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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Das Kartenspiel um Oberschlesien

den, daß von jeder Ochsenlieferung etwa Vz für das Aktienkapital zurückbehalten,
d. h. dem Lieferanten nicht in bar sondern in Aktien vergütet wird. Die Landbank
hat sich bereit erklärt, ^ bis V2 des Betrages, den die Farmer aufgebracht haben,
zur Verfügung zu stellen. So schwierig auch die Finanzierung ist, so hofft man,
durch die allgemeine Not gezwungen, doch, daß diese auf die vorstehend ange¬
deutete Weise zu lösen ist.




Das Aartenspiel um Gberschlesien
Professor Walter Stadtberg, von

ach der Rede Lloyd Georges über Oberschlesiens Vergewaltigung,
aus der unsere Regierung leider die ihr gebotene Ermutigung zu
entschlossenem Handeln nicht entnommen hat, gab der französische
Ministerpräsident einem Vertreter des "Temps" gegenüber nach
einer ganz üblen Geschichtsklitterung folgende Sätze für eine Irre¬
führung der öffentlichen Meinung mit auf den Weg: "Die deutsche Mehrheit in
den Städten Oberschlesiens rühre daher, daß die Deutschen zusammen mit den
Juden sich hier festgesetzt hätten; aber die Städte hätten geringe Bedeutung und
erst in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts sei infolge der methodischen
Einwanderung der deutschen Beamten, Bürokraten und Geschäftsleute die deutsche
Bevölkerung in den Industriestädten stark angewachsen. Wenn man in den
berühmten deutschen Atlas von Andres aus dem Jahre 191.4 einen
Blick werfe, so sehe man, daß ganz Oberschlesien blau hervorgehoben
sei, um die polnische Sprache zu markieren, mit kleinen rosa Jnselchen,
die die deutsche Sprache bezeichneten."

Wir glauben es gern, daß Herr Briand keine Ahnung von dem Alter und
der Bedeutung der deutschen Kultur in Oberschlesien hat, daß er gar keine Vor¬
stellung besitzt von der friedlichen Kraftentfaltung, mit der seit der großen deutschen
Kolonisation des Ostens, von den Landesherren selber gerufen und willkommen
geheißen, die deutsche Siedlung auch in Oberschlesien so starke Wurzeln geschlagen
hat, daß sie jetzt seinen ganzen Volksboden durchdringen und nur durch eine wider die
natürliche Entwicklung wütende Gewalt auszurotten wären; wir glauben auch
gern, daß er nichts davon weiß, wie deutsche Rechts- und Verfassungsformen in
ihrer Weiterbildung nicht nur ein einheitliches Gemeingefühl aller schlesischen
Lande, sondern auch ein Bewußtsein von dem Gedeihlichen ihres Zusammenhanges
mit Deutschland herbeigeführt haben, und daß die gemeinsam durch sieben Jahr¬
hunderte mit Deutschland erlebten Schicksale diesen Zusammenhang immer enger
und unauflöslich gestaltet haben. Daß Herr Briand nichts tun wird, um solche
ihm abgehenden Kenntnisse zu erwerben, wo er zur Unterstützung der ihm politisch
wertvollen polnischen Forderungen sie der gesamten Welt vorzuenthalten bemüht


Das Kartenspiel um Oberschlesien

den, daß von jeder Ochsenlieferung etwa Vz für das Aktienkapital zurückbehalten,
d. h. dem Lieferanten nicht in bar sondern in Aktien vergütet wird. Die Landbank
hat sich bereit erklärt, ^ bis V2 des Betrages, den die Farmer aufgebracht haben,
zur Verfügung zu stellen. So schwierig auch die Finanzierung ist, so hofft man,
durch die allgemeine Not gezwungen, doch, daß diese auf die vorstehend ange¬
deutete Weise zu lösen ist.




Das Aartenspiel um Gberschlesien
Professor Walter Stadtberg, von

ach der Rede Lloyd Georges über Oberschlesiens Vergewaltigung,
aus der unsere Regierung leider die ihr gebotene Ermutigung zu
entschlossenem Handeln nicht entnommen hat, gab der französische
Ministerpräsident einem Vertreter des „Temps" gegenüber nach
einer ganz üblen Geschichtsklitterung folgende Sätze für eine Irre¬
führung der öffentlichen Meinung mit auf den Weg: „Die deutsche Mehrheit in
den Städten Oberschlesiens rühre daher, daß die Deutschen zusammen mit den
Juden sich hier festgesetzt hätten; aber die Städte hätten geringe Bedeutung und
erst in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts sei infolge der methodischen
Einwanderung der deutschen Beamten, Bürokraten und Geschäftsleute die deutsche
Bevölkerung in den Industriestädten stark angewachsen. Wenn man in den
berühmten deutschen Atlas von Andres aus dem Jahre 191.4 einen
Blick werfe, so sehe man, daß ganz Oberschlesien blau hervorgehoben
sei, um die polnische Sprache zu markieren, mit kleinen rosa Jnselchen,
die die deutsche Sprache bezeichneten."

Wir glauben es gern, daß Herr Briand keine Ahnung von dem Alter und
der Bedeutung der deutschen Kultur in Oberschlesien hat, daß er gar keine Vor¬
stellung besitzt von der friedlichen Kraftentfaltung, mit der seit der großen deutschen
Kolonisation des Ostens, von den Landesherren selber gerufen und willkommen
geheißen, die deutsche Siedlung auch in Oberschlesien so starke Wurzeln geschlagen
hat, daß sie jetzt seinen ganzen Volksboden durchdringen und nur durch eine wider die
natürliche Entwicklung wütende Gewalt auszurotten wären; wir glauben auch
gern, daß er nichts davon weiß, wie deutsche Rechts- und Verfassungsformen in
ihrer Weiterbildung nicht nur ein einheitliches Gemeingefühl aller schlesischen
Lande, sondern auch ein Bewußtsein von dem Gedeihlichen ihres Zusammenhanges
mit Deutschland herbeigeführt haben, und daß die gemeinsam durch sieben Jahr¬
hunderte mit Deutschland erlebten Schicksale diesen Zusammenhang immer enger
und unauflöslich gestaltet haben. Daß Herr Briand nichts tun wird, um solche
ihm abgehenden Kenntnisse zu erwerben, wo er zur Unterstützung der ihm politisch
wertvollen polnischen Forderungen sie der gesamten Welt vorzuenthalten bemüht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/20>, abgerufen am 22.12.2024.