Licht/ mein eintziges Verlangen? Cupido ſoll dennoch von mir geaͤffet ſeyn; Sein Zorn iſt Kinder-Spiel/ ſein Pfeil der wird verlachet/ Er darff zu unſer Luſt nicht bitter Wermuht ſtreun/ Weil ihr galantes Kind vor euren Liebſten wachet. Die Worte hatte er im Schlaffe weggeredt/ Und nicht darauf geacht/ daß Lesbia entwichen. Die Falſche hatte ſich freywillig abgedreht/ Und weil die Liebe todt/ die Treu dazu verblichen/ So

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/22>, abgerufen am 27.04.2024.