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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Wirkungen des Krieges auf Vstasien

ficht auf das sich immer mehr zu einem bedeutenden Markt für mandschurische
Bohnen entwickelnde Hungchun, Wenn die Japaner ihren Plan verwirklichen,
diesen Seehafen durch Verlängerung und Ausbau der Changchun-Kirin-Baehr
an die südmandschurische und sibirische Bahn anzuschließen, könnte dem unter
schwierigeren Eisverhältnissen leidenden Wladiwostok vielleicht ein gefährlicher
.Nebenbuhler dort entstehen.

Die russische Regierung hat während des Krieges viel getan, um den Hafen
von Wladiwostok den erweiterten Bedürfnissen anzupassen, und der Zustrom
der überseeischen Kriegslieferungen nach Rußland, für die es schließlich keinen
anderen sicheren Weg mehr gab, zog auch zahlreiche russische und ausländische
Unternehmer nach Wladiwostok. Bezeichnend für diesen Aufschwung ist, daß wäh¬
rend des Krieges ein Dutzend oder mehr ausländische Banken in Wladiwostok
eröffnet wurden. Als die Japaner im Sommer 1920 ihre Truppen aus der
sibirischen Expedition zurückzogen, war der wirtschaftliche Höhepunkt auch für
Wladiwostok überschritten. Die ausländischen Banken sind wieder geschlossen bis
auf die Jokohama-specie-Vank und die Bank von Korea -- die Zweignieder¬
lassung der Hongkong Ä Shanghai Bauking Corporation besteht zwar nach den
letzten Nachrichten noch, scheint aber keine Geschäfte mehr zu machen; auch die
Russisch-Asiatische Bank müßte jetzt eigentlich zu den dortigen ausländischen
Banken gerechnet werden, nachdem sie sich in eine französische Aktiengesellschaft
verwandelt hat. Charakteristisch für das gänzlich veränderte Auslandsgeschäft
über Wladiwostok ist die Tätigkeit der Kooperativen Genossenschaften Sibiriens,
die in Wladiwostok, wie auch in Paris, London, New Jork, Berlin Einkaufs¬
büros haben und auch die Verteilungsstellen nach dem Innern des Landes bilden.

Wladiwostok steht zwar immer noch im Schiffsverkehr mit Odessa; es
scheint, daß die Russische Freiwillige Flotte ihren Betrieb nicht eingestellt hat,
und daß dieser Verkehr.mit Europa durch Tschechoslowaken, die ans der.sibirischen
Kriegsgefangenschaft befreit waren und in dieser Zeit wohl manche nützliche Ge¬
schäftsverbindung schon angebahnt hatten, gefördert worden ist. Hauptsächlich in
Wladiwostok find tschechoslowakische Unternehmungen gegründet worden, die nach
den heutigen dortigen Verhältnissen von nicht geringer Bedeutung zu sein schei¬
nen und sich schon erfolgreich für den Absatz böhmischer Jndustrieerzeugnisse
betätigt haben. Auch von Amerikanern, die an Amerikas riesigen Kriegslieferungen
für Rußland beteiligt waren, sind sicherlich manche dabei angeknüpfte Geschäfts¬
verbindungen mit Ostsibirien über Wladiwostok noch im Gange. Als Haupt¬
lieferant tritt aber heute natürlich das durch feine geographische Lage und jetzt
auch durch seiue politische Stellung dort begünstigte Japan auf. Auch der regel¬
mäßige Schiffsverkehr mit dem Auslande, 'd. es. hauptsächlich mit Japan, wird
von japanischen Reedereien versehen, die auch den starken Zustrom japanischer
Zuwanderer befördern. Auch einige amerikanische Dampfer verkehren zwischen
Wladiwostok und Seattle.

Unter der "Provinz Sachalin" versteht man in Japan neuerdings
nicht nur die von Nußland so bezeichnete Insel oder deren nördlichen, russischen
Teil, fondern auch das gegenüberliegende Festland mit der Stadt Nikolajewsk an
der Amur-Mündung. Wenigstens hat die japanische Negierung in einer Erklärung
vom Juni 1920 das Gebiet, das sie als Sühne für das Bin.that von Nikolajewsk,


Wirkungen des Krieges auf Vstasien

ficht auf das sich immer mehr zu einem bedeutenden Markt für mandschurische
Bohnen entwickelnde Hungchun, Wenn die Japaner ihren Plan verwirklichen,
diesen Seehafen durch Verlängerung und Ausbau der Changchun-Kirin-Baehr
an die südmandschurische und sibirische Bahn anzuschließen, könnte dem unter
schwierigeren Eisverhältnissen leidenden Wladiwostok vielleicht ein gefährlicher
.Nebenbuhler dort entstehen.

Die russische Regierung hat während des Krieges viel getan, um den Hafen
von Wladiwostok den erweiterten Bedürfnissen anzupassen, und der Zustrom
der überseeischen Kriegslieferungen nach Rußland, für die es schließlich keinen
anderen sicheren Weg mehr gab, zog auch zahlreiche russische und ausländische
Unternehmer nach Wladiwostok. Bezeichnend für diesen Aufschwung ist, daß wäh¬
rend des Krieges ein Dutzend oder mehr ausländische Banken in Wladiwostok
eröffnet wurden. Als die Japaner im Sommer 1920 ihre Truppen aus der
sibirischen Expedition zurückzogen, war der wirtschaftliche Höhepunkt auch für
Wladiwostok überschritten. Die ausländischen Banken sind wieder geschlossen bis
auf die Jokohama-specie-Vank und die Bank von Korea — die Zweignieder¬
lassung der Hongkong Ä Shanghai Bauking Corporation besteht zwar nach den
letzten Nachrichten noch, scheint aber keine Geschäfte mehr zu machen; auch die
Russisch-Asiatische Bank müßte jetzt eigentlich zu den dortigen ausländischen
Banken gerechnet werden, nachdem sie sich in eine französische Aktiengesellschaft
verwandelt hat. Charakteristisch für das gänzlich veränderte Auslandsgeschäft
über Wladiwostok ist die Tätigkeit der Kooperativen Genossenschaften Sibiriens,
die in Wladiwostok, wie auch in Paris, London, New Jork, Berlin Einkaufs¬
büros haben und auch die Verteilungsstellen nach dem Innern des Landes bilden.

Wladiwostok steht zwar immer noch im Schiffsverkehr mit Odessa; es
scheint, daß die Russische Freiwillige Flotte ihren Betrieb nicht eingestellt hat,
und daß dieser Verkehr.mit Europa durch Tschechoslowaken, die ans der.sibirischen
Kriegsgefangenschaft befreit waren und in dieser Zeit wohl manche nützliche Ge¬
schäftsverbindung schon angebahnt hatten, gefördert worden ist. Hauptsächlich in
Wladiwostok find tschechoslowakische Unternehmungen gegründet worden, die nach
den heutigen dortigen Verhältnissen von nicht geringer Bedeutung zu sein schei¬
nen und sich schon erfolgreich für den Absatz böhmischer Jndustrieerzeugnisse
betätigt haben. Auch von Amerikanern, die an Amerikas riesigen Kriegslieferungen
für Rußland beteiligt waren, sind sicherlich manche dabei angeknüpfte Geschäfts¬
verbindungen mit Ostsibirien über Wladiwostok noch im Gange. Als Haupt¬
lieferant tritt aber heute natürlich das durch feine geographische Lage und jetzt
auch durch seiue politische Stellung dort begünstigte Japan auf. Auch der regel¬
mäßige Schiffsverkehr mit dem Auslande, 'd. es. hauptsächlich mit Japan, wird
von japanischen Reedereien versehen, die auch den starken Zustrom japanischer
Zuwanderer befördern. Auch einige amerikanische Dampfer verkehren zwischen
Wladiwostok und Seattle.

Unter der „Provinz Sachalin" versteht man in Japan neuerdings
nicht nur die von Nußland so bezeichnete Insel oder deren nördlichen, russischen
Teil, fondern auch das gegenüberliegende Festland mit der Stadt Nikolajewsk an
der Amur-Mündung. Wenigstens hat die japanische Negierung in einer Erklärung
vom Juni 1920 das Gebiet, das sie als Sühne für das Bin.that von Nikolajewsk,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/44>, abgerufen am 22.12.2024.