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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.

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Deutsche GrnÄhrungswirtschaft

Wäre. Von Wichtigkeit ist lediglich, daß sich neuerlich jene Stimmen mehren, die
über eine zunehmende Kriegsmüdigkeit in Österreich-Ungarn zu berichten wissen.
Ich habe dieser Tage jemand gesehen, der kürzlich im Auftrag der deutschen
Heeresleitung in Innsbruck beim dortigen Oberkommando gewesen ist und bei
dieser Gelegenheit nicht nur Offiziere, sondern auch Parlamentarier gesehen hat.
Nach den Mitteilungen meines Gewährsmannes ist die Unlust am Kriege in
Österreich-Ungarn eine allgemeine, die Bereitwilligkeit, auch unter Preisgabe von
Territorium zu Ende zu kommen, eine zunehmende. Was ich Eurer Exzellenz in
dieser Hinsicht jüngst von der Stimmung in der Hofburg berichten durste, findet
durch die Mitteilungen meines Vertrauensmannes. auch hinsichtlich politischer und
parlamentarischer Kreise seine Bestätigung, wobei allerdings nicht übersehen werden
darf, daß die parlamentarischen Kreise sich auf vorläufig noch unbestimmbare Zeit
auf ausschließlich private und individuelle Meinungsäußerungen beschränkt sehen,
ein Zustand, mit dem Osterreich in der ganzen Welt allein steht. Die Dreistig¬
keit, die das ungarische Parlament von Zeit zu Zeit bekundet, vermag über diese
jammervollen Verhältnisse nicht hinwegzutäuschen.




Deutsche Ernährungswirtschaft

Auf unsere Bitte hin werden uns von einer leitenden
wirtschaftlichen Organisattonsstelle die nachfolgenden, sehr
beachtenswerten Ausführungen zur Verfügung gestellt.

! er Reichsnnnister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Hermes,
^berichtete gelegentlich der Spaadebatte im Reichswirtschaftsrat,
Idaß augenblicklich in seinem Ministerium ein einheitlicher Plan
für die Ernährungswirtschaft des nächsten Jahres mit dem
besonderen Ziel eines klaren, konkreten Einfuhrprogramms aus¬
gearbeitet werde. Es wird sich also die öffentliche Diskusston noch recht aus¬
giebig mit dem Ernährungsproblem zu beschäftigen haben. Am 5. Juli hatte
bereits der Reichstag in der Debatte über die Brotversorgung im rheinisch¬
westfälischen Industriegebiet und die fortgesetzte Steigerung der Lebensmittelpreise
den einzelnen Parteien Gelegenheit geboten, das Ernährungsproblem von den
verschiedenartigen politischen Gesichtspunkten aus zu beleuchten. Ein gewisses
Streben nach sachlicher Behandlung war nicht zu verkennen. Diese wichtigste
Wirtschaftsfrage muß aus der Verflechtung in Parteiprogramme und partikularistische
Agitation herausgelöst werden. Es soll hier nicht der Versuch gemacht werden,
noch ein weiteres neues Agrarprogramm aufzustellen, sondern im Sinne der Aus¬
führungen des Staatsministers von Schorlemer, Präsidenten des Deutschen Land¬
wirtschaftsrats, die er am 24. Juli d. I. im Neichswirtschaftsrat gegeben hat,
die sachlichen Grundlagen des Ernährungsproblems darzustellen. Bei der Fülle
des Stoffs kann es sich naturgemäß nur um die Herausarbeitung der wichtigsten
Zusammenhänge handeln.


Deutsche GrnÄhrungswirtschaft

Wäre. Von Wichtigkeit ist lediglich, daß sich neuerlich jene Stimmen mehren, die
über eine zunehmende Kriegsmüdigkeit in Österreich-Ungarn zu berichten wissen.
Ich habe dieser Tage jemand gesehen, der kürzlich im Auftrag der deutschen
Heeresleitung in Innsbruck beim dortigen Oberkommando gewesen ist und bei
dieser Gelegenheit nicht nur Offiziere, sondern auch Parlamentarier gesehen hat.
Nach den Mitteilungen meines Gewährsmannes ist die Unlust am Kriege in
Österreich-Ungarn eine allgemeine, die Bereitwilligkeit, auch unter Preisgabe von
Territorium zu Ende zu kommen, eine zunehmende. Was ich Eurer Exzellenz in
dieser Hinsicht jüngst von der Stimmung in der Hofburg berichten durste, findet
durch die Mitteilungen meines Vertrauensmannes. auch hinsichtlich politischer und
parlamentarischer Kreise seine Bestätigung, wobei allerdings nicht übersehen werden
darf, daß die parlamentarischen Kreise sich auf vorläufig noch unbestimmbare Zeit
auf ausschließlich private und individuelle Meinungsäußerungen beschränkt sehen,
ein Zustand, mit dem Osterreich in der ganzen Welt allein steht. Die Dreistig¬
keit, die das ungarische Parlament von Zeit zu Zeit bekundet, vermag über diese
jammervollen Verhältnisse nicht hinwegzutäuschen.




Deutsche Ernährungswirtschaft

Auf unsere Bitte hin werden uns von einer leitenden
wirtschaftlichen Organisattonsstelle die nachfolgenden, sehr
beachtenswerten Ausführungen zur Verfügung gestellt.

! er Reichsnnnister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Hermes,
^berichtete gelegentlich der Spaadebatte im Reichswirtschaftsrat,
Idaß augenblicklich in seinem Ministerium ein einheitlicher Plan
für die Ernährungswirtschaft des nächsten Jahres mit dem
besonderen Ziel eines klaren, konkreten Einfuhrprogramms aus¬
gearbeitet werde. Es wird sich also die öffentliche Diskusston noch recht aus¬
giebig mit dem Ernährungsproblem zu beschäftigen haben. Am 5. Juli hatte
bereits der Reichstag in der Debatte über die Brotversorgung im rheinisch¬
westfälischen Industriegebiet und die fortgesetzte Steigerung der Lebensmittelpreise
den einzelnen Parteien Gelegenheit geboten, das Ernährungsproblem von den
verschiedenartigen politischen Gesichtspunkten aus zu beleuchten. Ein gewisses
Streben nach sachlicher Behandlung war nicht zu verkennen. Diese wichtigste
Wirtschaftsfrage muß aus der Verflechtung in Parteiprogramme und partikularistische
Agitation herausgelöst werden. Es soll hier nicht der Versuch gemacht werden,
noch ein weiteres neues Agrarprogramm aufzustellen, sondern im Sinne der Aus¬
führungen des Staatsministers von Schorlemer, Präsidenten des Deutschen Land¬
wirtschaftsrats, die er am 24. Juli d. I. im Neichswirtschaftsrat gegeben hat,
die sachlichen Grundlagen des Ernährungsproblems darzustellen. Bei der Fülle
des Stoffs kann es sich naturgemäß nur um die Herausarbeitung der wichtigsten
Zusammenhänge handeln.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/190>, abgerufen am 24.08.2024.