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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Abgeordneten, die diese Worte gehört, und sie wörtlich hinterbracht
hätten, (I) hätten allerdings erklärt, sie nicht so aufgefaßt zu haben, als ob
Caillaux im Dienste Deutschlands stände, sondern nur, daß die deutsche Regierung
ihn als zum Unterhandeln geneigt betrachte. Jedenfalls aber habe die deutsche
Negierung ihn als den einzigen Politiker Frankreichs angesehen, mit dem Deutsch-
land auf günstiger Basis verhandeln könne, falls die Waffen ihm keinen vollen Erfolg
brächten, Nur so ließe sich erklären, daß die Deutschen ihre Propaganda-
Millionen gleichmäßig an patriotische oder scheinbar patriotische und defaitistische
Zeitungen verteilt hätten, sofern sie nur Caillaux zugetan gewesen wären. Alle
bis jetzt bekannten Fälle des Einverständnisses mit dem Feinde drehten sich, was
die Wahl der Unterhändler und diejenige der von Deutschland subventionierten
Zeitungen beträfe ,um die Persönlichkeit Caillaux', sowohl die Affäre Lenoir (Ankauf
des "Journal"), wie die Affäre Bolo, der mit dem Grafen Bernstorff in Ver¬
bindung gestanden habe, wie die Affäre "Könnet rouZe". Endlich habe Caillaux
sich gerade in dem Augenblick, als Rumänien seine schwere Niederlage er¬
litten habe, als König Konstantin, die Maske abwerfend, die Anhänger
Venizelos' in den Straßen Athens habe massakrieren und die franzö¬
sischen Seeleute in verräterischer Weise überfallen lassen, als in Eng¬
land eine Ministerkrisis ausgebrochen und das Kabinett Bricmd heftig ange-
griffen worden sei, als in der italienischen Kammer die Sozialisten eine
Fnedensresolutiön eingebracht hätten, als die Lage der Entente trotz der Erfolge
an der Somme und des Mißerfolges der Deutschen vor Verdun ernst gewesen
sei, in einem Augenblick endlich, den Bethmann Hollweg für günstig gehalten
habe, vorgebliche Friedensangebote herausgehen zu lassen, nach Italien begeben,
um dahin zu wirken, daß Italien zu gleicher Zeit mit Frankreich einen Kompromi߬
frieden auf Kosten mindestens einer der alliierten Nationen, nämlich Rußland,
schlösse. Er habe dem Politiker Martini, der im Mai 1915 dem Kabinett
Salandra angehört habe, Frankreich als völlig erschöpft geschildert unter Bei¬
bringung von Ziffern und Angaben, die absolut geheim und ihm nur als Abgeordneten
bekannt gewesen seien. Er habe erklärt, daß der Friede bis zum nächsten Herbst
(1917) unvermeidlich sein würde, da dann die englische Armee infolge der Ver¬
luste, die die Frühjahrsoffensive bringen würde, der französischen numerisch über¬
legen sein würde, was Frankreich nicht wollen könne und nicht wollte. Der
Friede müsse auf der Basis einer Räumung der von Deutschland besetzten Gebiete
und vielleicht eines Stückes von Lothringen abgeschlossen werden. Die Kosten
werde Rußland tragen müssen. Das Kabinett Bricmd habe jede Autorität ver¬
loren, und nach einem Kabinett Painlevs, welches die große Frühjahrsanstrengung
machen würde, würde ein anderes Ministerium, das den Frieden bringen würde,
und dessen Haupt, wie Caillaux zu verstehen gegeben hätte, er selbst sein würde,
kommen. Auf diese Weise habe Caillaux in bewußter Weise den Interessen seines
Landes und seiner Verbündeten geschadet, da seine Erklärungen darauf hingezielt
hätten, Italien zu entmutigen.'

Außerdem ginge aber die wirkliche Absicht Caillaux aus den im Tresor
einer Florentiner Bank aufbewahrten politischen Noten hervor. In diesen Papieren
sei jedem von Caillaux' Freunden, darunter auch Almereyda und dessen Mit¬
arbeitern am "Bonnet rouge", die zu erfüllende Mission zuerteilt, die Generale
und Regimenter, die Paris zu besetzen hätten, im voraus bestimmt, außerdem
die Organisation von Banden, deren Rolle leicht zu erkennen sei, vorgesehen
gewesen. Außerdem habe Caillaux beabsichtigt, dem Parlament ein Gesetz
mit Namen Rubikon aufzudrängen, das seine ehrgeizigen Pläne hervortreten lasse.
Sogar die Bedingungen, unter denen seine Regierung das Land zur Annahme des
Friedens bewegen muß, seien sorgfältig präzisiert. Außerdem beweise ein Schrift¬
stück "die Verantwortlicher", das sorgfältig ausgearbeitet und wahrscheinlich dazu
bestimmt gewesen sei, im gegebenen Augenblick veröffentlicht zu werden, daß
Caillaux, gefaßt auf einen Frieden der Niederlage, die Absicht gehabt habe, zur
besseren Sicherung seines Unternehmens die Verantwortlichkeit für den Krieg zum


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Abgeordneten, die diese Worte gehört, und sie wörtlich hinterbracht
hätten, (I) hätten allerdings erklärt, sie nicht so aufgefaßt zu haben, als ob
Caillaux im Dienste Deutschlands stände, sondern nur, daß die deutsche Regierung
ihn als zum Unterhandeln geneigt betrachte. Jedenfalls aber habe die deutsche
Negierung ihn als den einzigen Politiker Frankreichs angesehen, mit dem Deutsch-
land auf günstiger Basis verhandeln könne, falls die Waffen ihm keinen vollen Erfolg
brächten, Nur so ließe sich erklären, daß die Deutschen ihre Propaganda-
Millionen gleichmäßig an patriotische oder scheinbar patriotische und defaitistische
Zeitungen verteilt hätten, sofern sie nur Caillaux zugetan gewesen wären. Alle
bis jetzt bekannten Fälle des Einverständnisses mit dem Feinde drehten sich, was
die Wahl der Unterhändler und diejenige der von Deutschland subventionierten
Zeitungen beträfe ,um die Persönlichkeit Caillaux', sowohl die Affäre Lenoir (Ankauf
des „Journal"), wie die Affäre Bolo, der mit dem Grafen Bernstorff in Ver¬
bindung gestanden habe, wie die Affäre „Könnet rouZe". Endlich habe Caillaux
sich gerade in dem Augenblick, als Rumänien seine schwere Niederlage er¬
litten habe, als König Konstantin, die Maske abwerfend, die Anhänger
Venizelos' in den Straßen Athens habe massakrieren und die franzö¬
sischen Seeleute in verräterischer Weise überfallen lassen, als in Eng¬
land eine Ministerkrisis ausgebrochen und das Kabinett Bricmd heftig ange-
griffen worden sei, als in der italienischen Kammer die Sozialisten eine
Fnedensresolutiön eingebracht hätten, als die Lage der Entente trotz der Erfolge
an der Somme und des Mißerfolges der Deutschen vor Verdun ernst gewesen
sei, in einem Augenblick endlich, den Bethmann Hollweg für günstig gehalten
habe, vorgebliche Friedensangebote herausgehen zu lassen, nach Italien begeben,
um dahin zu wirken, daß Italien zu gleicher Zeit mit Frankreich einen Kompromi߬
frieden auf Kosten mindestens einer der alliierten Nationen, nämlich Rußland,
schlösse. Er habe dem Politiker Martini, der im Mai 1915 dem Kabinett
Salandra angehört habe, Frankreich als völlig erschöpft geschildert unter Bei¬
bringung von Ziffern und Angaben, die absolut geheim und ihm nur als Abgeordneten
bekannt gewesen seien. Er habe erklärt, daß der Friede bis zum nächsten Herbst
(1917) unvermeidlich sein würde, da dann die englische Armee infolge der Ver¬
luste, die die Frühjahrsoffensive bringen würde, der französischen numerisch über¬
legen sein würde, was Frankreich nicht wollen könne und nicht wollte. Der
Friede müsse auf der Basis einer Räumung der von Deutschland besetzten Gebiete
und vielleicht eines Stückes von Lothringen abgeschlossen werden. Die Kosten
werde Rußland tragen müssen. Das Kabinett Bricmd habe jede Autorität ver¬
loren, und nach einem Kabinett Painlevs, welches die große Frühjahrsanstrengung
machen würde, würde ein anderes Ministerium, das den Frieden bringen würde,
und dessen Haupt, wie Caillaux zu verstehen gegeben hätte, er selbst sein würde,
kommen. Auf diese Weise habe Caillaux in bewußter Weise den Interessen seines
Landes und seiner Verbündeten geschadet, da seine Erklärungen darauf hingezielt
hätten, Italien zu entmutigen.'

Außerdem ginge aber die wirkliche Absicht Caillaux aus den im Tresor
einer Florentiner Bank aufbewahrten politischen Noten hervor. In diesen Papieren
sei jedem von Caillaux' Freunden, darunter auch Almereyda und dessen Mit¬
arbeitern am „Bonnet rouge", die zu erfüllende Mission zuerteilt, die Generale
und Regimenter, die Paris zu besetzen hätten, im voraus bestimmt, außerdem
die Organisation von Banden, deren Rolle leicht zu erkennen sei, vorgesehen
gewesen. Außerdem habe Caillaux beabsichtigt, dem Parlament ein Gesetz
mit Namen Rubikon aufzudrängen, das seine ehrgeizigen Pläne hervortreten lasse.
Sogar die Bedingungen, unter denen seine Regierung das Land zur Annahme des
Friedens bewegen muß, seien sorgfältig präzisiert. Außerdem beweise ein Schrift¬
stück „die Verantwortlicher", das sorgfältig ausgearbeitet und wahrscheinlich dazu
bestimmt gewesen sei, im gegebenen Augenblick veröffentlicht zu werden, daß
Caillaux, gefaßt auf einen Frieden der Niederlage, die Absicht gehabt habe, zur
besseren Sicherung seines Unternehmens die Verantwortlichkeit für den Krieg zum


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[0290] Weltspiegel Abgeordneten, die diese Worte gehört, und sie wörtlich hinterbracht hätten, (I) hätten allerdings erklärt, sie nicht so aufgefaßt zu haben, als ob Caillaux im Dienste Deutschlands stände, sondern nur, daß die deutsche Regierung ihn als zum Unterhandeln geneigt betrachte. Jedenfalls aber habe die deutsche Negierung ihn als den einzigen Politiker Frankreichs angesehen, mit dem Deutsch- land auf günstiger Basis verhandeln könne, falls die Waffen ihm keinen vollen Erfolg brächten, Nur so ließe sich erklären, daß die Deutschen ihre Propaganda- Millionen gleichmäßig an patriotische oder scheinbar patriotische und defaitistische Zeitungen verteilt hätten, sofern sie nur Caillaux zugetan gewesen wären. Alle bis jetzt bekannten Fälle des Einverständnisses mit dem Feinde drehten sich, was die Wahl der Unterhändler und diejenige der von Deutschland subventionierten Zeitungen beträfe ,um die Persönlichkeit Caillaux', sowohl die Affäre Lenoir (Ankauf des „Journal"), wie die Affäre Bolo, der mit dem Grafen Bernstorff in Ver¬ bindung gestanden habe, wie die Affäre „Könnet rouZe". Endlich habe Caillaux sich gerade in dem Augenblick, als Rumänien seine schwere Niederlage er¬ litten habe, als König Konstantin, die Maske abwerfend, die Anhänger Venizelos' in den Straßen Athens habe massakrieren und die franzö¬ sischen Seeleute in verräterischer Weise überfallen lassen, als in Eng¬ land eine Ministerkrisis ausgebrochen und das Kabinett Bricmd heftig ange- griffen worden sei, als in der italienischen Kammer die Sozialisten eine Fnedensresolutiön eingebracht hätten, als die Lage der Entente trotz der Erfolge an der Somme und des Mißerfolges der Deutschen vor Verdun ernst gewesen sei, in einem Augenblick endlich, den Bethmann Hollweg für günstig gehalten habe, vorgebliche Friedensangebote herausgehen zu lassen, nach Italien begeben, um dahin zu wirken, daß Italien zu gleicher Zeit mit Frankreich einen Kompromi߬ frieden auf Kosten mindestens einer der alliierten Nationen, nämlich Rußland, schlösse. Er habe dem Politiker Martini, der im Mai 1915 dem Kabinett Salandra angehört habe, Frankreich als völlig erschöpft geschildert unter Bei¬ bringung von Ziffern und Angaben, die absolut geheim und ihm nur als Abgeordneten bekannt gewesen seien. Er habe erklärt, daß der Friede bis zum nächsten Herbst (1917) unvermeidlich sein würde, da dann die englische Armee infolge der Ver¬ luste, die die Frühjahrsoffensive bringen würde, der französischen numerisch über¬ legen sein würde, was Frankreich nicht wollen könne und nicht wollte. Der Friede müsse auf der Basis einer Räumung der von Deutschland besetzten Gebiete und vielleicht eines Stückes von Lothringen abgeschlossen werden. Die Kosten werde Rußland tragen müssen. Das Kabinett Bricmd habe jede Autorität ver¬ loren, und nach einem Kabinett Painlevs, welches die große Frühjahrsanstrengung machen würde, würde ein anderes Ministerium, das den Frieden bringen würde, und dessen Haupt, wie Caillaux zu verstehen gegeben hätte, er selbst sein würde, kommen. Auf diese Weise habe Caillaux in bewußter Weise den Interessen seines Landes und seiner Verbündeten geschadet, da seine Erklärungen darauf hingezielt hätten, Italien zu entmutigen.' Außerdem ginge aber die wirkliche Absicht Caillaux aus den im Tresor einer Florentiner Bank aufbewahrten politischen Noten hervor. In diesen Papieren sei jedem von Caillaux' Freunden, darunter auch Almereyda und dessen Mit¬ arbeitern am „Bonnet rouge", die zu erfüllende Mission zuerteilt, die Generale und Regimenter, die Paris zu besetzen hätten, im voraus bestimmt, außerdem die Organisation von Banden, deren Rolle leicht zu erkennen sei, vorgesehen gewesen. Außerdem habe Caillaux beabsichtigt, dem Parlament ein Gesetz mit Namen Rubikon aufzudrängen, das seine ehrgeizigen Pläne hervortreten lasse. Sogar die Bedingungen, unter denen seine Regierung das Land zur Annahme des Friedens bewegen muß, seien sorgfältig präzisiert. Außerdem beweise ein Schrift¬ stück „die Verantwortlicher", das sorgfältig ausgearbeitet und wahrscheinlich dazu bestimmt gewesen sei, im gegebenen Augenblick veröffentlicht zu werden, daß Caillaux, gefaßt auf einen Frieden der Niederlage, die Absicht gehabt habe, zur besseren Sicherung seines Unternehmens die Verantwortlichkeit für den Krieg zum

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/290>, abgerufen am 01.09.2024.