Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.Die Bedeutung der Volksabstimmung in Aärten Reibungen in, der südslawischen "dreiteiliger Nation" im Auge hat, wird der Die Abstimmung der "deutschfreundlichen" Slowenen richtet sich aber zum Wichtiger aber ist der E i n d r u et n ach a u ß e n. Man begann ohnehin schon Die Bedeutung der Volksabstimmung in Aärten Reibungen in, der südslawischen „dreiteiliger Nation" im Auge hat, wird der Die Abstimmung der „deutschfreundlichen" Slowenen richtet sich aber zum Wichtiger aber ist der E i n d r u et n ach a u ß e n. Man begann ohnehin schon <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0124" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/338147"/> <fw type="header" place="top"> Die Bedeutung der Volksabstimmung in Aärten</fw><lb/> <p xml:id="ID_434" prev="#ID_433"> Reibungen in, der südslawischen „dreiteiliger Nation" im Auge hat, wird der<lb/> deutschen Führung im alten Österreich eher Schwäche, als Gewaltsamkeit vorwerfen,<lb/> Das wird dadurch bestätigt, daß sich so viele Slowenen nunmehr willig unter diese<lb/> Führung stellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_435"> Die Abstimmung der „deutschfreundlichen" Slowenen richtet sich aber zum<lb/> Teil auch gegen die serbische Vorherrschaft — genauer gesagt, die der<lb/> Serben und ihrer Parteigänger — in dem neuen „Nationalstaat". Die Massen des<lb/> slowenischen und kroatischen Volks leiden zunehmend unter diesem Druck, und ihre<lb/> Unzufriedenheit, deren politische Wirkungen man zunächst freilich nicht überschätzen<lb/> darf, kann sich nunmehr auf das Zeugnis der Kärntner Slowenen berufen, von denen<lb/> ein Teil sogar den „deutschen Druck" dem serbischen vorgezogen habe. Andererseits<lb/> scheint man in Laibacher Regierungskreisen zu empfinden, daß die Niederlage das<lb/> Gewicht der Slowenen im Südslawen se aat nicht gestärkt hat. Die<lb/> Sicherheit, mit der man den Serben einen glänzenden Sieg in Aussicht gestellt hatte,<lb/> muß diesen ja nun als Flunkerei erscheinen und kann die Belgrader Realpolitik nur<lb/> in ihrem Urteil über die Laibacher Gefühlspolitiker, die ihrer Außenpolitik schon<lb/> manche Unbequemlichkeit bereitet haben, bestärken. So begreift man die Wut der<lb/> herrschenden Kreise im Slowenenlande, die sich in den Gewalttätigkeiten gegen die<lb/> Marburger Deutschen in brutaler Weise äußerte.</p><lb/> <p xml:id="ID_436" next="#ID_437"> Wichtiger aber ist der E i n d r u et n ach a u ß e n. Man begann ohnehin schon<lb/> in den Ententeländern zu erkennen, mit was für Karten die Slowenen gespielt haben.<lb/> Nun erweisen sich ihre Behauptungen über Kärnten als falsch und man wird die<lb/> österreichischen Gegengründe vielleicht besser würdigen, wenn sie mit Nachdruck<lb/> neuerlich vorgebracht und wenn ihre wissenschaftliche Begründung nunmehr dem<lb/> Verlangen nach „Revision des Friedensvertrags" dienstbar gemacht<lb/> wird. Die Österreicher haben in Se. Germain immer wieder V o l k s ab se i in in u n -<lb/> gen in allen strittigen Gebieten verlangt. Wenn sie dieses Verlangen nunwehr<lb/> dem Völkerbund und der Öffentlichkeit der westlichen Länder wieder vorlegen, kann<lb/> man es kaum ungeprüft lassen. Die Abstimmung in der Zone ^ lenkt die Aufmerk¬<lb/> samkeit wieder auf das Miestal und auf Untersteiermark. Faßt man die Ver¬<lb/> hältnisse dieser Gebiete unbefangen ins Auge, so kann man nicht leugnen, daß die<lb/> nunmehr gewonnene Karawcmkengrenze ihre Fortsetzung in den Steierer Alpen und<lb/> im Vachergebirge findet, daß das Drautal nicht zwischen verschiedenen Staaten zerteilt<lb/> werden kann, wenn Ruhe und gute Nachbarschaft herrschen soll, und vor allem, daß<lb/> die nationalen Verhältnisse an der Drau unterhalb der Lavantmündung nicht wesent¬<lb/> lich verschieden sind von denen oberhalb dieser Stelle. Hier wie dort große deutsche<lb/> Sprachinseln — hier vor allem Marburg und Umgebung — hier wie dort enge Be¬<lb/> ziehungen zwischen den neben und durcheinander wohnenden beiden Völkern, hier<lb/> wie dort keine Feindschaft der slowenischen Landbevölkerung gegen die Deutschen,<lb/> hier wie dort wachsende Unzufriedenheit mit Laibach und Belgrad! Ja, dieje<lb/> beginnt darüber hinaus immer weitere Teile der Untersteiermark zu ergreifen.<lb/> Deutsche, die kürzlich diese ihre Heimat besuchten, versichern, daß sie sich seit Jahren<lb/> dort nicht so heiniisch gefühlt haben, wie jetzt. Der Bauer komme den Deutschen<lb/> mit Teilnahme und Achtung entgegen, erweise sich friedfertig und gefällig, sei aber<lb/> empört über die herrschende Schicht seiner Volksgenossen und bei aller Strenggläubig¬<lb/> keit namentlich erbittert gegen die Priester, die man höhnend „Popen" nenne. Man</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0124]
Die Bedeutung der Volksabstimmung in Aärten
Reibungen in, der südslawischen „dreiteiliger Nation" im Auge hat, wird der
deutschen Führung im alten Österreich eher Schwäche, als Gewaltsamkeit vorwerfen,
Das wird dadurch bestätigt, daß sich so viele Slowenen nunmehr willig unter diese
Führung stellen.
Die Abstimmung der „deutschfreundlichen" Slowenen richtet sich aber zum
Teil auch gegen die serbische Vorherrschaft — genauer gesagt, die der
Serben und ihrer Parteigänger — in dem neuen „Nationalstaat". Die Massen des
slowenischen und kroatischen Volks leiden zunehmend unter diesem Druck, und ihre
Unzufriedenheit, deren politische Wirkungen man zunächst freilich nicht überschätzen
darf, kann sich nunmehr auf das Zeugnis der Kärntner Slowenen berufen, von denen
ein Teil sogar den „deutschen Druck" dem serbischen vorgezogen habe. Andererseits
scheint man in Laibacher Regierungskreisen zu empfinden, daß die Niederlage das
Gewicht der Slowenen im Südslawen se aat nicht gestärkt hat. Die
Sicherheit, mit der man den Serben einen glänzenden Sieg in Aussicht gestellt hatte,
muß diesen ja nun als Flunkerei erscheinen und kann die Belgrader Realpolitik nur
in ihrem Urteil über die Laibacher Gefühlspolitiker, die ihrer Außenpolitik schon
manche Unbequemlichkeit bereitet haben, bestärken. So begreift man die Wut der
herrschenden Kreise im Slowenenlande, die sich in den Gewalttätigkeiten gegen die
Marburger Deutschen in brutaler Weise äußerte.
Wichtiger aber ist der E i n d r u et n ach a u ß e n. Man begann ohnehin schon
in den Ententeländern zu erkennen, mit was für Karten die Slowenen gespielt haben.
Nun erweisen sich ihre Behauptungen über Kärnten als falsch und man wird die
österreichischen Gegengründe vielleicht besser würdigen, wenn sie mit Nachdruck
neuerlich vorgebracht und wenn ihre wissenschaftliche Begründung nunmehr dem
Verlangen nach „Revision des Friedensvertrags" dienstbar gemacht
wird. Die Österreicher haben in Se. Germain immer wieder V o l k s ab se i in in u n -
gen in allen strittigen Gebieten verlangt. Wenn sie dieses Verlangen nunwehr
dem Völkerbund und der Öffentlichkeit der westlichen Länder wieder vorlegen, kann
man es kaum ungeprüft lassen. Die Abstimmung in der Zone ^ lenkt die Aufmerk¬
samkeit wieder auf das Miestal und auf Untersteiermark. Faßt man die Ver¬
hältnisse dieser Gebiete unbefangen ins Auge, so kann man nicht leugnen, daß die
nunmehr gewonnene Karawcmkengrenze ihre Fortsetzung in den Steierer Alpen und
im Vachergebirge findet, daß das Drautal nicht zwischen verschiedenen Staaten zerteilt
werden kann, wenn Ruhe und gute Nachbarschaft herrschen soll, und vor allem, daß
die nationalen Verhältnisse an der Drau unterhalb der Lavantmündung nicht wesent¬
lich verschieden sind von denen oberhalb dieser Stelle. Hier wie dort große deutsche
Sprachinseln — hier vor allem Marburg und Umgebung — hier wie dort enge Be¬
ziehungen zwischen den neben und durcheinander wohnenden beiden Völkern, hier
wie dort keine Feindschaft der slowenischen Landbevölkerung gegen die Deutschen,
hier wie dort wachsende Unzufriedenheit mit Laibach und Belgrad! Ja, dieje
beginnt darüber hinaus immer weitere Teile der Untersteiermark zu ergreifen.
Deutsche, die kürzlich diese ihre Heimat besuchten, versichern, daß sie sich seit Jahren
dort nicht so heiniisch gefühlt haben, wie jetzt. Der Bauer komme den Deutschen
mit Teilnahme und Achtung entgegen, erweise sich friedfertig und gefällig, sei aber
empört über die herrschende Schicht seiner Volksgenossen und bei aller Strenggläubig¬
keit namentlich erbittert gegen die Priester, die man höhnend „Popen" nenne. Man
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