Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.Kriegführung und Politik Angriffe gegen die Westfront 1917 erfolgreich zu erwehren und uns damit die Die große Offensive brachte uns bei Se. Quentin und am Chemin des Am 8. August 1918 wurden wir endgültig in die Verteidigung zurück- Kriegführung und Politik Angriffe gegen die Westfront 1917 erfolgreich zu erwehren und uns damit die Die große Offensive brachte uns bei Se. Quentin und am Chemin des Am 8. August 1918 wurden wir endgültig in die Verteidigung zurück- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0225" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339774"/> <fw type="header" place="top"> Kriegführung und Politik</fw><lb/> <p xml:id="ID_878" prev="#ID_877"> Angriffe gegen die Westfront 1917 erfolgreich zu erwehren und uns damit die<lb/> Grundlage für die Hauptentscheidung zu verschaffen. Die russische Revolution<lb/> stellte die deutsche O. H. L. schneller vor diese Hauptentscheidung, als die O. H. L.<lb/> es gedacht. Sie ließ bei dieser den Gedanken reifen, neben dem Angriff der<lb/> Marine auch zu Lande wieder zum Angriff, d. h. von der Ermattungsstrategie<lb/> Zu einer unmittelbar die Entscheidung suchenden Kriegführung überzugehen, um<lb/> den Sieg zu erringen, bevor die Streitkräfte der Vereinigten Staaten wirksam<lb/> eingreifen konnten. Die Hauptentscheidung lag auf der Westfront. Zu einem<lb/> Angriff gegen diese war 1917 die Lage noch nicht reif. Es fehlte an Kräften.<lb/> Sie mußten freigemacht werden. Der österreichische Bundesgenosse wankte. Dort<lb/> mußte Rückschlägen in der Zeit der Hauptentscheidung vorgebeugt werden. So<lb/> entstanden die Offensiven gegen Rußland. Rumänien und Italien im Jahre 1917.<lb/> Sie waren Operationen mit beschränkten Zielen, standen aber als Vorbereitung<lb/> der Hauptentscheidung im Dienste der Vermchtungsstrategie. Den Höhepunkt der<lb/> Betrachtungen Ludendorffs über seine eigene Kriegführung bildet der Abschnitt<lb/> über die Kriegführung des Jahres 1918. Die große Frage war Angriff und<lb/> Entscheidung 1918 oder Abwehr 1918 und Entscheidung 1919. In klarer Weise<lb/> zeigt Ludendorff. daß wir im Frühjahr 1918 angreifen mußten, und zwar im<lb/> Westen angreifen nutzten. Eine abwartende Kriegführung konnten wir uns 1918<lb/> nicht mehr leisten. Die Entscheidung mußte gesucht werden, und sie war nach<lb/> der Gesamtlage nur im Westen zu finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_879"> Die große Offensive brachte uns bei Se. Quentin und am Chemin des<lb/> Dames glänzende Erfolge. Sie gaben der Auffassung Ludendorffs recht. Wir<lb/> standen kurz vor dem endgültigen Sieg, die Gegner nach ihren eigenen Angaben<lb/> lor dem Zusammenbruch, noch eine Anstrengung und der Sieg war unser. Der<lb/> Angriff am 13. Juli sollte ihn bringen. Er hat ihn uns nicht gebracht, weil er<lb/> scheiterte, obwohl er volle Aussicht auf Erfolg geboten hatte und in jeder Be-<lb/> Ziehung militärisch glänzend vorbereitet war. Er scheiterte, weil der Feind zum<lb/> Teil durch unglaubliche Redseligkeit des Heeres und der Heimat die deutsche<lb/> Absicht erfahren und seine Gegenmaßregeln getroffen hatte und weil vor allen<lb/> Dingen die kriegerischen Tugenden des deutschen Heeres nicht mehr ausreichten,<lb/> diese Gegenmaßregeln zu überwinden und den nahen Sieg bei einem Stärkever-<lb/> Wtnis zu erringen, das ihn durchaus möglich erscheinen ließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_880" next="#ID_881"> Am 8. August 1918 wurden wir endgültig in die Verteidigung zurück-<lb/> geworfen. Das Ringen um den Sieg war beendet. Die auf ihn gerichtete<lb/> Kriegführung Hindenburgs und Ludendorffs hatte die Lage trotz der größten<lb/> Anstrengungen nicht zu meistern vermocht. Sie hatte uns aber die Grundlage<lb/> gegeben zum Kampf gegen die Vernichtung, auch der Feind war am Ende seiner<lb/> Kraft, auch er zweifelte an dem vollen Sieg, an der gänzlichen Vernichtung<lb/> Deutschlands, die Erreichung eines ehrenvollen Friedens war uns möglich. Es<lb/> ist anders gekommen, Deutschland brach zusammen, die Feinde errangen den<lb/> vollen Sieg. Die Schuld an diesem Ausgang des Krieges trägt nicht die Krieg¬<lb/> führung der dritten O. H. L., sie konnte nicht glänzender sein, sie konnte nicht<lb/> wehr der Vernichtung und damit der Politik dienen. Die Schuld trägt die<lb/> Politik. Sie hatte der Kriegführung Hindenburgs und Ludendorffs nicht zu<lb/> folgen vermocht, weil sie daS Wesen dieses Krieges nicht verstand. Sie hat die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0225]
Kriegführung und Politik
Angriffe gegen die Westfront 1917 erfolgreich zu erwehren und uns damit die
Grundlage für die Hauptentscheidung zu verschaffen. Die russische Revolution
stellte die deutsche O. H. L. schneller vor diese Hauptentscheidung, als die O. H. L.
es gedacht. Sie ließ bei dieser den Gedanken reifen, neben dem Angriff der
Marine auch zu Lande wieder zum Angriff, d. h. von der Ermattungsstrategie
Zu einer unmittelbar die Entscheidung suchenden Kriegführung überzugehen, um
den Sieg zu erringen, bevor die Streitkräfte der Vereinigten Staaten wirksam
eingreifen konnten. Die Hauptentscheidung lag auf der Westfront. Zu einem
Angriff gegen diese war 1917 die Lage noch nicht reif. Es fehlte an Kräften.
Sie mußten freigemacht werden. Der österreichische Bundesgenosse wankte. Dort
mußte Rückschlägen in der Zeit der Hauptentscheidung vorgebeugt werden. So
entstanden die Offensiven gegen Rußland. Rumänien und Italien im Jahre 1917.
Sie waren Operationen mit beschränkten Zielen, standen aber als Vorbereitung
der Hauptentscheidung im Dienste der Vermchtungsstrategie. Den Höhepunkt der
Betrachtungen Ludendorffs über seine eigene Kriegführung bildet der Abschnitt
über die Kriegführung des Jahres 1918. Die große Frage war Angriff und
Entscheidung 1918 oder Abwehr 1918 und Entscheidung 1919. In klarer Weise
zeigt Ludendorff. daß wir im Frühjahr 1918 angreifen mußten, und zwar im
Westen angreifen nutzten. Eine abwartende Kriegführung konnten wir uns 1918
nicht mehr leisten. Die Entscheidung mußte gesucht werden, und sie war nach
der Gesamtlage nur im Westen zu finden.
Die große Offensive brachte uns bei Se. Quentin und am Chemin des
Dames glänzende Erfolge. Sie gaben der Auffassung Ludendorffs recht. Wir
standen kurz vor dem endgültigen Sieg, die Gegner nach ihren eigenen Angaben
lor dem Zusammenbruch, noch eine Anstrengung und der Sieg war unser. Der
Angriff am 13. Juli sollte ihn bringen. Er hat ihn uns nicht gebracht, weil er
scheiterte, obwohl er volle Aussicht auf Erfolg geboten hatte und in jeder Be-
Ziehung militärisch glänzend vorbereitet war. Er scheiterte, weil der Feind zum
Teil durch unglaubliche Redseligkeit des Heeres und der Heimat die deutsche
Absicht erfahren und seine Gegenmaßregeln getroffen hatte und weil vor allen
Dingen die kriegerischen Tugenden des deutschen Heeres nicht mehr ausreichten,
diese Gegenmaßregeln zu überwinden und den nahen Sieg bei einem Stärkever-
Wtnis zu erringen, das ihn durchaus möglich erscheinen ließ.
Am 8. August 1918 wurden wir endgültig in die Verteidigung zurück-
geworfen. Das Ringen um den Sieg war beendet. Die auf ihn gerichtete
Kriegführung Hindenburgs und Ludendorffs hatte die Lage trotz der größten
Anstrengungen nicht zu meistern vermocht. Sie hatte uns aber die Grundlage
gegeben zum Kampf gegen die Vernichtung, auch der Feind war am Ende seiner
Kraft, auch er zweifelte an dem vollen Sieg, an der gänzlichen Vernichtung
Deutschlands, die Erreichung eines ehrenvollen Friedens war uns möglich. Es
ist anders gekommen, Deutschland brach zusammen, die Feinde errangen den
vollen Sieg. Die Schuld an diesem Ausgang des Krieges trägt nicht die Krieg¬
führung der dritten O. H. L., sie konnte nicht glänzender sein, sie konnte nicht
wehr der Vernichtung und damit der Politik dienen. Die Schuld trägt die
Politik. Sie hatte der Kriegführung Hindenburgs und Ludendorffs nicht zu
folgen vermocht, weil sie daS Wesen dieses Krieges nicht verstand. Sie hat die
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