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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz]

und energischer Organisation, besonders
bei den Wiederaufbauarbeiten in den Flücht¬
lingsgegenden"; vor allem aber liege die
Schuld bei der "falschen Assimilie"
rungsmethode". Auch die französischen
Behörden schienen von der Wahnidee be¬
fangen, sie müßten den Elsässern erst die
Kultur bringen; so reformiere man darauf
los, ohne sich bewußt zu werden, daß der
Elsässer nie gutwillig Schlechteres gegen
Besseres eintauschen werde.

Die Elsässer seien gewillt, ihre Eigenart
ebensowenig von den Franzosen unterdrücken
SU lassen wie einst von den Deutschen.
Schon lebten die alten Schlagwörter von
der "Tragik des Grenzlandes", von der Be¬
handlung als "Bürger 2. Klasse", von dem
"doppelten Maße" wieder auf. Dieser
doppelte Maßstab habe nirgendwo größere
Erregung und Unzufriedenheit hervorge¬
rufen wie bet den einheimischen Be¬
amten und Lehrern. Die öffentlichen
Protestversammlungen, die von dieser Seite
bevorstünden, drohten sich zu einem VolkS-
urteil auszuwachsen, welches das Prestige

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der französischen Verwaltungsfähtgkeit aufs
schwerste gefährden können.

Es sei daher höchste Zeit, daß die
französische Verwaltung sich auf die Wich¬
tigkeit ihrer Kulturmission besinne,
der Reden und Versprechungen habe man
genug gehört, man wolle Taten.

. Die Elsaß-Lothringer haben im allge¬
meinen vor 1870 die Zugehörigkeit zu
Frankreich als eine selbstverständliche Tat¬
sache hingenommen. Durch das Ereignis
vom Jahre 1371 ist nun aber das einge¬
borene alemannisch-fränkische Element vor
der Verwelschung gerettet worden, es ist
inzwischen so erstarkt, daß es sich heute den
Franzosen gegenüber in weit höherem Maße
wie vor 1870 als etwas Eigenes betrachtet
und von ihnen die Anerkennung seiner
Volkspersönlichkeit verlangt. Infolgedessen
hat jetzt schon in Elsaß-Lothringen ein
Kulturkampf begonnen, in dem die vom
Deutschen Reiche abgesplitterter Elsaß-Loth¬
ringer, ob sie wollen oder nicht, die Sache
des germanischen Kulturkreises gegen Frank¬
Hans IVasgau reich führen.

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" Verantwortlich! Dr. Max Hildcbcrt BocHm in VerumFried-nau,.
"chnstleituiig und Verlag: Berlin SW II, Tempelhofer Ufer Ms. Fernrns: Liitzow K5I0.
^. Verlag! K, F, Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin,
^ Druck: "Der Reichsbote" G, in, b, H, in Berlin S" 1l, Dessauer Striche M/87,

in Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
^"yoruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.


Drinnen und draußen

[Beginn Spaltensatz]

und energischer Organisation, besonders
bei den Wiederaufbauarbeiten in den Flücht¬
lingsgegenden"; vor allem aber liege die
Schuld bei der „falschen Assimilie«
rungsmethode". Auch die französischen
Behörden schienen von der Wahnidee be¬
fangen, sie müßten den Elsässern erst die
Kultur bringen; so reformiere man darauf
los, ohne sich bewußt zu werden, daß der
Elsässer nie gutwillig Schlechteres gegen
Besseres eintauschen werde.

Die Elsässer seien gewillt, ihre Eigenart
ebensowenig von den Franzosen unterdrücken
SU lassen wie einst von den Deutschen.
Schon lebten die alten Schlagwörter von
der „Tragik des Grenzlandes", von der Be¬
handlung als „Bürger 2. Klasse", von dem
„doppelten Maße" wieder auf. Dieser
doppelte Maßstab habe nirgendwo größere
Erregung und Unzufriedenheit hervorge¬
rufen wie bet den einheimischen Be¬
amten und Lehrern. Die öffentlichen
Protestversammlungen, die von dieser Seite
bevorstünden, drohten sich zu einem VolkS-
urteil auszuwachsen, welches das Prestige

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der französischen Verwaltungsfähtgkeit aufs
schwerste gefährden können.

Es sei daher höchste Zeit, daß die
französische Verwaltung sich auf die Wich¬
tigkeit ihrer Kulturmission besinne,
der Reden und Versprechungen habe man
genug gehört, man wolle Taten.

. Die Elsaß-Lothringer haben im allge¬
meinen vor 1870 die Zugehörigkeit zu
Frankreich als eine selbstverständliche Tat¬
sache hingenommen. Durch das Ereignis
vom Jahre 1371 ist nun aber das einge¬
borene alemannisch-fränkische Element vor
der Verwelschung gerettet worden, es ist
inzwischen so erstarkt, daß es sich heute den
Franzosen gegenüber in weit höherem Maße
wie vor 1870 als etwas Eigenes betrachtet
und von ihnen die Anerkennung seiner
Volkspersönlichkeit verlangt. Infolgedessen
hat jetzt schon in Elsaß-Lothringen ein
Kulturkampf begonnen, in dem die vom
Deutschen Reiche abgesplitterter Elsaß-Loth¬
ringer, ob sie wollen oder nicht, die Sache
des germanischen Kulturkreises gegen Frank¬
Hans IVasgau reich führen.

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„ Verantwortlich! Dr. Max Hildcbcrt BocHm in VerumFried-nau,.
«chnstleituiig und Verlag: Berlin SW II, Tempelhofer Ufer Ms. Fernrns: Liitzow K5I0.
^. Verlag! K, F, Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin,
^ Druck: „Der Reichsbote" G, in, b, H, in Berlin S« 1l, Dessauer Striche M/87,

in Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto.
^"yoruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.


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[0325] Drinnen und draußen und energischer Organisation, besonders bei den Wiederaufbauarbeiten in den Flücht¬ lingsgegenden"; vor allem aber liege die Schuld bei der „falschen Assimilie« rungsmethode". Auch die französischen Behörden schienen von der Wahnidee be¬ fangen, sie müßten den Elsässern erst die Kultur bringen; so reformiere man darauf los, ohne sich bewußt zu werden, daß der Elsässer nie gutwillig Schlechteres gegen Besseres eintauschen werde. Die Elsässer seien gewillt, ihre Eigenart ebensowenig von den Franzosen unterdrücken SU lassen wie einst von den Deutschen. Schon lebten die alten Schlagwörter von der „Tragik des Grenzlandes", von der Be¬ handlung als „Bürger 2. Klasse", von dem „doppelten Maße" wieder auf. Dieser doppelte Maßstab habe nirgendwo größere Erregung und Unzufriedenheit hervorge¬ rufen wie bet den einheimischen Be¬ amten und Lehrern. Die öffentlichen Protestversammlungen, die von dieser Seite bevorstünden, drohten sich zu einem VolkS- urteil auszuwachsen, welches das Prestige der französischen Verwaltungsfähtgkeit aufs schwerste gefährden können. Es sei daher höchste Zeit, daß die französische Verwaltung sich auf die Wich¬ tigkeit ihrer Kulturmission besinne, der Reden und Versprechungen habe man genug gehört, man wolle Taten. . Die Elsaß-Lothringer haben im allge¬ meinen vor 1870 die Zugehörigkeit zu Frankreich als eine selbstverständliche Tat¬ sache hingenommen. Durch das Ereignis vom Jahre 1371 ist nun aber das einge¬ borene alemannisch-fränkische Element vor der Verwelschung gerettet worden, es ist inzwischen so erstarkt, daß es sich heute den Franzosen gegenüber in weit höherem Maße wie vor 1870 als etwas Eigenes betrachtet und von ihnen die Anerkennung seiner Volkspersönlichkeit verlangt. Infolgedessen hat jetzt schon in Elsaß-Lothringen ein Kulturkampf begonnen, in dem die vom Deutschen Reiche abgesplitterter Elsaß-Loth¬ ringer, ob sie wollen oder nicht, die Sache des germanischen Kulturkreises gegen Frank¬ Hans IVasgau reich führen. „ Verantwortlich! Dr. Max Hildcbcrt BocHm in VerumFried-nau,. «chnstleituiig und Verlag: Berlin SW II, Tempelhofer Ufer Ms. Fernrns: Liitzow K5I0. ^. Verlag! K, F, Koester, Abteilung Grenzboten, Berlin, ^ Druck: „Der Reichsbote" G, in, b, H, in Berlin S« 1l, Dessauer Striche M/87, in Rücksendung von Manuskripten erfolgt nur gegen beigefügtes Rückporto. ^"yoruck sämtlicher Aufsätze ist nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlages gestattet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/325>, abgerufen am 22.12.2024.