Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zum 27. Januar ^925

ihnen eine ernüchterte Zukunft ein Schandmal zu errichten hat. Denn alle Agitation
eines Northcliffe und alle russisch-jüdischen Vergiftungskünfte hätten ihr Ziel nicht
erreichen können, wenn es in Deutschland nicht Männer gegeben hätte wie Vater
und Liebknecht und Frauen wie jene Rosa Luxemburg, die leider nicht dem Spruch
unparteiischer Richter, sondern einer Lynchjustiz zum Opfer gefallen sind.

Es ist aber ein trügerischer Schein, daß die Zukunft diesen Propheten des
Umsturzes gehört. Die Massen die sie aufbieten, sind ein entnervtes, von ihrem
bösen Gewissen getriebenes, verwildertes Volk, das Werkzeug der Feinde Deutschlands,
nicht unser arbeitsfrohes und arbeitsstolzes deutsches Volk. Dieses jetzt seiner
Waffen beraubte, aber seiner Ehre noch bewußte Volk ist die Gemeinschaft der¬
jenigen, die mit uns in Kummer und Trauer der Zeiten gedenken, da der 27. Januar
noch erhobenen Hauptes, in Treue und Zuversicht gefeiert wurde. Es lebt in den
Werkstätten unserer Handwerker, am Studiertisch unserer geistigen Führer, im
Herzen von Millionen Arbeitern, am häuslichen Herd unserer Frauen und Tochter
und im Gewissen der heranwachsenden Generation, der die Aufgabe zufällt, das
am Boden liegende, zertretene und beschimpfte Deutschland zu neuer Herrlichkeit
wieder aufzurichten.

Kaiser Wilhelm II. aber gilt unser Festgruß wie vor Jahr und Tag. Wir
wissen, daß er an dem Geschick Deutschlands und unser aller ebenso und vielleicht
noch schwerer trägt als wir. In seiner holländischen Einsamkeit, abgeschnitten von
allem, was seinem Leben Reiz und seinem arbeitsfrohen Sinn Zusammenhang und
Ziel gab, muß er tatenlos zuschauen, wo er mitarbeiten, schweigend über sich er¬
gehen lassen, was er entrüstet zurückweisen möchte, und der alles ausgleichenden
Gerechtigkeit der Geschichte bleibt es überlassen, zu zeigen, daß er stets, auch wo
er irrte -- und welcher Mensch ist je ohne zu irrer- durchs Leben gegangen? -- das
Beste seines Volkes, das Glück und den Ruhm Deutschlands erstrebt und zu erreichen
bemüht gewesen ist. Diejenigen, die nach dem 9. November 1918 die Zügel des
Reiches ergriffen haben, haben sie zu halten nicht vermocht. Sie schleifen am
Boden. Seit die Geschicke Deutschlands nicht mehr von preußischen Überlieferungen
geleitet werden, ist ein stetig zunehmender Niedergang auf allen Gebieten des
wirtschaftlichen, ethischen und geistigen Lebens zu verzeichnen. Nichts steht in unserem
Bewußtsein unerschütterlicher fest, als die Tatsache, daß die Deutsche Republik die
Hoffnungen nicht erfüllt hat, welche die Phantasten uns vorspiegelten, die sie ins
Leben riefen. Das deutsche Volk hat in diesen 2^4 Jahren viel erfahren, wir
hoffen, daß es auch viel gelernt hat. Der 27. Januar ist geeignet, uns zur Ein¬
kehr und zur Besinnung auf die geschichtlichen Güter zurückzuführen, die uns unter
allen Umständen erhalten bleiben müssen.




Zum 27. Januar ^925

ihnen eine ernüchterte Zukunft ein Schandmal zu errichten hat. Denn alle Agitation
eines Northcliffe und alle russisch-jüdischen Vergiftungskünfte hätten ihr Ziel nicht
erreichen können, wenn es in Deutschland nicht Männer gegeben hätte wie Vater
und Liebknecht und Frauen wie jene Rosa Luxemburg, die leider nicht dem Spruch
unparteiischer Richter, sondern einer Lynchjustiz zum Opfer gefallen sind.

Es ist aber ein trügerischer Schein, daß die Zukunft diesen Propheten des
Umsturzes gehört. Die Massen die sie aufbieten, sind ein entnervtes, von ihrem
bösen Gewissen getriebenes, verwildertes Volk, das Werkzeug der Feinde Deutschlands,
nicht unser arbeitsfrohes und arbeitsstolzes deutsches Volk. Dieses jetzt seiner
Waffen beraubte, aber seiner Ehre noch bewußte Volk ist die Gemeinschaft der¬
jenigen, die mit uns in Kummer und Trauer der Zeiten gedenken, da der 27. Januar
noch erhobenen Hauptes, in Treue und Zuversicht gefeiert wurde. Es lebt in den
Werkstätten unserer Handwerker, am Studiertisch unserer geistigen Führer, im
Herzen von Millionen Arbeitern, am häuslichen Herd unserer Frauen und Tochter
und im Gewissen der heranwachsenden Generation, der die Aufgabe zufällt, das
am Boden liegende, zertretene und beschimpfte Deutschland zu neuer Herrlichkeit
wieder aufzurichten.

Kaiser Wilhelm II. aber gilt unser Festgruß wie vor Jahr und Tag. Wir
wissen, daß er an dem Geschick Deutschlands und unser aller ebenso und vielleicht
noch schwerer trägt als wir. In seiner holländischen Einsamkeit, abgeschnitten von
allem, was seinem Leben Reiz und seinem arbeitsfrohen Sinn Zusammenhang und
Ziel gab, muß er tatenlos zuschauen, wo er mitarbeiten, schweigend über sich er¬
gehen lassen, was er entrüstet zurückweisen möchte, und der alles ausgleichenden
Gerechtigkeit der Geschichte bleibt es überlassen, zu zeigen, daß er stets, auch wo
er irrte — und welcher Mensch ist je ohne zu irrer- durchs Leben gegangen? — das
Beste seines Volkes, das Glück und den Ruhm Deutschlands erstrebt und zu erreichen
bemüht gewesen ist. Diejenigen, die nach dem 9. November 1918 die Zügel des
Reiches ergriffen haben, haben sie zu halten nicht vermocht. Sie schleifen am
Boden. Seit die Geschicke Deutschlands nicht mehr von preußischen Überlieferungen
geleitet werden, ist ein stetig zunehmender Niedergang auf allen Gebieten des
wirtschaftlichen, ethischen und geistigen Lebens zu verzeichnen. Nichts steht in unserem
Bewußtsein unerschütterlicher fest, als die Tatsache, daß die Deutsche Republik die
Hoffnungen nicht erfüllt hat, welche die Phantasten uns vorspiegelten, die sie ins
Leben riefen. Das deutsche Volk hat in diesen 2^4 Jahren viel erfahren, wir
hoffen, daß es auch viel gelernt hat. Der 27. Januar ist geeignet, uns zur Ein¬
kehr und zur Besinnung auf die geschichtlichen Güter zurückzuführen, die uns unter
allen Umständen erhalten bleiben müssen.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338529"/>
          <fw type="header" place="top"> Zum 27. Januar ^925</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_302" prev="#ID_301"> ihnen eine ernüchterte Zukunft ein Schandmal zu errichten hat. Denn alle Agitation<lb/>
eines Northcliffe und alle russisch-jüdischen Vergiftungskünfte hätten ihr Ziel nicht<lb/>
erreichen können, wenn es in Deutschland nicht Männer gegeben hätte wie Vater<lb/>
und Liebknecht und Frauen wie jene Rosa Luxemburg, die leider nicht dem Spruch<lb/>
unparteiischer Richter, sondern einer Lynchjustiz zum Opfer gefallen sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_303"> Es ist aber ein trügerischer Schein, daß die Zukunft diesen Propheten des<lb/>
Umsturzes gehört. Die Massen die sie aufbieten, sind ein entnervtes, von ihrem<lb/>
bösen Gewissen getriebenes, verwildertes Volk, das Werkzeug der Feinde Deutschlands,<lb/>
nicht unser arbeitsfrohes und arbeitsstolzes deutsches Volk. Dieses jetzt seiner<lb/>
Waffen beraubte, aber seiner Ehre noch bewußte Volk ist die Gemeinschaft der¬<lb/>
jenigen, die mit uns in Kummer und Trauer der Zeiten gedenken, da der 27. Januar<lb/>
noch erhobenen Hauptes, in Treue und Zuversicht gefeiert wurde. Es lebt in den<lb/>
Werkstätten unserer Handwerker, am Studiertisch unserer geistigen Führer, im<lb/>
Herzen von Millionen Arbeitern, am häuslichen Herd unserer Frauen und Tochter<lb/>
und im Gewissen der heranwachsenden Generation, der die Aufgabe zufällt, das<lb/>
am Boden liegende, zertretene und beschimpfte Deutschland zu neuer Herrlichkeit<lb/>
wieder aufzurichten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_304"> Kaiser Wilhelm II. aber gilt unser Festgruß wie vor Jahr und Tag. Wir<lb/>
wissen, daß er an dem Geschick Deutschlands und unser aller ebenso und vielleicht<lb/>
noch schwerer trägt als wir. In seiner holländischen Einsamkeit, abgeschnitten von<lb/>
allem, was seinem Leben Reiz und seinem arbeitsfrohen Sinn Zusammenhang und<lb/>
Ziel gab, muß er tatenlos zuschauen, wo er mitarbeiten, schweigend über sich er¬<lb/>
gehen lassen, was er entrüstet zurückweisen möchte, und der alles ausgleichenden<lb/>
Gerechtigkeit der Geschichte bleibt es überlassen, zu zeigen, daß er stets, auch wo<lb/>
er irrte &#x2014; und welcher Mensch ist je ohne zu irrer- durchs Leben gegangen? &#x2014; das<lb/>
Beste seines Volkes, das Glück und den Ruhm Deutschlands erstrebt und zu erreichen<lb/>
bemüht gewesen ist. Diejenigen, die nach dem 9. November 1918 die Zügel des<lb/>
Reiches ergriffen haben, haben sie zu halten nicht vermocht. Sie schleifen am<lb/>
Boden. Seit die Geschicke Deutschlands nicht mehr von preußischen Überlieferungen<lb/>
geleitet werden, ist ein stetig zunehmender Niedergang auf allen Gebieten des<lb/>
wirtschaftlichen, ethischen und geistigen Lebens zu verzeichnen. Nichts steht in unserem<lb/>
Bewußtsein unerschütterlicher fest, als die Tatsache, daß die Deutsche Republik die<lb/>
Hoffnungen nicht erfüllt hat, welche die Phantasten uns vorspiegelten, die sie ins<lb/>
Leben riefen. Das deutsche Volk hat in diesen 2^4 Jahren viel erfahren, wir<lb/>
hoffen, daß es auch viel gelernt hat. Der 27. Januar ist geeignet, uns zur Ein¬<lb/>
kehr und zur Besinnung auf die geschichtlichen Güter zurückzuführen, die uns unter<lb/>
allen Umständen erhalten bleiben müssen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0096] Zum 27. Januar ^925 ihnen eine ernüchterte Zukunft ein Schandmal zu errichten hat. Denn alle Agitation eines Northcliffe und alle russisch-jüdischen Vergiftungskünfte hätten ihr Ziel nicht erreichen können, wenn es in Deutschland nicht Männer gegeben hätte wie Vater und Liebknecht und Frauen wie jene Rosa Luxemburg, die leider nicht dem Spruch unparteiischer Richter, sondern einer Lynchjustiz zum Opfer gefallen sind. Es ist aber ein trügerischer Schein, daß die Zukunft diesen Propheten des Umsturzes gehört. Die Massen die sie aufbieten, sind ein entnervtes, von ihrem bösen Gewissen getriebenes, verwildertes Volk, das Werkzeug der Feinde Deutschlands, nicht unser arbeitsfrohes und arbeitsstolzes deutsches Volk. Dieses jetzt seiner Waffen beraubte, aber seiner Ehre noch bewußte Volk ist die Gemeinschaft der¬ jenigen, die mit uns in Kummer und Trauer der Zeiten gedenken, da der 27. Januar noch erhobenen Hauptes, in Treue und Zuversicht gefeiert wurde. Es lebt in den Werkstätten unserer Handwerker, am Studiertisch unserer geistigen Führer, im Herzen von Millionen Arbeitern, am häuslichen Herd unserer Frauen und Tochter und im Gewissen der heranwachsenden Generation, der die Aufgabe zufällt, das am Boden liegende, zertretene und beschimpfte Deutschland zu neuer Herrlichkeit wieder aufzurichten. Kaiser Wilhelm II. aber gilt unser Festgruß wie vor Jahr und Tag. Wir wissen, daß er an dem Geschick Deutschlands und unser aller ebenso und vielleicht noch schwerer trägt als wir. In seiner holländischen Einsamkeit, abgeschnitten von allem, was seinem Leben Reiz und seinem arbeitsfrohen Sinn Zusammenhang und Ziel gab, muß er tatenlos zuschauen, wo er mitarbeiten, schweigend über sich er¬ gehen lassen, was er entrüstet zurückweisen möchte, und der alles ausgleichenden Gerechtigkeit der Geschichte bleibt es überlassen, zu zeigen, daß er stets, auch wo er irrte — und welcher Mensch ist je ohne zu irrer- durchs Leben gegangen? — das Beste seines Volkes, das Glück und den Ruhm Deutschlands erstrebt und zu erreichen bemüht gewesen ist. Diejenigen, die nach dem 9. November 1918 die Zügel des Reiches ergriffen haben, haben sie zu halten nicht vermocht. Sie schleifen am Boden. Seit die Geschicke Deutschlands nicht mehr von preußischen Überlieferungen geleitet werden, ist ein stetig zunehmender Niedergang auf allen Gebieten des wirtschaftlichen, ethischen und geistigen Lebens zu verzeichnen. Nichts steht in unserem Bewußtsein unerschütterlicher fest, als die Tatsache, daß die Deutsche Republik die Hoffnungen nicht erfüllt hat, welche die Phantasten uns vorspiegelten, die sie ins Leben riefen. Das deutsche Volk hat in diesen 2^4 Jahren viel erfahren, wir hoffen, daß es auch viel gelernt hat. Der 27. Januar ist geeignet, uns zur Ein¬ kehr und zur Besinnung auf die geschichtlichen Güter zurückzuführen, die uns unter allen Umständen erhalten bleiben müssen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/96
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/96>, abgerufen am 29.06.2024.