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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Schluß einstellten? Haben die Kreise, die bei uns stöhnten: Ach. dann müssen
wir den Österreichern auch mithelfen, sich nur im mindesten bedacht, als der
Rummel mit der Hilfe für Rußland losging, die nun wirklich nur ein paar
hundert neuen Beamten und Lebensmittelschiebern helfen wird? Hatten wir nur
die Schneid, die Sache richtig aufzumachen; meint irgend jemand, das französische
Volk würde deshalb einen neuen Krieg anfangen, weil irgend ein Paragraph des
von Frankreichs Chauvinisten noch weit härter als von Deutschen, wenn auch aus
anderen Gründen getadelten Friedensvertrages den ganz selbstverständlichen An¬
schluß verbietet? Ich sage nicht, daß der Anschluß sich jetzt auf der Stelle voll¬
ziehen soll, ich erkenne durchaus an, daß manche Auseinandersetzungen mit den
Nachfolgestaaten leichter vonstatten gehen, wenn Deutsch-Österreich statt Gro߬
deutschland das Wort führt; aber ich bekämpfe den Kleinmut, der eine berechtigte
und als berechtigt erkannte Forderung von vornherein unter der Drohung der
Nachbarn fallen läßt. Im Gegenteil müßte bei allen Erwägungen über "An¬
schlusse" und "Bündnisse" dieses Ziel zunächst ausschlaggebend sein.

Schwieriger steht es mit dem Problem der Deutschen in der Tschecho¬
slowakei. Auch hier wird das Ideal der Vereinigung der Deutschen mit dem
Mutterlande bleiben müssen. Aber man sei sich auch darüber klar, - daß eine Ver¬
wirklichung dieses Ideals vorderhand nicht möglich sein wird und daß dahin¬
gehende Forderungen uns in stete unüberwindliche Gegensätze nicht nur zu der
Tschechei selber, sondern notwendigerweise zu dem ganzen Komplex der Kleinen
Entente bringen muß. Und es fragt sich, ob wir uns diese Belastung unserer
Außenpolitik mit neuen Feindschaften vorderhand leisten können oder ob nicht die
Forderung uach einer nicht nur gesetzmäßig verbürgten, sondern auch praktisch
bestehenden Stellung der Deutschen in Tschechien analog der gesetzmäßigen Stellung
der Flamen in Belgien vorläufig als das Höchstmaß des Anzustrebenden angesehen
werden muß. Auch dies ist eine Forderung, der auf die Dauer niemand sich
widersetzen kann.

Wie sich die Stellung der Deutschen in Lettland und Esthland gestalten
wird, muß abgewartet werden, grundsätzlich wird aber zum mindesten -- und
das gilt sür alle östlichen Länder -- ein ausreichender Minderheitenschutz anzu¬
streben sein. Aufgabe der Presse wird es sein, mehr als bisher die kulturellen
Zusammenhänge wahrzunehmen und etwa vergewaltigte Rechte'deutschsprechender
Volksteile kräftig zu vertreten. Man redet immer von Chauvinismus in der
deutschen Presse. Wie aber würde sich die Presse irgend eines Landes zu der
Behandlung gestellt haben, die deutsche Siedler in den Deutschland von Polen
geraubten Landesteilen haben erdulden müssen? Man stelle sich Frankreich in
dieser Lage vor. Oder Italien. Oder Amerika. Daran gemessen erscheint die
Stellungnahme der deutschen Presse als Ganzes genommen einfach lau und
lammsgeduldig. Es wäre sehr hübsch, wenn wir in dieser Beziehung von der
ausländischen Presse lernen würden, nicht indem wir ihre Auswüchse und Über¬
treibungen nachahmen, aber indem wir lernen, das Interesse an Gegenständen
völkischer Bestrebungen ständig wach zu halten.

Die zweite große Grundbestrebung deutscher Außenpolitik muß auf die
möglichst baldige Befreiung der besetzten Rheinlande und des Saargebiets aus¬
gehen. Die Franzosen stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Be¬
setzungsfristen entweder noch nicht zu laufen begonnen haben oder wegen Fort-
falls des englisch-amerikanisch-französischen Garantievertrages beliebig über die
un Friedensverträge vorgesehenen fünfzehn Jahre ausdehnbar sind. Es muß von
deutscher Seite alles getan werden, um diese Meinung gar nicht erst aufkommen
zu lassen und die Besetzungsfrist möglichst zu mindern. Wie der Anschluß Deutsch--
Österreichs im Osten muß die möglichst baldige Befreiung der Rheinlande im
Westen das große Ziel sein, dem alles unterzuordnen ist und das hinter allen,
auch den alltäglichsten politischen Handlungen als Leitstern zu stehen hat. Auch
darüber sollte sich jeder Deutsche klar sein, daß von friedlicher Zusammenarbeit
"wischen Frankreich und Deutschland nicht die Rede sein kann, solange noch der


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Schluß einstellten? Haben die Kreise, die bei uns stöhnten: Ach. dann müssen
wir den Österreichern auch mithelfen, sich nur im mindesten bedacht, als der
Rummel mit der Hilfe für Rußland losging, die nun wirklich nur ein paar
hundert neuen Beamten und Lebensmittelschiebern helfen wird? Hatten wir nur
die Schneid, die Sache richtig aufzumachen; meint irgend jemand, das französische
Volk würde deshalb einen neuen Krieg anfangen, weil irgend ein Paragraph des
von Frankreichs Chauvinisten noch weit härter als von Deutschen, wenn auch aus
anderen Gründen getadelten Friedensvertrages den ganz selbstverständlichen An¬
schluß verbietet? Ich sage nicht, daß der Anschluß sich jetzt auf der Stelle voll¬
ziehen soll, ich erkenne durchaus an, daß manche Auseinandersetzungen mit den
Nachfolgestaaten leichter vonstatten gehen, wenn Deutsch-Österreich statt Gro߬
deutschland das Wort führt; aber ich bekämpfe den Kleinmut, der eine berechtigte
und als berechtigt erkannte Forderung von vornherein unter der Drohung der
Nachbarn fallen läßt. Im Gegenteil müßte bei allen Erwägungen über „An¬
schlusse" und „Bündnisse" dieses Ziel zunächst ausschlaggebend sein.

Schwieriger steht es mit dem Problem der Deutschen in der Tschecho¬
slowakei. Auch hier wird das Ideal der Vereinigung der Deutschen mit dem
Mutterlande bleiben müssen. Aber man sei sich auch darüber klar, - daß eine Ver¬
wirklichung dieses Ideals vorderhand nicht möglich sein wird und daß dahin¬
gehende Forderungen uns in stete unüberwindliche Gegensätze nicht nur zu der
Tschechei selber, sondern notwendigerweise zu dem ganzen Komplex der Kleinen
Entente bringen muß. Und es fragt sich, ob wir uns diese Belastung unserer
Außenpolitik mit neuen Feindschaften vorderhand leisten können oder ob nicht die
Forderung uach einer nicht nur gesetzmäßig verbürgten, sondern auch praktisch
bestehenden Stellung der Deutschen in Tschechien analog der gesetzmäßigen Stellung
der Flamen in Belgien vorläufig als das Höchstmaß des Anzustrebenden angesehen
werden muß. Auch dies ist eine Forderung, der auf die Dauer niemand sich
widersetzen kann.

Wie sich die Stellung der Deutschen in Lettland und Esthland gestalten
wird, muß abgewartet werden, grundsätzlich wird aber zum mindesten — und
das gilt sür alle östlichen Länder — ein ausreichender Minderheitenschutz anzu¬
streben sein. Aufgabe der Presse wird es sein, mehr als bisher die kulturellen
Zusammenhänge wahrzunehmen und etwa vergewaltigte Rechte'deutschsprechender
Volksteile kräftig zu vertreten. Man redet immer von Chauvinismus in der
deutschen Presse. Wie aber würde sich die Presse irgend eines Landes zu der
Behandlung gestellt haben, die deutsche Siedler in den Deutschland von Polen
geraubten Landesteilen haben erdulden müssen? Man stelle sich Frankreich in
dieser Lage vor. Oder Italien. Oder Amerika. Daran gemessen erscheint die
Stellungnahme der deutschen Presse als Ganzes genommen einfach lau und
lammsgeduldig. Es wäre sehr hübsch, wenn wir in dieser Beziehung von der
ausländischen Presse lernen würden, nicht indem wir ihre Auswüchse und Über¬
treibungen nachahmen, aber indem wir lernen, das Interesse an Gegenständen
völkischer Bestrebungen ständig wach zu halten.

Die zweite große Grundbestrebung deutscher Außenpolitik muß auf die
möglichst baldige Befreiung der besetzten Rheinlande und des Saargebiets aus¬
gehen. Die Franzosen stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Be¬
setzungsfristen entweder noch nicht zu laufen begonnen haben oder wegen Fort-
falls des englisch-amerikanisch-französischen Garantievertrages beliebig über die
un Friedensverträge vorgesehenen fünfzehn Jahre ausdehnbar sind. Es muß von
deutscher Seite alles getan werden, um diese Meinung gar nicht erst aufkommen
zu lassen und die Besetzungsfrist möglichst zu mindern. Wie der Anschluß Deutsch--
Österreichs im Osten muß die möglichst baldige Befreiung der Rheinlande im
Westen das große Ziel sein, dem alles unterzuordnen ist und das hinter allen,
auch den alltäglichsten politischen Handlungen als Leitstern zu stehen hat. Auch
darüber sollte sich jeder Deutsche klar sein, daß von friedlicher Zusammenarbeit
«wischen Frankreich und Deutschland nicht die Rede sein kann, solange noch der


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[0263] Weltspiegel Schluß einstellten? Haben die Kreise, die bei uns stöhnten: Ach. dann müssen wir den Österreichern auch mithelfen, sich nur im mindesten bedacht, als der Rummel mit der Hilfe für Rußland losging, die nun wirklich nur ein paar hundert neuen Beamten und Lebensmittelschiebern helfen wird? Hatten wir nur die Schneid, die Sache richtig aufzumachen; meint irgend jemand, das französische Volk würde deshalb einen neuen Krieg anfangen, weil irgend ein Paragraph des von Frankreichs Chauvinisten noch weit härter als von Deutschen, wenn auch aus anderen Gründen getadelten Friedensvertrages den ganz selbstverständlichen An¬ schluß verbietet? Ich sage nicht, daß der Anschluß sich jetzt auf der Stelle voll¬ ziehen soll, ich erkenne durchaus an, daß manche Auseinandersetzungen mit den Nachfolgestaaten leichter vonstatten gehen, wenn Deutsch-Österreich statt Gro߬ deutschland das Wort führt; aber ich bekämpfe den Kleinmut, der eine berechtigte und als berechtigt erkannte Forderung von vornherein unter der Drohung der Nachbarn fallen läßt. Im Gegenteil müßte bei allen Erwägungen über „An¬ schlusse" und „Bündnisse" dieses Ziel zunächst ausschlaggebend sein. Schwieriger steht es mit dem Problem der Deutschen in der Tschecho¬ slowakei. Auch hier wird das Ideal der Vereinigung der Deutschen mit dem Mutterlande bleiben müssen. Aber man sei sich auch darüber klar, - daß eine Ver¬ wirklichung dieses Ideals vorderhand nicht möglich sein wird und daß dahin¬ gehende Forderungen uns in stete unüberwindliche Gegensätze nicht nur zu der Tschechei selber, sondern notwendigerweise zu dem ganzen Komplex der Kleinen Entente bringen muß. Und es fragt sich, ob wir uns diese Belastung unserer Außenpolitik mit neuen Feindschaften vorderhand leisten können oder ob nicht die Forderung uach einer nicht nur gesetzmäßig verbürgten, sondern auch praktisch bestehenden Stellung der Deutschen in Tschechien analog der gesetzmäßigen Stellung der Flamen in Belgien vorläufig als das Höchstmaß des Anzustrebenden angesehen werden muß. Auch dies ist eine Forderung, der auf die Dauer niemand sich widersetzen kann. Wie sich die Stellung der Deutschen in Lettland und Esthland gestalten wird, muß abgewartet werden, grundsätzlich wird aber zum mindesten — und das gilt sür alle östlichen Länder — ein ausreichender Minderheitenschutz anzu¬ streben sein. Aufgabe der Presse wird es sein, mehr als bisher die kulturellen Zusammenhänge wahrzunehmen und etwa vergewaltigte Rechte'deutschsprechender Volksteile kräftig zu vertreten. Man redet immer von Chauvinismus in der deutschen Presse. Wie aber würde sich die Presse irgend eines Landes zu der Behandlung gestellt haben, die deutsche Siedler in den Deutschland von Polen geraubten Landesteilen haben erdulden müssen? Man stelle sich Frankreich in dieser Lage vor. Oder Italien. Oder Amerika. Daran gemessen erscheint die Stellungnahme der deutschen Presse als Ganzes genommen einfach lau und lammsgeduldig. Es wäre sehr hübsch, wenn wir in dieser Beziehung von der ausländischen Presse lernen würden, nicht indem wir ihre Auswüchse und Über¬ treibungen nachahmen, aber indem wir lernen, das Interesse an Gegenständen völkischer Bestrebungen ständig wach zu halten. Die zweite große Grundbestrebung deutscher Außenpolitik muß auf die möglichst baldige Befreiung der besetzten Rheinlande und des Saargebiets aus¬ gehen. Die Franzosen stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Be¬ setzungsfristen entweder noch nicht zu laufen begonnen haben oder wegen Fort- falls des englisch-amerikanisch-französischen Garantievertrages beliebig über die un Friedensverträge vorgesehenen fünfzehn Jahre ausdehnbar sind. Es muß von deutscher Seite alles getan werden, um diese Meinung gar nicht erst aufkommen zu lassen und die Besetzungsfrist möglichst zu mindern. Wie der Anschluß Deutsch-- Österreichs im Osten muß die möglichst baldige Befreiung der Rheinlande im Westen das große Ziel sein, dem alles unterzuordnen ist und das hinter allen, auch den alltäglichsten politischen Handlungen als Leitstern zu stehen hat. Auch darüber sollte sich jeder Deutsche klar sein, daß von friedlicher Zusammenarbeit «wischen Frankreich und Deutschland nicht die Rede sein kann, solange noch der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/263>, abgerufen am 24.07.2024.