Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Altes und neues Heer

Maschinengewehr bedient.)
Warum, wofür? Ich bin so jung ... und Kräfte,
die ich selbst kaum ahnte, liegen in mir . . . Mehr rechts . . . höher
haltenl . . . Wofür, wofür? ... Ja. ich zog aus, um Vater, Bruder, Muttor
und das stille Haus, den kleinen Acker und die einz'ge Kuh vorm Bolschewik zu
schützen . . . höher halten, du . . . Ostpreußenland . . . ja . . . dafür I

Fünfhundert Schuß noch. Ziel gull


Der junge Schütze:

Ja ja!


Der Schütze:

Der junge Unteroffizier: Und Vater sagt, mein Junge . . .
Deutschlands Zukunft liegt in Rußland . . . Hilf du die Brücke bauen über
Kurland . . . Dafür . . . dafür. Mehr rechts, mehr rechts. Doch was ich
sah . . . viel Schein, geringe Macht und viel Verrat . . . Diesmal gelingt's
noch nicht . . . Ihr kommt nach Haus . . . man wird euch betteln lassen . .
wird euch verlachen, hassen, höhnen . . . Und doch ihr seid der Sturmtrupp des
Gedankens . . . Wegweiser einer deutschen Zukunft . . . Tiefer, mehr links I . . .
Die meisten Haben's ja verlernt, fürs Vaterland zu sterbenI

Zweihundert Schuß noch. Ziel gull


Der junge Schütze:

Ja ja.


D er S es ü ez e:

Der junge Unteroffizier: S'ist nicht mehr Mode seit No¬
vember ... Ich kann es noch . . . und ihr ... die meisten unter euch . . .
wir Baltikumer zeigen's wieder . . . Mehr links . . . Ah . . . (er fällt zum
zweiten Male getroffen hinüber).

Der junge Unteroffizier: Ihr werdet eure Sehnsucht . . . nach
dem Baltenland im Herzen tragen . . . Soldaten der Idee sein . . . und kehrt
ihr nach Jahrzehnten friedlich her . .. als Bauer . .. Arbeiter . .. Techniker. . .
^so (er stöhnt auf).

(wird getroffen und bricht zusammen):

Der Schütze

Teufel, mich hat's!


Der junge Schütze
(saßt nach der Hand des Unteroffiziers).

L
Der junge Unteroffizier

(wendet mühsam den Kopf):
aß dich
nur vom Leben packen, Junge . . . aber lerne ... das Lachen ... so bleibst
(Er stirbt im Schoß des jungen Schützen.)
.du doch ein Kind.

Der junge Schütze

(hält die Hand des Unteroffiziers umklammert):
Ich will's!

Der Schütze Gib

(sterbend):
t es ein Jenseits . . . mag der liebe Gott
mich nicht in einen Panzerwagen stecken . . . seine Sonne will ich sehen . . .
Kurland . . . Westprcußenland . . . Neues Vaterland . . .

Die Öldämpfe verstärken sich. Der junge Schütze fällt ohnmächtig hintüber bei
dem Versuch, an das Maschinengewehr zu kriechen.

Man hört verstärktes Gewehr- und Geschützfeuer, Handgranatendonner. Dann Hurra¬
rufe. Plötzlich tiefe Stille.

(sieht in den Wagen hinein und rüttelt den jungen

Der Haupt manu
Schützen.)

Der junge Schütze: Zum Tanz. Wie? Nach Riga . . . Zum Vor¬
marsch. Wie?

Der Hauptmann: Erst nach Riga, Junge, dann zum Tanz . . . Vor-
iwärts! Bevor Versailles drohet




Altes und neues Heer

Maschinengewehr bedient.)
Warum, wofür? Ich bin so jung ... und Kräfte,
die ich selbst kaum ahnte, liegen in mir . . . Mehr rechts . . . höher
haltenl . . . Wofür, wofür? ... Ja. ich zog aus, um Vater, Bruder, Muttor
und das stille Haus, den kleinen Acker und die einz'ge Kuh vorm Bolschewik zu
schützen . . . höher halten, du . . . Ostpreußenland . . . ja . . . dafür I

Fünfhundert Schuß noch. Ziel gull


Der junge Schütze:

Ja ja!


Der Schütze:

Der junge Unteroffizier: Und Vater sagt, mein Junge . . .
Deutschlands Zukunft liegt in Rußland . . . Hilf du die Brücke bauen über
Kurland . . . Dafür . . . dafür. Mehr rechts, mehr rechts. Doch was ich
sah . . . viel Schein, geringe Macht und viel Verrat . . . Diesmal gelingt's
noch nicht . . . Ihr kommt nach Haus . . . man wird euch betteln lassen . .
wird euch verlachen, hassen, höhnen . . . Und doch ihr seid der Sturmtrupp des
Gedankens . . . Wegweiser einer deutschen Zukunft . . . Tiefer, mehr links I . . .
Die meisten Haben's ja verlernt, fürs Vaterland zu sterbenI

Zweihundert Schuß noch. Ziel gull


Der junge Schütze:

Ja ja.


D er S es ü ez e:

Der junge Unteroffizier: S'ist nicht mehr Mode seit No¬
vember ... Ich kann es noch . . . und ihr ... die meisten unter euch . . .
wir Baltikumer zeigen's wieder . . . Mehr links . . . Ah . . . (er fällt zum
zweiten Male getroffen hinüber).

Der junge Unteroffizier: Ihr werdet eure Sehnsucht . . . nach
dem Baltenland im Herzen tragen . . . Soldaten der Idee sein . . . und kehrt
ihr nach Jahrzehnten friedlich her . .. als Bauer . .. Arbeiter . .. Techniker. . .
^so (er stöhnt auf).

(wird getroffen und bricht zusammen):

Der Schütze

Teufel, mich hat's!


Der junge Schütze
(saßt nach der Hand des Unteroffiziers).

L
Der junge Unteroffizier

(wendet mühsam den Kopf):
aß dich
nur vom Leben packen, Junge . . . aber lerne ... das Lachen ... so bleibst
(Er stirbt im Schoß des jungen Schützen.)
.du doch ein Kind.

Der junge Schütze

(hält die Hand des Unteroffiziers umklammert):
Ich will's!

Der Schütze Gib

(sterbend):
t es ein Jenseits . . . mag der liebe Gott
mich nicht in einen Panzerwagen stecken . . . seine Sonne will ich sehen . . .
Kurland . . . Westprcußenland . . . Neues Vaterland . . .

Die Öldämpfe verstärken sich. Der junge Schütze fällt ohnmächtig hintüber bei
dem Versuch, an das Maschinengewehr zu kriechen.

Man hört verstärktes Gewehr- und Geschützfeuer, Handgranatendonner. Dann Hurra¬
rufe. Plötzlich tiefe Stille.

(sieht in den Wagen hinein und rüttelt den jungen

Der Haupt manu
Schützen.)

Der junge Schütze: Zum Tanz. Wie? Nach Riga . . . Zum Vor¬
marsch. Wie?

Der Hauptmann: Erst nach Riga, Junge, dann zum Tanz . . . Vor-
iwärts! Bevor Versailles drohet




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0298" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339447"/>
            <fw type="header" place="top"> Altes und neues Heer</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1212" prev="#ID_1211"><stage> Maschinengewehr bedient.)</stage> Warum, wofür? Ich bin so jung ... und Kräfte,<lb/>
die ich selbst kaum ahnte, liegen in mir . . . Mehr rechts . . . höher<lb/>
haltenl . . . Wofür, wofür? ... Ja. ich zog aus, um Vater, Bruder, Muttor<lb/>
und das stille Haus, den kleinen Acker und die einz'ge Kuh vorm Bolschewik zu<lb/>
schützen . . . höher halten, du . . . Ostpreußenland . . . ja . . . dafür I</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1213"> Fünfhundert Schuß noch. Ziel gull</p><lb/>
            <note type="speaker"> Der junge Schütze: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_1214"> Ja ja!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Der Schütze:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1215"><note type="speaker"> Der junge Unteroffizier:</note> Und Vater sagt, mein Junge . . .<lb/>
Deutschlands Zukunft liegt in Rußland . . . Hilf du die Brücke bauen über<lb/>
Kurland . . . Dafür . . . dafür. Mehr rechts, mehr rechts. Doch was ich<lb/>
sah . . . viel Schein, geringe Macht und viel Verrat . . . Diesmal gelingt's<lb/>
noch nicht . . . Ihr kommt nach Haus . . . man wird euch betteln lassen . .<lb/>
wird euch verlachen, hassen, höhnen . . . Und doch ihr seid der Sturmtrupp des<lb/>
Gedankens . . . Wegweiser einer deutschen Zukunft . . . Tiefer, mehr links I . . .<lb/>
Die meisten Haben's ja verlernt, fürs Vaterland zu sterbenI</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1216"> Zweihundert Schuß noch. Ziel gull</p><lb/>
            <note type="speaker"> Der junge Schütze: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_1217"> Ja ja.</p><lb/>
            <note type="speaker"> D er S es ü ez e: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_1218"><note type="speaker"> Der junge Unteroffizier:</note> S'ist nicht mehr Mode seit No¬<lb/>
vember ... Ich kann es noch . . . und ihr ... die meisten unter euch . . .<lb/>
wir Baltikumer zeigen's wieder . . . Mehr links . . . Ah . . . (er fällt zum<lb/>
zweiten Male getroffen hinüber).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1219"><note type="speaker"> Der junge Unteroffizier: </note> Ihr werdet eure Sehnsucht . . . nach<lb/>
dem Baltenland im Herzen tragen . . . Soldaten der Idee sein . . . und kehrt<lb/>
ihr nach Jahrzehnten friedlich her . .. als Bauer . .. Arbeiter . .. Techniker. . .<lb/>
^so (er stöhnt auf).</p><lb/>
            <stage> (wird getroffen und bricht zusammen):</stage><lb/>
            <note type="speaker"> Der Schütze</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1220"> Teufel, mich hat's!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Der junge Schütze </note><lb/>
            <stage> (saßt nach der Hand des Unteroffiziers).</stage><lb/>
            <p xml:id="ID_1221"> L<lb/><note type="speaker"> Der junge Unteroffizier </note><stage> (wendet mühsam den Kopf):</stage> aß dich<lb/>
nur vom Leben packen, Junge . . . aber lerne ... das Lachen ... so bleibst<lb/><stage> (Er stirbt im Schoß des jungen Schützen.)</stage> .du doch ein Kind. </p><lb/>
            <p xml:id="ID_1222"><note type="speaker"> Der junge Schütze</note><stage> (hält die Hand des Unteroffiziers umklammert):</stage><lb/>
Ich will's!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1223"><note type="speaker"> Der Schütze </note> Gib<lb/><stage> (sterbend):</stage> t es ein Jenseits . . . mag der liebe Gott<lb/>
mich nicht in einen Panzerwagen stecken . . . seine Sonne will ich sehen . . .<lb/>
Kurland . . . Westprcußenland . . . Neues Vaterland . . .</p><lb/>
            <stage>
              <p xml:id="ID_1224"> Die Öldämpfe verstärken sich. Der junge Schütze fällt ohnmächtig hintüber bei<lb/>
dem Versuch, an das Maschinengewehr zu kriechen.</p>
              <p xml:id="ID_1225"> Man hört verstärktes Gewehr- und Geschützfeuer, Handgranatendonner. Dann Hurra¬<lb/>
rufe. Plötzlich tiefe Stille.</p>
            </stage><lb/>
            <stage> (sieht in den Wagen hinein und rüttelt den jungen</stage><lb/>
            <note type="speaker"> Der Haupt manu</note><lb/>
            <stage> Schützen.)</stage><lb/>
            <p xml:id="ID_1226"><note type="speaker"> Der junge Schütze:</note> Zum Tanz. Wie? Nach Riga . . . Zum Vor¬<lb/>
marsch. Wie?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1227"><note type="speaker"> Der Hauptmann:</note> Erst nach Riga, Junge, dann zum Tanz . . . Vor-<lb/>
iwärts! Bevor Versailles drohet</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0298] Altes und neues Heer Maschinengewehr bedient.) Warum, wofür? Ich bin so jung ... und Kräfte, die ich selbst kaum ahnte, liegen in mir . . . Mehr rechts . . . höher haltenl . . . Wofür, wofür? ... Ja. ich zog aus, um Vater, Bruder, Muttor und das stille Haus, den kleinen Acker und die einz'ge Kuh vorm Bolschewik zu schützen . . . höher halten, du . . . Ostpreußenland . . . ja . . . dafür I Fünfhundert Schuß noch. Ziel gull Der junge Schütze: Ja ja! Der Schütze: Der junge Unteroffizier: Und Vater sagt, mein Junge . . . Deutschlands Zukunft liegt in Rußland . . . Hilf du die Brücke bauen über Kurland . . . Dafür . . . dafür. Mehr rechts, mehr rechts. Doch was ich sah . . . viel Schein, geringe Macht und viel Verrat . . . Diesmal gelingt's noch nicht . . . Ihr kommt nach Haus . . . man wird euch betteln lassen . . wird euch verlachen, hassen, höhnen . . . Und doch ihr seid der Sturmtrupp des Gedankens . . . Wegweiser einer deutschen Zukunft . . . Tiefer, mehr links I . . . Die meisten Haben's ja verlernt, fürs Vaterland zu sterbenI Zweihundert Schuß noch. Ziel gull Der junge Schütze: Ja ja. D er S es ü ez e: Der junge Unteroffizier: S'ist nicht mehr Mode seit No¬ vember ... Ich kann es noch . . . und ihr ... die meisten unter euch . . . wir Baltikumer zeigen's wieder . . . Mehr links . . . Ah . . . (er fällt zum zweiten Male getroffen hinüber). Der junge Unteroffizier: Ihr werdet eure Sehnsucht . . . nach dem Baltenland im Herzen tragen . . . Soldaten der Idee sein . . . und kehrt ihr nach Jahrzehnten friedlich her . .. als Bauer . .. Arbeiter . .. Techniker. . . ^so (er stöhnt auf). (wird getroffen und bricht zusammen): Der Schütze Teufel, mich hat's! Der junge Schütze (saßt nach der Hand des Unteroffiziers). L Der junge Unteroffizier (wendet mühsam den Kopf): aß dich nur vom Leben packen, Junge . . . aber lerne ... das Lachen ... so bleibst (Er stirbt im Schoß des jungen Schützen.) .du doch ein Kind. Der junge Schütze (hält die Hand des Unteroffiziers umklammert): Ich will's! Der Schütze Gib (sterbend): t es ein Jenseits . . . mag der liebe Gott mich nicht in einen Panzerwagen stecken . . . seine Sonne will ich sehen . . . Kurland . . . Westprcußenland . . . Neues Vaterland . . . Die Öldämpfe verstärken sich. Der junge Schütze fällt ohnmächtig hintüber bei dem Versuch, an das Maschinengewehr zu kriechen. Man hört verstärktes Gewehr- und Geschützfeuer, Handgranatendonner. Dann Hurra¬ rufe. Plötzlich tiefe Stille. (sieht in den Wagen hinein und rüttelt den jungen Der Haupt manu Schützen.) Der junge Schütze: Zum Tanz. Wie? Nach Riga . . . Zum Vor¬ marsch. Wie? Der Hauptmann: Erst nach Riga, Junge, dann zum Tanz . . . Vor- iwärts! Bevor Versailles drohet

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/298
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/298>, abgerufen am 22.12.2024.