Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Das Pro und Lontra der Rechtsparteien vermag, die widerstrebenden Gefühle der Fraktionen zur Opferung für das, was 7. 5nana Wir brauchen beide Parteien. Denn da es unmöglich ist, Vorzüge zu Das Pro und Lontra der Rechtsparteien vermag, die widerstrebenden Gefühle der Fraktionen zur Opferung für das, was 7. 5nana Wir brauchen beide Parteien. Denn da es unmöglich ist, Vorzüge zu <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339817"/> <fw type="header" place="top"> Das Pro und Lontra der Rechtsparteien</fw><lb/> <p xml:id="ID_1089" prev="#ID_1088"> vermag, die widerstrebenden Gefühle der Fraktionen zur Opferung für das, was<lb/> ihm als Gesamtwohl der Nation erscheint, zu entflammen. Wer schließlich weiß,<lb/> wie viel kluge und nüchterne Köpfe gerade in der Wirtschaftspartei mitreden, der<lb/> wird dem, welchem sie die Führerschaft in immer neuen Auseinandersetzungen<lb/> zubilligen, schon ein gewisses Maß von Staatsmannschaft kreditieren. Die<lb/> deutschnationale Politik ist populär, denn sie entspricht dem ersten Fühlen aller<lb/> derer, die das Vaterland heißer lieben, als sonst eine Idee der Welt. Die<lb/> Stresemannsche Politik kann trotz der rednerischen Stärke des Mannes nicht<lb/> eigentlich populär sein, denn sie verlangt von diesem ursprünglichen Fühlen fort¬<lb/> gesetzt, daß es Opfer bringe zugunsten eines verstandesmäßigen Handelns,<lb/> getragen von der Einsicht in die beschränkte eigene Kraft des nationalen<lb/> Gedankens. Diese Einsicht, verbunden mit Tatbereitschaft, fehlt grundsätzlich auch<lb/> nicht bei der deutschnationalen Volkspartei. So schreiben die „Eisernen Blätter"<lb/> vom 13. November: Wenn die Not des Vaterlandes es unter ganz besonderen<lb/> Umständen verlangen sollte, würden die Deutschnationalen voraussichtlich auch<lb/> mit der Sozialdemokratie eine Regierungsmehrheit bilden, falls sie darin nicht<lb/> Geführte, sondern Führende wären. Die Mehrzahl der Parteien will jedoch von<lb/> diesem Mittel nichts wissen."</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 7. 5nana</head><lb/> <p xml:id="ID_1090"> Wir brauchen beide Parteien. Denn da es unmöglich ist, Vorzüge zu<lb/> vereinigen, die einander widersprechen, da vielmehr alles Menschliche auch die<lb/> Fehler seiner Tugenden hat, so wäre es unmöglich, die besonderen Aufgaben<lb/> jeder der zwei Parteien für Gegenwart und Zukunft des Vaterlandes in einer<lb/> einzigen zu verschmelzen. Der deutsche nationale Gedanke ist in der Welt zu<lb/> zerbrochen, in der Seele unserer Massen noch zu schwach, als daß er leicht mit<lb/> der bestehenden Welt Kompromisse schließen könnte; nur wo er sich von der<lb/> Anerkennung dieser Gegenwart rein hält, ersteht ihm die ideale Welt, deren Herd¬<lb/> feuer der Glaube an eine große Zukunft ist. Andererseits aber ist der nationale<lb/> Gedanke auch unentbehrlich im gegenwärtigen Staat. Er darf ihn nicht den<lb/> Pfuschern überlassen. Darum ist die Gabelung des nationalen Gedankens in<lb/> zwei verschiedene Parteien kein Zufall. Welche von beiden „mehr Recht" hat,<lb/> kann erst die Zukunft enthüllen. Schmähe keine die andere; bleibe nur jede auf<lb/> ihre besondere Weise dem gemeinsamen Genius treu: Unser gemeinsamer Feind<lb/> ist die Verantwortungsscheu. Wer nicht mit ganzer Kraft der Zukunft unseres<lb/> Volkes dient, darf sich nicht deutschnational nennen; wer sich dem Staat in den<lb/> Nöten der Gegenwart zu opfern scheut, gehört nicht zu einer deutschen Volkspartei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0268]
Das Pro und Lontra der Rechtsparteien
vermag, die widerstrebenden Gefühle der Fraktionen zur Opferung für das, was
ihm als Gesamtwohl der Nation erscheint, zu entflammen. Wer schließlich weiß,
wie viel kluge und nüchterne Köpfe gerade in der Wirtschaftspartei mitreden, der
wird dem, welchem sie die Führerschaft in immer neuen Auseinandersetzungen
zubilligen, schon ein gewisses Maß von Staatsmannschaft kreditieren. Die
deutschnationale Politik ist populär, denn sie entspricht dem ersten Fühlen aller
derer, die das Vaterland heißer lieben, als sonst eine Idee der Welt. Die
Stresemannsche Politik kann trotz der rednerischen Stärke des Mannes nicht
eigentlich populär sein, denn sie verlangt von diesem ursprünglichen Fühlen fort¬
gesetzt, daß es Opfer bringe zugunsten eines verstandesmäßigen Handelns,
getragen von der Einsicht in die beschränkte eigene Kraft des nationalen
Gedankens. Diese Einsicht, verbunden mit Tatbereitschaft, fehlt grundsätzlich auch
nicht bei der deutschnationalen Volkspartei. So schreiben die „Eisernen Blätter"
vom 13. November: Wenn die Not des Vaterlandes es unter ganz besonderen
Umständen verlangen sollte, würden die Deutschnationalen voraussichtlich auch
mit der Sozialdemokratie eine Regierungsmehrheit bilden, falls sie darin nicht
Geführte, sondern Führende wären. Die Mehrzahl der Parteien will jedoch von
diesem Mittel nichts wissen."
7. 5nana
Wir brauchen beide Parteien. Denn da es unmöglich ist, Vorzüge zu
vereinigen, die einander widersprechen, da vielmehr alles Menschliche auch die
Fehler seiner Tugenden hat, so wäre es unmöglich, die besonderen Aufgaben
jeder der zwei Parteien für Gegenwart und Zukunft des Vaterlandes in einer
einzigen zu verschmelzen. Der deutsche nationale Gedanke ist in der Welt zu
zerbrochen, in der Seele unserer Massen noch zu schwach, als daß er leicht mit
der bestehenden Welt Kompromisse schließen könnte; nur wo er sich von der
Anerkennung dieser Gegenwart rein hält, ersteht ihm die ideale Welt, deren Herd¬
feuer der Glaube an eine große Zukunft ist. Andererseits aber ist der nationale
Gedanke auch unentbehrlich im gegenwärtigen Staat. Er darf ihn nicht den
Pfuschern überlassen. Darum ist die Gabelung des nationalen Gedankens in
zwei verschiedene Parteien kein Zufall. Welche von beiden „mehr Recht" hat,
kann erst die Zukunft enthüllen. Schmähe keine die andere; bleibe nur jede auf
ihre besondere Weise dem gemeinsamen Genius treu: Unser gemeinsamer Feind
ist die Verantwortungsscheu. Wer nicht mit ganzer Kraft der Zukunft unseres
Volkes dient, darf sich nicht deutschnational nennen; wer sich dem Staat in den
Nöten der Gegenwart zu opfern scheut, gehört nicht zu einer deutschen Volkspartei.
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