Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Verliebte und galante Gedichte. Doch zu früh mit dem Begehr/Kan die Frucht wol abgenommen Werden von den Meyern/ ehr Jhre Zeit und Erndte kommen? Har! mit Gott und mit der Zeit/ Werden schon die milden Reben/ Jhrer Trauben Süßigkeit/ Denen Schnittern gütig geben. Jndeß wil das edle Licht Der Rosinen ich verehren/ Bis der Tod die Augen bricht/ Und in nichts mich wird verkehren. Jndeß müsse mehr und mehr/ Schönste euer Glücke grünen/ Alsdenn habe ich die Ehr/ Eure Schönheit zu bedienen. An die unerbittliche Dorimene. Will Dorimene nicht dein harter Sinn erweichen? Und gibst du keinen Blick zu einem Gnaden-Zeichen? Muß stets dein Augen-Licht ein Zorn Comete seyn? Schau deine Grausamkeit benimmt ihm Glantz und Schein! Wohnt in dem schönen Leib so eine schwartze Seele? Verwirfft dein Paradies in solche Kummer-Höle? Lacht dein verliebt Gesicht mir zum Verderben an! Ja! der beliebte Weg führt auf die Todes-Bahn. Jst die Erbarmniß denn so gar aus dir verbannet/ Daß deine Freundlichkeit der Stoltz stets übermannet? Mitleiden zieht bey dir das trotze Seegel ein/ Du wilt ergrimmeter als Löw und Tyger seyn Mich soll dein lachend Aug mit Lust zu Grabe leuchten/ Du wilt den glimmen Tocht vor Oel mit Wasser feuchten/ Du reichst vor Msndeln-Milch mir Pilsen-Säffte dar/ Und deine Freundlichkeit bereitet mir die Bahr. Du machst dich groß damit die Menschen zu ertödten/ Und rühmst die Tyranney ohn eintziges Erröhten/ Der
Verliebte und galante Gedichte. Doch zu fruͤh mit dem Begehr/Kan die Frucht wol abgenommen Werden von den Meyern/ ehr Jhre Zeit und Erndte kommen? Har! mit Gott und mit der Zeit/ Werden ſchon die milden Reben/ Jhrer Trauben Suͤßigkeit/ Denen Schnittern guͤtig geben. Jndeß wil das edle Licht Der Roſinen ich verehren/ Bis der Tod die Augen bricht/ Und in nichts mich wird verkehren. Jndeß muͤſſe mehr und mehr/ Schoͤnſte euer Gluͤcke gruͤnen/ Alsdenn habe ich die Ehr/ Eure Schoͤnheit zu bedienen. An die unerbittliche Dorimene. Will Dorimene nicht dein harter Sinn erweichen? Und gibſt du keinen Blick zu einem Gnaden-Zeichen? Muß ſtets dein Augen-Licht ein Zorn Comete ſeyn? Schau deine Grauſamkeit benimmt ihm Glantz und Schein! Wohnt in dem ſchoͤnen Leib ſo eine ſchwartze Seele? Verwirfft dein Paradies in ſolche Kummer-Hoͤle? Lacht dein verliebt Geſicht mir zum Verderben an! Ja! der beliebte Weg fuͤhrt auf die Todes-Bahn. Jſt die Erbarmniß denn ſo gar aus dir verbannet/ Daß deine Freundlichkeit der Stoltz ſtets uͤbermannet? Mitleiden zieht bey dir das trotze Seegel ein/ Du wilt ergrimmeter als Loͤw und Tyger ſeyn Mich ſoll dein lachend Aug mit Luſt zu Grabe leuchten/ Du wilt den glimmen Tocht vor Oel mit Waſſer feuchten/ Du reichſt vor Msndeln-Milch mir Pilſen-Saͤffte dar/ Und deine Freundlichkeit bereitet mir die Bahr. Du machſt dich groß damit die Menſchen zu ertoͤdten/ Und ruͤhmſt die Tyranney ohn eintziges Erroͤhten/ Der
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Verliebte und galante Gedichte.
Doch zu fruͤh mit dem Begehr/
Kan die Frucht wol abgenommen
Werden von den Meyern/ ehr
Jhre Zeit und Erndte kommen?
Har! mit Gott und mit der Zeit/
Werden ſchon die milden Reben/
Jhrer Trauben Suͤßigkeit/
Denen Schnittern guͤtig geben.
Jndeß wil das edle Licht
Der Roſinen ich verehren/
Bis der Tod die Augen bricht/
Und in nichts mich wird verkehren.
Jndeß muͤſſe mehr und mehr/
Schoͤnſte euer Gluͤcke gruͤnen/
Alsdenn habe ich die Ehr/
Eure Schoͤnheit zu bedienen.
An die unerbittliche Dorimene.
Will Dorimene nicht dein harter Sinn erweichen?
Und gibſt du keinen Blick zu einem Gnaden-Zeichen?
Muß ſtets dein Augen-Licht ein Zorn Comete ſeyn?
Schau deine Grauſamkeit benimmt ihm Glantz und Schein!
Wohnt in dem ſchoͤnen Leib ſo eine ſchwartze Seele?
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Lacht dein verliebt Geſicht mir zum Verderben an!
Ja! der beliebte Weg fuͤhrt auf die Todes-Bahn.
Jſt die Erbarmniß denn ſo gar aus dir verbannet/
Daß deine Freundlichkeit der Stoltz ſtets uͤbermannet?
Mitleiden zieht bey dir das trotze Seegel ein/
Du wilt ergrimmeter als Loͤw und Tyger ſeyn
Mich ſoll dein lachend Aug mit Luſt zu Grabe leuchten/
Du wilt den glimmen Tocht vor Oel mit Waſſer feuchten/
Du reichſt vor Msndeln-Milch mir Pilſen-Saͤffte dar/
Und deine Freundlichkeit bereitet mir die Bahr.
Du machſt dich groß damit die Menſchen zu ertoͤdten/
Und ruͤhmſt die Tyranney ohn eintziges Erroͤhten/
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Zitationshilfe: | Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/145>, abgerufen am 03.07.2024. |