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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Der Geist eines Volkes umfaßt nicht bloß
die nebeneinander, sondern auch die nacheinander
lebenden Geschlechter. Wir berufen uns wider den
mißleiteten Willen derer, die da leben, auf den
Willen derer, die da waren.

h. v. Treitschke.


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Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Henel
Wiederaufbau des deutschen Volkstums
Carl Mirbt von

s gibt kein in einen kurzen' Satz zusammenzufassendes Rezept für die
Gesundung unseres deutschen Volkstums. Denn der notwendige
Wiederaufbau ist von den zahlreichen Faktoren abhängig, die in
jeder Geschichtsperiode die Blüte eines Volkes bedingen und gegen¬
wärtig noch durch die vielseitigen Wirkungen des Kriegsausgangs
vermehrt worden sind. Selbstverständlich stehen zur Zeit die wirtschaftlichen
Fragen im Vordergrund, denn die Sicherung des Lebensunterhalts ist die Grund¬
voraussetzung alles Schaffens. Aber ebenso klar ist es, daß gleichzeitig der Sinn
für geistige und ideale Werte neu zu wecken sein wird, ohne die kein Volk auf die
Dauer bestehen kann, wenn es nicht auf die Stufe primitiver Lebensformen
herabsinken soll. Die Verkennung der Unentbehrlichkeit geistiger Kraftquellen, die
sich jetzt in weiten Kreisen beobachten läßt, ist nur aus der das ganze Leben
beherrschenden Sorge um das tägliche Brot und aus der moralischen Erschlaffung
zu erklären, unter der die Seele unseres Volkes zu verkümmern droht. Andern¬
falls müßten die Erfahrungen des Krieges jedem nachdenkenden Menschen die
Erkenntnis aufdrängen, daß wir ohne geistige Erhebung dem Niedergang unaufhaltsam
verfallen sind, den Pessimisten schon jetzt als unabwendbar hinstellen. Denn wir
stehen vor der erweisbaren Tatsache, das unsere Niederlage nicht in erstes Linie
aus dem Physischen Zusammenbruch des deutschen Volkes abzuleiten ist -- das
beweist das Weiterbestehen des deutschen Volkes unter der nach dem Waffenstillstande
fortgesetzten Hungerblokade --, sondern aus dem Versagen der psychischen und


Grenzboten I 1921 g


Der Geist eines Volkes umfaßt nicht bloß
die nebeneinander, sondern auch die nacheinander
lebenden Geschlechter. Wir berufen uns wider den
mißleiteten Willen derer, die da leben, auf den
Willen derer, die da waren.

h. v. Treitschke.


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Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Henel
Wiederaufbau des deutschen Volkstums
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s gibt kein in einen kurzen' Satz zusammenzufassendes Rezept für die
Gesundung unseres deutschen Volkstums. Denn der notwendige
Wiederaufbau ist von den zahlreichen Faktoren abhängig, die in
jeder Geschichtsperiode die Blüte eines Volkes bedingen und gegen¬
wärtig noch durch die vielseitigen Wirkungen des Kriegsausgangs
vermehrt worden sind. Selbstverständlich stehen zur Zeit die wirtschaftlichen
Fragen im Vordergrund, denn die Sicherung des Lebensunterhalts ist die Grund¬
voraussetzung alles Schaffens. Aber ebenso klar ist es, daß gleichzeitig der Sinn
für geistige und ideale Werte neu zu wecken sein wird, ohne die kein Volk auf die
Dauer bestehen kann, wenn es nicht auf die Stufe primitiver Lebensformen
herabsinken soll. Die Verkennung der Unentbehrlichkeit geistiger Kraftquellen, die
sich jetzt in weiten Kreisen beobachten läßt, ist nur aus der das ganze Leben
beherrschenden Sorge um das tägliche Brot und aus der moralischen Erschlaffung
zu erklären, unter der die Seele unseres Volkes zu verkümmern droht. Andern¬
falls müßten die Erfahrungen des Krieges jedem nachdenkenden Menschen die
Erkenntnis aufdrängen, daß wir ohne geistige Erhebung dem Niedergang unaufhaltsam
verfallen sind, den Pessimisten schon jetzt als unabwendbar hinstellen. Denn wir
stehen vor der erweisbaren Tatsache, das unsere Niederlage nicht in erstes Linie
aus dem Physischen Zusammenbruch des deutschen Volkes abzuleiten ist — das
beweist das Weiterbestehen des deutschen Volkes unter der nach dem Waffenstillstande
fortgesetzten Hungerblokade —, sondern aus dem Versagen der psychischen und


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[0143] [Abbildung] Der Geist eines Volkes umfaßt nicht bloß die nebeneinander, sondern auch die nacheinander lebenden Geschlechter. Wir berufen uns wider den mißleiteten Willen derer, die da leben, auf den Willen derer, die da waren. h. v. Treitschke. W Mrltllll Vorbereitung auf file KIsssLn aer ver8ebieclenen 8eunt8^8lerne (I_Im8cnuIunA). Insbesonäers Vorbereitung fut 6le LinjänriZen-, prima- unä KeikeprükunZ.or. WcKaelis. VW««>s««r» ««VS^V^LLSL ^-ßKMKMLkSSS G^sKsm» lor «et« »4u»»«rin««su in t.e!p?is Die Pflege des kolonialen Gedankens ein Henel Wiederaufbau des deutschen Volkstums Carl Mirbt von s gibt kein in einen kurzen' Satz zusammenzufassendes Rezept für die Gesundung unseres deutschen Volkstums. Denn der notwendige Wiederaufbau ist von den zahlreichen Faktoren abhängig, die in jeder Geschichtsperiode die Blüte eines Volkes bedingen und gegen¬ wärtig noch durch die vielseitigen Wirkungen des Kriegsausgangs vermehrt worden sind. Selbstverständlich stehen zur Zeit die wirtschaftlichen Fragen im Vordergrund, denn die Sicherung des Lebensunterhalts ist die Grund¬ voraussetzung alles Schaffens. Aber ebenso klar ist es, daß gleichzeitig der Sinn für geistige und ideale Werte neu zu wecken sein wird, ohne die kein Volk auf die Dauer bestehen kann, wenn es nicht auf die Stufe primitiver Lebensformen herabsinken soll. Die Verkennung der Unentbehrlichkeit geistiger Kraftquellen, die sich jetzt in weiten Kreisen beobachten läßt, ist nur aus der das ganze Leben beherrschenden Sorge um das tägliche Brot und aus der moralischen Erschlaffung zu erklären, unter der die Seele unseres Volkes zu verkümmern droht. Andern¬ falls müßten die Erfahrungen des Krieges jedem nachdenkenden Menschen die Erkenntnis aufdrängen, daß wir ohne geistige Erhebung dem Niedergang unaufhaltsam verfallen sind, den Pessimisten schon jetzt als unabwendbar hinstellen. Denn wir stehen vor der erweisbaren Tatsache, das unsere Niederlage nicht in erstes Linie aus dem Physischen Zusammenbruch des deutschen Volkes abzuleiten ist — das beweist das Weiterbestehen des deutschen Volkes unter der nach dem Waffenstillstande fortgesetzten Hungerblokade —, sondern aus dem Versagen der psychischen und Grenzboten I 1921 g

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/143>, abgerufen am 24.07.2024.