Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Federstriche

Parlament die Zeit für die Etatsdebatten auf 20 Tage beschränkt, die im Notfall
auf 23 Tage erhöht werden kann. Gegen allzu ausgedehnte Debatten hat
England die sogenannte "Guillotine". So versteht es das englische Volk dank
seiner politischen Reife, die Plenarberatungen auf einer gewissen Höhe zu halten
und eine sachliche Gedrängtheit und Würde der Verhandlungen zu erzwingen.
Aber auch die wohltätigsten Gesetze und klügsten Geschäftsordnungen würden
wirkungslos sein, wenn nicht die Selbstzucht des einzelnen, der Gemeingeist aller
sie von innen heraus bejahte.


Der Herr Minister

Neuerdings hat sich die Sitte eingebürgert, bei Sitzungsberichten zu drucken:
Anwesend der Herr Minister, Ministerialrat X, Major U "usw. Kürzlich wurde
dies von einem Bürokraten (alte Schule) bemängelt. Es wäre undemokratisch,
meinte dieser,' man müßte allen Anwesenden das "Herr" geben oder gar keinem.
Wie wenig Verständnis für die neue Zeit! Gerade dies ist so demokratisch.
Wer würde daran zweifeln, daß X und U Herren sind? Bei einem Minister
indessen kann man die Versicherung, daß er ein "Herr" ist, gar nicht oft genug
d L. I. w. rucken.




Verantwortlich: i. V. Hans von Sodenstern in Berlin.
Schristleitung und Berlag: Berlin SW 11, Tempelhofer User :>"->. Fernruf: Llltzow "hio.
Verlag: K> F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin.
Druck W, Mo-Ier Buchdruckerei, Berlin S it, Stallschreiberstr. Se/hö.

Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.




Federstriche

Parlament die Zeit für die Etatsdebatten auf 20 Tage beschränkt, die im Notfall
auf 23 Tage erhöht werden kann. Gegen allzu ausgedehnte Debatten hat
England die sogenannte „Guillotine". So versteht es das englische Volk dank
seiner politischen Reife, die Plenarberatungen auf einer gewissen Höhe zu halten
und eine sachliche Gedrängtheit und Würde der Verhandlungen zu erzwingen.
Aber auch die wohltätigsten Gesetze und klügsten Geschäftsordnungen würden
wirkungslos sein, wenn nicht die Selbstzucht des einzelnen, der Gemeingeist aller
sie von innen heraus bejahte.


Der Herr Minister

Neuerdings hat sich die Sitte eingebürgert, bei Sitzungsberichten zu drucken:
Anwesend der Herr Minister, Ministerialrat X, Major U "usw. Kürzlich wurde
dies von einem Bürokraten (alte Schule) bemängelt. Es wäre undemokratisch,
meinte dieser,' man müßte allen Anwesenden das „Herr" geben oder gar keinem.
Wie wenig Verständnis für die neue Zeit! Gerade dies ist so demokratisch.
Wer würde daran zweifeln, daß X und U Herren sind? Bei einem Minister
indessen kann man die Versicherung, daß er ein „Herr" ist, gar nicht oft genug
d L. I. w. rucken.




Verantwortlich: i. V. Hans von Sodenstern in Berlin.
Schristleitung und Berlag: Berlin SW 11, Tempelhofer User :>»->. Fernruf: Llltzow «hio.
Verlag: K> F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin.
Druck W, Mo-Ier Buchdruckerei, Berlin S it, Stallschreiberstr. Se/hö.

Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338606"/>
            <fw type="header" place="top"> Federstriche</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_561" prev="#ID_560"> Parlament die Zeit für die Etatsdebatten auf 20 Tage beschränkt, die im Notfall<lb/>
auf 23 Tage erhöht werden kann. Gegen allzu ausgedehnte Debatten hat<lb/>
England die sogenannte &#x201E;Guillotine". So versteht es das englische Volk dank<lb/>
seiner politischen Reife, die Plenarberatungen auf einer gewissen Höhe zu halten<lb/>
und eine sachliche Gedrängtheit und Würde der Verhandlungen zu erzwingen.<lb/>
Aber auch die wohltätigsten Gesetze und klügsten Geschäftsordnungen würden<lb/>
wirkungslos sein, wenn nicht die Selbstzucht des einzelnen, der Gemeingeist aller<lb/>
sie von innen heraus bejahte.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Der Herr Minister</head><lb/>
            <p xml:id="ID_562"> Neuerdings hat sich die Sitte eingebürgert, bei Sitzungsberichten zu drucken:<lb/>
Anwesend der Herr Minister, Ministerialrat X, Major U "usw. Kürzlich wurde<lb/>
dies von einem Bürokraten (alte Schule) bemängelt. Es wäre undemokratisch,<lb/>
meinte dieser,' man müßte allen Anwesenden das &#x201E;Herr" geben oder gar keinem.<lb/>
Wie wenig Verständnis für die neue Zeit! Gerade dies ist so demokratisch.<lb/>
Wer würde daran zweifeln, daß X und U Herren sind? Bei einem Minister<lb/>
indessen kann man die Versicherung, daß er ein &#x201E;Herr" ist, gar nicht oft genug<lb/>
d<note type="byline"> L. I. w.</note> rucken. </p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <note type="byline"> Verantwortlich: i. V. Hans von Sodenstern in Berlin.<lb/>
Schristleitung und Berlag: Berlin SW 11, Tempelhofer User :&gt;»-&gt;. Fernruf: Llltzow «hio.<lb/>
Verlag: K&gt; F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin.<lb/>
Druck W, Mo-Ier Buchdruckerei, Berlin S it, Stallschreiberstr. Se/hö.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_563"> Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.<lb/>
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0173] Federstriche Parlament die Zeit für die Etatsdebatten auf 20 Tage beschränkt, die im Notfall auf 23 Tage erhöht werden kann. Gegen allzu ausgedehnte Debatten hat England die sogenannte „Guillotine". So versteht es das englische Volk dank seiner politischen Reife, die Plenarberatungen auf einer gewissen Höhe zu halten und eine sachliche Gedrängtheit und Würde der Verhandlungen zu erzwingen. Aber auch die wohltätigsten Gesetze und klügsten Geschäftsordnungen würden wirkungslos sein, wenn nicht die Selbstzucht des einzelnen, der Gemeingeist aller sie von innen heraus bejahte. Der Herr Minister Neuerdings hat sich die Sitte eingebürgert, bei Sitzungsberichten zu drucken: Anwesend der Herr Minister, Ministerialrat X, Major U "usw. Kürzlich wurde dies von einem Bürokraten (alte Schule) bemängelt. Es wäre undemokratisch, meinte dieser,' man müßte allen Anwesenden das „Herr" geben oder gar keinem. Wie wenig Verständnis für die neue Zeit! Gerade dies ist so demokratisch. Wer würde daran zweifeln, daß X und U Herren sind? Bei einem Minister indessen kann man die Versicherung, daß er ein „Herr" ist, gar nicht oft genug d L. I. w. rucken. Verantwortlich: i. V. Hans von Sodenstern in Berlin. Schristleitung und Berlag: Berlin SW 11, Tempelhofer User :>»->. Fernruf: Llltzow «hio. Verlag: K> F. Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin. Druck W, Mo-Ier Buchdruckerei, Berlin S it, Stallschreiberstr. Se/hö. Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/173
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/173>, abgerufen am 28.12.2024.