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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Verliebte und galante Gedichte.

Egyptens Kärcker schliest mit trüben Finsternissen
Den halb entselten Leib in Kummer-Ketten ein/
Wie gerne wolte ich dem Tod die Hände küssen/
Könnt ich nur meiner Angst durch ihn entbürdet seyn.



Allein/ es ist umsonst der Geist bleibt doch am Leben/
Und kan entleibet sich auch nicht zu frieden geben/
Das Angedencken schwebt ihm jederzeit vor Augen/
Jhm wird das Honig Gall/ das Zucker wird Allaun/
Aus Rosen kan er nichts als schlechte Nahrung saugen/
Weil er Sylvandern muß vergnüget Lieben schaun.


Als sie den Kuß wieder gefordert.
ES zürnet Clelie, daß ich sie nächst geküßt
Und fordert/ als beschämt/ den Kuß mit Weinen wieder/
Doch halt! ich merck's wo ihr der Schuh zu enge ist;
Sie hat nicht gnug daran/ und will noch mehre schmecken/
Ein Kuß kan ihr die Brunst nicht stillen/ doch erwecken/
Daß solches wahr/ bezeugt der Brand der braunen Glieder
Wo der Rubin-Stein ist durch Liebes-Hitz verbrannt (m)
Weil ihm das Kühlungs-Safft der Brüste unbekannt.
Drum weint sie auch/ daß ich nur einen Kuß ihr gebe
Und nicht zwey Stunden lang an ihren Lippen klebe.
(m) Christoph. Schweitzer schreibet in seiner Orientalischen Reise
von den Rubinen/ daß/ wann sie durch Minderung des Was-
sers etliche Tage in der Sonnen liegen/ verbrannt und un-
brauchbahr werden.


Lieben und geliebet werden ist das höchste
Vergnügen.
Was ist Vergnüglichers im gantzen Rund der Erden/
Als Lieben/ und zugleich mit Ernst geliebet werden
Was ist annehmlichers als ein ambrirter Kuß?
Den reine Liebe schenckt aus innerm Hertzen-Fluß/
Was ist erquickender als schöne Brust Granaten/
Worinnen Milch und Blut zur Kühlung hingerahten.
Was

Verliebte und galante Gedichte.

Egyptens Kaͤrcker ſchlieſt mit truͤben Finſterniſſen
Den halb entſelten Leib in Kummer-Ketten ein/
Wie gerne wolte ich dem Tod die Haͤnde kuͤſſen/
Koͤnnt ich nur meiner Angſt durch ihn entbuͤrdet ſeyn.



Allein/ es iſt umſonſt der Geiſt bleibt doch am Leben/
Und kan entleibet ſich auch nicht zu frieden geben/
Das Angedencken ſchwebt ihm jederzeit vor Augen/
Jhm wird das Honig Gall/ das Zucker wird Allaun/
Aus Roſen kan er nichts als ſchlechte Nahrung ſaugen/
Weil er Sylvandern muß vergnuͤget Lieben ſchaun.


Als ſie den Kuß wieder gefordert.
ES zuͤrnet Clelie, daß ich ſie naͤchſt gekuͤßt
Und fordert/ als beſchaͤmt/ den Kuß mit Weinen wieder/
Doch halt! ich merck’s wo ihr der Schuh zu enge iſt;
Sie hat nicht gnug daran/ und will noch mehre ſchmecken/
Ein Kuß kan ihr die Brunſt nicht ſtillen/ doch erwecken/
Daß ſolches wahr/ bezeugt der Brand der braunen Glieder
Wo der Rubin-Stein iſt durch Liebes-Hitz verbrannt (m)
Weil ihm das Kuͤhlungs-Safft der Bruͤſte unbekannt.
Drum weint ſie auch/ daß ich nur einen Kuß ihr gebe
Und nicht zwey Stunden lang an ihren Lippen klebe.
(m) Chriſtoph. Schweitzer ſchreibet in ſeiner Orientaliſchen Reiſe
von den Rubinen/ daß/ wann ſie durch Minderung des Waſ-
ſers etliche Tage in der Sonnen liegen/ verbrannt und un-
brauchbahr werden.


Lieben und geliebet werden iſt das hoͤchſte
Vergnuͤgen.
Was iſt Vergnuͤglichers im gantzen Rund der Erden/
Als Lieben/ und zugleich mit Ernſt geliebet werden
Was iſt annehmlichers als ein ambrirter Kuß?
Den reine Liebe ſchenckt aus innerm Hertzen-Fluß/
Was iſt erquickender als ſchoͤne Bruſt Granaten/
Worinnen Milch und Blut zur Kuͤhlung hingerahten.
Was
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[164/0182] Verliebte und galante Gedichte. Egyptens Kaͤrcker ſchlieſt mit truͤben Finſterniſſen Den halb entſelten Leib in Kummer-Ketten ein/ Wie gerne wolte ich dem Tod die Haͤnde kuͤſſen/ Koͤnnt ich nur meiner Angſt durch ihn entbuͤrdet ſeyn. Allein/ es iſt umſonſt der Geiſt bleibt doch am Leben/ Und kan entleibet ſich auch nicht zu frieden geben/ Das Angedencken ſchwebt ihm jederzeit vor Augen/ Jhm wird das Honig Gall/ das Zucker wird Allaun/ Aus Roſen kan er nichts als ſchlechte Nahrung ſaugen/ Weil er Sylvandern muß vergnuͤget Lieben ſchaun. Als ſie den Kuß wieder gefordert. ES zuͤrnet Clelie, daß ich ſie naͤchſt gekuͤßt Und fordert/ als beſchaͤmt/ den Kuß mit Weinen wieder/ Doch halt! ich merck’s wo ihr der Schuh zu enge iſt; Sie hat nicht gnug daran/ und will noch mehre ſchmecken/ Ein Kuß kan ihr die Brunſt nicht ſtillen/ doch erwecken/ Daß ſolches wahr/ bezeugt der Brand der braunen Glieder Wo der Rubin-Stein iſt durch Liebes-Hitz verbrannt ⁽m⁾ Weil ihm das Kuͤhlungs-Safft der Bruͤſte unbekannt. Drum weint ſie auch/ daß ich nur einen Kuß ihr gebe Und nicht zwey Stunden lang an ihren Lippen klebe. ⁽m⁾ Chriſtoph. Schweitzer ſchreibet in ſeiner Orientaliſchen Reiſe von den Rubinen/ daß/ wann ſie durch Minderung des Waſ- ſers etliche Tage in der Sonnen liegen/ verbrannt und un- brauchbahr werden. Lieben und geliebet werden iſt das hoͤchſte Vergnuͤgen. Was iſt Vergnuͤglichers im gantzen Rund der Erden/ Als Lieben/ und zugleich mit Ernſt geliebet werden Was iſt annehmlichers als ein ambrirter Kuß? Den reine Liebe ſchenckt aus innerm Hertzen-Fluß/ Was iſt erquickender als ſchoͤne Bruſt Granaten/ Worinnen Milch und Blut zur Kuͤhlung hingerahten. Was

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/182>, abgerufen am 23.11.2024.