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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Adolf Bartels- "Die Jüngsten"

peinlichen Sätze: "daß die gewaltigste Erscheinung, die aus der Verfallzeit der
siebziger Jahre zu uns herüberleuchtet, Richard Wagner, der Dichter-Musiker, ist,
kann niemand bestreiten und es wäre vermessen, einen Niedergang Wagners
voraussagen zu wollen (I)..." (Ja. warum denn auch? Wer, außer
den Internationalisten der "Frankfurter Zeitung", könnte das "wollen"? --) "die
deutsche Opernbühne gehört ihm auch heute noch (I) Aber dem Dramatiker
Wagner gegenüber müssenwirdochnachuudnachetwas skeptisch
werden und vielleicht auch der Persönlichkeit gegenüber: beide
haben uns kaum so viel gegeben als wir, "fasziniert", wie wir waren, ange¬
nommen haben" (!!) Mit solchen Worten stellt sich der völkische Pfadfinder
Adolf Bartels Schulter an Schulter neben den bereits schwer geisteskranken Pamph-
letisten Nietzsche (von 1886 etwa) und schmiegt sich dicht an den rassisch-berufs-
mäßigen Verkleinerer des größten deutschen Kunstgenius, an den Verfasser der
"Entzauberten" (19l3), an Herrn Emil Cohn-Ludwig aus Breslaul Und
zwar ohne den leisesten Versuch einer Begründung solcher Äußerungen, Warum
müssen wir denn vor Wagners Dramatik "skeptisch" werden? Weil ihr heute,
im achten Jahrzehnt ihres Daseins, die deutsche Opernbühne "noch" gehört?
Es gehört ihr aber nicht nur die deutsche, sondern die Opernbühne der g c-
hanter zivilisierten, auch derdeutschfeindlichenWeltl Trotz
aller Machenschaften des Naubverbands gegen den deutschen Geist und deutsche
Geltung ist Wagners Werk das einzige "Boche"-Kunstwerk des neunzehnten Jahr-
Hunderts, das heute noch unwiderstehlicher Magnet ist für Madrid wie für Stock-
Holm, für Rom wie für London, für New Aork wie für Paris, trotzdem Wagner
sein altdeutsches Herz wahrlich nie verleugnet hat -- namentlich vor Frankreich
nicht -- und ihm bittere Wahrheiten zu hören gegeben halt (Aus welchem Grunde
Wagners Werk auch während des Krieges in allen Raubverbandsstaaten ge¬
flissentlich unterdrückt worden ist.) Die stolzesten Beweise unerschütterter Über¬
legenheit deutscheu Kunstgeistes über das Ausland knüpfen sich seit
dem unseligen Ausgang des Krieges, der uns Deutschen sonst nur ein Meer von
Erniedrigung und Leiden erleben ließ, einzig und allein bis jetzt an die un ge¬
schwächte "Faszi Nation" aller Welt durch Wagners orphische
Darstellungen deutschen, nämlich: rein menschlichen, Wesens in
Wort, Ton und (Szenen) Bild. W er wird also "nach und nach etwas
skeptisch" gegen Wagners Dramatik? Außer den Leuten der XlImnLe israelite
und ihrem literarischen Agenten Cohn-Ludwig -- Professor Bartels, der Dith-
marsensproß I Und es soll uns nicht wehe tun, ihn in solcher Gesellschaft
zu sehen?

Und warum gar müssen wir "vielleicht auch" (I) vor Wagners Persön¬
lichkeit skeptisch werden? So lange wir aus das Gr ann deutschen Wesens,
wie wir es außer im Charakter unserer allergrößten Deutschen, eines Luther,
Beethoven, Bismarck, kaum je so körnig und festgefügt verkörpert hatten als in
Richard Wagners Persönlichkeit --, so lange wir darauf die ganze Hoffnung unserer
Erneuerung als Volk setzen, kann uns im Gegenteil aus der Persönlichkeit des
Bayreuthers doch nur der allergewaltigste Kraftzuwachs guillen! Ein Mann,
der, wie er, vierzig Jahre lang, unbeugsam nach oben und unten, einer Welt von
Feinden, von Halbschlächtigen und Entartenden die Stirn geboten und ihr nicht
ein Titelchen seiner künstlerischen Überzeugung preisgegeben hat, ja. aller Wider¬
sacher im stolzesten Sinn Herr geworden ist, wie Richard Wagner; eine
Persönlichkeit, die ihre Geltung so ganz nur im Unpersönlichen, nämlich, im
Völkischen, und zwar in der lautersten, geläutertsten Form völkischen Wesens
suchte, wie er, sollte dem heutigen deutschen Not- und Elendgeschlecht nichts mehr
zu geben vermögen? Ein Mann, der die Losung "deutsch sein heißt, eine Sache
nicht um des Ruhmes oder eines Vorteils willen, sondern ganz um ihrerselbst
willen tun", -- Bartels zitiert das Wort ohne seinen Urheber auf S. 174! --
recht eigentlich wie ein Menetekel für das Deutschland des zwanzigsten Jahrhunderts
hinschrieb, aber ihm auch vorlebte; ein Mann, dessen letztes Vermächtnis an


Grenzboten II 1921 20
Adolf Bartels- „Die Jüngsten"

peinlichen Sätze: „daß die gewaltigste Erscheinung, die aus der Verfallzeit der
siebziger Jahre zu uns herüberleuchtet, Richard Wagner, der Dichter-Musiker, ist,
kann niemand bestreiten und es wäre vermessen, einen Niedergang Wagners
voraussagen zu wollen (I)..." (Ja. warum denn auch? Wer, außer
den Internationalisten der „Frankfurter Zeitung", könnte das „wollen"? —) „die
deutsche Opernbühne gehört ihm auch heute noch (I) Aber dem Dramatiker
Wagner gegenüber müssenwirdochnachuudnachetwas skeptisch
werden und vielleicht auch der Persönlichkeit gegenüber: beide
haben uns kaum so viel gegeben als wir, „fasziniert", wie wir waren, ange¬
nommen haben" (!!) Mit solchen Worten stellt sich der völkische Pfadfinder
Adolf Bartels Schulter an Schulter neben den bereits schwer geisteskranken Pamph-
letisten Nietzsche (von 1886 etwa) und schmiegt sich dicht an den rassisch-berufs-
mäßigen Verkleinerer des größten deutschen Kunstgenius, an den Verfasser der
„Entzauberten" (19l3), an Herrn Emil Cohn-Ludwig aus Breslaul Und
zwar ohne den leisesten Versuch einer Begründung solcher Äußerungen, Warum
müssen wir denn vor Wagners Dramatik „skeptisch" werden? Weil ihr heute,
im achten Jahrzehnt ihres Daseins, die deutsche Opernbühne „noch" gehört?
Es gehört ihr aber nicht nur die deutsche, sondern die Opernbühne der g c-
hanter zivilisierten, auch derdeutschfeindlichenWeltl Trotz
aller Machenschaften des Naubverbands gegen den deutschen Geist und deutsche
Geltung ist Wagners Werk das einzige „Boche"-Kunstwerk des neunzehnten Jahr-
Hunderts, das heute noch unwiderstehlicher Magnet ist für Madrid wie für Stock-
Holm, für Rom wie für London, für New Aork wie für Paris, trotzdem Wagner
sein altdeutsches Herz wahrlich nie verleugnet hat — namentlich vor Frankreich
nicht — und ihm bittere Wahrheiten zu hören gegeben halt (Aus welchem Grunde
Wagners Werk auch während des Krieges in allen Raubverbandsstaaten ge¬
flissentlich unterdrückt worden ist.) Die stolzesten Beweise unerschütterter Über¬
legenheit deutscheu Kunstgeistes über das Ausland knüpfen sich seit
dem unseligen Ausgang des Krieges, der uns Deutschen sonst nur ein Meer von
Erniedrigung und Leiden erleben ließ, einzig und allein bis jetzt an die un ge¬
schwächte „Faszi Nation" aller Welt durch Wagners orphische
Darstellungen deutschen, nämlich: rein menschlichen, Wesens in
Wort, Ton und (Szenen) Bild. W er wird also „nach und nach etwas
skeptisch" gegen Wagners Dramatik? Außer den Leuten der XlImnLe israelite
und ihrem literarischen Agenten Cohn-Ludwig — Professor Bartels, der Dith-
marsensproß I Und es soll uns nicht wehe tun, ihn in solcher Gesellschaft
zu sehen?

Und warum gar müssen wir „vielleicht auch" (I) vor Wagners Persön¬
lichkeit skeptisch werden? So lange wir aus das Gr ann deutschen Wesens,
wie wir es außer im Charakter unserer allergrößten Deutschen, eines Luther,
Beethoven, Bismarck, kaum je so körnig und festgefügt verkörpert hatten als in
Richard Wagners Persönlichkeit —, so lange wir darauf die ganze Hoffnung unserer
Erneuerung als Volk setzen, kann uns im Gegenteil aus der Persönlichkeit des
Bayreuthers doch nur der allergewaltigste Kraftzuwachs guillen! Ein Mann,
der, wie er, vierzig Jahre lang, unbeugsam nach oben und unten, einer Welt von
Feinden, von Halbschlächtigen und Entartenden die Stirn geboten und ihr nicht
ein Titelchen seiner künstlerischen Überzeugung preisgegeben hat, ja. aller Wider¬
sacher im stolzesten Sinn Herr geworden ist, wie Richard Wagner; eine
Persönlichkeit, die ihre Geltung so ganz nur im Unpersönlichen, nämlich, im
Völkischen, und zwar in der lautersten, geläutertsten Form völkischen Wesens
suchte, wie er, sollte dem heutigen deutschen Not- und Elendgeschlecht nichts mehr
zu geben vermögen? Ein Mann, der die Losung „deutsch sein heißt, eine Sache
nicht um des Ruhmes oder eines Vorteils willen, sondern ganz um ihrerselbst
willen tun", — Bartels zitiert das Wort ohne seinen Urheber auf S. 174! —
recht eigentlich wie ein Menetekel für das Deutschland des zwanzigsten Jahrhunderts
hinschrieb, aber ihm auch vorlebte; ein Mann, dessen letztes Vermächtnis an


Grenzboten II 1921 20
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[0327] Adolf Bartels- „Die Jüngsten" peinlichen Sätze: „daß die gewaltigste Erscheinung, die aus der Verfallzeit der siebziger Jahre zu uns herüberleuchtet, Richard Wagner, der Dichter-Musiker, ist, kann niemand bestreiten und es wäre vermessen, einen Niedergang Wagners voraussagen zu wollen (I)..." (Ja. warum denn auch? Wer, außer den Internationalisten der „Frankfurter Zeitung", könnte das „wollen"? —) „die deutsche Opernbühne gehört ihm auch heute noch (I) Aber dem Dramatiker Wagner gegenüber müssenwirdochnachuudnachetwas skeptisch werden und vielleicht auch der Persönlichkeit gegenüber: beide haben uns kaum so viel gegeben als wir, „fasziniert", wie wir waren, ange¬ nommen haben" (!!) Mit solchen Worten stellt sich der völkische Pfadfinder Adolf Bartels Schulter an Schulter neben den bereits schwer geisteskranken Pamph- letisten Nietzsche (von 1886 etwa) und schmiegt sich dicht an den rassisch-berufs- mäßigen Verkleinerer des größten deutschen Kunstgenius, an den Verfasser der „Entzauberten" (19l3), an Herrn Emil Cohn-Ludwig aus Breslaul Und zwar ohne den leisesten Versuch einer Begründung solcher Äußerungen, Warum müssen wir denn vor Wagners Dramatik „skeptisch" werden? Weil ihr heute, im achten Jahrzehnt ihres Daseins, die deutsche Opernbühne „noch" gehört? Es gehört ihr aber nicht nur die deutsche, sondern die Opernbühne der g c- hanter zivilisierten, auch derdeutschfeindlichenWeltl Trotz aller Machenschaften des Naubverbands gegen den deutschen Geist und deutsche Geltung ist Wagners Werk das einzige „Boche"-Kunstwerk des neunzehnten Jahr- Hunderts, das heute noch unwiderstehlicher Magnet ist für Madrid wie für Stock- Holm, für Rom wie für London, für New Aork wie für Paris, trotzdem Wagner sein altdeutsches Herz wahrlich nie verleugnet hat — namentlich vor Frankreich nicht — und ihm bittere Wahrheiten zu hören gegeben halt (Aus welchem Grunde Wagners Werk auch während des Krieges in allen Raubverbandsstaaten ge¬ flissentlich unterdrückt worden ist.) Die stolzesten Beweise unerschütterter Über¬ legenheit deutscheu Kunstgeistes über das Ausland knüpfen sich seit dem unseligen Ausgang des Krieges, der uns Deutschen sonst nur ein Meer von Erniedrigung und Leiden erleben ließ, einzig und allein bis jetzt an die un ge¬ schwächte „Faszi Nation" aller Welt durch Wagners orphische Darstellungen deutschen, nämlich: rein menschlichen, Wesens in Wort, Ton und (Szenen) Bild. W er wird also „nach und nach etwas skeptisch" gegen Wagners Dramatik? Außer den Leuten der XlImnLe israelite und ihrem literarischen Agenten Cohn-Ludwig — Professor Bartels, der Dith- marsensproß I Und es soll uns nicht wehe tun, ihn in solcher Gesellschaft zu sehen? Und warum gar müssen wir „vielleicht auch" (I) vor Wagners Persön¬ lichkeit skeptisch werden? So lange wir aus das Gr ann deutschen Wesens, wie wir es außer im Charakter unserer allergrößten Deutschen, eines Luther, Beethoven, Bismarck, kaum je so körnig und festgefügt verkörpert hatten als in Richard Wagners Persönlichkeit —, so lange wir darauf die ganze Hoffnung unserer Erneuerung als Volk setzen, kann uns im Gegenteil aus der Persönlichkeit des Bayreuthers doch nur der allergewaltigste Kraftzuwachs guillen! Ein Mann, der, wie er, vierzig Jahre lang, unbeugsam nach oben und unten, einer Welt von Feinden, von Halbschlächtigen und Entartenden die Stirn geboten und ihr nicht ein Titelchen seiner künstlerischen Überzeugung preisgegeben hat, ja. aller Wider¬ sacher im stolzesten Sinn Herr geworden ist, wie Richard Wagner; eine Persönlichkeit, die ihre Geltung so ganz nur im Unpersönlichen, nämlich, im Völkischen, und zwar in der lautersten, geläutertsten Form völkischen Wesens suchte, wie er, sollte dem heutigen deutschen Not- und Elendgeschlecht nichts mehr zu geben vermögen? Ein Mann, der die Losung „deutsch sein heißt, eine Sache nicht um des Ruhmes oder eines Vorteils willen, sondern ganz um ihrerselbst willen tun", — Bartels zitiert das Wort ohne seinen Urheber auf S. 174! — recht eigentlich wie ein Menetekel für das Deutschland des zwanzigsten Jahrhunderts hinschrieb, aber ihm auch vorlebte; ein Mann, dessen letztes Vermächtnis an Grenzboten II 1921 20

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/327>, abgerufen am 25.08.2024.