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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

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der anderen mit der Bekämpfung des ukrai¬
nischen sozialen Radikalismus von rechts
und links, mit Ausgleichung der nationa¬
listischen Gegensätze verschwendet werden
mußte. Wenn man weiß, wieviel leiden¬
schaftliche Parteipolitiker und wie wenig ge¬
schulte Facharbeiter in diesem jungen Lande
vorhanden waren, dem auch das auf allen
Kampfplätzen der Welt blutende Deutschland
nicht mehr die notwendige reiche Fülle an
Spezialisten zur Verfügung stellen konnte,
so wird man zu einer gerechteren Würdigung
des deutschen Wirkens kommen als es ge¬
wisse Kreise deutscher Ostpolitiker tun, und
die Kommunisten, die den Mißerfolg in der
Ukraine als einen Beweis dafür ansehen,
daß eine bürgerliche Negierung in Rußland
die durch den Krieg zerrütteten Verhältnisse
im Vergleich mit der bolschewistischen Wirt¬
schaft nur noch verschlimmert hätte." (a. a. O-,
S. 43, 64/56,)

Das dritte bisher unbeachtet gebliebene
Kapitel schiebt sich zwischen die Betrachtung
der Kerenski- und der Sowjet-Periode ein
und behandelt die wirtschaftlichen Verhält¬
nisse der Ukraine, insbesondere zur Zeit der
Okkupation durch die Mittelmächte. Die
Gestaltung der Getreidebeschaffung und der
Kohlenförderung sowie die Zustände des
Eisenbahnwesens in jener Zeit werden aus¬
führlich besprochen. Vor allem aber ist be¬
deutsam, was der Verfasser aus eigener An¬
schauung zur deutschen Ukrmncpolitik zu
sagen weiß. Aus seinem Rückblick auf die
kurze Periode des Wirkens der Mittelmächte
in der Ukraine seien hier wenigstens ein
paar Sätze angeführt. "Wer konnte ruhig
und weitsichtig ein großes Ziel verfolgen,
wenn die Not in der Heimat, das Elend
hungernder Frauen und Kinder zwang, nur
an die nächste Stunde zu denken. Den
Mittelmächten fehlte bereits der geistige Elan
und die wirtschaftliche Kraft, die es ihnen
ermöglicht hätte, mehr zu geben und weniger
zu nehmen. .." "Wer die deutsche Arbeit
in der Ukraine vorurteilslos kritisieren will,
vergesse nie, wieviel kostbare Zeit und Kraft
auf der einen Seite im Kampf mit rivali¬
sierenden österreichisch-ungarischen Bestre¬
bungen, rin Prestige-Streitigkeiten und auf

Dieser flüchtige Überblick möge genügen,
um zu beweisen, daß es sich bei der be¬
sprochenen Schrift um eine Veröffentlichung
handelt, die an Weite des Gesichtskieises,
an Reichtum des Inhalts und an Durch¬
dringung des Stoffes auf einer nicht ge¬
wöhnlichen Höhe steht.


A. Ludwig




Verantwortlich: Dr. Max Hildevert Bonum in Berlin-ssriedenau,.
Schriftleitung und Verlag: Berlin SÄ! N, Tempelhofer Ufer Wz. Fernruf: Lützoro 6510.
Verlag: K. F. Koester, Abteilung Äreuzbot-n, Berlin.
Druck: "Der Neichslwte" G. in. b. H, in Berlin SW 1l, Dessauer Strase 36/37.

Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen vcigefiigtes Rückporto.
Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.


Bücherschau

der anderen mit der Bekämpfung des ukrai¬
nischen sozialen Radikalismus von rechts
und links, mit Ausgleichung der nationa¬
listischen Gegensätze verschwendet werden
mußte. Wenn man weiß, wieviel leiden¬
schaftliche Parteipolitiker und wie wenig ge¬
schulte Facharbeiter in diesem jungen Lande
vorhanden waren, dem auch das auf allen
Kampfplätzen der Welt blutende Deutschland
nicht mehr die notwendige reiche Fülle an
Spezialisten zur Verfügung stellen konnte,
so wird man zu einer gerechteren Würdigung
des deutschen Wirkens kommen als es ge¬
wisse Kreise deutscher Ostpolitiker tun, und
die Kommunisten, die den Mißerfolg in der
Ukraine als einen Beweis dafür ansehen,
daß eine bürgerliche Negierung in Rußland
die durch den Krieg zerrütteten Verhältnisse
im Vergleich mit der bolschewistischen Wirt¬
schaft nur noch verschlimmert hätte." (a. a. O-,
S. 43, 64/56,)

Das dritte bisher unbeachtet gebliebene
Kapitel schiebt sich zwischen die Betrachtung
der Kerenski- und der Sowjet-Periode ein
und behandelt die wirtschaftlichen Verhält¬
nisse der Ukraine, insbesondere zur Zeit der
Okkupation durch die Mittelmächte. Die
Gestaltung der Getreidebeschaffung und der
Kohlenförderung sowie die Zustände des
Eisenbahnwesens in jener Zeit werden aus¬
führlich besprochen. Vor allem aber ist be¬
deutsam, was der Verfasser aus eigener An¬
schauung zur deutschen Ukrmncpolitik zu
sagen weiß. Aus seinem Rückblick auf die
kurze Periode des Wirkens der Mittelmächte
in der Ukraine seien hier wenigstens ein
paar Sätze angeführt. „Wer konnte ruhig
und weitsichtig ein großes Ziel verfolgen,
wenn die Not in der Heimat, das Elend
hungernder Frauen und Kinder zwang, nur
an die nächste Stunde zu denken. Den
Mittelmächten fehlte bereits der geistige Elan
und die wirtschaftliche Kraft, die es ihnen
ermöglicht hätte, mehr zu geben und weniger
zu nehmen. .." „Wer die deutsche Arbeit
in der Ukraine vorurteilslos kritisieren will,
vergesse nie, wieviel kostbare Zeit und Kraft
auf der einen Seite im Kampf mit rivali¬
sierenden österreichisch-ungarischen Bestre¬
bungen, rin Prestige-Streitigkeiten und auf

Dieser flüchtige Überblick möge genügen,
um zu beweisen, daß es sich bei der be¬
sprochenen Schrift um eine Veröffentlichung
handelt, die an Weite des Gesichtskieises,
an Reichtum des Inhalts und an Durch¬
dringung des Stoffes auf einer nicht ge¬
wöhnlichen Höhe steht.


A. Ludwig




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Schriftleitung und Verlag: Berlin SÄ! N, Tempelhofer Ufer Wz. Fernruf: Lützoro 6510.
Verlag: K. F. Koester, Abteilung Äreuzbot-n, Berlin.
Druck: „Der Neichslwte" G. in. b. H, in Berlin SW 1l, Dessauer Strase 36/37.

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[0242] Bücherschau der anderen mit der Bekämpfung des ukrai¬ nischen sozialen Radikalismus von rechts und links, mit Ausgleichung der nationa¬ listischen Gegensätze verschwendet werden mußte. Wenn man weiß, wieviel leiden¬ schaftliche Parteipolitiker und wie wenig ge¬ schulte Facharbeiter in diesem jungen Lande vorhanden waren, dem auch das auf allen Kampfplätzen der Welt blutende Deutschland nicht mehr die notwendige reiche Fülle an Spezialisten zur Verfügung stellen konnte, so wird man zu einer gerechteren Würdigung des deutschen Wirkens kommen als es ge¬ wisse Kreise deutscher Ostpolitiker tun, und die Kommunisten, die den Mißerfolg in der Ukraine als einen Beweis dafür ansehen, daß eine bürgerliche Negierung in Rußland die durch den Krieg zerrütteten Verhältnisse im Vergleich mit der bolschewistischen Wirt¬ schaft nur noch verschlimmert hätte." (a. a. O-, S. 43, 64/56,) Das dritte bisher unbeachtet gebliebene Kapitel schiebt sich zwischen die Betrachtung der Kerenski- und der Sowjet-Periode ein und behandelt die wirtschaftlichen Verhält¬ nisse der Ukraine, insbesondere zur Zeit der Okkupation durch die Mittelmächte. Die Gestaltung der Getreidebeschaffung und der Kohlenförderung sowie die Zustände des Eisenbahnwesens in jener Zeit werden aus¬ führlich besprochen. Vor allem aber ist be¬ deutsam, was der Verfasser aus eigener An¬ schauung zur deutschen Ukrmncpolitik zu sagen weiß. Aus seinem Rückblick auf die kurze Periode des Wirkens der Mittelmächte in der Ukraine seien hier wenigstens ein paar Sätze angeführt. „Wer konnte ruhig und weitsichtig ein großes Ziel verfolgen, wenn die Not in der Heimat, das Elend hungernder Frauen und Kinder zwang, nur an die nächste Stunde zu denken. Den Mittelmächten fehlte bereits der geistige Elan und die wirtschaftliche Kraft, die es ihnen ermöglicht hätte, mehr zu geben und weniger zu nehmen. .." „Wer die deutsche Arbeit in der Ukraine vorurteilslos kritisieren will, vergesse nie, wieviel kostbare Zeit und Kraft auf der einen Seite im Kampf mit rivali¬ sierenden österreichisch-ungarischen Bestre¬ bungen, rin Prestige-Streitigkeiten und auf Dieser flüchtige Überblick möge genügen, um zu beweisen, daß es sich bei der be¬ sprochenen Schrift um eine Veröffentlichung handelt, die an Weite des Gesichtskieises, an Reichtum des Inhalts und an Durch¬ dringung des Stoffes auf einer nicht ge¬ wöhnlichen Höhe steht. A. Ludwig Verantwortlich: Dr. Max Hildevert Bonum in Berlin-ssriedenau,. Schriftleitung und Verlag: Berlin SÄ! N, Tempelhofer Ufer Wz. Fernruf: Lützoro 6510. Verlag: K. F. Koester, Abteilung Äreuzbot-n, Berlin. Druck: „Der Neichslwte" G. in. b. H, in Berlin SW 1l, Dessauer Strase 36/37. Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen vcigefiigtes Rückporto. Nachdruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/242>, abgerufen am 22.07.2024.