Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.Frontoffiziere Selbsterkenntnis des eigenen Könnens, Liebe führt sie, die Frontoffiziere, immer Seine Leistung faktisch zu bewerten ist schwer. Sie baut sich nicht auf in Aber es war nicht immer so. Die harte Wirklichkeit wurde nur zu oft Dieser große Lehrmeister, der unser altes tapferes kaiserliches Heer Leistungen Gerade der letzte Teil des großen Ringens zeigte in die Augen springend, Frontoffiziere Selbsterkenntnis des eigenen Könnens, Liebe führt sie, die Frontoffiziere, immer Seine Leistung faktisch zu bewerten ist schwer. Sie baut sich nicht auf in Aber es war nicht immer so. Die harte Wirklichkeit wurde nur zu oft Dieser große Lehrmeister, der unser altes tapferes kaiserliches Heer Leistungen Gerade der letzte Teil des großen Ringens zeigte in die Augen springend, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0355" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337592"/> <fw type="header" place="top"> Frontoffiziere</fw><lb/> <p xml:id="ID_1233" prev="#ID_1232"> Selbsterkenntnis des eigenen Könnens, Liebe führt sie, die Frontoffiziere, immer<lb/> wieder hinein in das pulsierende, schaffende Soldatenleben, Begeisterung bringend<lb/> und sie wieder weckend.</p><lb/> <p xml:id="ID_1234"> Seine Leistung faktisch zu bewerten ist schwer. Sie baut sich nicht auf in<lb/> papiernen Lettern, ist kein sichtbar Gebäude, ist auch nicht der Ausdruck eines<lb/> guten Griffes oder Schusses allein, sie wartet aus den Tag des schweren Kampfes,<lb/> den Tag von Not und Tod, die Stunden, die Männer machen — wird zum<lb/> stahlharten scharfen Schwert und verkörpert den Willen zum Siege. Das hat<lb/> ihm, dem Frontoffizier, vorgeschwebt, das ist seine Arbeit gewesen, deshalb hat<lb/> er den Körper und Geist gleich anstrengenden Dienst auf sich genommen, wollte<lb/> Lehrer und dann auch Führer im mannerprobenden Ringen sein und die Saat<lb/> aufgehen sehen, die seinem Herzen entsprossen. Sollten solche Aufgaben ihn nicht<lb/> denen gleich stellen, die an anderer Stelle und meist unter angenehmeren äußeren<lb/> Bedingungen an ihrem Platze standen und das große Werk von dort bereiten<lb/> halfen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1235"> Aber es war nicht immer so. Die harte Wirklichkeit wurde nur zu oft<lb/> auf den Kopf gestellt, die Theorie der schaffenden Praxis bevorzugt. Viele der<lb/> Besten wandten sich vom Frontdienst ab, betrachteten ihn — ihr Vorwärtskommen<lb/> im Auge behaltend — als notwendiges Übel, obwohl doch gerade hier der<lb/> Schwerpunkt allen soldatischen Strebens und Könnens konzentrisch vereinigt<lb/> werden mußte. Es waren Fehler gemacht und der große Heereskörper wies<lb/> Wunden auf, die bei der großen, alle Muskeln straffenden Probe aufreißen<lb/> mußten — dem Krieg.</p><lb/> <p xml:id="ID_1236"> Dieser große Lehrmeister, der unser altes tapferes kaiserliches Heer Leistungen<lb/> vollbringen sah. die nicht ihresgleichen haben, zeigte uns aber auch Schattenseiten,<lb/> deren eine darin lag, daß der Drang zur kämpfenden Front nicht so in die Er><lb/> scheinung trat, wie ihn die Natur der Sache erforderte und wie es ihrem innersten<lb/> Wesen entsprach. Es kann kein Zweifel darüber sein, daß immer wieder die besten<lb/> Kräfte in sehr einseitiger Weise der Führung zur Verfügung gestellt wurden, die<lb/> Truppe sich meist mit dem Rest begnügen mußte und hierunter gelitten hat. Je<lb/> länger der Kampf währte, umsomehr trat dies in Erscheinung. Junge Kriegsoffiziere<lb/> haben in kritischen Lagen und verantwortlichen Stellen Hervorragendes geleistet.<lb/> Es fehlte ihnen oft auf die Dauer das Vertrauen namentlich der älteren Unter-<lb/> offiziere und Mannschaften, das aber lag an ihrer Jugend und an ihrer noch<lb/> nicht abgeschliffenen Art. mit Untergebenen zu verkehren. Der Kampf selbst zeigte<lb/> sie auf der Höhe namentlich was den Einsatz ihrer eigenen Person anbetraf.<lb/> Trotzdem, glaube ich, wäre es richtiger und oft auch möglich gewesen, geschulte<lb/> ältere Kräfte von hinten heranzuziehen und ihnen die unmittelbare Führung der<lb/> Truppe zu übertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1237" next="#ID_1238"> Gerade der letzte Teil des großen Ringens zeigte in die Augen springend,<lb/> wie ausschlaggebend Zustand und Geist des eigentlichen Kampfkörpers den Erfolg<lb/> beeinflußt. Der beste Fechter ist.nichts ohne scharfe Waffe und umgekehrt. Das<lb/> Instrument aber wurde uns im Laufe der Jahre stumpf und stumpfer, es hatte<lb/> tausende von schweren Kämpfen bestanden, wies manche Scharte auf. mußte<lb/> geflickt und neu geschärft werden. Alles kam darauf an. alles stand auf dem<lb/> Spiele, wenn es nicht gelang die Waffe schneidig zu erhalten; und es ist nicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0355]
Frontoffiziere
Selbsterkenntnis des eigenen Könnens, Liebe führt sie, die Frontoffiziere, immer
wieder hinein in das pulsierende, schaffende Soldatenleben, Begeisterung bringend
und sie wieder weckend.
Seine Leistung faktisch zu bewerten ist schwer. Sie baut sich nicht auf in
papiernen Lettern, ist kein sichtbar Gebäude, ist auch nicht der Ausdruck eines
guten Griffes oder Schusses allein, sie wartet aus den Tag des schweren Kampfes,
den Tag von Not und Tod, die Stunden, die Männer machen — wird zum
stahlharten scharfen Schwert und verkörpert den Willen zum Siege. Das hat
ihm, dem Frontoffizier, vorgeschwebt, das ist seine Arbeit gewesen, deshalb hat
er den Körper und Geist gleich anstrengenden Dienst auf sich genommen, wollte
Lehrer und dann auch Führer im mannerprobenden Ringen sein und die Saat
aufgehen sehen, die seinem Herzen entsprossen. Sollten solche Aufgaben ihn nicht
denen gleich stellen, die an anderer Stelle und meist unter angenehmeren äußeren
Bedingungen an ihrem Platze standen und das große Werk von dort bereiten
halfen?
Aber es war nicht immer so. Die harte Wirklichkeit wurde nur zu oft
auf den Kopf gestellt, die Theorie der schaffenden Praxis bevorzugt. Viele der
Besten wandten sich vom Frontdienst ab, betrachteten ihn — ihr Vorwärtskommen
im Auge behaltend — als notwendiges Übel, obwohl doch gerade hier der
Schwerpunkt allen soldatischen Strebens und Könnens konzentrisch vereinigt
werden mußte. Es waren Fehler gemacht und der große Heereskörper wies
Wunden auf, die bei der großen, alle Muskeln straffenden Probe aufreißen
mußten — dem Krieg.
Dieser große Lehrmeister, der unser altes tapferes kaiserliches Heer Leistungen
vollbringen sah. die nicht ihresgleichen haben, zeigte uns aber auch Schattenseiten,
deren eine darin lag, daß der Drang zur kämpfenden Front nicht so in die Er>
scheinung trat, wie ihn die Natur der Sache erforderte und wie es ihrem innersten
Wesen entsprach. Es kann kein Zweifel darüber sein, daß immer wieder die besten
Kräfte in sehr einseitiger Weise der Führung zur Verfügung gestellt wurden, die
Truppe sich meist mit dem Rest begnügen mußte und hierunter gelitten hat. Je
länger der Kampf währte, umsomehr trat dies in Erscheinung. Junge Kriegsoffiziere
haben in kritischen Lagen und verantwortlichen Stellen Hervorragendes geleistet.
Es fehlte ihnen oft auf die Dauer das Vertrauen namentlich der älteren Unter-
offiziere und Mannschaften, das aber lag an ihrer Jugend und an ihrer noch
nicht abgeschliffenen Art. mit Untergebenen zu verkehren. Der Kampf selbst zeigte
sie auf der Höhe namentlich was den Einsatz ihrer eigenen Person anbetraf.
Trotzdem, glaube ich, wäre es richtiger und oft auch möglich gewesen, geschulte
ältere Kräfte von hinten heranzuziehen und ihnen die unmittelbare Führung der
Truppe zu übertragen.
Gerade der letzte Teil des großen Ringens zeigte in die Augen springend,
wie ausschlaggebend Zustand und Geist des eigentlichen Kampfkörpers den Erfolg
beeinflußt. Der beste Fechter ist.nichts ohne scharfe Waffe und umgekehrt. Das
Instrument aber wurde uns im Laufe der Jahre stumpf und stumpfer, es hatte
tausende von schweren Kämpfen bestanden, wies manche Scharte auf. mußte
geflickt und neu geschärft werden. Alles kam darauf an. alles stand auf dem
Spiele, wenn es nicht gelang die Waffe schneidig zu erhalten; und es ist nicht
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