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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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und stimmungsvoll und trotz der geschilderten
feindlichen Tendenz des Lesens wert.

A, v, H.
Lisb?t Dill, Bekenntnisse der Baronin de
Brionne, Roman. Geh.M. Is--,Halb¬
leinenband M. 25,--. Verlag Strecker u.
Schröder. Stuttgart.

Nichts französisches, wie der Titel eigent¬
lich verheißt, sondern eine echt deutsche Er¬
zählung, fesselnd geschrieben, mit inniger
Vertiefung in das Schicksal der Erzählerin,
die einem Jugendfreunde vor ihrem frühen
Tode einen Bericht über ihr junges Leben
ablegt. Die Figur ihres Gatten ist manch¬
mal nicht ganz glaubwürdig gezeichnet: ein
Mann, der in der Ehe jahrelang in zarter
Aufmerksamkeit um seine Frau bemüht ist,
kann unmöglich später so roh und gemein
werden, wie er hier dargestellt wird. Die
Don-Juan-Natur hätte sich schon eher Bahn
gebrochen; auch ist sie nicht notwendig mit
Brutalität verbunden. Auch die zweite Ehe¬
schließung mit einer älteren koketten Frau,
die ihn in ihre Nitze gezogen hat, läßt die
Don-Juan-Qualität mindestens nicht sehr
tief gewurzelt erscheinen. Aber die Leiden
eines feinsinnigen, zuerst ein wenig leicht¬
sinnigen, für zartes Glück geborenen jungen
Weibes, das sich nach dem Tode des Kindes
auf ostpreußischen Edelsitze zur inneren
Freiheit und todüberlegenen Humor verklärt,
lehren wieder aufs neue, daß der Menschen
Schicksal ein unerschöpflicher Born fesselnder
M --b. itteilung ist.

Bernhard Shaw, ^nclrocles -ma et.e l.!on;
P^Zmaiion. "Tauchnitz Edition." Leipzig.
1S21. Bernhard Tauchnitz. Geh. M. 7,60,
geb. M. 1ö,-.

Fesselnd wie alles, was der talentvolle
Ire schreibt. Pygmalion hat in Berlin ans
der Bühne Erfolg gehabt. Shaw, der von
der englischen Orthographie und Aussprache
entsetzt ist. braucht nach seiner Ansicht einen
phonetischen Reformer, wie Henry sweet
das ist, So stellt er einen solchen, der auch

[Spaltenumbruch]

Züge Sweets an sich trägt, in den Mittel¬
punkt seines Theaterspiels und erfindet dazu
die Figur eines jungen Blumenmädchens,
die der Professor Higgins, entzückt von
ihrem unverständlichen Dialekt, von der
Straße fort in sein Haus nimmt, um in
kurzer Zeit mit seinem um vieles liebens¬
würdigeren Freunde, einem ebenfalls sprach¬
forschenden Obersten a. D., aus ihr eine
"vornehme" junge Dame zu machen, die
als Triumph ihrer Bemühungen irgendwo
als junge Aristokratin Präsentiert und aus¬
genommen wird. Damit ist aber auch das
Interesse der beiden Herren an ihrem Zög¬
ling erlahmt. Dieser aber sagt ihnen derb
die Wahrheit, zimmert sich ein eigenes
Schicksal und tyrannisiere auch als junge
Frau noch ihre einstigen Lehrer. -- "An-
drokleS und der Löwe" ist die zum Teil
drollig ganz in Shawschen Geiste erzählte
Begebenheit des römischen Christen, der in
der Arena dem Löwen vorgeworfen, von
diesem aber als derjenige erkannt wird, der
ihm früher einmal einen höchst schmerzhaften
Dorn ausgezogen hat und nun schweifwedelnd
begrüßt wird. Die einzelnen Typen der
Christen sind fein und humoristisch skizziert.
Am bemerkenswertesten ist vielleicht die Vor¬
rede, die außerordentlich geistreiche Bemer¬
kungen über das Christentum und die Person
a. Jesu enthält.

B. M. Croker, l'Ke pa^ocla l'rss. (IsuLk-
nit? Lciition Lolleetion c>k Li'itisK suc!
^morioan ^utliors. Vol. 4647) in one
Volume.^ Leipzig. Bernhard Tauchnitz.
Paris Librairie Henri Gaulon. Geh.
M. 7.S0, Pappb. M. 12.60, Leinen
M. 16.--.

Einer der üblichen behaglichen englischen
Romane, wie man sie jedem jungen Mädchen
in die Hand geben kann, bereichert durch
recht anschauliche Schilderungen ostindischen
Lebens, aber ohne jede Vertiefung in
soziale, sexuelle, ethische, politische oder Nassen¬
fragen.

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Verantwortlich Haus von Sodcnftcril in Berlin.
Schriftlcituug und Verlag: Berlin SW II, Tenipelhofer User S5", Fernrnfi Lützow 6510,
Verlag! K, F, Koester, Abteilung Grenzvoten, Berlin,
Druck! "Der ReichSoote" G. in, b. H, in Berlin SW 1l, Dessauer Straße SK/S7

Rücksendung von Manuskripten erfolgt nnr gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsähe ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.


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A, v, H.
Lisb?t Dill, Bekenntnisse der Baronin de
Brionne, Roman. Geh.M. Is—,Halb¬
leinenband M. 25,—. Verlag Strecker u.
Schröder. Stuttgart.

Nichts französisches, wie der Titel eigent¬
lich verheißt, sondern eine echt deutsche Er¬
zählung, fesselnd geschrieben, mit inniger
Vertiefung in das Schicksal der Erzählerin,
die einem Jugendfreunde vor ihrem frühen
Tode einen Bericht über ihr junges Leben
ablegt. Die Figur ihres Gatten ist manch¬
mal nicht ganz glaubwürdig gezeichnet: ein
Mann, der in der Ehe jahrelang in zarter
Aufmerksamkeit um seine Frau bemüht ist,
kann unmöglich später so roh und gemein
werden, wie er hier dargestellt wird. Die
Don-Juan-Natur hätte sich schon eher Bahn
gebrochen; auch ist sie nicht notwendig mit
Brutalität verbunden. Auch die zweite Ehe¬
schließung mit einer älteren koketten Frau,
die ihn in ihre Nitze gezogen hat, läßt die
Don-Juan-Qualität mindestens nicht sehr
tief gewurzelt erscheinen. Aber die Leiden
eines feinsinnigen, zuerst ein wenig leicht¬
sinnigen, für zartes Glück geborenen jungen
Weibes, das sich nach dem Tode des Kindes
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lehren wieder aufs neue, daß der Menschen
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Bernhard Shaw, ^nclrocles -ma et.e l.!on;
P^Zmaiion. „Tauchnitz Edition." Leipzig.
1S21. Bernhard Tauchnitz. Geh. M. 7,60,
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Fesselnd wie alles, was der talentvolle
Ire schreibt. Pygmalion hat in Berlin ans
der Bühne Erfolg gehabt. Shaw, der von
der englischen Orthographie und Aussprache
entsetzt ist. braucht nach seiner Ansicht einen
phonetischen Reformer, wie Henry sweet
das ist, So stellt er einen solchen, der auch

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Züge Sweets an sich trägt, in den Mittel¬
punkt seines Theaterspiels und erfindet dazu
die Figur eines jungen Blumenmädchens,
die der Professor Higgins, entzückt von
ihrem unverständlichen Dialekt, von der
Straße fort in sein Haus nimmt, um in
kurzer Zeit mit seinem um vieles liebens¬
würdigeren Freunde, einem ebenfalls sprach¬
forschenden Obersten a. D., aus ihr eine
„vornehme" junge Dame zu machen, die
als Triumph ihrer Bemühungen irgendwo
als junge Aristokratin Präsentiert und aus¬
genommen wird. Damit ist aber auch das
Interesse der beiden Herren an ihrem Zög¬
ling erlahmt. Dieser aber sagt ihnen derb
die Wahrheit, zimmert sich ein eigenes
Schicksal und tyrannisiere auch als junge
Frau noch ihre einstigen Lehrer. — „An-
drokleS und der Löwe" ist die zum Teil
drollig ganz in Shawschen Geiste erzählte
Begebenheit des römischen Christen, der in
der Arena dem Löwen vorgeworfen, von
diesem aber als derjenige erkannt wird, der
ihm früher einmal einen höchst schmerzhaften
Dorn ausgezogen hat und nun schweifwedelnd
begrüßt wird. Die einzelnen Typen der
Christen sind fein und humoristisch skizziert.
Am bemerkenswertesten ist vielleicht die Vor¬
rede, die außerordentlich geistreiche Bemer¬
kungen über das Christentum und die Person
a. Jesu enthält.

B. M. Croker, l'Ke pa^ocla l'rss. (IsuLk-
nit? Lciition Lolleetion c>k Li'itisK suc!
^morioan ^utliors. Vol. 4647) in one
Volume.^ Leipzig. Bernhard Tauchnitz.
Paris Librairie Henri Gaulon. Geh.
M. 7.S0, Pappb. M. 12.60, Leinen
M. 16.—.

Einer der üblichen behaglichen englischen
Romane, wie man sie jedem jungen Mädchen
in die Hand geben kann, bereichert durch
recht anschauliche Schilderungen ostindischen
Lebens, aber ohne jede Vertiefung in
soziale, sexuelle, ethische, politische oder Nassen¬
fragen.

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[0269] Bücherschau und stimmungsvoll und trotz der geschilderten feindlichen Tendenz des Lesens wert. A, v, H. Lisb?t Dill, Bekenntnisse der Baronin de Brionne, Roman. Geh.M. Is—,Halb¬ leinenband M. 25,—. Verlag Strecker u. Schröder. Stuttgart. Nichts französisches, wie der Titel eigent¬ lich verheißt, sondern eine echt deutsche Er¬ zählung, fesselnd geschrieben, mit inniger Vertiefung in das Schicksal der Erzählerin, die einem Jugendfreunde vor ihrem frühen Tode einen Bericht über ihr junges Leben ablegt. Die Figur ihres Gatten ist manch¬ mal nicht ganz glaubwürdig gezeichnet: ein Mann, der in der Ehe jahrelang in zarter Aufmerksamkeit um seine Frau bemüht ist, kann unmöglich später so roh und gemein werden, wie er hier dargestellt wird. Die Don-Juan-Natur hätte sich schon eher Bahn gebrochen; auch ist sie nicht notwendig mit Brutalität verbunden. Auch die zweite Ehe¬ schließung mit einer älteren koketten Frau, die ihn in ihre Nitze gezogen hat, läßt die Don-Juan-Qualität mindestens nicht sehr tief gewurzelt erscheinen. Aber die Leiden eines feinsinnigen, zuerst ein wenig leicht¬ sinnigen, für zartes Glück geborenen jungen Weibes, das sich nach dem Tode des Kindes auf ostpreußischen Edelsitze zur inneren Freiheit und todüberlegenen Humor verklärt, lehren wieder aufs neue, daß der Menschen Schicksal ein unerschöpflicher Born fesselnder M —b. itteilung ist. Bernhard Shaw, ^nclrocles -ma et.e l.!on; P^Zmaiion. „Tauchnitz Edition." Leipzig. 1S21. Bernhard Tauchnitz. Geh. M. 7,60, geb. M. 1ö,-. Fesselnd wie alles, was der talentvolle Ire schreibt. Pygmalion hat in Berlin ans der Bühne Erfolg gehabt. Shaw, der von der englischen Orthographie und Aussprache entsetzt ist. braucht nach seiner Ansicht einen phonetischen Reformer, wie Henry sweet das ist, So stellt er einen solchen, der auch Züge Sweets an sich trägt, in den Mittel¬ punkt seines Theaterspiels und erfindet dazu die Figur eines jungen Blumenmädchens, die der Professor Higgins, entzückt von ihrem unverständlichen Dialekt, von der Straße fort in sein Haus nimmt, um in kurzer Zeit mit seinem um vieles liebens¬ würdigeren Freunde, einem ebenfalls sprach¬ forschenden Obersten a. D., aus ihr eine „vornehme" junge Dame zu machen, die als Triumph ihrer Bemühungen irgendwo als junge Aristokratin Präsentiert und aus¬ genommen wird. Damit ist aber auch das Interesse der beiden Herren an ihrem Zög¬ ling erlahmt. Dieser aber sagt ihnen derb die Wahrheit, zimmert sich ein eigenes Schicksal und tyrannisiere auch als junge Frau noch ihre einstigen Lehrer. — „An- drokleS und der Löwe" ist die zum Teil drollig ganz in Shawschen Geiste erzählte Begebenheit des römischen Christen, der in der Arena dem Löwen vorgeworfen, von diesem aber als derjenige erkannt wird, der ihm früher einmal einen höchst schmerzhaften Dorn ausgezogen hat und nun schweifwedelnd begrüßt wird. Die einzelnen Typen der Christen sind fein und humoristisch skizziert. Am bemerkenswertesten ist vielleicht die Vor¬ rede, die außerordentlich geistreiche Bemer¬ kungen über das Christentum und die Person a. Jesu enthält. B. M. Croker, l'Ke pa^ocla l'rss. (IsuLk- nit? Lciition Lolleetion c>k Li'itisK suc! ^morioan ^utliors. Vol. 4647) in one Volume.^ Leipzig. Bernhard Tauchnitz. Paris Librairie Henri Gaulon. Geh. M. 7.S0, Pappb. M. 12.60, Leinen M. 16.—. Einer der üblichen behaglichen englischen Romane, wie man sie jedem jungen Mädchen in die Hand geben kann, bereichert durch recht anschauliche Schilderungen ostindischen Lebens, aber ohne jede Vertiefung in soziale, sexuelle, ethische, politische oder Nassen¬ fragen. Verantwortlich Haus von Sodcnftcril in Berlin. Schriftlcituug und Verlag: Berlin SW II, Tenipelhofer User S5», Fernrnfi Lützow 6510, Verlag! K, F, Koester, Abteilung Grenzvoten, Berlin, Druck! „Der ReichSoote" G. in, b. H, in Berlin SW 1l, Dessauer Straße SK/S7 Rücksendung von Manuskripten erfolgt nnr gegen beigefügtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsähe ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/269>, abgerufen am 04.07.2024.