Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bücherschau

[Beginn Spaltensatz]

Die Weltanschauung des Zentrums
in ihren Grundlinien (Verlag von
Dunckeru. Humblot, München und Leipzig 1920)
behandelt auf Grund des Vorkriegsmaterials
eine auf genauem Quellenstudium fuszende
Arbeit von Dr. Max H. Meyer.
Programmatik und politische Praxis der
Partei werden gleichermaßen berücksichtigt.
Innerhalb der gegenwärtigen Zentrums-
bewcgung dürfen angesichts der Vorgänge der
jüngsten Zeit Veröffentlichungen auf ein
besonderes Interesse rechnen, die die politische
Stellungnahme der bayerischen Landesgruppe
beleuchten. Dr. Richard Ringelmann,
Die bayerische Volkspartei (München
1920) ist als Handbuch für die Wählerschaft
gedacht, vermittelt aber auch Außenstehenden
einen Einblick in das Gesamtprogramm der
Partei, die durch das Kabinett Kasr Bayerns
Politik maßgeblich bestimmt. Eine gute
Ergänzung dazu ist: Die Wirtschafts- und
Sozialpolitik der bayerischen Volks-
Partei im bayerischen Landtag 1919/20
(München 1920) aus der Feder des Landtags¬
abgeordneten Dr. Franz Xaver Zahn-
brccher. Die Arbeit enthält wertvolles zeit¬
geschichtliches Quellenmaterial in übersichtlicher
Darstellung.

Die Probleme des Sozialismus stehen,
begreiflicherweise weit über die Parteigrenzen
hinaus, im Mittelpunkt der allgemeinen
Erörterung. Eine wertvolle geschichtliche
Grundlegung geben Heinrich Dietzels
Beiträge zur Geschichte des Sozia-
lismus und Kommunismus, die Plenge
°is Band II seiner staatswissenschafilichen
Musterbücher (G. D. Baedeker, Essen 1920)
herausbringt. Das Buch ist aus früheren,
schwer zugänglichen Veröffentlichungen des
bekannten Gelehrten zusammengestellt und
reicht vom Altertum bis ins letzte Jahrhundert.
Eine kurz zusammengefaßte Darstellung der
Sozialen und wirtschaftspoli.lischen
Anschauungen in Deutschland (Quelle
"> Meyer, Leipzig 1919) bringt Professor
^r. P. Mombert als Band 155 von
"Wissenschaft und Bildung" heraus. Die gut
orientierende Schrift umfaßt den Zeitraum
b°>n Beginn des neunzehnten Jahrhunderts
b's zur Gegenwart. Ebenfalls von geschicht¬

[Spaltenumbruch]

lichem Interesse ist eine Schrift von Marx
und Engels, die unter dem Titel Karl
Marx oder Bakunin? Demokratie
oder Diktatur? (Volksverlag für Wirtschaft
und Verkehr, Stuttgart 1920) mit einem
Geleitwort von Wilhelm Blos erscheint.
Die Schrift enthält eine scharfe Absage an den
russischen Anarchismus jener Zeit. Eine
grundsätzliche Untersuchung der Politischen
Theorie des Marxismus ist Sozialismus
und Staat von Prof. I)r. Haus Kelsen
(C. L. Hirschfeld, Leipzig 1920). Die gründ¬
liche Arbeit deckt den Widerspruch zwischen
der wirtschaftspolitischen und der staats¬
politischen Einstellung des Marxismus auf
und schenkt auch den Fortsetzern von Karl Marx,
insbesondere dem russischen Neokommunismus
eingehende Beachtung. Die Erlösung vom
Klassenkampf (Grcthlein u. Co., Leipzig
und Zürich 1920) erhofft Jakob Schaffner
von der Bodenreform. Durch sie soll aus
der sozialistischen Klassenrevolution erst die
große nationale Revolution werden. Die
Broschüre, die zum Schluß sür "einen boden-
reformerischen Präsidenten" Stimmung zu
machen sucht, leidet an der üblichen mono¬
manischen Einstellung dieser Sekte auf ein
soziales Allheilmittel.

Einen wesentlich realeren Blick verraten
die Arbeiten, die aus der Hamburger
nationalen Handlungsgehilfenbewegung hervor¬
gegangen sind. Insbesondere sind Walther
Lambach und Paul Bröcker als Führer dieser
national-gewerkschaftlichen Bewegung der
Jungkaufmannschaft hervorgetreten. Wir ver¬
zeichnen von Walther Lambach die
Broschüre "Kapitalismus -- Sozia¬
lismus, Zwangswirtschaft -- freie
Wirtschaft" (Deutschnationale Verlags¬
anstalt Hamburg) und von Paul Bröcker:
"Die Arbeitnehmcrbewegung", "Wert¬
gutgedanken", "Der Wertgutgedanke
und die Gewerkschaften", "Was ist
Klassenkampf?" und "Klassenkampf
und Rassenkampf" (ebenda). In diesen
Schriften wird der interessante Versuch unter¬
nommen, dem Klafsenkampfgedanken dadurch
einen positiven und nationalen Sinn zu ver¬
leihen, daß ihm der Gedanke der Qualitäts¬
veredelung als Ziel gesteckt wird. Der

[Ende Spaltensatz]
16*
Bücherschau

[Beginn Spaltensatz]

Die Weltanschauung des Zentrums
in ihren Grundlinien (Verlag von
Dunckeru. Humblot, München und Leipzig 1920)
behandelt auf Grund des Vorkriegsmaterials
eine auf genauem Quellenstudium fuszende
Arbeit von Dr. Max H. Meyer.
Programmatik und politische Praxis der
Partei werden gleichermaßen berücksichtigt.
Innerhalb der gegenwärtigen Zentrums-
bewcgung dürfen angesichts der Vorgänge der
jüngsten Zeit Veröffentlichungen auf ein
besonderes Interesse rechnen, die die politische
Stellungnahme der bayerischen Landesgruppe
beleuchten. Dr. Richard Ringelmann,
Die bayerische Volkspartei (München
1920) ist als Handbuch für die Wählerschaft
gedacht, vermittelt aber auch Außenstehenden
einen Einblick in das Gesamtprogramm der
Partei, die durch das Kabinett Kasr Bayerns
Politik maßgeblich bestimmt. Eine gute
Ergänzung dazu ist: Die Wirtschafts- und
Sozialpolitik der bayerischen Volks-
Partei im bayerischen Landtag 1919/20
(München 1920) aus der Feder des Landtags¬
abgeordneten Dr. Franz Xaver Zahn-
brccher. Die Arbeit enthält wertvolles zeit¬
geschichtliches Quellenmaterial in übersichtlicher
Darstellung.

Die Probleme des Sozialismus stehen,
begreiflicherweise weit über die Parteigrenzen
hinaus, im Mittelpunkt der allgemeinen
Erörterung. Eine wertvolle geschichtliche
Grundlegung geben Heinrich Dietzels
Beiträge zur Geschichte des Sozia-
lismus und Kommunismus, die Plenge
°is Band II seiner staatswissenschafilichen
Musterbücher (G. D. Baedeker, Essen 1920)
herausbringt. Das Buch ist aus früheren,
schwer zugänglichen Veröffentlichungen des
bekannten Gelehrten zusammengestellt und
reicht vom Altertum bis ins letzte Jahrhundert.
Eine kurz zusammengefaßte Darstellung der
Sozialen und wirtschaftspoli.lischen
Anschauungen in Deutschland (Quelle
"> Meyer, Leipzig 1919) bringt Professor
^r. P. Mombert als Band 155 von
"Wissenschaft und Bildung" heraus. Die gut
orientierende Schrift umfaßt den Zeitraum
b°>n Beginn des neunzehnten Jahrhunderts
b's zur Gegenwart. Ebenfalls von geschicht¬

[Spaltenumbruch]

lichem Interesse ist eine Schrift von Marx
und Engels, die unter dem Titel Karl
Marx oder Bakunin? Demokratie
oder Diktatur? (Volksverlag für Wirtschaft
und Verkehr, Stuttgart 1920) mit einem
Geleitwort von Wilhelm Blos erscheint.
Die Schrift enthält eine scharfe Absage an den
russischen Anarchismus jener Zeit. Eine
grundsätzliche Untersuchung der Politischen
Theorie des Marxismus ist Sozialismus
und Staat von Prof. I)r. Haus Kelsen
(C. L. Hirschfeld, Leipzig 1920). Die gründ¬
liche Arbeit deckt den Widerspruch zwischen
der wirtschaftspolitischen und der staats¬
politischen Einstellung des Marxismus auf
und schenkt auch den Fortsetzern von Karl Marx,
insbesondere dem russischen Neokommunismus
eingehende Beachtung. Die Erlösung vom
Klassenkampf (Grcthlein u. Co., Leipzig
und Zürich 1920) erhofft Jakob Schaffner
von der Bodenreform. Durch sie soll aus
der sozialistischen Klassenrevolution erst die
große nationale Revolution werden. Die
Broschüre, die zum Schluß sür „einen boden-
reformerischen Präsidenten" Stimmung zu
machen sucht, leidet an der üblichen mono¬
manischen Einstellung dieser Sekte auf ein
soziales Allheilmittel.

Einen wesentlich realeren Blick verraten
die Arbeiten, die aus der Hamburger
nationalen Handlungsgehilfenbewegung hervor¬
gegangen sind. Insbesondere sind Walther
Lambach und Paul Bröcker als Führer dieser
national-gewerkschaftlichen Bewegung der
Jungkaufmannschaft hervorgetreten. Wir ver¬
zeichnen von Walther Lambach die
Broschüre „Kapitalismus — Sozia¬
lismus, Zwangswirtschaft — freie
Wirtschaft" (Deutschnationale Verlags¬
anstalt Hamburg) und von Paul Bröcker:
„Die Arbeitnehmcrbewegung", „Wert¬
gutgedanken", „Der Wertgutgedanke
und die Gewerkschaften", „Was ist
Klassenkampf?" und „Klassenkampf
und Rassenkampf" (ebenda). In diesen
Schriften wird der interessante Versuch unter¬
nommen, dem Klafsenkampfgedanken dadurch
einen positiven und nationalen Sinn zu ver¬
leihen, daß ihm der Gedanke der Qualitäts¬
veredelung als Ziel gesteckt wird. Der

[Ende Spaltensatz]
16*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0255" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337896"/>
          <fw type="header" place="top"> Bücherschau</fw><lb/>
          <cb type="start"/>
          <p xml:id="ID_913"> Die Weltanschauung des Zentrums<lb/>
in ihren Grundlinien (Verlag von<lb/>
Dunckeru. Humblot, München und Leipzig 1920)<lb/>
behandelt auf Grund des Vorkriegsmaterials<lb/>
eine auf genauem Quellenstudium fuszende<lb/>
Arbeit von Dr. Max H. Meyer.<lb/>
Programmatik und politische Praxis der<lb/>
Partei werden gleichermaßen berücksichtigt.<lb/>
Innerhalb der gegenwärtigen Zentrums-<lb/>
bewcgung dürfen angesichts der Vorgänge der<lb/>
jüngsten Zeit Veröffentlichungen auf ein<lb/>
besonderes Interesse rechnen, die die politische<lb/>
Stellungnahme der bayerischen Landesgruppe<lb/>
beleuchten. Dr. Richard Ringelmann,<lb/>
Die bayerische Volkspartei (München<lb/>
1920) ist als Handbuch für die Wählerschaft<lb/>
gedacht, vermittelt aber auch Außenstehenden<lb/>
einen Einblick in das Gesamtprogramm der<lb/>
Partei, die durch das Kabinett Kasr Bayerns<lb/>
Politik maßgeblich bestimmt. Eine gute<lb/>
Ergänzung dazu ist: Die Wirtschafts- und<lb/>
Sozialpolitik der bayerischen Volks-<lb/>
Partei im bayerischen Landtag 1919/20<lb/>
(München 1920) aus der Feder des Landtags¬<lb/>
abgeordneten Dr. Franz Xaver Zahn-<lb/>
brccher. Die Arbeit enthält wertvolles zeit¬<lb/>
geschichtliches Quellenmaterial in übersichtlicher<lb/>
Darstellung.</p>
          <p xml:id="ID_914" next="#ID_915"> Die Probleme des Sozialismus stehen,<lb/>
begreiflicherweise weit über die Parteigrenzen<lb/>
hinaus, im Mittelpunkt der allgemeinen<lb/>
Erörterung. Eine wertvolle geschichtliche<lb/>
Grundlegung geben Heinrich Dietzels<lb/>
Beiträge zur Geschichte des Sozia-<lb/>
lismus und Kommunismus, die Plenge<lb/>
°is Band II seiner staatswissenschafilichen<lb/>
Musterbücher (G. D. Baedeker, Essen 1920)<lb/>
herausbringt. Das Buch ist aus früheren,<lb/>
schwer zugänglichen Veröffentlichungen des<lb/>
bekannten Gelehrten zusammengestellt und<lb/>
reicht vom Altertum bis ins letzte Jahrhundert.<lb/>
Eine kurz zusammengefaßte Darstellung der<lb/>
Sozialen und wirtschaftspoli.lischen<lb/>
Anschauungen in Deutschland (Quelle<lb/>
"&gt; Meyer, Leipzig 1919) bringt Professor<lb/>
^r. P. Mombert als Band 155 von<lb/>
"Wissenschaft und Bildung" heraus. Die gut<lb/>
orientierende Schrift umfaßt den Zeitraum<lb/>&gt;n Beginn des neunzehnten Jahrhunderts<lb/>
b's zur Gegenwart. Ebenfalls von geschicht¬</p>
          <cb/><lb/>
          <p xml:id="ID_915" prev="#ID_914"> lichem Interesse ist eine Schrift von Marx<lb/>
und Engels, die unter dem Titel Karl<lb/>
Marx oder Bakunin? Demokratie<lb/>
oder Diktatur? (Volksverlag für Wirtschaft<lb/>
und Verkehr, Stuttgart 1920) mit einem<lb/>
Geleitwort von Wilhelm Blos erscheint.<lb/>
Die Schrift enthält eine scharfe Absage an den<lb/>
russischen Anarchismus jener Zeit. Eine<lb/>
grundsätzliche Untersuchung der Politischen<lb/>
Theorie des Marxismus ist Sozialismus<lb/>
und Staat von Prof. I)r. Haus Kelsen<lb/>
(C. L. Hirschfeld, Leipzig 1920). Die gründ¬<lb/>
liche Arbeit deckt den Widerspruch zwischen<lb/>
der wirtschaftspolitischen und der staats¬<lb/>
politischen Einstellung des Marxismus auf<lb/>
und schenkt auch den Fortsetzern von Karl Marx,<lb/>
insbesondere dem russischen Neokommunismus<lb/>
eingehende Beachtung. Die Erlösung vom<lb/>
Klassenkampf (Grcthlein u. Co., Leipzig<lb/>
und Zürich 1920) erhofft Jakob Schaffner<lb/>
von der Bodenreform. Durch sie soll aus<lb/>
der sozialistischen Klassenrevolution erst die<lb/>
große nationale Revolution werden. Die<lb/>
Broschüre, die zum Schluß sür &#x201E;einen boden-<lb/>
reformerischen Präsidenten" Stimmung zu<lb/>
machen sucht, leidet an der üblichen mono¬<lb/>
manischen Einstellung dieser Sekte auf ein<lb/>
soziales Allheilmittel.</p>
          <p xml:id="ID_916" next="#ID_917"> Einen wesentlich realeren Blick verraten<lb/>
die Arbeiten, die aus der Hamburger<lb/>
nationalen Handlungsgehilfenbewegung hervor¬<lb/>
gegangen sind. Insbesondere sind Walther<lb/>
Lambach und Paul Bröcker als Führer dieser<lb/>
national-gewerkschaftlichen Bewegung der<lb/>
Jungkaufmannschaft hervorgetreten. Wir ver¬<lb/>
zeichnen von Walther Lambach die<lb/>
Broschüre &#x201E;Kapitalismus &#x2014; Sozia¬<lb/>
lismus, Zwangswirtschaft &#x2014; freie<lb/>
Wirtschaft" (Deutschnationale Verlags¬<lb/>
anstalt Hamburg) und von Paul Bröcker:<lb/>
&#x201E;Die Arbeitnehmcrbewegung", &#x201E;Wert¬<lb/>
gutgedanken", &#x201E;Der Wertgutgedanke<lb/>
und die Gewerkschaften", &#x201E;Was ist<lb/>
Klassenkampf?" und &#x201E;Klassenkampf<lb/>
und Rassenkampf" (ebenda). In diesen<lb/>
Schriften wird der interessante Versuch unter¬<lb/>
nommen, dem Klafsenkampfgedanken dadurch<lb/>
einen positiven und nationalen Sinn zu ver¬<lb/>
leihen, daß ihm der Gedanke der Qualitäts¬<lb/>
veredelung als Ziel gesteckt wird. Der</p>
          <cb type="end"/><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 16*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0255] Bücherschau Die Weltanschauung des Zentrums in ihren Grundlinien (Verlag von Dunckeru. Humblot, München und Leipzig 1920) behandelt auf Grund des Vorkriegsmaterials eine auf genauem Quellenstudium fuszende Arbeit von Dr. Max H. Meyer. Programmatik und politische Praxis der Partei werden gleichermaßen berücksichtigt. Innerhalb der gegenwärtigen Zentrums- bewcgung dürfen angesichts der Vorgänge der jüngsten Zeit Veröffentlichungen auf ein besonderes Interesse rechnen, die die politische Stellungnahme der bayerischen Landesgruppe beleuchten. Dr. Richard Ringelmann, Die bayerische Volkspartei (München 1920) ist als Handbuch für die Wählerschaft gedacht, vermittelt aber auch Außenstehenden einen Einblick in das Gesamtprogramm der Partei, die durch das Kabinett Kasr Bayerns Politik maßgeblich bestimmt. Eine gute Ergänzung dazu ist: Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der bayerischen Volks- Partei im bayerischen Landtag 1919/20 (München 1920) aus der Feder des Landtags¬ abgeordneten Dr. Franz Xaver Zahn- brccher. Die Arbeit enthält wertvolles zeit¬ geschichtliches Quellenmaterial in übersichtlicher Darstellung. Die Probleme des Sozialismus stehen, begreiflicherweise weit über die Parteigrenzen hinaus, im Mittelpunkt der allgemeinen Erörterung. Eine wertvolle geschichtliche Grundlegung geben Heinrich Dietzels Beiträge zur Geschichte des Sozia- lismus und Kommunismus, die Plenge °is Band II seiner staatswissenschafilichen Musterbücher (G. D. Baedeker, Essen 1920) herausbringt. Das Buch ist aus früheren, schwer zugänglichen Veröffentlichungen des bekannten Gelehrten zusammengestellt und reicht vom Altertum bis ins letzte Jahrhundert. Eine kurz zusammengefaßte Darstellung der Sozialen und wirtschaftspoli.lischen Anschauungen in Deutschland (Quelle "> Meyer, Leipzig 1919) bringt Professor ^r. P. Mombert als Band 155 von "Wissenschaft und Bildung" heraus. Die gut orientierende Schrift umfaßt den Zeitraum b°>n Beginn des neunzehnten Jahrhunderts b's zur Gegenwart. Ebenfalls von geschicht¬ lichem Interesse ist eine Schrift von Marx und Engels, die unter dem Titel Karl Marx oder Bakunin? Demokratie oder Diktatur? (Volksverlag für Wirtschaft und Verkehr, Stuttgart 1920) mit einem Geleitwort von Wilhelm Blos erscheint. Die Schrift enthält eine scharfe Absage an den russischen Anarchismus jener Zeit. Eine grundsätzliche Untersuchung der Politischen Theorie des Marxismus ist Sozialismus und Staat von Prof. I)r. Haus Kelsen (C. L. Hirschfeld, Leipzig 1920). Die gründ¬ liche Arbeit deckt den Widerspruch zwischen der wirtschaftspolitischen und der staats¬ politischen Einstellung des Marxismus auf und schenkt auch den Fortsetzern von Karl Marx, insbesondere dem russischen Neokommunismus eingehende Beachtung. Die Erlösung vom Klassenkampf (Grcthlein u. Co., Leipzig und Zürich 1920) erhofft Jakob Schaffner von der Bodenreform. Durch sie soll aus der sozialistischen Klassenrevolution erst die große nationale Revolution werden. Die Broschüre, die zum Schluß sür „einen boden- reformerischen Präsidenten" Stimmung zu machen sucht, leidet an der üblichen mono¬ manischen Einstellung dieser Sekte auf ein soziales Allheilmittel. Einen wesentlich realeren Blick verraten die Arbeiten, die aus der Hamburger nationalen Handlungsgehilfenbewegung hervor¬ gegangen sind. Insbesondere sind Walther Lambach und Paul Bröcker als Führer dieser national-gewerkschaftlichen Bewegung der Jungkaufmannschaft hervorgetreten. Wir ver¬ zeichnen von Walther Lambach die Broschüre „Kapitalismus — Sozia¬ lismus, Zwangswirtschaft — freie Wirtschaft" (Deutschnationale Verlags¬ anstalt Hamburg) und von Paul Bröcker: „Die Arbeitnehmcrbewegung", „Wert¬ gutgedanken", „Der Wertgutgedanke und die Gewerkschaften", „Was ist Klassenkampf?" und „Klassenkampf und Rassenkampf" (ebenda). In diesen Schriften wird der interessante Versuch unter¬ nommen, dem Klafsenkampfgedanken dadurch einen positiven und nationalen Sinn zu ver¬ leihen, daß ihm der Gedanke der Qualitäts¬ veredelung als Ziel gesteckt wird. Der 16*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/255
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/255>, abgerufen am 26.06.2024.