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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.

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Finanzbolschewismus

Dann aber steht, in London, Paris und in Wallstreet zu spät erkannt, der Rubel
als Vorposten von Moskau und Petersburg an den Pforten des "besetzten" Ge-
bietes, und Ratels Ironien im "Zukunfts".Aufsatz bei Harden sind erklärt.

Der Finanzbolschewismus ist die europäische, die Weltgefahr,
zu welcher die Kurzsichtigkeilen und Unerfüllbarkeiten von Brest-Litowsk den
Grundstein, Versailler Unbelehrbarkeit und Nichtwissen den Aufbau schufen. Das
Dach auf dies Gebäude wird Leo Braunstein-Trotzki setzen, wenn nicht Welt¬
einsicht endlich Weltwirtschaft ohne trennende und differenzierende Bedingungen
ermöglicht.

Nur ein absolutes Nichtwissen der Westländer über die realen russischen
Verhältnisse, wie es der offizielle Bolschewismus zu seiner Verteidigung aufrecht
zu erhalten verstanden hat, konnte der Tragödie von Brest-Litowsk das Satyr¬
spiel von Versailles folgen lassen. Denn in Nußland sind weder für uns noch
für England oder eine anders westliche Macht Rohstoffe oder Lebens-
niittel aufzutreiben. Die ganz kümmerlichen Reste, die die Ukraine bietet, reichen
nicht einmal für die allernächste Nachbarschaft hin, ganz zu schweigen davon, daß
die Transportmittellage für unabsehbar lange Zeit keine Ausfuhr gestattet. Lenins
Hinweis auf die russischen Rohstoffe ist ein genialer Schachzug Trotzkis, die West-
ländcr zum Zugreifen in der "kommenden russischen Wirtschaft" aufzupeitschen.
Der Erfolg ist nicht ausgeblieben, denn der Zarrubel haussiert in Paris tapfer
weiter (am 26. Februar 1920 Zar-Berlin 1.12 M,; Paris 40 Centimes 3 M.)
und gewisse Teile der deutschen Industrie, denen Ratels Zukunftsaufsatz nicht
ganz fern, stehen mag, arbeiten -- die Unbewußten -- mit Macht auf ihren
..nissischen Absatz", das heißt auf Deutschlands wirtschaftlichen Ruin hin.

Von hier aus sollte der fehlende Solidarismus der Westländer mit Deutsch¬
land als notwendig erkannt werden in dem Punkte, der Untergang oder Fort-
bestand des Abendlandes betrifft: Von der internationalen Regelung der Valuta¬
frage an bis zur Revision aller wirtschaftlichen und den hiermit unlöslich zu-
sannnenhängenden sonstigen Friedensbedingungen hängt es ab, ob Deutschland --
früher Durchzugsland rümpfender feindlicher Heere -- heute die internationale
Walstatt bleibt, auf der ostjüdische Schieber ihre Valutaschlachten schlagen. Die
Kosten dieses Kampfes tragen in naher Zeit das deutsche und die westlichen
Wirtschaftssysteme.

Deutschland ist das Land der Mitte.




Finanzbolschewismus

Dann aber steht, in London, Paris und in Wallstreet zu spät erkannt, der Rubel
als Vorposten von Moskau und Petersburg an den Pforten des „besetzten" Ge-
bietes, und Ratels Ironien im „Zukunfts".Aufsatz bei Harden sind erklärt.

Der Finanzbolschewismus ist die europäische, die Weltgefahr,
zu welcher die Kurzsichtigkeilen und Unerfüllbarkeiten von Brest-Litowsk den
Grundstein, Versailler Unbelehrbarkeit und Nichtwissen den Aufbau schufen. Das
Dach auf dies Gebäude wird Leo Braunstein-Trotzki setzen, wenn nicht Welt¬
einsicht endlich Weltwirtschaft ohne trennende und differenzierende Bedingungen
ermöglicht.

Nur ein absolutes Nichtwissen der Westländer über die realen russischen
Verhältnisse, wie es der offizielle Bolschewismus zu seiner Verteidigung aufrecht
zu erhalten verstanden hat, konnte der Tragödie von Brest-Litowsk das Satyr¬
spiel von Versailles folgen lassen. Denn in Nußland sind weder für uns noch
für England oder eine anders westliche Macht Rohstoffe oder Lebens-
niittel aufzutreiben. Die ganz kümmerlichen Reste, die die Ukraine bietet, reichen
nicht einmal für die allernächste Nachbarschaft hin, ganz zu schweigen davon, daß
die Transportmittellage für unabsehbar lange Zeit keine Ausfuhr gestattet. Lenins
Hinweis auf die russischen Rohstoffe ist ein genialer Schachzug Trotzkis, die West-
ländcr zum Zugreifen in der „kommenden russischen Wirtschaft" aufzupeitschen.
Der Erfolg ist nicht ausgeblieben, denn der Zarrubel haussiert in Paris tapfer
weiter (am 26. Februar 1920 Zar-Berlin 1.12 M,; Paris 40 Centimes 3 M.)
und gewisse Teile der deutschen Industrie, denen Ratels Zukunftsaufsatz nicht
ganz fern, stehen mag, arbeiten — die Unbewußten — mit Macht auf ihren
..nissischen Absatz", das heißt auf Deutschlands wirtschaftlichen Ruin hin.

Von hier aus sollte der fehlende Solidarismus der Westländer mit Deutsch¬
land als notwendig erkannt werden in dem Punkte, der Untergang oder Fort-
bestand des Abendlandes betrifft: Von der internationalen Regelung der Valuta¬
frage an bis zur Revision aller wirtschaftlichen und den hiermit unlöslich zu-
sannnenhängenden sonstigen Friedensbedingungen hängt es ab, ob Deutschland —
früher Durchzugsland rümpfender feindlicher Heere -- heute die internationale
Walstatt bleibt, auf der ostjüdische Schieber ihre Valutaschlachten schlagen. Die
Kosten dieses Kampfes tragen in naher Zeit das deutsche und die westlichen
Wirtschaftssysteme.

Deutschland ist das Land der Mitte.




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[0283] Finanzbolschewismus Dann aber steht, in London, Paris und in Wallstreet zu spät erkannt, der Rubel als Vorposten von Moskau und Petersburg an den Pforten des „besetzten" Ge- bietes, und Ratels Ironien im „Zukunfts".Aufsatz bei Harden sind erklärt. Der Finanzbolschewismus ist die europäische, die Weltgefahr, zu welcher die Kurzsichtigkeilen und Unerfüllbarkeiten von Brest-Litowsk den Grundstein, Versailler Unbelehrbarkeit und Nichtwissen den Aufbau schufen. Das Dach auf dies Gebäude wird Leo Braunstein-Trotzki setzen, wenn nicht Welt¬ einsicht endlich Weltwirtschaft ohne trennende und differenzierende Bedingungen ermöglicht. Nur ein absolutes Nichtwissen der Westländer über die realen russischen Verhältnisse, wie es der offizielle Bolschewismus zu seiner Verteidigung aufrecht zu erhalten verstanden hat, konnte der Tragödie von Brest-Litowsk das Satyr¬ spiel von Versailles folgen lassen. Denn in Nußland sind weder für uns noch für England oder eine anders westliche Macht Rohstoffe oder Lebens- niittel aufzutreiben. Die ganz kümmerlichen Reste, die die Ukraine bietet, reichen nicht einmal für die allernächste Nachbarschaft hin, ganz zu schweigen davon, daß die Transportmittellage für unabsehbar lange Zeit keine Ausfuhr gestattet. Lenins Hinweis auf die russischen Rohstoffe ist ein genialer Schachzug Trotzkis, die West- ländcr zum Zugreifen in der „kommenden russischen Wirtschaft" aufzupeitschen. Der Erfolg ist nicht ausgeblieben, denn der Zarrubel haussiert in Paris tapfer weiter (am 26. Februar 1920 Zar-Berlin 1.12 M,; Paris 40 Centimes 3 M.) und gewisse Teile der deutschen Industrie, denen Ratels Zukunftsaufsatz nicht ganz fern, stehen mag, arbeiten — die Unbewußten — mit Macht auf ihren ..nissischen Absatz", das heißt auf Deutschlands wirtschaftlichen Ruin hin. Von hier aus sollte der fehlende Solidarismus der Westländer mit Deutsch¬ land als notwendig erkannt werden in dem Punkte, der Untergang oder Fort- bestand des Abendlandes betrifft: Von der internationalen Regelung der Valuta¬ frage an bis zur Revision aller wirtschaftlichen und den hiermit unlöslich zu- sannnenhängenden sonstigen Friedensbedingungen hängt es ab, ob Deutschland — früher Durchzugsland rümpfender feindlicher Heere -- heute die internationale Walstatt bleibt, auf der ostjüdische Schieber ihre Valutaschlachten schlagen. Die Kosten dieses Kampfes tragen in naher Zeit das deutsche und die westlichen Wirtschaftssysteme. Deutschland ist das Land der Mitte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_336844/283>, abgerufen am 01.09.2024.