Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.Reisebriefe an den Aaiser Am nächsten Tage mußte schon geschieden sein, und nicht ganz leicht war es,> Es ist erstaunlich, einen wie tüchtigen Eindruck diese kleine, aus dem Ein merkwürdiges und doch höchst fesselndes Bild, der Blick in die Namib -- Zu Euer Majestät Geburtstag hatten die ungünstigen Hafenverhältnisse und Dann wurde die überfährt zum anderen Weltteil angetreten. Erst noch frischer Am 2. Februar fällt der Anker vor Se. Helena. Das Wetter meint es gut/ Es wird kaun, einer unter der Besatzung sein, der nicht das schmale, schroffe 12*
Reisebriefe an den Aaiser Am nächsten Tage mußte schon geschieden sein, und nicht ganz leicht war es,> Es ist erstaunlich, einen wie tüchtigen Eindruck diese kleine, aus dem Ein merkwürdiges und doch höchst fesselndes Bild, der Blick in die Namib — Zu Euer Majestät Geburtstag hatten die ungünstigen Hafenverhältnisse und Dann wurde die überfährt zum anderen Weltteil angetreten. Erst noch frischer Am 2. Februar fällt der Anker vor Se. Helena. Das Wetter meint es gut/ Es wird kaun, einer unter der Besatzung sein, der nicht das schmale, schroffe 12*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338626"/> <fw type="header" place="top"> Reisebriefe an den Aaiser</fw><lb/> <p xml:id="ID_639"> Am nächsten Tage mußte schon geschieden sein, und nicht ganz leicht war es,><lb/> im dicken Nebel nach Lüderitzbucht hineinzukommen. Sand und Fels — oder<lb/> Klippe, wie man hier sagt das Wasser kostet 30 die Tonne, da ist ein Blumen¬<lb/> topf schon ein Luxus; nur der Gefängniswärter kann mit seinen Arbeitskräften es<lb/> billiger haben und ein blühendes Gärtchen mit grünberankter Laube dem Boden'<lb/> abringen.</p><lb/> <p xml:id="ID_640"> Es ist erstaunlich, einen wie tüchtigen Eindruck diese kleine, aus dem<lb/> Diamantengewinn heraufgewachsene Stadt macht. Es erfreut das Herz, überall<lb/> das Empfinden mitzunehmen, daß dort unten in Südwest ein starkes, in Körper<lb/> und Empfindung gesundes Geschlecht heranwächst. Den Eindruck hat man auch in<lb/> Lüderitzbucht. Wir hatten ja wieder mit dem Kohlennehmen und unfreundlichen<lb/> Seeverhältnissen dabei zu kämpfen, aber ein Teil unserer Leute hat doch, bei der<lb/> unübertrefflichen Gastfreundschaft, die geboten wurde, auch die Diamantenfelder<lb/> sehen können. ES Macht doch Freude, mal in der Wäscherei aus dem dunklen<lb/> „Herz" — wie es heißt — die glitzernden Diamanten herauszusuchen, auch wenn<lb/> man sie leider nicht behalten darf.</p><lb/> <p xml:id="ID_641"> Ein merkwürdiges und doch höchst fesselndes Bild, der Blick in die Namib —<lb/> den Wüstengürtel — hinein. Der Fernblick abgeschlossen durch hohe Wanderdünen,<lb/> ein welliges Gelände vor einem liegend, aus dem gelben Grund Felskuppen eines<lb/> fast blauen Gestirns hervorbrechend; der Wind fegt den freien Sand vor sich her,<lb/> da und dort zeigen bleichende Nindergerippe die Spur des alten Baiweges an. Über<lb/> dem Ganzen steht blendend die Sonne, die Luft flimmert vor strahlender Hitze.</p><lb/> <p xml:id="ID_642"> Zu Euer Majestät Geburtstag hatten die ungünstigen Hafenverhältnisse und<lb/> der unfreundliche Südwest uns ja noch Kohlen beschert, aber die Hurrah haben wir<lb/> uns nicht verleiden lassen, Wenns auch mitten aus der Arbeit heraus sein mußte.<lb/> Es galt ja, die große Aufgabe vorwärts zu bringen, die uns gestellt war, da gab die<lb/> Besatzung auch an Kaiscrsgeburtstag die ganze Arbeitskraft her, ihrem Vaterland,<lb/> ihrem Kaiser zu Ehren. Den freien Tag haben wir dann nachgeholt. Ein Teil<lb/> der Besatzung, wenn auch nur sehr wenige, konnten auch abends noch an Land, um<lb/> mitzufeiern und zu tanzen; ähnlich das Bild wie in Swakovmund.</p><lb/> <p xml:id="ID_643"> Dann wurde die überfährt zum anderen Weltteil angetreten. Erst noch frischer<lb/> Südwest und ziemliche Dünung querem, soweit der Einfluß der Küste und des<lb/> kalten Stromes reichte; dann setzte der Passat fast recht von achterm ein mit leichten<lb/> Schmimköpfcn und wechselnder Dünung. Dem schweren Schiff macht das nichts,<lb/> langsam hebt und senkt es sich, die Dünung Parierend, kaum 4° legt es sich über<lb/> Trockenes Deck und schönes heiteres Wetter.'</p><lb/> <p xml:id="ID_644"> Am 2. Februar fällt der Anker vor Se. Helena. Das Wetter meint es gut/<lb/> Der sonst häufige Regen war klarem Sonnenschein gewichen, die nach der Pegel¬<lb/> anweisung zu fürchtenden Seeverhältnisse waren aufs freundlichste gestimmt. Der<lb/> Kohlcndompfer konnte ohne Schwierigkeit längsseit liegen, und so war diese Arbeit<lb/> schnell getan.</p><lb/> <p xml:id="ID_645" next="#ID_646"> Es wird kaun, einer unter der Besatzung sein, der nicht das schmale, schroffe<lb/> Tal von Se. James hinaufgestiegen ist nach Longwood, dem Verbannungsort<lb/> Napoleons, Ein dürftiges kleines Landhaus, teils nur aus Holzwerk gefügt, die<lb/> wenigen kleinen Zimmer, die gezeigt werden, ohne Einrichtung — sie ist seiner Zeit<lb/> versteigert worden —, kahl, unfreundlich, nur eine Marmorbüste an der Stelle, wo</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 12*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
Reisebriefe an den Aaiser
Am nächsten Tage mußte schon geschieden sein, und nicht ganz leicht war es,>
im dicken Nebel nach Lüderitzbucht hineinzukommen. Sand und Fels — oder
Klippe, wie man hier sagt das Wasser kostet 30 die Tonne, da ist ein Blumen¬
topf schon ein Luxus; nur der Gefängniswärter kann mit seinen Arbeitskräften es
billiger haben und ein blühendes Gärtchen mit grünberankter Laube dem Boden'
abringen.
Es ist erstaunlich, einen wie tüchtigen Eindruck diese kleine, aus dem
Diamantengewinn heraufgewachsene Stadt macht. Es erfreut das Herz, überall
das Empfinden mitzunehmen, daß dort unten in Südwest ein starkes, in Körper
und Empfindung gesundes Geschlecht heranwächst. Den Eindruck hat man auch in
Lüderitzbucht. Wir hatten ja wieder mit dem Kohlennehmen und unfreundlichen
Seeverhältnissen dabei zu kämpfen, aber ein Teil unserer Leute hat doch, bei der
unübertrefflichen Gastfreundschaft, die geboten wurde, auch die Diamantenfelder
sehen können. ES Macht doch Freude, mal in der Wäscherei aus dem dunklen
„Herz" — wie es heißt — die glitzernden Diamanten herauszusuchen, auch wenn
man sie leider nicht behalten darf.
Ein merkwürdiges und doch höchst fesselndes Bild, der Blick in die Namib —
den Wüstengürtel — hinein. Der Fernblick abgeschlossen durch hohe Wanderdünen,
ein welliges Gelände vor einem liegend, aus dem gelben Grund Felskuppen eines
fast blauen Gestirns hervorbrechend; der Wind fegt den freien Sand vor sich her,
da und dort zeigen bleichende Nindergerippe die Spur des alten Baiweges an. Über
dem Ganzen steht blendend die Sonne, die Luft flimmert vor strahlender Hitze.
Zu Euer Majestät Geburtstag hatten die ungünstigen Hafenverhältnisse und
der unfreundliche Südwest uns ja noch Kohlen beschert, aber die Hurrah haben wir
uns nicht verleiden lassen, Wenns auch mitten aus der Arbeit heraus sein mußte.
Es galt ja, die große Aufgabe vorwärts zu bringen, die uns gestellt war, da gab die
Besatzung auch an Kaiscrsgeburtstag die ganze Arbeitskraft her, ihrem Vaterland,
ihrem Kaiser zu Ehren. Den freien Tag haben wir dann nachgeholt. Ein Teil
der Besatzung, wenn auch nur sehr wenige, konnten auch abends noch an Land, um
mitzufeiern und zu tanzen; ähnlich das Bild wie in Swakovmund.
Dann wurde die überfährt zum anderen Weltteil angetreten. Erst noch frischer
Südwest und ziemliche Dünung querem, soweit der Einfluß der Küste und des
kalten Stromes reichte; dann setzte der Passat fast recht von achterm ein mit leichten
Schmimköpfcn und wechselnder Dünung. Dem schweren Schiff macht das nichts,
langsam hebt und senkt es sich, die Dünung Parierend, kaum 4° legt es sich über
Trockenes Deck und schönes heiteres Wetter.'
Am 2. Februar fällt der Anker vor Se. Helena. Das Wetter meint es gut/
Der sonst häufige Regen war klarem Sonnenschein gewichen, die nach der Pegel¬
anweisung zu fürchtenden Seeverhältnisse waren aufs freundlichste gestimmt. Der
Kohlcndompfer konnte ohne Schwierigkeit längsseit liegen, und so war diese Arbeit
schnell getan.
Es wird kaun, einer unter der Besatzung sein, der nicht das schmale, schroffe
Tal von Se. James hinaufgestiegen ist nach Longwood, dem Verbannungsort
Napoleons, Ein dürftiges kleines Landhaus, teils nur aus Holzwerk gefügt, die
wenigen kleinen Zimmer, die gezeigt werden, ohne Einrichtung — sie ist seiner Zeit
versteigert worden —, kahl, unfreundlich, nur eine Marmorbüste an der Stelle, wo
12*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |