Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Washington regierung rein politische Ziele zu erreichen. Für Frankreich ist es einerlei, lieber Washington [Beginn Spaltensatz]
Und wieder sind in hoher HalleDer Erde Würdigste vereint; Einander zugetan sind alle, Und keiner ist des andern Feind. Der eine nennt den andern edel, Der eine nennt den andern groß, Und jeder schlüge auf den Schädel Des andern gern mit Keulen los. [Spaltenumbruch] Doch wenn sie dann von neuem tagen Und alles redet liebentbrannt, Dann von Begeisterung getragen Steh'n alle selig Hand in Hand. Ach ja, so sind die alten Knaben, Ob Jude, Heide oder Christ: Sie wollen halten, was sie haben Und kriegen, was zu kriegen ist. Wie Herzen sich zu Herzen fanden, Es war beim Himmel eine Pracht, Da jeder freudig einverstanden, Daß sich der and're wehrlos macht. Wie köstlich doch Herr Hughes geplappert! Und wie auf seinem hohen Gaul Dem biedern Monsieur Briand sabbert Die Rührung um das breite Maul. [Ende Spaltensatz] Dessen ungeachtet spricht von Frieden Und Menschenliebe jeder Mund; Doch nennt, sobald sie dann geschieden, Den andern jeder Schweinehund. Und dies verscheucht mir alle Grübchen, Die sich in meine Stirn gesenkt, Daß jeder im verschwiegenen Stübchen Vom andern so spricht, wie er denkt. Kurz, eine wahrhaft schöne Szene Entrollte sich vor aller Welt; Daß mühsam nur die salzige Träne Der brave Spießer sich verhält. Bis endlich irgend eins der Luder Der Hafer sticht, die Zecke zwackt Und frisch der Bruder seinen Bruder Vertobakt, daß die Schwarte knackt. Paul Warnckc Washington regierung rein politische Ziele zu erreichen. Für Frankreich ist es einerlei, lieber Washington [Beginn Spaltensatz]
Und wieder sind in hoher HalleDer Erde Würdigste vereint; Einander zugetan sind alle, Und keiner ist des andern Feind. Der eine nennt den andern edel, Der eine nennt den andern groß, Und jeder schlüge auf den Schädel Des andern gern mit Keulen los. [Spaltenumbruch] Doch wenn sie dann von neuem tagen Und alles redet liebentbrannt, Dann von Begeisterung getragen Steh'n alle selig Hand in Hand. Ach ja, so sind die alten Knaben, Ob Jude, Heide oder Christ: Sie wollen halten, was sie haben Und kriegen, was zu kriegen ist. Wie Herzen sich zu Herzen fanden, Es war beim Himmel eine Pracht, Da jeder freudig einverstanden, Daß sich der and're wehrlos macht. Wie köstlich doch Herr Hughes geplappert! Und wie auf seinem hohen Gaul Dem biedern Monsieur Briand sabbert Die Rührung um das breite Maul. [Ende Spaltensatz] Dessen ungeachtet spricht von Frieden Und Menschenliebe jeder Mund; Doch nennt, sobald sie dann geschieden, Den andern jeder Schweinehund. Und dies verscheucht mir alle Grübchen, Die sich in meine Stirn gesenkt, Daß jeder im verschwiegenen Stübchen Vom andern so spricht, wie er denkt. Kurz, eine wahrhaft schöne Szene Entrollte sich vor aller Welt; Daß mühsam nur die salzige Träne Der brave Spießer sich verhält. Bis endlich irgend eins der Luder Der Hafer sticht, die Zecke zwackt Und frisch der Bruder seinen Bruder Vertobakt, daß die Schwarte knackt. Paul Warnckc <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0312" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339861"/> <fw type="header" place="top"> Washington</fw><lb/> <p xml:id="ID_1259" prev="#ID_1258"> regierung rein politische Ziele zu erreichen. Für Frankreich ist es einerlei, lieber<lb/> sollen noch Hunderttausende Menschen elendiglich Hungers sterben, als daß das<lb/> ritterliche und friedfertige Frankreich auch nur aus eins seiner imperialistischen<lb/> Ziele in Europa verzichtet. Das zeigt uns und der Welt die französische Stellung¬<lb/> nahme zur russischen Hungersnot wieder mal in ganz klarer Weise — und das<lb/> sollten sich die Russen vor allen Dingen in erster Linie merken, denn es werden<lb/> auch wieder mal Zeiten kommen, wo Frankreich dem großen Rußland die Stiefel<lb/> lecken wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg xml:id="POEMID_15" type="poem"> <head> Washington</head> <l><cb type="start"/> Und wieder sind in hoher Halle<lb/> Der Erde Würdigste vereint;<lb/> Einander zugetan sind alle,<lb/> Und keiner ist des andern Feind.<lb/> Der eine nennt den andern edel,<lb/> Der eine nennt den andern groß,<lb/> Und jeder schlüge auf den Schädel<lb/> Des andern gern mit Keulen los. <cb/> Doch wenn sie dann von neuem tagen<lb/> Und alles redet liebentbrannt,<lb/> Dann von Begeisterung getragen<lb/> Steh'n alle selig Hand in Hand.<lb/> Ach ja, so sind die alten Knaben,<lb/> Ob Jude, Heide oder Christ:<lb/> Sie wollen halten, was sie haben<lb/> Und kriegen, was zu kriegen ist. Wie Herzen sich zu Herzen fanden,<lb/> Es war beim Himmel eine Pracht,<lb/> Da jeder freudig einverstanden,<lb/> Daß sich der and're wehrlos macht.<lb/> Wie köstlich doch Herr Hughes geplappert!<lb/> Und wie auf seinem hohen Gaul<lb/> Dem biedern Monsieur Briand sabbert<lb/> Die Rührung um das breite Maul. <cb type="end"/> Dessen ungeachtet spricht von Frieden<lb/> Und Menschenliebe jeder Mund;<lb/> Doch nennt, sobald sie dann geschieden,<lb/> Den andern jeder Schweinehund.<lb/> Und dies verscheucht mir alle Grübchen,<lb/> Die sich in meine Stirn gesenkt,<lb/> Daß jeder im verschwiegenen Stübchen<lb/> Vom andern so spricht, wie er denkt. Kurz, eine wahrhaft schöne Szene<lb/> Entrollte sich vor aller Welt;<lb/> Daß mühsam nur die salzige Träne<lb/> Der brave Spießer sich verhält.<lb/> Bis endlich irgend eins der Luder<lb/> Der Hafer sticht, die Zecke zwackt<lb/> Und frisch der Bruder seinen Bruder<lb/> Vertobakt, daß die Schwarte knackt. <note type="byline"> Paul Warnckc</note></l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0312]
Washington
regierung rein politische Ziele zu erreichen. Für Frankreich ist es einerlei, lieber
sollen noch Hunderttausende Menschen elendiglich Hungers sterben, als daß das
ritterliche und friedfertige Frankreich auch nur aus eins seiner imperialistischen
Ziele in Europa verzichtet. Das zeigt uns und der Welt die französische Stellung¬
nahme zur russischen Hungersnot wieder mal in ganz klarer Weise — und das
sollten sich die Russen vor allen Dingen in erster Linie merken, denn es werden
auch wieder mal Zeiten kommen, wo Frankreich dem großen Rußland die Stiefel
lecken wird.
Washington
Und wieder sind in hoher Halle
Der Erde Würdigste vereint;
Einander zugetan sind alle,
Und keiner ist des andern Feind.
Der eine nennt den andern edel,
Der eine nennt den andern groß,
Und jeder schlüge auf den Schädel
Des andern gern mit Keulen los.
Doch wenn sie dann von neuem tagen
Und alles redet liebentbrannt,
Dann von Begeisterung getragen
Steh'n alle selig Hand in Hand.
Ach ja, so sind die alten Knaben,
Ob Jude, Heide oder Christ:
Sie wollen halten, was sie haben
Und kriegen, was zu kriegen ist. Wie Herzen sich zu Herzen fanden,
Es war beim Himmel eine Pracht,
Da jeder freudig einverstanden,
Daß sich der and're wehrlos macht.
Wie köstlich doch Herr Hughes geplappert!
Und wie auf seinem hohen Gaul
Dem biedern Monsieur Briand sabbert
Die Rührung um das breite Maul.
Dessen ungeachtet spricht von Frieden
Und Menschenliebe jeder Mund;
Doch nennt, sobald sie dann geschieden,
Den andern jeder Schweinehund.
Und dies verscheucht mir alle Grübchen,
Die sich in meine Stirn gesenkt,
Daß jeder im verschwiegenen Stübchen
Vom andern so spricht, wie er denkt. Kurz, eine wahrhaft schöne Szene
Entrollte sich vor aller Welt;
Daß mühsam nur die salzige Träne
Der brave Spießer sich verhält.
Bis endlich irgend eins der Luder
Der Hafer sticht, die Zecke zwackt
Und frisch der Bruder seinen Bruder
Vertobakt, daß die Schwarte knackt. Paul Warnckc
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