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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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macht, das Joch der Fremden abwirft (erst dieser Tage haben die Spanier wieder
schlimme Erfahrungen in Marokko gemacht, die Italiener sitzen in Tripolis noch
immer eng und hilflos an der Küste, in Ägypten gard es immer stärker)? Schon
jetzt ist Europa mit all seinem Kulturstolz in weitgehende Abhängigkeit von
Amerika geraten, das die Gegenseitigkeit immer stärker ablehnt und sich als
Erdteil immer stärker zu isolieren bestrebt ist (wirtschaftlich, ethnographisch und
geistig I). Es wird eine Zeit kommen (und das Schlimme ist, daß sie nicht als
ein bestimmter Tag, sondern allmählich als unbestimmte und daher ungläubig
aufgenommene Zeit kommen wird) da Amerika sich durch Zölle verbarrikadiert,
Asien und die englischen Dominions sich selbst genügen, die afrikanischen Be¬
sitzungen europäischer Staaten sich nicht mehr rentieren werden. Dann braucht
Europa Ersatz, die dichten Reihen seiner Menschen, bis dahin nur ungenügend
durch Hunger und Seuchen dezimiert, werden zu wandern beginnen und den
Wanderern werden die Jndustrieprodukte folgen. Aber in Betracht kommen dann
nur Rußland, wo die Bolschewisten jetzt ein Vakuum geschaffen haben, und Klein-
und Mittelasien, wo die Türken ihren Todeskampf kämpfen.

Es liegt im Wesen geschichtlicher Entwicklungsprozesse, daß sie einander nicht
mit deutlich erkennbarer Trennungslinie ablösen, sondern daß Kurvenende des
einen und Kurvenansang des andern einander überschneiden. Es ist möglich,
daß die große Wanderung Europas nach Osten schon begonnen hat. Schon jetzt
sind hier und da Wirtschaftler der Überzeugung, daß Europa unrettbar in amerika¬
nische Abhängigkeit gerät, falls es ihm nicht bald gelingt, Rußland für sich in
Bewirtschaftung zu nehmen. Leicht wird das nicht sein, denn der Versuch des
Bolschewismus war viel weniger die Verwirklichung einer Westländischen Theorie,
als eine Reaktion des seit Peter dem Großen unzufriedenen Halbasiatentums im
sogenannten europäischen Rußland gegen die Zivilisation des Westens. Die
Zivilisation des Westens hat sich als stärker erwiesen. Aber es kommt nach der
allgemein-europäischen Überanstrengung des großen Krieges eben nicht darauf an,
wer "stärker" ist, das heißt, wen schließlich der aussteigende Leichengestank als
letzten erstickt, sondern wer wieder aufzubauen vermag. Möglichst intensiv, aber
auch möglichst rasch. Möglichst ertragreich, aber auch möglichst planmäßig.
Dazu ist nötig, daß alle arbeitsfähigen Kräfte auch wirklich gesucht und in den
Dienst der Sache gestellt werden.

Das Gegenteil ist der Fall, wenn man mit allen Mitteln versucht, den
natürlichen Nachbar Deutschland von jenem Rentamte Europas, das nach alles
verkohlenden Brande der Neubestellung und Aufforstung harrt, künstlich und
gewaltsam durch ein Polen zu trennen, das noch mit sich selbst viel zu viel zu
tun hat, als daß es sich besonders intensiv der neuen großen Aufgabe widmen
könnte, das zudem vorläufig noch wie ein ins Rollen gekommener Stein, keinerlei
Stoß, nur noch dem Gesetz der Trägheit folgend, nach Westen drängt, anstatt in
der Führung nach Osten voranzugehen, das vorläufig sich dazu hergibt, trennende
Mauer zu sein, anstatt wie Esthland zwischen England und Rußland, verbindende
Brücke. Es ist, als ob das neuerstandene Polen an Gedankengänge anknüpfte,
die für das sterbende Polen des achtzehnten Jahrhunderts Geltung hatten, an
Ideen eines einseitig orientierten Allianzensystems, anstatt aus der Geschichte jenes
westlichen, ursprünglich ebenfalls nur als Puffeistaat konstruierten Transitlandes
Belgien zu lernen, daß es seiner Natur nach, anders als das einstige Rußland,
nicht Mitglied einer Allianz, sondern nur allseitig neutraler Vermittler sein kann.
Es wird eine der dringendsten Aufgaben der westlichen Siegerstaaten sein, sofern
sie überhaupt an einen Bestand Polens glauben, ihm die ihm von der Natur
zugewiesene Rolle annehmbar und begreiflich zu machen. In diesem Sinne war
es bereits ein Fehler des Friedensvertrages, daß er ein Verbeißen Polens im
Westen begünstigte, anstatt es nach Osten zu weisen.

Intensiv und rasch, fruchtbringend und planmäßig nutz die Nutzbarmachung
des Ostens zum Besten Gesamteuropas vor sich gehen. Es muß eine gesamt¬
europäische Planwirtschaft, ausgehend von den wirtschaftlichen Bedürfnissen und


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macht, das Joch der Fremden abwirft (erst dieser Tage haben die Spanier wieder
schlimme Erfahrungen in Marokko gemacht, die Italiener sitzen in Tripolis noch
immer eng und hilflos an der Küste, in Ägypten gard es immer stärker)? Schon
jetzt ist Europa mit all seinem Kulturstolz in weitgehende Abhängigkeit von
Amerika geraten, das die Gegenseitigkeit immer stärker ablehnt und sich als
Erdteil immer stärker zu isolieren bestrebt ist (wirtschaftlich, ethnographisch und
geistig I). Es wird eine Zeit kommen (und das Schlimme ist, daß sie nicht als
ein bestimmter Tag, sondern allmählich als unbestimmte und daher ungläubig
aufgenommene Zeit kommen wird) da Amerika sich durch Zölle verbarrikadiert,
Asien und die englischen Dominions sich selbst genügen, die afrikanischen Be¬
sitzungen europäischer Staaten sich nicht mehr rentieren werden. Dann braucht
Europa Ersatz, die dichten Reihen seiner Menschen, bis dahin nur ungenügend
durch Hunger und Seuchen dezimiert, werden zu wandern beginnen und den
Wanderern werden die Jndustrieprodukte folgen. Aber in Betracht kommen dann
nur Rußland, wo die Bolschewisten jetzt ein Vakuum geschaffen haben, und Klein-
und Mittelasien, wo die Türken ihren Todeskampf kämpfen.

Es liegt im Wesen geschichtlicher Entwicklungsprozesse, daß sie einander nicht
mit deutlich erkennbarer Trennungslinie ablösen, sondern daß Kurvenende des
einen und Kurvenansang des andern einander überschneiden. Es ist möglich,
daß die große Wanderung Europas nach Osten schon begonnen hat. Schon jetzt
sind hier und da Wirtschaftler der Überzeugung, daß Europa unrettbar in amerika¬
nische Abhängigkeit gerät, falls es ihm nicht bald gelingt, Rußland für sich in
Bewirtschaftung zu nehmen. Leicht wird das nicht sein, denn der Versuch des
Bolschewismus war viel weniger die Verwirklichung einer Westländischen Theorie,
als eine Reaktion des seit Peter dem Großen unzufriedenen Halbasiatentums im
sogenannten europäischen Rußland gegen die Zivilisation des Westens. Die
Zivilisation des Westens hat sich als stärker erwiesen. Aber es kommt nach der
allgemein-europäischen Überanstrengung des großen Krieges eben nicht darauf an,
wer „stärker" ist, das heißt, wen schließlich der aussteigende Leichengestank als
letzten erstickt, sondern wer wieder aufzubauen vermag. Möglichst intensiv, aber
auch möglichst rasch. Möglichst ertragreich, aber auch möglichst planmäßig.
Dazu ist nötig, daß alle arbeitsfähigen Kräfte auch wirklich gesucht und in den
Dienst der Sache gestellt werden.

Das Gegenteil ist der Fall, wenn man mit allen Mitteln versucht, den
natürlichen Nachbar Deutschland von jenem Rentamte Europas, das nach alles
verkohlenden Brande der Neubestellung und Aufforstung harrt, künstlich und
gewaltsam durch ein Polen zu trennen, das noch mit sich selbst viel zu viel zu
tun hat, als daß es sich besonders intensiv der neuen großen Aufgabe widmen
könnte, das zudem vorläufig noch wie ein ins Rollen gekommener Stein, keinerlei
Stoß, nur noch dem Gesetz der Trägheit folgend, nach Westen drängt, anstatt in
der Führung nach Osten voranzugehen, das vorläufig sich dazu hergibt, trennende
Mauer zu sein, anstatt wie Esthland zwischen England und Rußland, verbindende
Brücke. Es ist, als ob das neuerstandene Polen an Gedankengänge anknüpfte,
die für das sterbende Polen des achtzehnten Jahrhunderts Geltung hatten, an
Ideen eines einseitig orientierten Allianzensystems, anstatt aus der Geschichte jenes
westlichen, ursprünglich ebenfalls nur als Puffeistaat konstruierten Transitlandes
Belgien zu lernen, daß es seiner Natur nach, anders als das einstige Rußland,
nicht Mitglied einer Allianz, sondern nur allseitig neutraler Vermittler sein kann.
Es wird eine der dringendsten Aufgaben der westlichen Siegerstaaten sein, sofern
sie überhaupt an einen Bestand Polens glauben, ihm die ihm von der Natur
zugewiesene Rolle annehmbar und begreiflich zu machen. In diesem Sinne war
es bereits ein Fehler des Friedensvertrages, daß er ein Verbeißen Polens im
Westen begünstigte, anstatt es nach Osten zu weisen.

Intensiv und rasch, fruchtbringend und planmäßig nutz die Nutzbarmachung
des Ostens zum Besten Gesamteuropas vor sich gehen. Es muß eine gesamt¬
europäische Planwirtschaft, ausgehend von den wirtschaftlichen Bedürfnissen und


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[0197] lveltspiegel macht, das Joch der Fremden abwirft (erst dieser Tage haben die Spanier wieder schlimme Erfahrungen in Marokko gemacht, die Italiener sitzen in Tripolis noch immer eng und hilflos an der Küste, in Ägypten gard es immer stärker)? Schon jetzt ist Europa mit all seinem Kulturstolz in weitgehende Abhängigkeit von Amerika geraten, das die Gegenseitigkeit immer stärker ablehnt und sich als Erdteil immer stärker zu isolieren bestrebt ist (wirtschaftlich, ethnographisch und geistig I). Es wird eine Zeit kommen (und das Schlimme ist, daß sie nicht als ein bestimmter Tag, sondern allmählich als unbestimmte und daher ungläubig aufgenommene Zeit kommen wird) da Amerika sich durch Zölle verbarrikadiert, Asien und die englischen Dominions sich selbst genügen, die afrikanischen Be¬ sitzungen europäischer Staaten sich nicht mehr rentieren werden. Dann braucht Europa Ersatz, die dichten Reihen seiner Menschen, bis dahin nur ungenügend durch Hunger und Seuchen dezimiert, werden zu wandern beginnen und den Wanderern werden die Jndustrieprodukte folgen. Aber in Betracht kommen dann nur Rußland, wo die Bolschewisten jetzt ein Vakuum geschaffen haben, und Klein- und Mittelasien, wo die Türken ihren Todeskampf kämpfen. Es liegt im Wesen geschichtlicher Entwicklungsprozesse, daß sie einander nicht mit deutlich erkennbarer Trennungslinie ablösen, sondern daß Kurvenende des einen und Kurvenansang des andern einander überschneiden. Es ist möglich, daß die große Wanderung Europas nach Osten schon begonnen hat. Schon jetzt sind hier und da Wirtschaftler der Überzeugung, daß Europa unrettbar in amerika¬ nische Abhängigkeit gerät, falls es ihm nicht bald gelingt, Rußland für sich in Bewirtschaftung zu nehmen. Leicht wird das nicht sein, denn der Versuch des Bolschewismus war viel weniger die Verwirklichung einer Westländischen Theorie, als eine Reaktion des seit Peter dem Großen unzufriedenen Halbasiatentums im sogenannten europäischen Rußland gegen die Zivilisation des Westens. Die Zivilisation des Westens hat sich als stärker erwiesen. Aber es kommt nach der allgemein-europäischen Überanstrengung des großen Krieges eben nicht darauf an, wer „stärker" ist, das heißt, wen schließlich der aussteigende Leichengestank als letzten erstickt, sondern wer wieder aufzubauen vermag. Möglichst intensiv, aber auch möglichst rasch. Möglichst ertragreich, aber auch möglichst planmäßig. Dazu ist nötig, daß alle arbeitsfähigen Kräfte auch wirklich gesucht und in den Dienst der Sache gestellt werden. Das Gegenteil ist der Fall, wenn man mit allen Mitteln versucht, den natürlichen Nachbar Deutschland von jenem Rentamte Europas, das nach alles verkohlenden Brande der Neubestellung und Aufforstung harrt, künstlich und gewaltsam durch ein Polen zu trennen, das noch mit sich selbst viel zu viel zu tun hat, als daß es sich besonders intensiv der neuen großen Aufgabe widmen könnte, das zudem vorläufig noch wie ein ins Rollen gekommener Stein, keinerlei Stoß, nur noch dem Gesetz der Trägheit folgend, nach Westen drängt, anstatt in der Führung nach Osten voranzugehen, das vorläufig sich dazu hergibt, trennende Mauer zu sein, anstatt wie Esthland zwischen England und Rußland, verbindende Brücke. Es ist, als ob das neuerstandene Polen an Gedankengänge anknüpfte, die für das sterbende Polen des achtzehnten Jahrhunderts Geltung hatten, an Ideen eines einseitig orientierten Allianzensystems, anstatt aus der Geschichte jenes westlichen, ursprünglich ebenfalls nur als Puffeistaat konstruierten Transitlandes Belgien zu lernen, daß es seiner Natur nach, anders als das einstige Rußland, nicht Mitglied einer Allianz, sondern nur allseitig neutraler Vermittler sein kann. Es wird eine der dringendsten Aufgaben der westlichen Siegerstaaten sein, sofern sie überhaupt an einen Bestand Polens glauben, ihm die ihm von der Natur zugewiesene Rolle annehmbar und begreiflich zu machen. In diesem Sinne war es bereits ein Fehler des Friedensvertrages, daß er ein Verbeißen Polens im Westen begünstigte, anstatt es nach Osten zu weisen. Intensiv und rasch, fruchtbringend und planmäßig nutz die Nutzbarmachung des Ostens zum Besten Gesamteuropas vor sich gehen. Es muß eine gesamt¬ europäische Planwirtschaft, ausgehend von den wirtschaftlichen Bedürfnissen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/197>, abgerufen am 24.07.2024.